• Keine Ergebnisse gefunden

Familienpolitisches Konzept gegen Armutsrisiken von

Seit 2005 hat die Bundesregierung neue Prioritäten in der Familienpolitik gesetzt, um die wirtschaftliche und so-ziale Stabilität und Eigenverantwortung der Familien nachhaltig zu stärken. Gezielte finanzielle Hilfen, mehr Familienorientierung in der Arbeitswelt sowie eine gute Infrastruktur der Betreuung und Förderung für Kinder al-ler Altersgruppen bilden dabei einen abgestimmten Drei-klang und stellen im Sinne der Nachhaltigkeit die Kinder in den Mittelpunkt einer armutspräventiven Familienpoli-tik.300 Ziele dieser Politik sind, die frühe Förderung von Kindern und die Erwerbschancen von Eltern miteinander zu verbinden, Nachteile von Familien durch einen fairen Lastenausgleich zu mindern, die wirtschaftliche Stabilität von Familien über den Lebensverlauf hinweg zu unter-stützen sowie die Zahl der Geburten zu erhöhen und das Zusammenleben mit Kindern zu fördern.

Um erfolgreich zu sein, müssen Arbeitsmarktpolitik, Inte-grationspolitik, Bildungspolitik und Familienpolitik ebenso ineinander greifen, wie die zielgerichteten Aktivi-täten von Bund, Ländern und Kommunen. In der bundes-weiten Initiative „Lokale Bündnisse für Familien“, im Programm „Erfolgsfaktor Familie“ sowie im Aktionspro-gramm „Mehrgenerationenhäuser“ werden lokal und überregional Allianzen gebildet sowie mehr Familien-freundlichkeit in den Kommunen und in der Arbeitswelt initiiert.

V.1 Wirkungsorientierte Steuerung der nachhaltigen Familienpolitik

Das im Herbst 2006 beim Bundesministerium für Fa-milie, Senioren, Frauen und Jugend eingerichtete „Kom-petenzzentrum für familienbezogene Leistungen“ hat im April 2008 seinen Arbeitsbericht „Zukunft für Familie“

vorgelegt.301 Auf der Basis einer systematischen Be-standsaufnahme der familienbezogenen Leistungen des Staates und erster wirkungsorientierter Analysen werden darin Perspektiven und Optionen der Familienpolitik in den kommenden Jahren konkretisiert.

Im Jahr 2006 umfassten die 145 familienbezogenen Ein-zelmaßnahmen und Leistungen ein Finanzvolumen von 112 Mrd. Euro. Davon standen 45 Mrd. Euro für Famili-enförderung im engeren Sinne zur Verfügung. Die Wirk-samkeit der Familienförderung im Hinblick auf die Ziele der nachhaltigen Familienpolitik hängt jedoch nicht allein von der Höhe der staatlichen Aufwendungen ab, sondern von deren Art und Zielorientierung.

Der europäische Vergleich belegt, dass für eine nachhal-tig wirksame Vermeidung von Kinderarmut sowohl ein

hohes Maß an Sach- und Betreuungsleistungen für Fami-lien und Kinder als auch ein ausgebautes und zielgerich-tetes System finanzieller Leistungen und steuerlicher Maßnahmen für Familien zwingend benötigt werden.302 Deutschland wendet nach Abgrenzung der OECD 3 Pro-zent des Bruttoinlandsprodukts für familienbezogene Leistungen auf und liegt damit über dem OECD-Durch-schnitt. Lediglich etwa ein Viertel davon wird für Sach-leistungen – also insbesondere für Betreuungsdienstleis-tungen – aufgewendet. Dies ist deutlich weniger als in den Staaten, die mit finanziellen Leistungen für Familien am erfolgreichsten die Armut von Kindern reduzieren können. Investitionen in Bildung und Betreuung sowie die finanzielle Unterstützung der Eltern bei der Inan-spruchnahme von Dienstleistungen und Kinderbetreuung sind dazu geeignet, Einkommensungleichheit bereits auf der Ebene der Markteinkommen bzw. der Einkom-menserzielung zu reduzieren. Allgemeine finanzielle oder steuerliche Maßnahmen sowie zielgerichtete monetäre Transfers für Familien erfüllen hingegen ihre Funktion, die wirtschaftliche Stabilität von Familien im Lebensver-lauf abzusichern sowie die Erwerbsbereitschaft zu för-dern.

V.2 Finanzielle Leistungen für Familien wirksamer gestalten – Kinderarmut bekämpfen

In Bezug auf das Ziel der Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität von Familien und der Vermeidung von Armuts-risiken kommt das Kompetenzzentrum für familienbezo-gene Leistungen zu folgenden zentralen Schlussfolgerun-gen:303

– Bei Familien in der Gründungsphase ist der Umfang der familienbezogenen Leistungen relativ gering, das Familieneinkommen vergleichsweise niedrig und die familienbedingten Investitionen hoch. Das Elterngeld und der Ausbau der Kinderbetreuung setzen hier die richtigen Akzente.

– Familien mit geringem Einkommen sollten wirksamer unterstützt werden. Einige familienpolitische Leistun-gen haben sich zur Reduktion der Kinderarmut be-währt. Diese sollten weiter entwickelt werden.

– Die Lebenssituation von Mehrkinderfamilien muss im Zusammenspiel der familienbezogenen Leistungen unter sozialen, ökonomischen und bildungspolitischen Gesichtspunkten bessere Berücksichtigung finden.

– Alleinerziehende benötigen im Besonderen eine ver-lässliche Infrastruktur zur weiteren Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation durch Erwerbsarbeit. Beste-hende Leistungen tragen wesentlich zur Armutsredu-zierung bei.

300Die EU-Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass diejenigen Län-der bei Län-der Bekämpfung von KinLän-der- und Familienarmut die besten Ergebnisse erzielen, die die richtige Balance zwischen Maßnahmen zugunsten der Familien und Maßnahmen zugunsten des Kindes selbst finden. Siehe Vorschlag der EU-Kommission für den Entwurf des Gemeinsamen Berichts von Rat und EU-Kommission über So-zialschutz und soziale Eingliederung 2008, S. 7.

301BMFSFJ 2008, a.a.O.

302Als besonders erfolgreich in der Bekämpfung von Kinderarmut gel-ten in der EU diejenigen Mitgliedstaagel-ten, die für eine angemessene Kombination allgemeiner und gezielter Leistungen sorgen. Siehe Ge-meinsamer Berichts von Rat und EU-Kommission über Sozialschutz und soziale Eingliederung 2008, S. 8.

303Vgl. BMFSFJ 2008, a.a.O., S. 55 f.

V.2.1 Einführung und Evaluation des Elterngeldes

Am 1. Januar 2007 wurde mit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) das Elterngeld als eine neue fa-milienpolitische Leistung eingeführt, die das Erziehungs-geld ablöst. Es soll die wirtschaftliche Situation von Fa-milien im ersten Jahr nach Geburt eines Kindes stabilisieren und Eltern Wahlmöglichkeiten bei der Auf-teilung der Betreuung zwischen Mutter und Vater eröff-nen. Weiterhin zielt es darauf ab, einen Schonraum für El-tern nach Geburt eines Kindes zu schaffen und beiden Elternteilen eine wirtschaftliche Unabhängigkeit durch die Balance von Familie und Erwerbsarbeit zu ermögli-chen. Das Elterngeld beträgt für Erwerbstätige in der Re-gel 67 Prozent ihres Nettoeinkommens der letzten zwölf Monate mindestens jedoch 300 Euro und höchstens 1 800 Euro. Eltern ohne Einkommen beziehen den Min-destbetrag. Für Geringverdiener mit einem Nettoeinkom-men von weniger als 1 000 Euro wird die Ersatzrate auf bis zu 100 Prozent angehoben, um eine ausreichende Si-cherung der Familien zu gewährleisten. Von der Gering-verdienerkomponente profitieren rund 20 Prozent der Fa-milien. Weitere Zulagen existieren bei Mehrlingsgeburten oder weiteren Kleinkindern im Haushalt.304 Einführung und Umsetzung des Elterngeldes werden prozessbeglei-tend in Bezug auf Inanspruchnahme, Verteilungs- und Anreizwirkungen evaluiert. Ziel ist es, die Wirkungen der Leistung gemäß der Ziele der nachhaltigen Familienpoli-tik sowie die Wahrnehmung und Akzeptanz der Leistung in der Öffentlichkeit zu überprüfen. Im Herbst 2008 wird ein erster Evaluationsbericht vorgelegt.

V.2.2 Weiterentwicklung des Kinderzuschlags Ein Viertel der Alleinerziehenden und die Hälfte der Paare mit Kindern die Arbeitslosengeld II beziehen, brin-gen Einkünfte aus Erwerbstätigkeit ein. Sie sind die Hauptzielgruppe des 2005 eingeführten Kinderzu-schlags. Der Kinderzuschlag wird Eltern gewährt, die zwar ihren eigenen Bedarf durch Erwerbseinkommen be-streiten können, aber nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um auch den Bedarf ihrer Kinder zu de-cken. Bei der Mehrzahl der anspruchsberechtigten Fa-milien-Haushalte liegt sogar mindestens eine Vollzeiter-werbstätigkeit vor.305 Seit dem 1. Januar 2008 wurde die bisherige Beschränkung der Förderdauer auf drei Jahre aufgehoben. Ab Oktober 2008 wird der Kreis der

Berech-tigten ausgeweitet und das Verfahren vereinfacht, indem einheitliche Grenzen für das Mindesteinkommen gelten.

Darüber hinaus setzt die Neuregelung stärkere Erwerb-sanreize: Familien, die hinzuverdienen, können künftig mehr vom selbst erwirtschafteten Einkommen behalten.

Damit einkommensschwächere Haushalte die Wohnkos-ten für angemessenen und familiengerechWohnkos-ten Wohnraum tragen können, hat die Bundesregierung zudem Leis-tungsverbesserungen im Wohngeld beschlossen. Im Zu-sammenspiel mit dem Ausbau des Wohngelds sollen durch den Kinderzuschlag ab 2009 rund 106 000 Fami-lien und damit 250 000 Kinder (bisher 100 000 Kinder) von Arbeitslosengeld II unabhängig werden (siehe dazu Maßnahmeteil, Wohnen, Abschnitt VII.2 Anpassung des Wohngeldes zum 1. Januar 2009)

Der Kinderzuschlag soll zusammen mit dem Kindergeld und dem nach der Haushaltsgröße ausgerichteten Wohn-geld den Bedarf des jeweiligen Kindes (Regelleistung und anteilige Wohnkosten) decken und leistet somit einen wichtigen Beitrag, Armutsrisiken von Familien zu ver-meiden. Beim Kinderzuschlag zeigt sich, wie Arbeitsför-derung, Kinderbetreuungsangebote und familienbe-zogene Transferleistungen ineinander greifen und miteinander Erwerbs- und Einkommenschancen unter-stützen. Dazu trägt auch die seit 2006 deutlich verbesserte steuerliche Absetzbarkeit erwerbsbedingter Kinderbe-treuungskosten bei.

V.2.3 Mehr Geld für Familien mit Kindern Im Herbst 2008 wird die Bundesregierung ihren Siebten Bericht über die Höhe des steuerfrei zu stellenden Exis-tenzminimums von Erwachsenen und Kindern vorlegen.

Die Ergebnisse sind maßgeblich für die Höhe des steuer-lichen Grundfreibetrags und der steuersteuer-lichen Berücksich-tigung von Kindern. In diesem Zusammenhang hat der Deutsche Bundestag bereits 1995 den Beschluss gefasst, dass bei einer höheren steuerlichen Förderung von Kin-dern auch das Kindergeld „entsprechend“ anzupassen sei.

Die Koalition ist sich einig, dass zum 1. Januar 2009 Fa-milien mit Kindern mehr Geld erhalten sollen. Der Bund wird hierzu im Bundeshaushalt entsprechende Vorsorge treffen. Über die Größenordnung und die konkrete Art der Entlastung der Familien mit Kindern ist noch zu bera-ten. Dabei sollen die Erkenntnisse über armutsreduzie-rende Wirkungen berücksichtigt werden.

V.3 Frühe Bildung fördern und Infrastruktur ausbauen

V.3.1 Ausbau der Kinderbetreuung bis 2013 und Arbeitsförderung

Die Bundesregierung setzt in der Bekämpfung von Armut bei Kindern und Familien auf präventive Maßnahmen, um die Risiken der sozialen Ausgrenzung zu reduzieren und die Chancen- und Teilhabegerechtigkeit zu stärken.

Die frühe Bildung und Betreuung von Kindern hat hier in zweifacher Hinsicht eine enorme Bedeutung: für die El-tern bei der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kin-dererziehung sowie für die Kinder selbst, insbesondere

304Lebt die elterngeldberechtigte Person mit zwei Kindern, die das drit-te Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder mit drei oder mehr Kindern, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt, so wird das Elterngeld um 10 Prozent, mindestens um 75 Euro, erhöht. Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich das Eltern-geld um je 300 Euro für das zweite und jedes weitere Kind.

305Alleinerziehende Bezieher und Bezieherinnen des Kinderzuschlags waren laut einer Befragungsstudie im Jahr 2005 zu 47 Prozent voll-zeiterwerbstätig und bei Antragstellern mit Partner ist in 78 Prozent der Fälle mindestens einer vollzeiterwerbstätig, vgl. Bericht der Bun-desregierung über die Auswirkungen des § 6a Bundeskindergeldge-setz (Kinderzuschlag) sowie über die gegebenenfalls notwendige Weiterentwicklung der Vorschrift, Bundestagsdrucksache 16/4670, März 2007, S. 9.

dann, wenn sie aus bildungsfernen und ressourcenarmen Familien kommen.

Bund, Länder und Kommunen haben sich darauf verstän-digt, über das für 2010 angestrebte Maß (20 Prozent Ver-sorgungsgrad) hinaus, bis zum Jahr 2013 für bundes-durchschnittlich 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege zu schaffen. Außerdem soll ab 2013 für diejenigen Eltern, die ihre ein bis drei Jahre alten Kin-der nicht in Tageseinrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Be-treuungsgeld) eingeführt werden.

Der Bund beteiligt sich mit vier Milliarden Euro am Aus-bau der Kindertagesbetreuung und übernimmt damit ein Drittel der erforderlichen Kosten (2,15 Milliarden Euro für Investitionsmittel und 1,85 Milliarden Euro als Ent-lastung für die Länder an den Betriebskosten bis 2013).

Ab 2013 beteiligt sich der Bund dauerhaft an den zusätz-lichen Betriebskosten mit 770 Millionen Euro jährlich.

Auf der Grundlage des Kinderbetreuungsfinanzierungs-gesetzes wurde ein Sondervermögen in Höhe von 2,15 Milliarden Euro für Investitionen in Betreuungs-plätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen. Seit Ja-nuar 2008 stehen die erforderlichen Mittel für Neubau-, Ausbau-, Umbau-, Sanierungs-, Renovierungs-, Moderni-sierungs- und Ausstattungsmaßnahmen in Tageseinrich-tungen und für die Kindertagespflege bereit und werden von den Ländern abgerufen.

Die Finanzmittel des Sondervermögens werden auf der Basis einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern unter dem Vorbehalt verteilt, dass der Gesetzge-ber bis Ende 2008 die mit dem Kinderbetreuungsfinanzie-rungsgesetz notwendigen Änderungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und des Finanzierungsausgleichge-setzes zur Ausbauentwicklung wirksam regelt. Damit soll gewährleistet werden, dass die bereitgestellten Mittel auch tatsächlich für den Betreuungsausbau verwendet werden. Mit Inkrafttreten der im Kinderförderungsgesetz vorgesehenen Schaffung eines Rechtsanspruchs mit Be-ginn des Kindergartenjahres 2013/2014 auf ein Betreu-ungsangebot ab dem zweiten Lebensjahr wird nach dem Auslaufen der Elterngeldzahlung ein nahtloser Übergang bei den staatlichen familienbezogenen Leistungen ge-schaffen, der ohne Brüche eine neue Balance von Er-werbsarbeit und Familien ermöglichen soll.306 Darüber hinaus wird der Bund den Ländern im Wege eines Festbe-trages bei der Umsatzsteuerverteilung ab 2009 bis 2013 zweckgerichtet insgesamt 1,85 Mrd. Euro und anschlie-ßend jährlich 770 Mio. Euro zur Verfügung stellen, um eine Betriebskostenentlastung sicherzustellen. Die De-tails zur Gewährung der Finanzhilfen für Investitionen sind in einer seit dem 18. Oktober 2007 von allen Län-dern unterzeichneten Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern geregelt.

Ohne flächendeckende Betreuungsinfrastruktur können Arbeitsanreize und Kinderzuschlag ihre Wirkung nicht

voll entfalten. Insbesondere Mütter und alleinerziehende Mütter und Väter sind dann nicht in der Lage, durch Er-werbsarbeit das erforderliche Mindesteinkommen zu er-zielen, um von Arbeitslosengeld II unabhängig zu wer-den. Der geplante Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren auf bundesweit im Durch-schnitt 35 Prozent im Jahr 2013 wird insbesondere für schätzungsweise ein Drittel der Alleinerziehenden mit Kleinkindern, die heute Leistungen nach dem SGB II er-halten (rund 75 000 Personen), die Voraussetzungen für eine bessere Vereinbarkeit zwischen Kindererziehung und Beruf schaffen.

Die verbesserte steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbe-treuungskosten und weiterer familienunterstützender Dienstleistungen trägt seit 2006 ebenfalls zu einer besse-ren Vereinbarkeit bei, besonders für berufstätige Eltern und Alleinerziehende.

V.3.2 Betrieblich unterstützte Kinder-betreuung

Eine familienfreundliche Arbeitswelt und gute, verlässli-che Kinderbetreuung erhöhen die berufliverlässli-che Chancenge-rechtigkeit für berufstätige Mütter und Väter. Beschäf-tigte, die ihre Kinder gut betreut wissen, arbeiten stressfreier, motivierter und produktiver. Familienfreund-lichkeit im Unternehmen sorgt dafür, dass Beschäftigte schneller aus der Elternzeit zurückkehren und ihre beruf-lichen Kenntnisse und Fähigkeiten aufrecht erhalten. Im Rahmen des Unternehmensprogramms „Erfolgsfaktor Fa-milie“ setzt sich das BMFSFJ in enger Kooperation mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und den Gewerkschaften dafür ein, eine familienbewusste Perso-nalpolitik in den Unternehmen zu etablieren. Mit dem am 25. Februar 2008 gestarteten Förderprogramm „Betrieb-lich unterstützte Kinderbetreuung“ (Baustein des Unter-nehmensprogramms) soll die Vielfalt der Kinderbetreu-ung und das Engagement von Unternehmen unterstützt werden. Das Bundesfamilienministerium fördert Unter-nehmen bei der Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze für Mitarbeiterkinder bis zum vollendeten dritten Lebens-jahr aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Bis zu zwei Jahre lang werden 50 Prozent der zuwendungsfähi-gen Betriebskosten bis zu einer Obergrenze von 6 000 Euro je Platz im Jahr gefördert. Das Förderpro-gramm richtet sich vor allem an kleine und mittlere Be-triebe mit bis zu 1 000 Beschäftigten. Antragsteller und Empfänger der Fördermittel sind die Träger der Betreu-ungseinrichtung, mit denen die Unternehmen zur Schaf-fung der neuen Betreuungsplätze kooperieren, oder die Betriebe selbst, wenn sie Träger der Betreuungseinrich-tung sind.

V.3.3 Frühe Hilfen und soziale Frühwarn-systeme gegen Vernachlässigung Um die Vernachlässigung und Misshandlung von Kin-dern, die auch Folge von sozialer Ausgrenzung sein kön-nen, zu verhindern, fördert die Bundesregierung seit 2007 Modellprojekte im Rahmen eines auf fünf Jahre angeleg-ten und mit 10 Mio. Euro ausgestatteangeleg-ten

Aktionspro-306Vgl. OECD 2007, a. a. O.

gramms. Hier werden frühe Hilfen für Eltern und Kinder und soziale Frühwarnsysteme zum Schutz von Kleinkin-dern, zur Früherkennung von Risiken und Gefährdungen und zur Implementierung effektiver Hilfesysteme entwi-ckelt und erprobt. Das vom Bund eingerichtete Nationale Zentrum Frühe Hilfen bündelt die Erfahrungen und unter-stützt Länder und Kommunen bei der Implementierung effektiver Hilfesysteme in die Regelpraxis. Kern des Pro-gramms ist die fortlaufende Bestandsaufnahme und Eva-luation bestehender Ansätze und Projekte sowie der Er-fahrungsaustausch mit den Ländern und Kommunen.

Hieran wird deutlich, dass die Bekämpfung von Begleit-erscheinungen und Ausprägungen von Kinderarmut als gemeinsame Aufgabe aller Politikebenen begriffen wird.

Am 19. Dezember 2007 hat sich die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder bei einem „Kinder-schutzgipfel“ auf konkrete, eng terminierte Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung des Kinderschutzes in Deutschland verständigt. Dazu gehören die Qualifizie-rung und höhere Verbindlichkeit der ärztlichen Vorsorge-untersuchungen für Kinder, die enge Verzahnung von Ju-gendhilfe und Gesundheitssystem und die Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls.

V.3.4 Nationaler Aktionsplan für ein kinder-gerechtes Deutschland 2005 bis 2010 Junge Menschen haben ein Recht auf Bildung, auf ein ge-sundes Aufwachsen, auf gesellschaftliche Beteiligung und vor allem darauf, dass sie vor physischer und psychi-scher Gewalt geschützt werden. Deshalb wird die Bun-desregierung an diesen und den anderen Zielen des „Na-tionalen Aktionsplans für ein kindergerechtes Deutschland 2005 bis 2010“ (NAP) festhalten. Die Um-setzung der Maßnahmen liegt in der Zuständigkeit von Bund, Ländern und Kommunen und erfordert deshalb ein koordiniertes Vorgehen aller Ebenen.

V.4 Berufliche und soziale Integration von Jugendlichen verbessern

Nach den frühen Kindheitsjahren erfolgt beim Übergang ins Erwachsenenalter bzw. beim Übergang von Schule in Ausbildung und Beruf eine weitere wichtige Weichenstel-lung für soziale Integration und gesellschaftliche Teilha-bechancen. Gleiche Chancen auf Bildung, Ausbildung und Arbeit zu organisieren, ist und bleibt der Schlüssel, um Armut nachhaltig zu bekämpfen und „vererbter Ar-mut“ dauerhaft vorzubeugen. Gemeinsam ist den im Maßnahmeteil Kapitel Bildung307 ausführlich beschriebe-nen Förderprogrammen, wie dem ESF-Programm

„Schulverweigerung – Die 2. Chance“, „Kompetenzagen-turen“ oder“Lokales Kapital für soziale Zwecke“ (LOS), dass sie in lokal verankerten Projekten nahe an der Le-bensumwelt der Zielgruppe arbeiten, eine intensive und

persönliche Ansprache der Jugendlichen erreichen und dabei spezifische Hilfsangebote bereit stellen.

V.5 Zusammenfassung: Familienpolitisches Konzept gegen Armutsrisiken von Eltern und Kindern

Die Bundesregierung stärkt die Leistungsfähigkeit und Eigenverantwortung der Familien nachhaltig durch abstimmte Maßnahmen in den drei Politikbereichen: ge-zielte finanzielle Hilfen, mehr Familienorientierung in der Arbeitswelt sowie eine gute Infrastruktur der Betreu-ung und FörderBetreu-ung für Kinder aller Altersgruppen. Die Kinder stehen im Mittelpunkt einer armutspräventiven Familienpolitik.

Um das Armutsrisiko von Familien zu senken, überprüft die Bundesregierung die Wirksamkeit familienbezogener Leistungen und Maßnahmen und gestaltet die finanziellen Leistungen für Familien zielgenauer aus. Die Einführung des SGB II hat dazu geführt, dass Familien, die bisher nur Arbeitslosenhilfe erhielten und ihre Ansprüche auf ergän-zende Leistungen nicht wahrnahmen, nun die angemesse-nen Kosten der Unterkunft als Gesamtleistung in Höhe der Summe aller drei Leistungen (früher in Form von Ar-beitslosenhilfe, Wohngeld und ergänzender Sozialhilfe) bekommen. Erwerbstätige Eltern, die mit ihrem Einkom-men zwar ihren eigenen Bedarf aber nicht den ihrer Kin-der bestreiten können, erhalten seit 2005 einen KinKin-derzu- Kinderzu-schlag. Seit dem 1. Januar 2008 wurde die bisherige Beschränkung der Förderdauer auf drei Jahre aufgeho-ben. Mit der Weiterentwicklung und größeren Transpa-renz des Kinderzuschlags sollen Eltern in Erwerbsarbeit zukünftig noch gezielter unterstützt und der Kreis der Be-rechtigten ausgeweitet werden (250 000 statt bisher 100 000 Kinder).

Um Einkommenseinbrüche bei der Geburt eines Kindes zu vermeiden, hat die Bundesregierung Anfang 2007 das Elterngeld eingeführt. Kern des Elterngeldes ist der Ein-kommensersatz in Höhe von 67 Prozent des vorangegan-genen Nettoerwerbseinkommens. Für Geringverdiener mit einem Nettoeinkommen von weniger als 1 000 Euro wird die Ersatzrate auf bis zu 100 Prozent angehoben.

Durch die Regelung erreichen Haushalte mit kleinerem Einkommen zusammen mit dem Kindergeld bis zu 90 Prozent des vorherigen Familieneinkommens. Im Herbst 2008 wird die Bundesregierung ihren Siebten Existenzminimumbericht vorlegen, der maßgeblich u. a.

für die steuerliche Berücksichtigung von Kindern ist. Die Koalition ist sich einig, dass zum 1. Januar 2009 Familien mit Kindern mehr Geld erhalten sollen. Der Bund wird hierzu im Bundeshaushalt entsprechende Vorsorge tref-fen.

Die Bundesregierung setzt in der Bekämpfung von Armut

Die Bundesregierung setzt in der Bekämpfung von Armut