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Einkommen und Armutsrisiko von Personen mit Migrations-

IX. Menschen mit Migrationshintergrund

IX.2 Einkommen und Armutsrisiko von Personen mit Migrations-

Die Daten des Mikrozensus 2005 belegen die schwächere Einkommensposition von Personen mit Migrationshinter-grund.223 Die Einkommenssituation von Migranten/Mi-grantinnen wird durch eine ganze Reihe von Faktoren negativ beeinflusst. Zu nennen sind hier insbesondere feh-lende berufliche Qualifikationen bzw. nicht anerkannte berufliche Abschlüsse, Sprachbarrieren, Branchenabhän-gigkeiten sowie unterschiedliches Erwerbsverhalten. Im Vergleich des gewichteten Nettoäquivalenzeinkom-mens224 erreicht die Bevölkerung mit Migrationshinter-grund 79 Prozent des Durchschnittswertes der Gesamtbe-völkerung. Zwischen den Migrationsgruppen differieren die Werte aber beträchtlich. So erreichen (Spät-)Aussied-ler/-innen mit 86 Prozent des Durchschnittswertes ein deutlich höheres Nettoäquivalenzeinkommen als Einge-bürgerte (82 Prozent) und Ausländer/-innen (73 Prozent).

Stellt man allein auf das tatsächlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit ab, wird deutlich, welche Einkom-menshöhe von den einzelnen Migrationsgruppen auf dem Arbeitsmarkt erzielt werden kann. Nur 14 Prozent der Er-werbstätigen mit Migrationshintergrund erzielen ein Ein-kommen über 2 000 Euro (ohne Migrationshintergrund:

23 Prozent). Erwerbstätige mit Migrationshintergrund sind in der Einkommensgruppe bis 1 100 Euro mit 45 Prozent deutlich stärker vertreten als Erwerbstätige ohne Migrationshintergrund (37 Prozent). 54 Prozent der Frauen ohne Migrationshintergrund, aber 67 Prozent der Migrantinnen erzielen Einkommen von unter 1 100 Euro.

Aufgrund der im Durchschnitt geringeren Einkommen sind Personen mit Migrationshintergrund auch einem hö-heren Armutsrisiko ausgesetzt. Das Risiko, einkommens-arm zu sein, haben nach den Daten des Mikrozensus 2005 15 Prozent der Gesamtbevölkerung. Bei Personen mit Migrationshintergrund liegt dieser Anteil mit über 28 Prozent fast doppelt so hoch (Personen ohne Migrati-onshintergrund: 12 Prozent). Auch hier zeigt der Ver-gleich der Migrationsgruppen beträchtliche Unterschiede:

Während 34 Prozent der ausländischen Bevölkerung ar-mutsgefährdet sind, sind es bei den Eingebürgerten bzw.

als Deutsche Geborenen 25 Prozent und bei den (Spät-) Aussiedler/-innen lediglich 21 Prozent (siehe Tabel-le IX.3).

Die Armutsrisikoquote von Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren mit Migrationshintergrund beträgt 32,6 Prozent, während diese Quote bei Kindern und Ju-gendlichen ohne Migrationshintergrund nur bei 13,7 Pro-zent liegt.

Auch bei älteren Personen mit Migrationshintergrund ab dem Alter von 65 Jahren ist das Armutsrisiko mit 27,1 Prozent im Vergleich zu 9,7 Prozent der Personen ohne Migrationshintergrund dieser Altersgruppe höher.

Die wesentlichen Faktoren, die die Unterschiede erklären, sind die kürzeren Erwerbsbiografien, das eher niedrige Erwerbseinkommen der oftmals un- oder angelernten Ar-beitskräfte und die häufigere Betroffenheit von Arbeitslo-sigkeit während ihres Erwerbslebens.

IX.3 Bildungschancen

Einmal versäumte schulische und berufliche Abschlüsse lassen sich mit steigendem Alter schwerer nachholen.

Insbesondere der Abschluss der formalen Schulbildung stellt die Weichen für das Erreichen beruflicher Ab-schlüsse und den Übergang in den Beruf. Bildungsarmut in Form eines vollständigen Fehlens formaler Schulab-schlüsse ist bei Personen mit Migrationshintergrund über-durchschnittlich häufig (siehe Schaubild IX.1). Die aktu-ellen Daten verdeutlichen, dass in der Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund große Unterschiede hinsichtlich des schulischen Bildungserfolges bestehen.

IX.3.1 Schulbesuch

Ein Vergleich der deutschen und ausländischen Schüle-rinnen und Schüler an allgemein bildenden Schulen im Schuljahr 2006/2007 zeigt, dass nur knapp 15 Prozent der deutschen Kinder und Jugendlichen eine Hauptschule be-suchten, während dies bei den ausländischen auf über 38 Prozent zutrifft. Fast die Hälfte der Deutschen (45 Pro-zent) besuchte ein Gymnasium; bei den ausländischen Schülerinnen und Schüler war dies nur jede/r Fünfte (21 Prozent). Die Betrachtung nach Nationalitäten zeigt, dass die russischen Schülerinnen und Schüler hier mit 43 Prozent der Verteilung der Deutschen am nächsten kommen. Alle übrigen Nationalitäten liegen deutlich da-runter. Vor allem italienische und türkische Jugendliche besuchen überproportional häufig die Hauptschule und weisen die niedrigsten Gymnasiastenquoten auf. Türki-sche Jugendliche besuchen allerdings häufiger als alle an-deren Nationalitäten die Schulform der integrierten Ge-samtschule. Geringer ist der Abstand beim Besuch von Real- und Gesamtschulen.

Überproportional häufig werden ausländische Kinder in der deutschen Schulpraxis an Sonderschulen/Förderschu-len verwiesen. Bei einem Anteil von 9,6 Prozent an der Gesamtschülerschaft liegt ihr Anteil an den Sonderschu-len/Förderschulen bei 16 Prozent und der an den Sonder-schulen für den besonderen Förderbereich „Lernen“ sogar bei 19 Prozent.225 Damit hat sich – obwohl das

Bewusst-222Siehe hierzu auch den 7. Lagebericht der Beauftragten der Bundesre-gierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Berlin 2007, Ab-schnitt II, 3.8.7.

223Analysen zum Einkommen basieren im 3. Armuts- und Reichtums-bericht der Bundesregierung grundsätzlich auf den amtlichen Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) und des EU-SILC. Da in diesen Untersuchungen Ausländerinnen und Ausländer bzw. Personen mit Migrationshintergrund untererfasst sind, wird hier auf Daten des Mikrozensus zurückgegriffen.

224Das Nettoäquivalenzeinkommen in Privathaushalten wird berechnet, indem das Haushaltsnettoeinkommen auf die gewichtete Zahl der Haushaltsmitglieder bezogen wird. Dabei geht der Haupteinkom-mensbezieher im Haushalt mit dem Gewicht 1, alle Haushaltsmit-glieder von 14 Jahren und älter mit dem Gewicht 0,5 und alle unter 14-jährigen Haushaltsmitglieder mit dem Gewicht 0,3 ein (OECD-Äquivalenzskala). Für die Gesamtheit aller Nettoäquivalenzeinkom-men wird dann der Median berechnet.

225Den höchsten Anteil von Sonderschülern an den altersgleichen Aus-ländern hat mit 29 Prozent Hamburg, gefolgt von Hessen und Bre-men (jeweils 24 Prozent). Die niedrigsten Anteile sind in Schleswig-Holstein (8 Prozent), Rheinland-Pfalz und Bayern (mit jeweils 13 Prozent) festzustellen.

sein für die problematische Selektion in den allgemein bildenden Schulen durchaus zugenommen hat – der Son-derschulanteil ausländischer Kinder und Jugendlicher in den letzten Jahren bundesweit praktisch nicht verändert.

IX.3.2 Schulabschlüsse

Der am häufigsten erreichte Abschluss von Personen mit und ohne Migrationshintergrund ist der Hauptschulab-schluss. Im Vergleich zu den Männern erzielen Frauen mit Migrationshintergrund häufiger keinen Schulab-schluss oder aber einen höheren SchulabSchulab-schluss. Gemäß den Daten des Mikrozensus verfügen 12 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen mit Migrationshinter-grund im Alter ab 15 Jahren über keinen allgemein bil-denden Schulabschluss gegenüber 2 Prozent der Männer und 2 Prozent der Frauen ohne Migrationshintergrund.226 Die Fachhochschulreife besitzen 5 Prozent der Männer und 4 Prozent der Frauen mit Migrationshintergrund.

Fasst man die Hochschul- und Fachhochschulreife zu-sammen, so zeigt sich, dass der Anteil von Personen mit höheren Abschlüssen bei den Männern ohne Migrations-hintergrund mit 27 Prozent am höchsten und bei den Frauen ohne Migrationshintergrund mit 20 Prozent am geringsten ist. Bei den Männern mit Migrationshinter-grund liegt ihr Anteil bei 26 Prozent und bei den Frauen bei 25 Prozent. Im Rahmen des Mikrozensus wurden al-lerdings teilweise auch Gaststudenten befragt, deren An-gaben in diese Analysen mit einfließen.

Aufgeschlüsselt nach Alter und Herkunftsland wird deut-lich, dass höher qualifizierte Personen mit Migrationshin-tergrund überdurchschnittlich häufig 35 Jahre (Frauen) und älter (Männer) sind. Besonders oft handelt es sich da-bei um Personen polnischer oder russischer Herkunft. Vor allem Frauen mit polnischem Migrationshintergrund ha-ben überdurchschnittlich häufig eine Hochschulzugangs-berechtigung und tragen somit maßgeblich zu dem hohen Anteil hoch gebildeter Zuwanderer bei. Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese Abschlüsse teilweise bereits im Herkunftsland erworben wurden. Dafür spricht auch, dass die Befragten mit Migrationshintergrund, die zum Einrei-sezeitpunkt 18 Jahre oder älter waren, zu 28 Prozent über ein Abitur bzw. einen äquivalenten Abschluss verfügen.

226Für eine Erklärung und Abgrenzung der einzelnen Abschlüsse siehe Statistisches Bundesamt: Bevölkerung und Erwerbstätigkeit – Bevöl-kerung mit Migrationshintergrund. Ergebnisse des Mikrozensus 2005, Fachserie 1 Reihe 2.2, Wiesbaden 2005, S. 331 ff.

Ta b e l l e I X . 3 Armutsrisikoquoten von Personen mit Migrationshintergrund im Jahr 2005

Quelle: Statistisches Bundesamt; Sonderauswertung des Mikrozensus 2005

Geschlecht

Personen

insgesamt darunter

armutsgefährdet in 1.000 in Prozent

Bevölkerung ohne Migrationshintergrund männlich 32.543 11,0

weiblich 34.589 12,2

Gesamt 67.132 11,6

Bevölkerung mit Migrationshintergrund männlich 7.795 27,9

weiblich 7.538 28,5

Gesamt 15.333 28,2

darunter

(Spät-) Aussiedler/-innen und

Nachkommen männlich 1.995 20,0

weiblich 2.058 21,4

Gesamt 4.053 20,7

Eingebürgerte und als Deutsche geborene

Kinder von Zuwanderern männlich 1.992 24,3

weiblich 1.967 25,0

Gesamt 3.959 24,7

Zugewanderte und hier geborene

Auslän-der/-innen männlich 3.809 34,0

weiblich 3.512 34,6

Gesamt 7.321 34,3

Gesamtbevölkerung männlich 40.339 14,3

weiblich 42.127 15,2

Gesamt 82.465 14,8

IX.3.3 Menschen ohne Schulabschluss

Rund 13 Prozent der Bevölkerung mit Migrationshinter-grund bleiben ohne Schulabschluss und damit deutlich häufiger als Deutsche ohne Migrationshintergrund mit nur knapp 2 Prozent. Bei den 20- bis 24-Jährigen mit Migrationshintergrund haben 7 Prozent keinen Schul-abschluss. Am schlechtesten schneiden auch hier im Vergleich der Migrationsgruppen die Jugendlichen aus-ländischer Staatsangehörigkeit ab. 11 Prozent haben in dieser Gruppe keinen Abschluss und 31 Prozent die (Fach-) Hochschulreife, während bei den Eingebürgerten bzw. als Deutsche Geborenen fast 37 Prozent die (Fach-) Hochschulreife und nur 4 Prozent keinen schulischen Ab-schluss haben. Für fast alle Vergleichsgruppen in dieser Altersstufe gilt, dass die jungen Frauen im Vergleich zu den jungen Männern eine bessere Schulbildung haben.

Welche zentrale Bedeutung die Beherrschung der deut-schen Sprache hat, zeigt die Analyse des Schulerfolgs nach Einreisealter. Danach haben in Deutschland gebo-rene (6 Prozent) bzw. vor Beginn der Schulpflicht einge-reiste (5 Prozent) Personen mit Migrationshintergrund die niedrigsten Schulversagensquoten und erreichen gleich-zeitig häufiger (22 Prozent bzw. 21 Prozent) das Abitur.

Am schlechtesten schneiden Migrantinnen und Migranten

ab, die zwischen dem 12. und 17. Lebensjahr eingereist und somit Quereinsteiger im deutschen Bildungssystem sind: Nur 9 Prozent (Nichtdeutsche: 6 Prozent) erreichen das Abitur und 16 Prozent (Nichtdeutsche: 27 Prozent) erreichen keinen Schulabschluss.227

IX.3.4 Berufliche Ausbildung

In engem Zusammenhang mit der Schulbildung stehen die berufliche Ausbildung und entsprechende Berufsab-schlüsse. 37 Prozent der Männer und knapp 50 Prozent der Frauen mit Migrationshintergrund im Alter ab 25 Jah-ren besitzen keine beruflichen Abschlüsse. Im Vergleich zu Frauen und Männern ohne Migrationshintergrund sind mehr als dreimal so viele Männer und fast doppelt so viele Frauen mit Migrationshintergrund ohne beruflichen Abschluss. Liegt kein entsprechender Abschluss vor, ist es in Deutschland außerordentlich schwierig, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden. In fast allen Wirtschaftsreichen ist der Nachweis eines schulischen und/oder be-ruflichen Abschlusses erforderlich.

227Vgl. 7. Lagebericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migra-tion, Flüchtlinge und Integration. 2007, Abschnitt II 2.2.3.

S c h a u b i l d I X . 1

Erreichte Schulabschlüsse der mindestens 15-Jährigen nach Migrationshintergrund und Geschlecht im Jahr 20051

1 Personen, die sich noch in einer schulischen Ausbildung befinden, wurden nicht berücksichtigt.

Quelle: Mikrozensus 2005. Eigene Berechnung und Darstellung des BMI.

Frauen ohne Migrations- hintergrund

Männer mit Migrations- hintergrund i. e. S.

Männer ohne Migrations- hintergrund

Frauen mit Migrations- hintergrund i. e. S.

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

Haupt- schule

Abitur o.ä.

kein Abschluss

Realschule und vergl.

Fachhoch- schulreife

2%

43%

28%

7%

20%

2%

46%

32%

4%

16%

12%

43%

19%

5%

21%

15%

38%

21%

4%

21%

S c h a u b i l d I X . 2 Berufliche Bildungsabschlüsse228 der mindestens 25-Jährigen nach Migrationshintergrund

und Geschlecht im Jahr 20051

1 Die Anteile beziehen sich auf alle Personen, die sich aktuell nicht in einer beruflichen Ausbildung befinden.

Quelle:Mikrozensus 2005. Berechnung und Darstellung des BMI.

Universität

Meister/Technik er/Fachschule Lehre o. ä.

ohne Abschluss Fachhochschule

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Männer Frauen Männer Frauen

Personen ohne Migrationshintergrund Personen mit Migrationshintergrund

12 ,0 0 %

2 6 ,6 0 %

3 7,4 0 %

4 8 ,70 % 58 ,9 0 %

57,10 %

4 3 ,10 %

3 5,8 0 % 12 ,10 %

6 ,6 0 %

5,8 0 % 4 ,0 0 %

7,10 %

3 ,10 %

4 ,3 0 % 2 ,8 0 %

9 ,9 0 % 6 ,6 0 % 9 ,4 0 % 8 ,70 %

Obwohl228der Anteil hoch qualifizierter Personen (d. h.

Hoch- bzw. Fachhochschulabschluss) bei den Personen mit Migrationshintergrund ähnlich hoch ist wie bei denen ohne Migrationshintergrund, können Personen mit Mi-grationshintergrund ihre höheren Bildungsabschlüsse ten-denziell weniger gut auf dem deutschen Arbeitsmarkt verwerten. Das liegt wiederum daran, dass besonders et-was ältere Frauen mit Migrationshintergrund (35 bis unter 45 Jahren und ab 55 Jahren) sowie Frauen mit russischem oder polnischem Hintergrund überdurchschnittlich häufig über einen Universitätsabschluss ihres Herkunftslandes verfügen. Mangelhafte Deutschkenntnisse oder Diskrimi-nierungen durch Arbeitgeber könnten dann die Gründe für ihre dennoch schlechten Arbeitsmarktchancen sein.229 So belegen neuere Studien, dass Personen mit Migra-tionshintergrund auch bei gleichem Bildungsstand wie deutsche Bewerber mit größeren Schwierigkeiten am Ar-beitsmarkt konfrontiert sind.230

IX.4 Arbeitsmarkt und Zugang zu