• Keine Ergebnisse gefunden

F OKUSSIERUNG DER E NERGIEEFFIZIENZ

D. Die Energieeffizienz in den Referenzsystemen

3. F OKUSSIERUNG DER E NERGIEEFFIZIENZ

Die Einführung des Art. 194 AEUV durch den Lissabonner Vertrag im Jahre 2009 legte den Grundstein für eine zentrale Positionierung und direkte Fokussierung der Energieeffizienz.

a) Einführung des Art. 194 AEUV

Die Einführung des Art. 194 AEUV durch den Lissabonner Vertrag im Dezember 2009 manifestierte, dass die Förderung der Energieeffizienz zu einem der vier zentralen Ziele der Energiepolitik der Union er oben wurde. „Die Energie olitik der Union verfolgt im eiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts und unter Berücksichtigung der Notwendigkeit der Erhaltung und Verbesserung der Umwelt folgende Ziele: (...) c) Förderung der Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie Entwicklung neuer und erneuerbarer Energiequellen.” Art. 1 4 AEUV m c t somit deutlic , d ss ein „Energieeffizienzrec t”

grundsätzlich als Schnittstelle zwischen Energierecht und Umweltrecht eingestuft und vor diesem Hintergrund ls „Energieumweltrec t” oder „Umweltenergierec t”295 bezeichnet werden kann. Dies wirft zwangsläufig die Frage nach dem Verhältnis der beiden Rechtsfelder zueinander auf. Vorherrschend ist die Auffassung, dass Umweltschutz und Wettbewerbs olitik „kom lementär zuein nder ngeg ngen werden k nnen”296. Ein liberalisierter Energiebinnenmarkt könne aus sich selbst heraus nicht in der Lage sein, mehr Energieeffizienz zu schaffen, so dass es einer umweltrechtlichen Einflussnahme auf den liberalisierten Energiemarkt bedürfe.297 Hervorgehoben wird zwar, dass die Leitprinzipien des Art. 194 AEUV gleichrangig und nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz miteinander in Ausgleich zu bringen sein sollen.298 Im Detail bleibt das Verhältnis der beiden Rechtsfelder zueinander jedoch unklar.

294 Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 3 EnWG, Rn. 124.

295 vgl. zur Systematisierung des Rechtsgebiets Sailer, NVwZ 2011, S. 718 ff.

296 Weißbuch zur Energiepolitik, BR-Drs. 190/96, S. 14.

297 Messerschmidt, Europäisches Umweltrecht, S. 805.

298 Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 194 Rn. 7.

57

b) Aktionsplan für Energieversorgungssicherheit und -solidarität

Als zweite Überprüfung ihrer Energiestrategie legte die Europäische Kommission einen Aktionsplan für Energieversorgungssicherheit und -solidarität299 vor300, bei dem die Verbesserung der Energieeffizienz im Dienste der Energiesicherheit, des Klimaschutzes und der Wettbewerbsfähigkeit eine prioritäre Stellung einnahm. Neben dem Infrastrukturbedarf, der Diversifizierung der Energieversorgung und der optimalen Nutzung eigener Energieressourcen der EU bildete nunmehr auch die Energieeffizienz einen der fünf Schwerpunkte des Aktionsplans. Eine ökologisch nachhaltige und hocheffiziente Energieversorgung wurde als zentrale Voraussetzung für die Gewährleistung der europäischen Versorgungssicherheit anerkannt.301 Die angestrebte Steigerung der Energieeffizienz um 20 % soll sich dem Aktionsplan zufolge in Bezug auf Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit auswirken sowie eine Verringerung des Verbrauchs zur Verringerung der Abhängigkeit von der Einfuhr fossiler Brennstoffe bewirken. Insgesamt wird der Aktions l n ls erstm ls „ko ärente und umf ssende Progr mm tik (...), um Antworten uf die genannten Herausforderungen zu formulieren“302, bewertet.

c) Energiestrategie 2020

Gegen Ende des Jahres 2010 präsentierte die Europäische Kommission den Entwurf einer erweiterten Energiestrategie mit Langfristzielen für 2050 und einen fortgeschriebenen Energieaktionsplan bis 2020. Die Energiestrategie 2020 wurde am 28.02.2011 endgültig verabschiedet. Sie stützt sich auf die folgenden fünf Schwerpunkte: 1.) Europa energieeffizient machen, 2.) einen wahrhaft europaweit integrierten Energiemarkt schaffen, 3.) Verbraucherautonomie stärken und das höchste Niveau an Sicherheit und Gefahrenabwehr erreichen, 4.) die Führungsrolle Europas im Bereich der Energietechnologien und Innovation ausbauen und letztlich 5.) die externe Dimension des EU-Energiemarkts stärken.303 An erster Stelle steht damit eine effiziente Energienutzung, die bis zum Jahr 2020 eine

299 EU-Aktionsplan für Energieversorgungssicherheit und -solidarität KOM(2008) 781 endg.

300 Hintergrund war die verstärkte Aufforderung von Seiten Europaabgeordneter und Wirtschaftsgruppen, Energie effizienter zu nutzen; vgl. bspw.

http://www.euractiv.com/de/energieeffizienz/europaabgeordnete-energieeffizienz-wichtig-langfristige-energiestrategie/article-176276;

http://www.euractiv.com/de/energieeffizienz/energieeffizienz-industriegruppe-fordert-verbindliches-eu-ziel/article-175678.

301 Geden, SWP-Aktuell 83/2008, S. 1, 2.

302 Kahl, EuR 2009, S. 601.

303 Eine Strategie für wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie, Sek (2010) 1346, KOM(2010) 639 endg., S. 6.

58 Energieeinsparung von 20 % bedingen soll. Energieeffizienz soll in alle relevanten Politikbereiche, einschließlich die Aus- und Weiterbildung, einbezogen werden, um eine Änderung der derzeitigen Verhaltensmuster zu erreichen. Die gesamte Energiekette von der Energieerzeugung über die Energieübertragung und -verteilung bis hin zum Endverbrauch soll erfasst werden.304

d) Energieeffizienzplan 2011

Am 08.03.2011 nahm die EU-Kommission den Energieeffizienzplan 2011305 an, welcher der Verwirklichung des in der Wachstumsstrategie Europa 2020 festgeschriebenen 20%-Ziels der Reduzierung der CO2-Emissionen bis zum J r 2020 dienen und n den „Aktions l n f r Energieeffizienz“ vom 1 .10.2006 nkn fen sollte.306 Der Plan fokussiert insbesondere eine Vorbildfunktion des öffentlichen Sektors sowie die Etablierung einer verbindlichen Zielvorgabe zur Sanierung des öffentlichen Gebäudebestandes. Im öffentlichen Auftragswesen wird die Einführung von systematisch anspruchsvollen Energieeffizienzkriterien propagiert. Die gesamte Energiewirtschaft soll zur Energieeinsparung verpflichtet werden. Die Energieeffizienz wird dabei als eine der kosteneffektivsten Möglichkeiten angesehen, die Energieversorgungssicherheit zu verbessern und die Emissionen von Treibhausgasen und anderen Schadstoffen zu senken. Sie wird in vielfacher Hinsicht als Europas größte Energieressource betrachtet.

Zu beachten ist der Versuch des Energieeffizienzplans, eine begriffliche Abgrenzung der Energieeffizienz von der Energieeinsparung vorzunehmen. Technisch betrachtet, so wird usgef rt, bedeute „Energieeffizienz“, „d ss weniger Energie bei gleic bleibendem Nive u der Wirtsc ftstätigkeit oder Dienstleistung eingesetzt wird“. „Energieeins rungen“ werden als „umf ssenderes Konze t (verst nden), d s uc eine Verbr uc ssenkung durc Ver ltensänderungen oder durc eine geringere Wirtsc ftstätigkeit einsc ließt.“307 Letztlich betont der Plan die Schwierigkeiten der begrifflichen Abgrenzung in der Praxis und verweist

304 Eine Strategie für wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie, a.a.O., S. 7.

305 Energieeffizienzplan, anrufbar unter

http://www.energieeffizienz-online.info/fileadmin/user_upload/Downloads_2011/EU_Energieeffizienzplan_2011.pdf.

306 KOM (2006) 545; Lecheler/Recknagel, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, Rn. 243.

307 vgl. den Nationalen Energieeffizienz-Aktionsplan (EEAP) der Bundesrepublik Deutschland, Fn. 2.

59 auf eine häufig gleichbedeutende Verwendung, die auch in der Mitteilung zum Energieeffizienzplan selbst vorgenommen werde.308

e) Energieeffizienz-Richtlinie

Im Juni 2011 wurde von Seiten der Europäischen Kommission ein Vorschlag für eine neue Energieeffizienz-Richtlinie309 zur Senkung des Energieverbrauchs bis zum Jahre 2020 um 20% ausgearbeitet.310 Die in Art. 2 der Ursprungsfassung enthaltenen Begriffsbestimmungen wiesen dabei keine Definition der Energieeinsparung bzw. der Energieeffizienz auf -–

Erläuterung f nden u. . lediglic Begriffe wie der „Primärenergieverbr uc ” und die

„Energiedienstleistung”, ber uc der Begriff des „Energie udits”. Am 1 .06.2012 erreichten die EU-Mitgliedstaaten, die Kommission und das Parlament eine Kompromisslösung zum Richtlinienentwurf311. Beachtung müssen hierbei insbesondere die in Art. 2 neu inzugef gten Definitionen finden. N c Nr. 2 b) ist die „Energieeffizienz” d s Verhältnis von Ertrag von Leistungen, Dienstleistungen, Waren oder Energie und der Energiezufu r. „Energieeins rung” n c Nr. 2 c) soll die durc Messung und/oder Schätzung des Verbrauchs vor und nach der Umsetzung einer oder mehrerer der Energieeffizienz-Verbesserungsmaßnahmen ermittelte Menge der eingesparten Energie bei gleichzeitiger Normierung der Umgebungsbedingungen, die Einfluss auf den Energieverbr uc ben, d rstellen. Eine „Energieeffizienzverbesserung“ n c Nr. 2 d) wird ls „die Steigerung der Energieeffizienz ls Ergebnis tec nisc er, ver ltensbezogener und/oder wirtsc ftlic er Änderungen“ verstanden. Art. 4 des Richtlinienentwurfes statuiert zudem eine Vorbildfunktion der Gebäude der öffentlichen Hand. Die endgültige Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU wurde am 25.10.2012 erlassen, nachdem auch der Rat diese am 04.10.2012 befürwortet hatte.312 Durch die umfängliche Ergänzung ihres Wortlautes um die Definitionen zur Energieeinsparung und Energieeffizienz wurde die erhebliche

308 Energieeffizienzplan,

http://www.energieeffizienz-online.info/fileadmin/user_upload/Downloads_2011/EU_Energieeffizienzplan_2011.pdf, S. 2 Fn. 2.

309 KOM (2011) 370 endgültig.

310 Die hierfür als unzureichend betrachtete Kraft-Wärme-Kopplungs- und Energiedienstleistungsrichtlinie sollen durch die neue Richtlinie ersetzt werden.

311 Interinstitutional File: 2011/0172 (COD); vgl. auch die Pressemitteilung, Einigung über EU-Energieeffizienz-Richtlinie zum Energierat am 15.06.2012,

http://www.bmwi.de/DE/Presse/pressemitteilungen,did=492974.html.

312 vgl. http://ec.europa.eu/energy/efficiency/eed/eed_de.htm.

60 Bedeutung erkennbar, die einer verlässlichen terminologischen Basis und einer Systematisierung der Begrifflichkeiten eingeräumt wurde.