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E NERGIECHARTAVERTRAG

D. Die Energieeffizienz in den Referenzsystemen

2. E NERGIECHARTAVERTRAG

Der rechtsverbindliche Vertrag zur Energie-Charta ((Energy Charter Treaty, ECT) ebenso wie das Protokoll zur Energieeffizienz und verwandten Umweltaspekten (PEEREA)220 wurden im Dezember 1994 in Lissabon unterzeichnet und traten am 16.04.1998 in Kraft.221 Auch Russland unterschrieb den Vertrag zunächst.222 Auf russischer Seite bestanden gegenüber der Anwendung des gesamten Energiecharta-Regelwerks jedoch erhebliche Bedenken. Vertreter Gazproms machten u.a. geltend, dass durch den Vertrag und sein Transitprotokoll zentral-asiatischen Gasexporteuren leichter Zutritt zum russischen Gasnetz gewährt würde. Dadurch würden Russlands Exporte nach Europa sowie das gesamte System der langfristigen Lieferverträge mit europäischen Kunden gefährdet.223 Die vier Säulen (Investitionsschutz, Handel mit Energie, Transit und Energieeffizienz) wurden zudem als Gefahr angesehen, dass der ECT den neuen Risiken und Herausforderungen, die sich aus dem Bedürfnis nach Stabilität und Sicherheit der Energiemärkte ergeben, nicht mehr gewachsen sein könne.224 Den Bedenken folgend machte die Russische Föderation von dem in Art. 45 Abs. 3 lit. a) ECT statuierten Recht Gebrauch, welchem zufolge „jeder Unterzeic ner die vorläufige Anwendung dieses Vertrags durch eine schriftliche Notifikation an den Verwahrer beenden k nn, in der er seine Absic t bekundet, nic t Vertr gs rtei des Vertr gs zu werden.”225 Die russische Regierung verkündete dementsprechend mit Verfügung Nr. 1055-r vom 30.07.2009

219 Opitz, Rationales und irrationales Verhalten in der russischen Klimapolitik, DIW Wochenbericht Nr. 23, 2011, S. 4.

220 Energy Charter Protocol on Energy Efficiency and related environmental aspects.

221http://europa.eu/legislation_summaries/energy/external_dimension_enlargement/l27028_de .htm.

222 vgl. http://de.rian.ru/business/20090806/122600004.html.

223 Götz, Pipeline-Popanz, Irrtümer der europäischen Energiedebatte, Osteuropa, 1/2009, S. 3, 4; Mikulcak, Osteuropa-Wirtschaft, 3/2006, S. 249, 255; vgl. auch Schneider, Die

Europäische Union und Russland im 21. Jahrhundert, S.10 f.

224 Marenkov, Aktuelle Entwicklungen im russischen Wirtschaftsrecht 2/2009.

225 vgl. den deutschen Text des ECT,

http://www.encharter.org/fileadmin/user_upload/Publications/GE.pdf, S. 70.

40 offiziell, dass die Russische Föderation nicht beabsichtige, Vertragsstaat des Energiechartavertrages und des Protokolls zur Energieeffizienz und verwandten Umweltaspekten zu werden. Die Beendigung der vorläufigen Anwendung226 erfolgte für die Russische Föderation mit Wirkung zum 19.10.2009. Eine Ratifikation der Energiecharta durch Russland blieb damit endgültig aus.227 Der ablehnenden Haltung der Russischen Föderation konnte dabei durchaus eine Indizwirkung zuerkannt werden. Obwohl verbreitet der dem Protokoll anhaftende Charakter einer bloßen politischen Absichtserklärung kritisiert wird228, dürfte es wohl dennoch als wirksames Instrumentarium zur Implementierung von energieeffizienzrechtlichen Maßnahmen eingestuft werden können. Weist es auch keine quantitative Vorgaben auf, so dient es dennoch nicht nur als Grundlage für regelmäßige Assessments, sondern ermöglicht darüber hinausgehend internationale Begegnungen, die über einen Erfahrungsaustausch und eine Koordination der Energieeffizienzpolitiken zu weiteren Fortschritten führen können.229

b) Regelungen zur Energieeffizienz

Die Förderung der Energieeffizienz sowie Ansätze zur Minimierung der Umweltauswirkungen von Energieproduktion und Energieverbrauch stellen einen zentralen Hauptbereich der Charta, aber auch des Protokolls PEEREA, dar. Die Vertragsparteien verpflichten sich, eine verbesserte Energieeffizienz anzustreben und schädliche Umweltauswirkungen zu verringern.230 Das Protokoll widmet sich in seinen Artikeln 4 bis 6 u.a. nicht nur der Koordination von Energieeffizienzpolitiken, sondern auch der Fragestellung der uf eine Energieeffizienz bzw. uf den Umweltsc utz usgeric teten „fin nziellen Anreize”.

Inhaltlich definiert Art. 19 Abs. 3 lit. c des Energiechartavertrags die Begrifflichkeit

„Energieeffizienz verbessern” ls ein D r uf inwirken, „den unveränderten mengenmäßigen Ertrag ohne Qualitäts- oder Leistungseinbuße zu erhalten bei gleichzeitiger Verringerung der

226 Die Regeln der Energiecharta mussten insoweit provisorisch angewendet werden, als dass sie mit den russischen Gesetzen vereinbar waren. Hintergrund war, dass gemäß der Regelung des Art. 45 Abs. 1 E T d s Übereinkommen vom jeweiligen Unterzeic ner „in dem M ße vorläufig anzuwenden (war), in dem die vorläufige Anwendung nicht mit seiner Verfassung und seinen esetzen und sonstigen Rec tsvorsc riften unvereinb r ist” vgl. M renkov, Russland wird nicht Vertragsstaat des Energiechartavertrages (ECT).

227 vgl. dazu Westphal, Der langsame Tod der Energiecharta.

228 Pritzkow, Das völkerrechtliche Verhältnis zwischen der EU und Russland im Energiesektor, S. 49 m.w.N.

229 Pritzkow, a.a.O., S. 49.

230 Karl, in: Danner/Theobald, Energierecht, B1 Energiechartavertrag, Rn. 32.

41 zur Produktion dieses Ertrags eingesetzten Energiemenge.” Dieses Verständnis greift uc das Protokoll über Energieeffizienz zum Vertrag über die Energiecharta auf, indem es in Art.

2 Abs. 6 uf eben dieser Definition „Energieeffizienz verbessern” ufb ut. Eine Energieeffizienzpolitik soll gemäß Art. 4 die Schaffung angemessener rechtlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen, insbesondere hinsichtlich eines effizienten Funktionierens von Marktmechanismen einschließlich marktorientierter Preisbildung und eine umfassendere Einbeziehung von Umweltkosten und -nutzen, den Abbau von Hemmnissen für Energieeffizienz und damit Anreize für Investitionen, Mechanismen zur Finanzierung der Energieeffizienzinitiativen umfassen. Abs. 3 zeigt für die vorzunehmenden Energieeffizienzpolitiken auf, dass diese unter gebührender Berücksichtigung von Umweltaspekten auf Kosten-Effektivität und Wirtschaftlichkeit basieren sollen. Abs. 7 fokussiert nunmehr den Umweltschutz und verpflichtet die Vertragsparteien, die einschlägigen Grundsätze in internationalen Abkommen, welche zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt verabschiedet wurden, zu berücksichtigen.

Der Themenkreis der auf Energieeffizienz und Umweltschutz ausgerichteten finanziellen Anreize wird in Art. 6 aufgegriffen. Die Umsetzung neuer Ansätze und Methoden für die Finanzierung von energieeffizienz- und energiebezogenen Umweltschutzinvestitionen, wie zum Beispiel von Joint-Venture-Vereinbarungen zwischen Energieverbrauchern und externen Investoren, mit in d s sog. „T ird P rty Fin ncing”231, soll gefördert werden. Der Zugang zu privaten Kapitalmärkten und den bestehenden internationalen Finanzinstitutionen soll genutzt werden, um Investitionen in eine Verbesserung der Energieeffizienz und dem auf Energieeffizienz bezogenen Umweltschutz zu erleichtern.

Zu beachten ist, dass der Bericht der Energiechartakonferenz über die Energieeffizienz in Russland (2007) einen vergleichsweise hohen Energieverbrauch der russischen Industrie manifestierte.232 Hierbei wurden Umweltschutzpolitik und eine effizientere Nutzung von Energie einerseits als voneinander getrennt zu realisierende, andererseits jedoch als gleichzeitig miteinander verknüpfte Elemente betrachtet.233

231 vgl. dazu Energy Charter Secretariat, Third-party Financing: Achieving its potential (2003).

232 vgl. Russian Federation – Regular Review of Energy Efficiency Policies 2007.

233 „Environment l olicy nd more efficient use of energy re re lized inde endently nd, t t e s me time, re interrel ted.“, Russian Federation – Regular Review of Energy Efficiency Policies 2007, S. 29.

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