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Expression und Reinigung der zweiten Neurolin-Domäne aus dem Goldfisch . 44

3.3 Expression und Reinigung

3.3.1 Expression und Reinigung der zweiten Neurolin-Domäne aus dem Goldfisch . 44

Das optimierte Konstrukt der zweiten Neurolin-Domäne aus dem Goldfisch (siehe Abschnitt 3.2.1, Seite 30) wurde mithilfe von E. coli BL21 (DE3) Origami B Zellen hergestellt. Die Zellen waren mit einem pET15b Vektor transformiert. Das Ziel-Gen codierte für ein Fusionsprotein, bestehend aus N-terminalem Histidin6-tag, SUMO und der Neurolin-Domäne. Die DNA-Sequenz für das Protein lag Codon-optimiert für E. coli Zellen vor, da der Genabschnitt von einem Hersteller synthetisiert wurde. Wie bereits von Kulic (2009) beschrieben, konnte die Zellausbeute während der Anzucht um 330% gesteigert werden, wenn 100mg/L Celtone (CIL) im minimalen Wachstumsmedium enthalten waren. Da die zweite Neurolin-Domäne eine Immunglobulin-Domäne ist, die in E. coli keinen nativen Faltungsmechanismus aufweist, bestand die Gefahr, dass bei einer schnellen Produktion hoher Mengen an Protein, ungefaltete Aggregate ausgebildet werden. Um dem entgegenzuwirken, wurde nach der Induktion der Genexpression mit IPTG die Temperatur des Wachstumsmediums von 37°C auf 25°C gesenkt. Durch den geringeren Stoffumsatz der Zellen, wurde das Protein langsamer produziert, und die Gefahr von ungefalteten Aggregaten

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minimiert. Um trotzdem eine hohe Ausbeute zu ermöglichen, wurde im Gegenzug die Produktionsdauer von üblicherweise 4 Stunden auf 16 Stunden erhöht. Insgesamt ergaben sich aus dieser Strategie 4.6±0.4g Zellen pro Liter Minimalmedium.

Um das Protein zu reinigen, wurden zunächst die Zellen mittels French-Press aufgeschlossen. Das Zell-Lysat wurde anschließend bei 100000g zentrifugiert, um die Membranbruchstücke und unlösliche Zell-Bestandteile zu pelletieren. Das Zielprotein, welches im verbleibenden löslichen Anteil der Zellen enthalten war, wurde, wie oben beschrieben, zunächst über Affinitäts-Chromatographie von dem Rest der löslichen Zellbestandteile getrennt. Anschließend wurde das Fusionsprotein optional mit der ULP1 verdaut und SUMO und die ULP1 über einen weiteren Lauf über die Nickel-Sepharose abgetrennt. Die so erhaltene isolierte zweite Neurolin-Domäne wurde schließlich über Größenausschlusschromatographie bis zur Homogenität gereinigt. Da dieses Reinigungsprotokoll für das angegebene Konstrukt neu war, mussten die Lösungsbedingungen der Reinigungspuffer auf eine hohe finale Proteinausbeute optimiert werden. Wie bereits erwähnt, wurden dazu der pH-Wert und die Salzkonzentration variiert.

Dieses Screening fand zunächst mit dem kompletten Fusionsprotein (His6-SUMO-NIg2) in einer Konzentration von 5mg/mL statt, da die kritischen Prozeduren der Reinigung wie der Zellaufschluss und die Elution von der Affinitätssäule mit dem vollständigen Fusionsprotein abliefen. Diese beiden Reinigungsschritte waren insofern kritisch, da dabei das Protein in sehr hohen (lokalen) Konzentrationen bis zu 50mg/mL vorlag und unter diesen Bedingungen löslich sein musste. Zunächst wurden Lösungsbedingungen im pH-Bereich von pH=4.6 bis pH=8.5 geprüft. Dabei stellte sich heraus, dass das Protein bei pH=4.6 ausfällt. Daraus ließ sich folgern, dass das Protein einen hohen pH-Wert benötigt um löslich zu sein. Anschließend wurden die drei verschiedenen Salzkonzentrationen von 0, 50 und 200mM NaCl bei jeweils pH=7 geprüft (Tab. 1).

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Tabelle 1: Getestete Pufferbedingungen für das Fusionskonstrukt SUMO-NIg2 aus dem Goldfisch

0mM NaCl 50mM NaCl 200mM NaCl

NaOAc pH=4.6   

NaCitrat pH=5.6   

NaPi pH=6.5   

HEPES pH=7.0   

HEPES pH=7.5   

Tris pH=8.5   

Es stellte sich heraus, dass das Protein bei 0mM NaCl ausfällt. Insgesamt ließ sich also folgern, dass für das Protein sowohl hohe pH-Werte, als auch hohe Salzkonzentrationen günstig sind. Daher wurden für den Reinigungspuffer ein physiologischer pH von 7.4 und eine Salzkonzentration von 300mM NaCl gewählt. Als das Fusionsprotein unter diesen Bedingungen mittels UPL1 gespalten und die zweite Neurolin-Domäne mittels Größenausschlusschromatographie weiter gereinigt wurde, stellte sich heraus, dass sich ein großer Anteil der isolierten Domäne im Ausschlussvolumen befand und demnach aggregiert war (Abb. 3.16). Die Gesamtausbeute an gereinigtem löslichen Protein betrug 0.49mg Protein pro Gramm Zellen. Um die Ausbeute zu verbessern, wurden die Pufferbedingungen nochmals in Richtung höherem pH nach 8 und höherer Salzkonzentration nach 500mM NaCl verschoben. Zusätzlich wurden 5%(Vol.) Glycerin zugesetzt, um die Löslichkeit des Proteins zu verbessern. Diese Maßnahmen resultierten in einer 10-fach höheren Gesamtausbeute an gereinigtem löslichen Protein von 4.98mg Protein pro Gramm Zellen. An den Integralen der Größenausschluss-Chromatogramme beider Puffer-Bedingungen ist ersichtlich, dass im Falle des optimierten Glycerin-haltigen Puffers, bereits vor der Größenausschluss-Chromatographie mehr Protein vorlag (Abb. 3.16). Daraus kann geschlossen werden, dass bei dem nicht optimierten Puffer bereits in den initialen Reinigungsschritten viel Protein durch Aggregation verloren gegangen war. Der Nachteil der optimierten Bedingungen war, dass die Aktivität der ULP1 bei Salzkonzentrationen von 500mM NaCl auf 60% gesenkt ist (Malakhov et al., 2004). Daher musste der ULP1 Verdau als einziger Reinigungsschritt bei Raumtemperatur und nicht, wie alle anderen Schritte, bei 4°C stattfinden. Außerdem war eine sehr hohe ULP1 Konzentration von 1mg ULP1 pro 10mg Fusionsprotein nötig.

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Abbildung 3.16: Eigenschaften der Reinigung der zweiten Neurolin-Domäne aus dem Goldfisch (A) SDS-PAGE der einzelnen Reinigungsschritte. Bande 1: Marker. Bande 2: Der Zellextrakt

enthält einen sehr hohen Anteil des SUMO-NIg2. Bande 3: Nach dem ersten Reinigungsschritt über die Nickel Sepharose (Ni2+ Seph.) konnte ein Großteil der ungewünschten Zellbestandteile entfernt werden. Bande 4: Beim Verdau sind zwei schwache Banden der ULP1 und des unverdauten Fusionsproteins bei ca. 31kDa, und zwei starke Banden der Spaltprodukte SUMO und NIg2 bei ca. 20kDa sichtbar. Bande 5: Nach Verdau wurde die ULP1, unverdautes Fusionsprotein, und SUMO über einen weiteren Reinigungsschritt an die Nickel-Sepharose gebunden da diese Proteine noch den His6-tag enthielten. Bande 6: Die zweite Neurolin-Domäne nach Trennung der Spaltprodukte. Die Proteinlösung enthält noch schwache Verunreinigungen. Bande 7: Die zweite Neurolin-Domäne nach der Größenausschlusschromatographie. Es sind keine Verunreinigungen sichtbar. Die Probe wurde unter reduzierenden (red.) Bedingungen aufgetragen. Bande 8:

Die gleiche Probe wie in Bande 7, jedoch unter oxidierenden Bedingungen. Die Disulfid-Brücke wurde intramolekular gebildet.

(B) Größenausschluss-Chromatogramm bei verschiedenen Pufferbedingungen. Bei pH=7.4 und 300mM NaCl (schwarz) ist der Anteil von aggregiertem Protein im Ausschlussvolumen höher als von monomerem Protein bei einem Elutionsvolumen von ca.74mL. Wird der pH, die Salz- und Glycerin-Konzentration angehoben kann mehr Protein isoliert werden, welches als

48 monomer in Lösung vorliegt (blau).

(C) 1H-15N-HSQC-Spektrum der gereinigten zweiten Neurolin-Domäne aus dem Goldfisch (0.9mM) nach Pufferwechsel auf NaPi pH=7.0 und 100mM NaCl. Die Form der Signale und die Verteilung der Resonanzen über den breiten Bereich von 6.0 – 10.5ppm ist ein Indiz für eine stabile globuläre Faltung des Proteins mit vielen β-Strängen.

Für die anschließenden NMR-Experimente war dieser optimierte Reinigungspuffer (50mM Tris pH=8, 500mM NaCl, 5%(Vol.) Glycerin) ungeeignet, da ein solch hoher pH-Wert die Austauschrate der Amid-Protonen des Peptid-Rückgrads erhöht. Dies führt zu Signalverlust und resultiert daher in Informationsverlust. Außerdem bewirkt eine hohe Salzkonzentration eine für den NMR-Probenkopf ungeeignete Dielektrizitätskonstante. Zusätzlich ergeben sich aus den hohen Konzentrationen an Tris und Glycerin zusätzliche NMR-Signale und daher ein spektraler Überlapp. Um all diese Nachteile zu kompensieren, wurden für die NMR-Experimente neue Pufferbedingung ausgearbeitet. Der pH wurde auf 7, und die Salzkonzentration auf 100mM NaCl gesenkt. Um die Ionenstärke für eine Protein-Löslichkeit trotzdem hoch zu halten, kam 50mM NaPi als Puffersubstanz zum Einsatz. Dieses hat im Gegensatz zu Tris zusätzlich den Vorteil, dass es keine Signale in den verwendeten NMR-Experimenten aufweist. Auf Glycerin wurde komplett verzichtet. Es stellte sich heraus, dass diese Pufferbedingung selbst während NMR-Langzeitmessungen das Protein in hoher Konzentration von 0.9mM und einer stabilen Faltung in Lösung halten konnte.

3.3.2 Expression und Reinigung der zweiten Neurolin-Domäne aus dem Zebrafisch

Die zweite Neurolin-Domäne aus dem Zebrafisch wurde analog der Goldfisch-Domäne mithilfe von E. coli BL21 (DE3) Origami B Zellen hergestellt. Wiederum wurde nach der Induktion der Genexpression die Temperatur von 37°C auf 25°C gesenkt und über 16 Stunden exprimiert. Die Zellausbeute war vergleichbar zu jener der Goldfisch-Domäne. Auch im Falle der Zebrafisch-Domäne kam der pET15b Vektor zum Einsatz, welcher für ein Fusionskonstrukt aus N-terminalem Histidin6-tag, SUMO und der Sequenz für die Zebrafisch-Neurolin-Domäne codierte (siehe Abschnitt 3.2.2, Seite 35). Da dieses Konstrukt für Experimente der Ligand-Suche vorgesehen war, hatte das Protein am C-terminus zusätzlich einen strep-tag, welcher aus acht Aminosäuren bestand (Trp-Ser-His-Pro-Gln-Phe-Glu-Lys), und über einen kurzen Spacer von drei Aminosäuren (Ser-Ser-Gly) an die Neurolin-Domäne fusioniert war (Abb. 3.8, Seite 35). Aufgrund der bereits erwähnten hohen Sequenzhomologie der Goldfisch- und Zebrafisch-Domäne, wurden für die Reinigung der Zebrafisch-Domäne

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zunächst die gleichen Reinigungsbedingungen (50mM Tris pH=8, 500mM NaCl, 5%(Vol.) Glycerin, bei 4°C) gewählt. Nach der Spaltung des Fusionskonstruktes mittels ULP1 über Nacht konnte Protein-Präzipitat beobachtet werden. Da während der Reinigung der Goldfisch-Domäne unter den gleichen Bedingungen kein Protein ausgefallen war, ist offensichtlich, dass hier die Zebrafisch-Domäne ausgefallen war, und nicht SUMO oder ULP1. Für die geringe Löslichkeit des Zebrafisch-strep-tag Proteins wurde sein isoelektrischer Punkt pI von 7.96 verantwortlich gemacht. Bei dem in dem Reinigungspuffer eingesetzten pH von 8 hatte das Protein annähernd keine Nettoladung, was offensichtlich zu einer geringeren Löslichkeit geführt hatte. Daher wurden wiederum Pufferbedingungen mit verschiedenen pH-Werten jenseits des pIs überprüft (Tab. 2). Zunächst wurden die pH-Werte von 5.5, 6.8 und 7.2 gewählt, bei welchen die Nettoladung des Proteins positiv sein sollte. In jedem Fall konnte jedoch wieder Proteinpräzipitation während des ULP1-Verdaus beobachtet werden. Als nächstes wurde pH=9 als Pufferbedingung gewählt. Bei diesen Experimenten war das Protein zu jeder Zeit der Reinigung löslich, also auch während und nach dem ULP1-Verdau. Für Experimente der Ligandsuche war diese Pufferbedingung jedoch ungeeignet. Für die Ligandsuche musste das Protein unter physiologischen Bedingungen, also pH=7.2 – 7.4 vorliegen, damit physiologisch relevante Interaktionen nachgewiesen werden konnten. Würde das Protein während der Ligandsuche bei pH=9 vorliegen, wären unspezifische elektrostatische Interaktionen möglich, da die Oberflächenladung ein anderes Muster aufweist als unter physiologischen Bedingungen. Auch wäre unklar ob das Protein bei einem pH-Wert von 9 die gleiche Faltung und damit die gleichen Möglichkeiten zur Interaktion aufweist wie unter physiologischen Bedingungen. Daher wurden die Lösungsbedingungen für das Protein im Anschluss an die Reinigung auf einen Phosphatpuffer mit pH=7.2 und 150mM NaCl getauscht. Bei diesem Pufferaustausch ist das Protein jedoch erneut ausgefallen und war nicht mehr verwendbar. Die nächste Strategie war, SUMO nicht abzuspalten, sondern das komplette Fusionsprotein für die Experimente der Ligandsuche zu verwenden. Für diesen Ansatz wurde das Protein wieder bei pH=9 gereinigt. Daraufhin wurden die Lösungsbedingungen für das Protein wieder auf den physiologischen Puffer mit pH=7.2 und 150mM NaCl gewechselt. In diesem Fall blieb das Protein in Lösung, da SUMO das Löslichkeitsverhalten des vollständigen Fusionskonstruktes maßgeblich beeinflusste.

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Tabelle 2: Getestete Pufferbedingungen für die Präparation von NIg2 aus dem Zebrafisch Puffer physiologische Bedingungen aufweisen, sondern das Protein musste auch eine globuläre Faltung annehmen. Die globuläre Faltung des Proteins wurde mittels NMR-Spektroskopie überprüft. Im zugehörigen 1H-15N-HSQC-Spektrum ist ersichtlich, dass die Signale mit einer hohen spektralen Dispersion zu SUMO gehören, und die Signale, welche zur zweiten Neurolin-Domäne gehören, nur eine sehr geringe spektrale Dispersion aufweisen (Abb. 3.9, Seite 36). Eine so geringe spektrale Dispersion der Amid-Protonen ist charakteristisch für ein ungefaltetes Protein. Für dieses biochemische Verhalten des Proteins ist vermutlich die große hydrophobe Fläche ursächlich, welche im Homologie-Modell veranschaulicht ist (Abb. 3.11, Seite 38). All diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die isolierte zweite Neurolin-Domäne aus dem Zebrafisch entweder in eukaryotischen Expressionssystemen exprimiert werden muss, oder eine Membranverankerung benötigt, um in stabil gefalteter Form vorzuliegen. Da es abschließend nicht möglich war die Zebrafisch-Domäne mit den verfügbaren Methoden in stabil gefalteter Form zu präparieren, wurden keine darauf aufbauenden Experimente zur Ligandsuche durchgeführt.

3.3.3 Expression und Reinigung weiterer Proteine

Die Goldfisch Tandem-Konstrukte (His6-SUMO-NIg1-NIg2, His6-SUMO-NIg2-NIg3), sowie das Konstrukt für die dritte Neurolin-Domäne (His6-SUMO-NIg3) wurden ebenfalls

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mittels BL21 (DE3) Origami B Zellen hergestellt. Während der Reinigung wiesen die Domänen das gleiche biochemische Verhalten auf wie die zweite Zebrafisch Domäne: Es gelang nicht die Proteine in löslicher und/oder gefalteter Form zu präparieren (Weise, 2011).

Für eine Interaktionsstudie wurde auch die erste ROBO1-Domäne aus dem Zebrafisch präpariert. Diese wurde analog der Neurolin-Domänen mittels BL21 (DE3) Origami B Zellen hergestellt. Wiederum waren die Zell-Ausbeuten vergleichbar. Auch hier wurde der pET15b Vektor verwendet, welcher für ein Codon-optimiertes Fusionskonstrukt aus His6-SUMO-RIg1 codierte (Abb. 3.12, Seite 39). Für die Reinigung wurde der Puffer verwendet, welcher bei der zweiten Neurolin-Domäne aus dem Goldfisch zum Einsatz gekommen war: 50mM Tris pH=8, 500mM NaCl, 5%(Vol.) Glycerin bei 4°C. Unter diesen Bedingungen war das Protein während der Reinigung löslich. Auch nach der Spaltung des Fusionsproteins mittels ULP1 blieben die Spaltprodukte in Lösung. Nach allen Reinigungsschritten ergab sich eine Ausbeute an 2.77mg gereinigtem Protein pro 1g Zellen, was ungefähr der Hälfte der Ausbeute der Goldfisch-Neurolin-Domäne entspricht (siehe Abschnitt 3.3.1, Seite 44). Für die NMR-Experimente wurden ähnliche Pufferbedingungen wie bei der Goldfisch-Neurolin-Domäne gewählt, mit 50mM HEPES pH=7 und 100mM NaCl. Unter diesen Bedingungen war die Domäne jedoch nur bis zu einer Konzentration von 100µM löslich. Wurde das Protein bei diesen Pufferbedingungen weiter konzentriert, fing es an auszufallen. Dieses Verhalten wird wiederum auf den pI der ROBO-Domäne zurückgeführt, welcher den Wert von 6.47 hat. Aus diesem Wert für den pI folgt, dass bei dem im NMR-Puffer verwendeten pH=7 nur eine geringe negative Nettoladung vorliegt, und das Protein demzufolge eine geringe Löslichkeit besitzt. Hier bestand die Möglichkeit mittels Optimierung der Reinigungs- und NMR-Pufferbedingungen eine bessere Ausbeute und Löslichkeit zu erhalten. Diese Strategie wurde jedoch nicht weiter verfolgt, da die Interaktionsexperimente keine brauchbaren Ergebnisse geliefert hatten, und ein Bedarf an hohen Mengen des Proteins nicht weiter bestand (siehe Abschnitt 3.5.1, Seite 72).

Die ULP1, welche für die Spaltung der Fusions-Konstrukte benötigt wurde, wurde selbst präpariert. Für dieses Protein wurde auch E. coli als Expressionssystem verwendet, jedoch kam hier der Stamm BL21 (DE3) Rosetta zum Einsatz. Dieser war nötig, da die ULP1, welche auf einem pET24 Vektor codiert war, nicht Codon-optimiert vorlag. Um die Expressionsausbeuten trotzdem hoch zu halten, musste der Stamm das Rosetta-Plasmid enthalten, welches für die in E. coli seltenen tRNAs codierte. Um die Reinigung zu ermöglichen, war das ULP1-Konstrukt mit einem C-terminalen His6-tag ausgestattet. Die

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Zellanzucht erfolgte ausschließlich im DYT-Vollmedium, da die ULP1 nicht mit NMR-Methoden untersucht worden ist, und eine Isotopenmarkierung daher nicht nötig war. Trotz des nährstoffreichen Mediums ergab sich hier eine Ausbeute von nur 4g Zellen pro Liter Medium. Für die Reinigung wurde zunächst das Protokoll nach Mossessova and Lima (2000) verwendet, bei welchem der Puffer eine Zusammensetzung von 50mM Tris pH=8, 200mM NaCl und 10mM β-Mercaptoethanol hatte. Dieses Protokoll hat sich als ungeeignet erwiesen, da das Protein nach der Reinigung über die Nickel-Matrix, während der Dialyse zur Entfernung von Imidazol, ausgefallen war. Aus diesem Grund wurde ein anderes Protokoll zur Reinigung gewählt, das von der Arbeitsgruppe Deuerling etabliert worden war. Dabei wurde für den Zellaufschluss und die Reinigung über die Nickel Matrix ein Puffer mit der Zusammensetzung von 40mM HEPES pH=7.5, 150mM KCl und 20mM β-Mercaptoethanol und 10mM Imidazol (250mM Imidazol für die Elution) verwendet. Nach der Elution von der Nickel-Matrix, wurde das Protein über Nacht gegen einen Puffer mit der Zusammensetzung von 40mM HEPES pH=7.5, 100mM KCl und 10mM β-Mercaptoethanol dialysiert, um das Imidazol aus der Proteinlösung zu entfernen. Danach wurde die Lösung auf eine Protein-Endkonzentration von 8mg/mL eingestellt, und es wurde Glycerin zu einer Protein-Endkonzentration von 50%(Vol.) hinzugefügt damit Aliquote schockgefroren werden konnten. Während der Dialyse und bei der Einstellung der Protein-Konzentration mittels Ultrafiltration war wiederum ca. 30% des Proteins ausgefallen. Jedoch war die Menge des in Lösung gebliebenen Proteins aufgrund der hohen Ausbeute von 36.55mg ULP1 pro Gramm Zellen für viele Folgeexperimente ausreichend.

3.3.4 Zusammenfassung und Diskussion

Die vorliegenden Experimente zeigen, dass das pET-System aufgrund seiner gut charakterisierten Genregulation hervorragend für Proteinproduktion geeignet ist, bei welcher es auf eine hohe Ausbeute ankommt. Um eine hohe Ausbeute während der Isotopen-Markierung zu gewährleisten, hat sich der Zusatz von Celtone bewährt, welcher eine 330%-ige Steigerung der Zellausbeute in Minimal-Medium ermöglicht hat. Bei den Experimenten zur Proteinreinigung wird deutlich, dass der Erfolg und die Ausbeute sehr stark von dem jeweiligen Protein abhängen. Bei den Reinigungsprotokollen der Immunglobulin-Domänen konnte in zwei von drei Fällen ein erfolgreiches Reinigungsprotokoll ausgearbeitet werden. In dem Fall der Zebrafisch-Neurolin-Domäne konnte selbst nach intensiver Variation von Pufferbedingungen kein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht werden. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den Erkenntnissen von Weise (2011) zu den Tandem-Domänen und

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der dritten Neurolin-Domäne. Dies bestätigt die Annahme, dass membranverankerte Immunglobulin-Domänen generell eine Membranverankerung benötigen, welche die Proteine in ihrer Fähigkeit zur Diffusion einschränkt und eine unspezifische Aggregation verhindert.

Als Grund für die geringe Löslichkeit und Stabilität mancher Domänen werden hydrophobe Oberflächen angenommen. Wie in dem Homologie-Modell der Zebrafisch-Domäne ersichtlich, sind teilweise hydrophobe Reste an der Oberfläche des Proteins exponiert. Diese Eigenschaft erschwert eine spontane globuläre Faltung des Proteins in wässrigen Umgebungen. Vermutlich werden die membranverankerten Domänen in ihrer natürlichen Umgebung während der Translation am rauen endoplasmatischen Retikulum mittels Faltungshelfern, den sogenannten Chaperonen gefaltet. Daher ist bei der Verwendung prokaryotischer Expressionssysteme ein Erfolg bei der Expression und Reinigung dieser Proteine nicht unwesentlich vom Glück abhängig. Bei den Experimenten zur Optimierung von Pufferbedingungen konnte gezeigt werden, dass der pH, die Salz- und die Glycerin-Konzentration von entscheidender Bedeutung sind. Bei der Optimierung der Reinigungsprotokolle der Neurolin-Domänen aus dem Goldfisch und dem Zebrafisch fällt auf, dass die Wahl des pHs bei der verwendeten Pufferlösung maßgeblich von dem pI des Proteins abhängig ist. In beiden Fällen ist das Protein nur in Pufferlösungen mit hohem pH löslich, also wenn das Protein eine negative Nettoladung trägt. Auffällig ist außerdem, dass die Ausbeute für die Goldfisch-Domäne höher ausfällt, je negativer die Nettoladung ist. Mit dieser Strategie wäre eine Optimierung der Reinigungsbedingung der ROBO1-Domäne möglich gewesen, wenn ein höherer Bedarf bestanden hätte. Bei den Reinigungsbedingungen der ULP1 konnte diese Strategie nicht bestätigt werden. Hier resultierte bei höherem pH eine geringere Ausbeute. Eine Strategie für die Optimierung der Reinigungsbedingungen der ULP1 könnte ein Zusatz von Glycerin in dem Puffer sein, da die Protease während der Spaltung der SUMO-Fusionskonstrukte in Glycerin-haltigen Puffern stets löslich war.

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3.4 Struktur und Dynamik der zweiten Neurolin-Domäne