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4. Ergebnisse

4.2 In-vivo – Ergebnisse

4.2.1 Etablieren eines Tiermodells

Im Hinblick auf eine mögliche klinische Anwendung war es das Ziel, bei den Tieren eine orale Aufnahme von Sulindac zu ermöglichen. Auch in der Klinik wird Sulindac oral verabreicht und zeigt mit dieser Applikation ebenfalls seine chemopräventive Wirkung bei der Behandlung von FAP-Patienten. Die Alternative im Tierversuch bestände in einer für die Mäuse belastenden, subkutanen oder intraperitonealen Injektion, die für die Aufrechterhaltung adäquater Arzneimittelspiegel evtl. sogar mehrmals täglich erfolgen müsste. Da die Tiere mehrfach vorwiegend über die Nacht verteilt Futter aufnehmen, lässt sich dieses Ziel mit der Gabe des Arzneimittels über die Nahrung unproblematisch erreichen. Außerdem wird auf diese Weise die Metabolisierung von Sulindac in den aktiven Metaboliten und die Acyl-Glucuronidierung im Intestinum und in der Leber ausgenutzt.

Immunsupprimierte Mäusestämme wie beispielsweise Nacktmäuse akzeptieren allo- und xenogene Transplantate. Diese Tiere zeigen aufgrund ihrer Thymusaplasie keine funktionierende T-Zellabwehr (PELLEITIER u. MONTPLAISIR, 1975). Auch menschliche Zervixkarzinomzellen (z. B. HeLa-Zellen) bilden in Nacktmäusen, subkutan an der Flanke inokuliert, Tumoren (SOTO et al., 1999). Allerdings mussten wesentliche Voraussetzungen neu bestimmt werden (z. B. die Inokulationsstelle, die inokulierte Zellzahl und die Zusammensetzung der Tierdiät), um Therapieeffekte im Tierversuch beobachten zu können.

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4.2.1.1 Inokulationsstelle

Als Inokulationsstelle erwies sich der mediale Oberschenkel als günstig. An dieser Stelle verlaufen subkutan mehr Blutgefäße als an der Flanke, dem üblichen Inokulationsort. Durch eine bessere Gefäß- und damit auch Blutversorgung des sich entwickelnden Tumors gelang es, größere Schwankungen im Tumorwachstum zu vermeiden, und eine bessere Versorgung des Tumors mit dem Arzneimittel zu erreichen.

4.2.1.2 Inokulierte Zellzahl

Um mögliche wachstumshemmende Effekte von Sulindac in vivo beurteilen zu können, darf nicht durch ein zu großes initiales Zellinokulat die Nekroseentwicklung im Tumor gefördert werden. Nur so kann über einen möglichst langen Zeitraum eine Gefäßversorgung des Tumors erhalten werden.

Dabei erwiesen sich 6 × 106 HeLa-Zellen als ausreichend, um am medialen Oberschenkel eine sichere (100 %ige) Tumorentwicklung zu ermöglichen. Mit dieser Zellzahl wuchs das Inokulat innerhalb von knapp drei Wochen zu einem Tumor heran, dessen Größe sich noch innerhalb der Empfehlungen der GV-SOLAS befand.

4.2.1.3 Fütterung

Anfängliche Versuche einer Applikation von Sulindac über das Trinkwasser scheiterten wegen des für die Mäuse störenden Geschmacks; die Versuchstiere reduzierten bei den erforderlichen Sulindacdosen die Trinkwasseraufnahme.

Dagegen kann den Mäusen Sulindac über eine selbst entwickelte Diät in Form von Futterriegeln gegeben werden. Die Tiere akzeptieren auf diese Weise höhere Sulindacdosen als über das Trinkwasser. Durch die eigene Herstellung der Futterriegel lassen sich während der Entwicklung die einzelnen Inhaltsstoffe je nach Bedarf abändern, ohne dass jedes Mal große Mengen an Pellets von Futtermittelfirmen abgenommen werden müssen. Es hat sich auch herausgestellt, dass die Versuchsmäuse die weichen Riegel den harten Standardpellets vorziehen.

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Folgende Substanzen sind dem Grundfutter zugesetzt worden: Ascorbinsäure wirkt als Antioxidans, unterstützt das Immunsystem und die Leberfunktion. Fructose hat ebenfalls einen positiven Effekt auf die Leberfunktion. Außerdem verbessert sie den Geschmack des Futters und erhöht somit die Akzeptanz. L-Lysin-Monohydrat soll in äquimolarer Menge zu Sulindac dessen Lösung in Wasser erleichtern und zusätzlich die gastrointestinalen Nebenwirkungen des NSAIDs verringern. Die Zugabe von Lactalbumin-Hydrolysat erhöht den Anteil an Rohprotein im Futter. Dies deckt den Proteinbedarf der noch nicht ausgewachsenen Mäuse und wirkt dem Fettansatz der Tiere entgegen. Zusätzlich puffert es den niedrigen pH-Wert der sauren Zusätze ab.

Da beim Autoklavieren ein Großteil der bereits im Futter enthaltenen Vitamine zerstört wird, soll die Multivitaminlösung den Gehalt so erhöhen, dass trotz Erhitzen des Futters beim Autoklavieren kein Vitaminmangel während der Zeit des Tierversuchs entsteht. Gelatine wirkt ebenfalls als Puffer und gibt dem Futter eine festere Konsistenz.

Die Behandlung durch Autoklavieren scheint keinen Einfluss auf die Wirksamkeit von Sulindac zu haben. In Kulturmedium gelöstes und anschließend autoklaviertes Sulindac wurde HeLa-Zellen zugesetzt. Aus diesen wurden nach 24 Stunden Proteine extrahiert und im Western Blot E7 detektiert. Wie in Abb. 16 gezeigt, wurde das Oncoprotein im gleichen Maß supprimiert wie nach Behandlung mit nicht-autoklaviertem Sulindac. Sulindac wird also durch Autoklavieren nicht inaktiviert.

-

autoklaviert autoklaviert

Abbildung 16: Autoklavieren beeinflusst nicht die Wirksamkeit von Sulindac. Western Blot aus mit 500 µM nicht autoklaviertem und autoklaviertem Sulindac behandelten HeLa-Zellen.

Gesamtproteinextrakte wurden in 12 %igem SDS-Gel aufgetrennt und die Membran mit Antikörpern gegen HPV18-E7 inkubiert. Die Membran wurde mit Anti-Aktin zur Kontrolle gleicher Proteinladungen nachinkubiert. (-): unbehandelte Kontrolle; (nicht autoklaviert): nicht autoklaviertes Sulindac;

(autoklaviert): autoklaviertes Sulindac; (Sul [500µM]): 500 µM Sulindac; Behandlungsdauer: 24 h

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4.2.1.4 Futtermenge und Dosis

Durch Bilanzierung der Futteraufnahme stellte sich heraus, dass eine Nacktmaus innerhalb von 24 Stunden durchschnittlich 6 g des fertigen Riegelfutters aufnahm, den Großteil während der Nacht. Die in der Literatur beschriebene wirksame Konzentration liegt bei etwa 200 mg Sulindac pro kg Diät (RAO et al., 1996, DUPERRON u. CASTONGUAY, 1997), die mit dem hier selbst hergestellten Futter erreicht wurde (effektiv 180 mg / kg Futter nach autoklavieren). Die tägliche Sulindacdosis betrug ca. 42 mg pro kg Körpergewicht Maus, wenn man davon ausgeht, dass eine durchschnittliche Nacktmaus 25 g wiegt. Die eingesetzte Menge im Futter war die maximale von den Mäusen akzeptierte Sulindacmenge. Bei einer höheren Dosis nahm die tägliche Futteraufnahme ab.

4.2.2 Sulindac hemmt das Tumorwachstum heterotransplantierter HeLa-Tumoren in Nacktmäusen

4.2.2.1 Versuchsverlauf

Um nicht mit den Vorgängen zu interferieren, die beim Anwachsen der inokulierten Tumorzellen im Versuchstier in den ersten Tagen stattfinden, wurde mit der Behandlung am 2. Tag nach der Inokulation begonnen. Zuvor wurden die Tiere in zwei Gruppen zu je acht Tieren randomisiert.

Das Gewicht der Tiere wurde zweimal pro Woche kontrolliert; es stieg im Laufe des Versuchs sowohl bei den behandelten als auch bei den unbehandelten Tieren um ca.

1 – 2 g an, bedingt durch das Körper- und Tumorwachstum. Die Tumorgröße wurde dreimal pro Woche durch Palpation beurteilt. Weiterhin wurde das Allgemeinbefinden der Tiere regelmäßig kontrolliert und besonders auf äußerlich erkennbare mögliche Nebenwirkungen geachtet. Nach einigen Tagen war der Kot in den Käfigen mit den behandelten Mäusen etwas weicher als in denen der unbehandelten Tiere, aber normal geformt. Ansonsten zeigten sich die Mäuse unauffällig.

Nach 15 Tagen erreichten die größten Tumoren die Grenze der Größen-empfehlungen der GV-SOLAS (4 cm3), und alle Tiere wurden getötet.

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Abbildung 17: Maus mit Tumor am rechten Oberschenkel vor der Sektion.

Bei der Sektion wurden die Tumoren entnommen und gewogen (Tab. 1). Sie saßen auf der Oberschenkelmuskulatur auf. Von der Unterhaut waren sie mit einer Bindegewebskapsel abgegrenzt. Bei keiner Maus wurde Metastasen in den inneren Organen beobachtet.

Tumorgewicht

Kontrolle Sulindac 0,68 g 0,24 g 0,83 g 0,44 g 1,32 g 0,58 g 1,43 g 0,58 g 1,78 g 0,77 g 1,86 g 0,79 g 2,10 g 0,87 g 2,24 g 1,42 g Mittelwert 1,53 g 0,71 g

Tabelle 1: Tumorgewichte. Gewicht der einzelnen explantierten Tumore der unbehandelten Kontroll-gruppe und der mit Sulindac behandelten Gruppe und deren Mittelwerte.

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0 0,5 1 1,5 2 2,5

Kontrolle Sulindac

Tumorgewicht [g]

**

Abbildung 18: Sulindac hemmt das Tumorwachstum in vivo. Mittelwerte der Tumorgewichte der

unbehandelten (Kontrolle) und behandelten (Sulindac) Gruppe mit Standardabweichung.

** hochsignifikanter Unterschied (p < 0,01)

Der Unterschied der Mittelwerte der Tumorgewichte beider Gruppen erwies sich nach statistischer Auswertung als hochsignifikant (p < 0,01).

4.2.3 Histologische und immunhistochemische Untersuchungen der Tumoren