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Das Zerixkarzinom ist weltweit die zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen. Auch in Deutschland erkranken ca. 5800 Frauen pro Jahr an dieser Krebsart, und etwa 2600 Patientinnen sterben daran. Das Zervixkarzinom ist mit einer Infektion mit sogenannten „high-risk“-Typen der humanen Papillomviren (HPV) assoziiert, deren virale Oncoproteine E6 und E7 immortalisierendes und transformierendes Potential besitzen.

Als therapeutische Maßnahmen werden chirurgische Methoden, Bestrahlung und Chemotherapeutika, meist Cisplatin, eingesetzt. Dies ist vielfach mit gravierenden Nebenwirkungen und oftmals erheblichen Belastungen für die Patientinnen verbunden. Die Suche nach neuen, besser verträglichen Behandlungen scheint deshalb notwendig.

Für nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs = nonsteroidal anti-inflammatory drugs) sind anti-neoplastische Eigenschaften bei geringer systemischer Toxizität beschrieben worden. Bei der Behandlung der familiären adenomatösen Polyposis (FAP), einer dominant vererbten Präkanzerose, wird das NSAID Sulindac in der Klinik bereits erfolgreich zur Prävention eingesetzt. Es ist jedoch bisher nicht bekannt, ob diese Substanz auch in virus-induzierten Tumoren wie dem Zervixkarzinom wirksam ist.

Im Rahmen dieser Arbeit soll der Effekt von Sulindac auf verschiedene Zervix-karzinomzelllinien in vitro getestet und Untersuchungen zu seinem Wirk-mechanismus - mit besonderer Berücksichtigung des Einflusses auf die viralen Oncoproteine - durchgeführt werden.

Um sein therapeutisches Potential genauer bestimmen und einschätzen zu können, sollen Versuche am Tier über die Wirkung von Sulindac Aufschluss geben. Bei Unterschieden hinsichtlich des Tumorwachstums zwischen Kontrollgruppe und therapierten Tieren soll durch anschließende histologische bzw. immunhisto-chemische Methoden der zugrundeliegende Mechanismus untersucht werden.

Einleitung 2

Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen zeigen, ob Sulindac anti-neoplastische Wirkung auf Zervixkarzinomzellen hat und somit für einen möglichen Einsatz, sowohl in der Therapie, als auch in der Prävention HPV-positiver Tumore, geeignet ist. Darüber hinaus soll ein Einblick in den Wirkmechanismus von Sulindac erbracht werden.

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2. Literaturübersicht

2.1 Papillomviren

2.1.1 Taxonomische Einordnung und Aufbau

Papillomviren bilden die Virusfamilie der Papillomaviridae. Ihre Nukleinsäure liegt als doppelsträngige, zirkulär geschlossene DNA von 7200 – 8000 Basenpaaren als Superhelix vor. Papillomviren besitzen keine Hülle, und ihr ikosaedrisches Kapsid weist einen Durchmesser von 55 nm auf (FAVRE et al., 1997). Sie haben eine hohe Tenazität, besonders gegenüber Lipidlösungsmitteln, Säure- und Hitzebehandlung.

Papillomviren sind weit verbreitet: Spezifische Virustypen werden bei Menschen, Primaten, Halbweltaffen, Raubtieren, Huftieren, Elefanten, Nagern, Meeressäugern, Vögeln und Reptilien isoliert (Übersicht DE VELLIERS et al., 2004). Trotz ihrer weiten Verbreitung erweisen sich die meisten Papillomviren als streng wirtsspezifisch und können nur Epithelzellen der Haut und der Schleimhaut infizieren.

2.1.2 Medizinische Bedeutung der Papillomviren

2.1.2.1 Humane Papillomviren

Bisher sind über 118 verschiedene HPV-Typen identifiziert (ZUR HAUSEN, 2000, DE VILLIERS et al., 2004). Kutane Typen infizieren die Basalzellen der Haut, HPV-Typen der Mukosa hingegen die Basalzellen der Schleimhaut (LOWY u. HOWLEY, 2001).

Kutane Typen

Kutane Papillomviren werden durch direkten Kontakt mit infizierten Hautregionen oder über kontaminierte Gegenstände übertragen. Über Mikroläsionen infizieren sie das verhornte Plattenepithel der Haut und rufen meist erst nach mehreren Monaten lokale Zellproliferationen im infizierten Bereich hervor, die sich als vielgestaltige Warzen äußern. Gewöhnliche Warzen (Verrucae vulgares) treten vor allem an

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Händen und Beinen als erhabene Hautläsionen mit Hyperkeratose auf. Wenig erhaben sind flache Warzen (Verrucae planae juveniles), die meist an den Handrücken und im Gesicht wachsen. Plantare Warzen (Verrucae plantares) kommen vorwiegend an den Fußsohlen vor und können als Dornwarzen tief in die Hautschichten hineinreichen. Bei den meisten Warzen handelt es sich um gutartige, Erkrankungen der Haut, die sich nach einiger Zeit spontan zurückbilden (MASSING u. EPSTEIN, 1963).

Eine seltene hereditäre Hauterkrankung ist die Epidermodysplasia verruciformis, bei der eine multiple Warzenbildung am ganzen Körper auftritt. Sie ist mit bestimmten kutanen Papillomviren assoziiert. Die anfangs gutartigen Warzen können sich zu malignen Tumoren entwickeln, wobei UV-Strahlung ein Co-Faktor darzustellen scheint, da sich die Entartungen v. a. an bevorzugt lichtexponierten Körperpartien manifestieren (LUTZNER et al., 1984).

Bei Patienten, die nach einer Organtransplantation immunsupprimierende Medikamente erhalten, tritt an sonnenexponierten Körperstellen oft Hautkrebs auf, der nicht zur Gruppe der Melanome gehört und ebenfalls mit humanen Papillomviren assoziiert zu sein scheint (SHAMANIN et al., 1996, STOCKFLETH et al., 2004).

Mukosale Typen

Bei den Schleimhauterkrankungen, die mit Papillomviren assoziiert sind, unterscheidet man Läsionen, die im Kopf-Hals-Bereich vorkommen, und solche, die im anogenitalen Bereich zu finden sind. Dabei können sowohl gutartige als auch bösartige Tumore entstehen (LOWY u. HOWLEY, 2001).

Larynxpapillome findet man im Bereich der Mundhöhle und des Kehlkopfs, dabei häufig auch an den Stimmbändern. Bei der juvenilen Form können die Papillome bei üppigem Wachstum durch ihre Lage die Atemwege obstruieren und müssen chirurgisch entfernt werden; eine maligne Entartung ist selten (HERRERO, 2003).

Bei der adulten Form treten die Papillome meist solitär auf. In vielen Fällen wird HPV16 isoliert (MCKAIG et al., 1998, DE VILLIERS et al., 2004). Tabak- und Alkoholkonsum scheinen die Entwicklung von Tumoren im Bereich von Mundhöhle, Kehlkopf und Rachen zu begünstigen (HERRERO et al., 2003).

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Auch in Tumoren im anogenitalen Bereich werden verschiedene HPV-Typen nachgewiesen (BJØRGE et al., 2002). Humane Papillomviren gelten als die Hauptursache des Zervixkarzinoms. Jährlich nimmt die Zahl der betroffenen Frauen weltweit um 500.000 zu (WAGGONER, 2003). Der Gebärmutterhalskrebs ist nach dem Brustkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen weltweit (BOSCH u.

SANJOSE, 2003) und verursacht jährlich über 230.000 Todesfälle (PARKIN et al., 2001). In vielen Entwicklungsländern, wo etwa 80 % der neuen Fälle auftreten, ist dieser Tumor sogar die häufigste durch Krebs verursachte Todesursache (PARKIN et al., 1997, WAGGONER, 2003).

Dabei gelingt in 99,7 % der Zervixkarzinome der Nachweis von HPV-DNA (WALBOOMERS et al., 1999). Von den ca. 40 HPV-Typen, die nachgewiesener-maßen den Genitaltrakt infizieren, scheinen mindestens 14 davon an der Entstehung des Gebärmutterhalskrebses beteiligt zu sein (BOSCH et al., 1995, CLIFFORD et al., 2003). Diese gehören zu der Gruppe der „high-risk“-Typen (16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59, 73, 82), die mit invasiv wachsenden Zervixkarzinomen und anderen anogenitalen Tumoren assoziiert sind, während „low-risk“-Typen (6, 11, 40, 42, 43, 44, 54, 61, 70, 72) gutartige genitale Warzen (Condylomata acuminata) verursachen (ORIEL, 1981). Die am häufigsten vorkommenden Typen sind HPV16 (50 – 60 %) und HPV18 (10 – 12 %) (BOSCH u. MUÑOZ, 2002, BOSCH u.

SANJOSE, 2003). Vom Zeitpunkt der Infektion, die meist zu Beginn der sexuellen Aktivität erworben wird, bis zum tatsächlichen Ausbruch der Krebserkrankung vergehen meist 20 bis 30 Jahre. Bei der Mehrheit verschwindet die HPV-Infektion wieder, und nur ein kleiner Teil der betroffenen Frauen entwickelt eine progrediente Entartung des Zervixepithels.

Das Zervixkarzinom entwickelt sich in mehreren Stufen mit verschiedenen Vorstadien. In Deutschland und Europa wird vorwiegend die Unterteilung in leichte, mäßige, schwere Dysplasie und Carcinoma in situ verwendet. In den 70er Jahren wurde der Begriff der cervikalen intraepithelialen Neoplasie (CIN) eingeführt, wobei zwischen CIN I, II und III unterschieden wurde (RICHART, 1973). Die einzelnen Stadien der Erkrankung können in die jeweils höhere Entwicklungsstufe übergehen, persistieren oder sich auch zurückentwickeln (OSTOR, 1993). Das Stadium des

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invasiven Gebärmutterhalskrebses charakterisieren der Durchbruch der Basal-membran und der Fähigkeit, über das Lymph- und Gefäßsystem zu metastasieren (STEHMAN et al., 2003).

Eine HPV-Infektion scheint allein für eine bösartige Entartung einer Läsion nicht auszureichen. Als Cofaktoren bei diesem Prozess spielen offensichtlich Immun-suppression, z. B. durch eine HIV-Infektion (HO et al., 1994, WILLIAMS et al., 1994, PALEFSKY, 2003), Tabakkonsum (DALY et al., 1998, HARRIS et al., 2004), hormonelle Kontrazeptiva (ARBEIT et al., 1996, KJELLBERG et al., 2000, DE VILLIERS, 2003), die Anzahl der Sexualpartner (KARLSSON et al., 1995, WINER et al., 2003) und genetische Prädisposition (HORNG et al., 2004) eine Rolle.

2.1.2.2 Papillomviren der Tiere

Systematische Studien und Beobachtungen lassen vermuten, dass alle Säugetiere, einige (oder alle) Vögel und wahrscheinlich sogar Wirbellose mit Papillomviren infiziert sind (BERNARD u. CHAN, 1997). Aus papillomatösen Veränderungen von Primaten, Halbweltaffen, Raubtieren, Huftieren, Elefanten, Meeressäugern, Nagern (mit Ausnahme der Labormäuse), Vögeln und Reptilien lassen sich wirtsspezifische Papillomviren isolieren.

In der Veterinärmedizin haben die Rinderpapillomviren (BPV) eine besondere Bedeutung. BPV1 verursacht filiforme, fransig-zottige Fibropapillome der Zitzenhaut und eher knollige Fibropapillome der Penis- oder Scheidenschleimhaut; durch BPV2 kommt es zu typischen blumenkohlartigen bis korallenförmigen Fibropapillomen der Haut an Vorderkörper, Unterbauch, Gliedmaßen und/oder Perineum; BPV3 führt zu anderweitigen Papillomen der Haut; BPV4 bewirkt Plattenepithel-Papillome der Maul-, Schlund-, Vormagen- und Harnblasenschleimhaut, die maligne entarten können. BPV5 ist mit reiskornähnlichen Fibropapillomen der Euterhaut assoziiert;

BPV6 induziert filiform-fransige Papillome der Euterhaut (STÖBER, 2002). Bei der Entstehung von Krebs im oberen Gastrointestinaltrakt und der Harnblase durch BPV4 scheinen karzinogene bzw. mutagene und immunsupprimierende Stoffe im

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Adlerfarn als Inhaltsstoff des Futters eine zusätzliche Rolle zu spielen (JARRETT, 1978, CAMPO et al., 1992).

Wirtschaftliche Bedeutung erlangt die Erkrankung, wenn die Papillome zur Ein-schränkung des Allgemeinbefindens (Probleme beim Fressen und Atmen) oder der Nutzbarkeit (Melken, Deckeinsatz) führen.

Darüber hinaus spielen die Rinder-Papillomviren eine besondere Rolle, da sie bei anderen Tierarten Tumore induzieren können. Die Übertragung von tumorigenen Viren auf heterologe Arten unter natürlichen Bedingungen ist bisher noch wenig erforscht (ZUR HAUSEN, 2001). Bei Pferden, Eseln und Maultieren kann eine Infektion mit BPV1 und BPV2 zur Bildung des equinen Sarkoids führen (OLSEN u.

COOK, 1951, CHAMBERS et al., 2003). Dieser lokal invasiv wachsende fibroblastische Hauttumor ist die häufigste dermatologische Neoplasie der Pferde.

Bisher gibt es keine effektive Therapie, und eine Entfernung der Tumore ist durch eine hohe Rezidivrate gekennzeichnet. Da bei Landwirten und Tierärzten gehäuft Warzen auftreten, bestanden lange Vermutungen über eine Infektion des Menschen mit Rinder-Papillomviren. Inzwischen entkräfteten serologische und molekular-biologische Untersuchungen diesen Verdacht (ORTH et al., 1981).

Das COPV (canine oral papillomavirus) verursacht Papillome im Maul- und Rachenraum bei Hunden. Diese können so stark ausgeprägt sein, dass eine Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich ist. Eine Streuung in andere Organe oder maligne Entartung zu Plattenepithelkarzinomen ist möglich, was meist eine Euthanasie der Hunde erfordert (NICHOLLS u. STANLEY, 1999).

2.1.3 Die Replikation der Papillomviren

Für eine Infektion mit Papillomviren ist das Vorhandensein epidermaler oder mukosaler proliferationsfähiger Epithelzellen des Stratum basale nötig (ZUR HAUSEN, 1996). Die Infektion erfolgt über Mikroläsionen der Haut bzw. Schleimhaut, bei denen das Stratum basale des Plattenepithels freigelegt und die Zellen vom Virus infiziert werden (FEHRMANN u. LAIMINS, 2003).

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Vermutlich erfolgt die Aufnahme des Virus in die Zelle durch Endocytose; ein Rezeptor für den Eintritt des Virus in die basalen Epithelzellen ist noch nicht identifiziert (EVANDER et al., 1997, JOYCE et al., 1999, GIROGLOU et al., 2001).

Nach der Infektion werden im Zellkern 50 bis 100 extrachromosomal vorliegende Virusgenomkopien gebildet und die „frühen“ Proteine (siehe 2.1.4) synthetisiert.

Verlässt eine Tochterzelle die Basalmembran, wandert sie in die suprabasalen Regionen und beginnt sich zu differenzieren. Im Gegensatz zu nichtinfizierten Keratinozyten treten HPV-infizierte Zellen in die Synthese-Phase des Zellzyklus (S-Phase) ein, wenn sie die suprabasalen Schichten erreichen (DOORBAR et al., 1997). Dieser Eintritt in die S-Phase führt zu einer tausendfachen Vervielfältigung des zirkulären Virusgenoms pro Zelle (LAMBERT, 1991). Gleichzeitig entstehen

„späte“ Virusproteine (siehe 2.1.4), die Kapsidproteine, die im Stratum granulosum zu infektiösen Virionen zusammengesetzt werden. Anschließend werden die Virionen über sich abschilfernde Zellen des Stratum corneum in die Umgebung freigesetzt und können weitere Haut- oder Schleimhautzellen infizieren (LAIMINS, 1993) (Abb. 1). Die andere Tochterzelle fährt fort, sich an der Basalmembran zu teilen. Die Population breitet sich lateral aus und bildet über Jahre ein Virusreservoir. So entsteht eine persistierende Infektion, bei der trotz Absterben der virus-produzierenden Zellen weiterhin kontinuierlich virale Partikel freigesetzt werden.

tausende Virusgenome pro Zelle

Virus infiziert eine in sich nicht teilenden Zellen Virus-beladene Zellen bereit zur Abschilferung

Expression der E-Gene in sich teilenden Zellen Expression der E- und L-Gene in sich differenzier-enden Zellen

Zusammenfügung der Viruspartikel

Tausende Viruskopien pro Zelle

Abbildung 1: Replikation des humanen Papillomvirus (HPV) (nach STANLEY, 2003).

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2.1.4 Virale Oncoproteine

Das HPV-Genom kodiert mindestens sechs verschiedene frühe und zwei späte Proteine. Die frühen Proteine (E = „early“) in „high-risk“-HPV-Typen werden vor der produktiven Replikation exprimiert, während die späten Proteine (L = „late“) während der Synthese der neuen Virionen entstehen (FEHRMANN u. LAIMINS, 2003).

Letztere, L1 und L2, sind Strukturproteine, die das Viruskapsid bilden.

Die frühen Proteine E6 und E7 sind virale Oncoproteine, die humane Zellen immortalisieren können (MCDOUGALL, 1994). In Zervixtumoren bleiben ihre Gene stets erhalten und transkriptionell aktiv (SCHWARZ et al., 1985).

Im Gegensatz zu „low-risk“ Typen wird das E6-Protein der „high-risk“ Typen im Zellkern akkumuliert (TAO et al., 2003), wo es mit Transkriptionsfaktoren und anderen zellulären Proteinen interagieren kann. Sein transformierendes Potential wird maßgeblich durch Interaktion mit dem Tumorsuppressorprotein p53 bestimmt (WERNESS et al., 1990).

Das E7-Protein besitzt in Kombination mit dem E6-Protein, aber auch alleine, transformierende Eigenschaften in verschiedenen Zellarten (PHELPS et al., 1988, MÜNGER et al., 1989). E7 interagiert dabei mit Mitgliedern der Retinoblastom(Rb)-Tumorsuppressor-Familie.

2.2 Der Zellzyklus

Sowohl für die Replikation der Papillomviren (siehe 2.1.3) als auch für deren transformierende Eigenschaften spielt der Zellzyklus eine entscheidende Rolle. Der Zellzyklus eukariotischer Zellen ist in vier Phasen unterteilt (Abb. 2). Nach der Zellteilung in der Mitosephase (M-Phase) folgt eine Zwischenphase G- oder Gap-Phase (engl.: gap = Lücke), die G1-Gap-Phase, eine postmitotische Wachstumsphase. Es schließt sich die Synthesephase (S-Phase) an, in der die Reduplikation der DNA stattfindet. Die folgende zweite gap-Phase, die G2-Phase, ist eine kurze prä-mitotische Vorbereitungsphase. Hören Zellen auf zu proliferieren, nehmen sie am Zellzyklus nicht mehr teil und treten in ein Ruhestadium ein, das als G0-Phase bezeichnet wird (MALUMBRES u. BARBACID, 2001).

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Um zu gewährleisten, dass die Phasen in der richtigen Reihenfolge genau einmal durchlaufen werden, passiert die Zelle sog. Kontrollpunkte am G1/S-Übergang, in der S-Phase und in der Mitosephase. Diese Kontrollpunkte stellen sicher, dass kritische Vorgänge während einer bestimmten Zellzyklusphase abgeschlossen sind, bevor eine neue Phase eingeleitet wird. So wird verhindert, dass genetisch abnorme Zellen entstehen bzw. sich teilen können (KING u. CIDLOWSKI, 1998).

Das Durchlaufen des Zellzyklus wird im wesentlichen durch zwei Proteinfamilien gesteuert: den cdks (= cyclin-dependent protein kinases) und den Cyclinen. Die cdks erlauben ein Fortschreiten durch die verschiedenen Phasen, indem sie bestimmte Proteine phosphorylieren. Ihre Kinaseaktivität ist abhängig vom Vorhandensein aktivierender Untereinheiten, den Cyclinen. Die Menge der spezifischen Cycline steigt in der Zellzyklusphase an, in der sie benötigt werden, und sinkt ab, wenn sie nicht gebraucht werden (KING u. CIDLOWSKI, 1998, MASSAGUÉ, 2004 ).

G1

Abbildung 2: Schematische Darstellung der Zellzyklusphasen (G1, S, G2 und M) und die Cycline mit den cyclin-abhängigen Kinasen (cdk), die die G1-Phase und ihren Übergang in die S-Phase regulieren.

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2.2.1 Zellzyklus und Krebs

Um die genetische Stabilität einer Zelle zu garantieren, muss diese in der G1-Phase des Zellzyklus entscheiden, ob durch ihren inneren Zustand und ihre äußere Umgebung die Voraussetzungen für die Verdopplung des Genoms und die Zellteilung bestehen. Sind diese nicht gegeben, so bleibt die Zelle in der G1-Phase, führt Reparaturen durch, und der Zellzyklus kann daraufhin fortgesetzt werden. Die Alternative zur Reparatur ist die Elimination der beschädigten Zelle durch Apoptose (KING u. CIDLOWSKI, 1998).

In Tumorzellen funktionieren diese Kontrollmechanismen nicht, was zu unkontrollierter Zellteilung führt. Da DNA-Schäden nicht mehr repariert werden, entstehen Mutationen, die der Tumorzelle zusätzliche Wachstumsvorteile verschaffen können. Zahlreiche Oncogene kodieren für Proteine, die die Kontroll-mechanismen des Zellzyklus außer Kraft setzen und die Zellen zur Proliferation zwingen (SHERR u. ROBERTS, 2004).

2.2.2 HPV und Zellzyklus

In Zervixkarzinomzellen beeinträchtigen die viralen Oncoproteine E6 und E7 der

„high-risk“-HPV-Typen die zellulären Kontrollmechanismen.

In Zellen wird nach verschiedenen Stresseinflüssen wie DNA-Schädigung das Protein p53 induziert (FRITSCHE et al., 1993, MALTZMAN u. CZYZYK, 1994), das zu einem Zellzyklusarrest in der G1-Phase führt. Dadurch werden Reparatur-prozesse in der Zelle ermöglicht. Bei irreversibler DNA-Schädigung induziert p53 Apoptose, um die geschädigte Zelle zu eliminieren (LOWE et al., 1993). E6 bindet an p53 und führt zu dessen Degradation über das Ubiquitin-Proteasom-System (SCHEFFNER et al., 1990). Dies verursacht die Aufhebung des Zellzyklusarrests und erhöht die Wahrscheinlichkeit weiterer genetischer Veränderungen (FEHRMANN u. LAIMINS, 2003). Gleichzeitig bewirkt die Degradation von p53 einen antiapaptotischen Effekt (WERNESS et al., 1990). Darüber hinaus aktivieren E6-Proteine der „high-risk“ HPVs indirekt Telomerase und unterstützen damit die Proliferation der infizierten Zelle (KLINGELHUTZ et al., 1996). Diese Funktionen

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fördern die Induktion genomischer Instabilität in HPV-infizierten Zellen und damit die Entstehung von Tumoren (DUENSING u. MÜNGER, 2004)

E7 interagiert mit Rb-Proteinen, die eine wichtige Rolle bei der Zellzyklusregulation am G1/S-Übergang spielen. Die Bindung von E7 an den Tumorsuppressor pRb führt zu dessen verstärktem ubiquitin-vermittelten Abbau (BOYER et al., 1996). Dadurch fällt die hemmende Wirkung von pRb auf den Transkriptionsfaktor E2F weg, wodurch Gene induziert werden, die für den Eintritt in die S-Phase benötigt werden (BAGCHI et al., 1990, BANDARA et al., 1991). Außerdem binden und inaktivieren E7-Proteine die Zellzyklusinhibitoren p21 und p27, wodurch die Proliferation infizierter Zellen gefördert wird (ZERFASS-THOME et al., 1996, JONES et al., 1997a). Weiterhin interagiert E7 mit den S-Phase-Genen Cyclin A und Cyclin E (ZERFASS et al., 1995), wodurch ebenfalls die Zellproliferation induziert wird.

2.3 Apoptose

Einen physiologischen Mechanismus zur Elimination viral infizierter Zellen stellt die sogenannte Apoptose, der programmierte Zelltod, dar (IGNEY u. KRAMMER, 2002).

Das Wort „Apoptose“ ist griechischen Ursprungs und bedeutet „das Abfallen der Blätter“. Im Gegensatz zur Nekrose, bei der die Zelle anschwillt, Zellorganellen zerstört werden und der Körper mit einer Immunantwort reagiert, werden bei der Apoptose die Zellen kleiner, die Zellmembranen bilden „Blasen“ („membrane blebbing“) und die Chromatinsubstanz legt sich in kompakten Konglomeraten der Kernmembran innen an („Kondensation“). Schließlich zerfällt der Zellkern in große Granula. Da der Zellinhalt nicht freigesetzt wird und die Phagozytose rasch einsetzt, folgt keine Immunreaktion bzw. Entzündung (MCCARTHY, 2002). Die Vorgänge laufen im Zeitraum von Minuten bis wenigen Stunden ab.

Die Apoptose stellt die Grundlage einer geregelten Embryogenese, Gewebehomöostase und Funktion des Immunsystems dar (VAN OPHOVEN et al., 1999). Einzelne Zellen oder Zellverbände werden gezielt inmitten einer sonst nicht berührten Zellpopulation entfernt, und im Zusammenspiel mit der Proliferation wird

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das Gleichgewicht im Organismus aufrechterhalten. Außerdem werden überzählige, hinderliche oder potentiell gefährliche Zellen abgetötet (HENGARTNER, 2000).

Man unterscheidet zwei Signalwege der Apoptoseinduktion: Der extrinsische Weg wird über Todesrezeptoren vermittelt (SCHMITZ et al., 2000), der intrinsische Weg durch die Mitochondrien (HENGARTNER, 2000). Beide Wege führen zu einer Aktivierung von Caspasen, hochselektiven Cystein-Proteasen, die sich kaskadenartig gegenseitig aktivieren. Schließlich zerstören Exekutionscaspasen das Zellgerüst und die Kernmatrix und aktivieren Endonukleasen, die die DNA zerlegen (IGNEY u.

KRAMMER, 2002). Der intrinsische Weg der Apoptoseinduktion beginnt durch zell-schädigende Ereignisse wie Hypoxie, direkte DNA-Schädigung oder Oncoproteine;

pro-apoptotische Proteine der Bcl-2-Familie greifen dabei an der mitochondrialen Membran an (GROSS et al., 1999).

2.3.1 Apoptose und Krebs

An der Entstehung verschiedener Krankheiten, u. a. Krebs, sind ebenfalls Apoptose-vorgänge beteiligt. Für ein unbegrenztes Wachstum muss bei der Tumorentstehung die Apoptose unterdrückt werden (HANAHAN u. WEINBERG, 2000).

Die Apoptose spielt nicht nur bei der Tumorentstehung eine große Rolle, sondern die Wiederherstellung von Apoptosemechanismen ist für die chemotherapeutische Elimination von Tumorzellen von großer Bedeutung (REED, 2003). Deshalb könnte ein Abzielen auf die pro- und antiapoptotischen Proteine eine wichtige Richtung in der Krebsbehandlung sein (HU u. KAVANAGH, 2003).

2.3.2 HPV und Apoptoseregulation

Die Unterdrückung der Apoptose fördert maßgeblich die Entwicklung von der Dysplasie bis zur invasiven und metastasierenden Tumorzelle (IGNEY u.

KRAMMER, 2002). Um den Tod der infizierten Zelle während der Karzinogenese zu verhindern, greifen die viralen Oncoproteine E6 und E7 in die Apoptoseregulation ein (JONES et al., 1997b, FINZER et al., 2002a). E6 inaktiviert beispielsweise

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proapoptotische Moleküle wie p53, Bak und Bax durch Proteolyse (ZUR HAUSEN, 2002).

2.4 Therapie des Zervixkarzinoms

Das Zervixkarzinom stellt weiterhin eine bedrohliche Erkrankung dar (siehe 2.1.2.1 mukosale Typen). Allein in Deutschland erkranken jährlich rund 5800 Frauen am Zervixkarzinom (FISCHER et al., 1997).

2.4.1 Standardtherapie

Die derzeitigen Standardbehandlungen sind die Chirurgie, Bestrahlung und/oder Chemotherapie: Durch die Chirurgie werden die veränderten Gewebe bis zur totalen Hysterektomie entnommen. Lokale Bestrahlung wird erfolgreich bei fortgeschrittenen Zervixkarzinomen eingesetzt, die Prognose wird im wesentlichen durch die Tumor-größe bestimmt (ROSE, 2002). Dabei stellt die Beeinflussung benachbarter Organe (z. B. Fibrose des Darms, Harnblase etc.) eine schwerwiegende Nebenwirkung dar (STEHMANN et al., 2003). Bei der Chemotherapie wird hauptsächlich Cisplatin eingesetzt, das mit einer Ansprechrate zwischen 23 und 50 % das effektivste Mono-präparat ist (SAVARESE u. COGNETTI, 2003). Die Wirksamkeit kann durch Kombination mit Bestrahlung erheblich gesteigert werden (MORRIS et al., 1999) und wird heute als Standardtherapie des fortgeschrittenen Zervixkarzinoms empfohlen (ROSE et al., 1999). Nebenwirkungen der Chemotherapeutika sind eine hohe Toxizität; bei fortgeschrittener Erkrankung steht oft ein palliativer Ansatz im Vordergrund.

2.4.2 Prävention

Die Prävention des Zervixkarzinoms lässt sich in primäre, sekundäre und tertiäre Strategien einteilen. Primäre Strategien zielen auf eine Reduktion der Neuerkrankungen ab und umfassen z. B. die Vermeidung von Risikofaktoren.

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Sekundäre Strategien beinhalten die Früherkennung der asymptomatischen Phase

Sekundäre Strategien beinhalten die Früherkennung der asymptomatischen Phase