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5   Empirische Untersuchung: Ziele und Herausforderungen von

5.2   Methodik

5.2.2   Entwicklung der Untersuchungsstrategie

Nach der Entwicklung des hypothetischen Untersuchungsmodells, das die Untersuchungsakti-vitäten leitet, muss entschieden werden, welche empirischen Fälle untersucht werden und wel-che Methoden für die Datenerhebung und Datenauswertung eingesetzt werden (Gläser/Laudel 2010, 93).

Im Folgenden wird die Auswahl von Fällen, die empirisch untersucht werden sollen sowie die dafür verwendete Datenerhebungsmethode näher beleuchtet. Die Datenauswertung erfolgt an-hand einer qualitativen Inhaltsanalyse und wird in Kapitel 5.2.4 beschrieben.

5.2.2.1 Fallauswahl

Für die Fallauswahl im Rahmen empirischer Untersuchungen existieren verschiedene Strate-gien, z.B. Auswahl typischer Fälle, Auswahl von Extremfällen oder Suche nach empirischen Gegenbeispielen (Gläser/Laudel 2010, 98f.). Was die passende Strategie für die Fallauswahl ist, hängt von der Forschungsfrage und dem Untersuchungsumfeld ab. Ein typisches Vorgehen für die Fallauswahl ist die Betrachtung von Kriterien, welche Gemeinsamkeiten oder Unter-schiede in den betrachteten Fällen aufzeigen (Flick 2009, 115).

100 5 Empirische Untersuchung: Ziele und Herausforderungen von Mobilisierungsvorhaben Im Rahmen dieser Untersuchung werden die Zielsetzungen, Vorgehensweisen und Herausfor-derungen von Mobilisierungsprojekten in der Praxis betrachtet. Ziel dabei ist es zu ermitteln, anhand welcher Kriterien Geschäftsprozesse für die Mobilisierung selektiert werden und wie die Besonderheiten mobiler Technologie (sowohl Potenziale als auch Limitationen) bei der Mo-bilisierung berücksichtigt werden. Die Ermittlung dieser Informationen bedarf verschiedener Sichtweisen auf ein Mobilisierungsvorhaben.

Um Informationen über die Motive und Zielsetzungen von Mobilisierungsvorhaben zu ermit-teln, müssen entsprechend Entscheidungsträger befragt werden, welche die Definition solcher Zielsetzungen verantworten. Im Rahmen dieser Untersuchung wird der Fokus auf unterneh-mensinterne Zielsetzungen, die durch den Einsatz mobiler Technologie in Unternehmen ver-folgt werden, gelegt (vgl. Kapitel 4.3.2).

Um einen Einblick in die eingesetzten Vorgehensweisen bei der Einführung mobiler Techno-logie in Unternehmen zu bekommen, sollen Personen befragt werden, welche für die eigentli-che Durchführung der Mobilisierungsprojekte verantwortlich sind. Dies können Mitarbeiter der Fachabteilung, aber auch der IT-Abteilung des Unternehmens sein. Dabei liegt der Fokus ins-besondere auf der Selektion von Geschäftsprozessen und Aktivitäten für die Mobilisierung so-wie der Konzeption des Prozesssollzustandes, der durch die Mobilisierung erreicht werden soll.

Im Rahmen der Untersuchung wird nur die Mobilisierung interner (B2E) Unternehmensabläufe betrachtet.

Eine initiale Analyse des Untersuchungsfeldes (vgl. Kapitel 4.4) hat gezeigt, dass für die Durch-führung von Mobilisierungsprojekten häufig externe Dienstleistungsunternehmen (z.B. Bera-tungshäuser) beauftragt werden. Ein Grund dafür ist die fehlende Erfahrung mit der Nutzung mobiler Technologie in Unternehmen sowie die fehlende Expertise der eigenen IT-Abteilung in der Konzeption, Entwicklung und im Betrieb mobiler Unternehmensanwendungen. Um In-formationen über Best Practice Ansätze bei der Mobilisierung von Geschäftsprozessen zu er-mitteln, werden als eine weitere Zielgruppe für die Datenerhebung Beratungsunternehmen be-fragt, welche mehrere Mobilisierungsvorhaben in unterschiedlichen Unternehmensbereichen begleitet haben.

Die Untersuchung fokussiert sich auf deutsche Maschinen- und Anlagenbauunternehmen sowie IT-Dienstleistungsunternehmen, die mindestens ein Mobilisierungsprojekt begleitet bzw. mit-gestaltet haben. Dabei verfügt ein Experte über umfassendes, praxisbezogenes Wissen im Be-reich der Einführung von Informationstechnik (hier speziell von mobiler Technologie) zur Un-terstützung von Unternehmensabläufen. Aus diesem Grund werden die berufliche Position und Berufserfahrung des Experten als Kriterien für die Fallauswahl herangezogen.

In Bezug auf die Position, die er im Rahmen des Unternehmens einnimmt, wird ein Experte als eine Person definiert, die in einem deutschen Industrie- oder IT-Dienstleistungsunternehmen für die Konzeption, Durchführung und Überwachung von Mobilisierungsprojekten verantwort-lich ist oder eine vergleichbare Position in dem Unternehmen einnimmt. Diese Rolle wird je nach Unternehmensgröße und Aufbauorganisation des Unternehmens, in das eine mobile Tech-nologie eingeführt werden soll, vom Chief Information Officer (CIO), IT-Abteilungsleiter oder Fachabteilungsleiter verkörpert. Die Berufsbezeichnung von Experten, die für ein IT- Dienst-leitungsunternehmen tätig sind, kann stark variieren - die meist verbreitete ist IT-Berater bzw.

IT-Consultant. Dabei wurde bei der Fallauswahl darauf geachtet, dass der Experte eine leitende

5.2 Methodik 101 Rolle im Rahmen des Mobilisierungsprojektes eingenommen hat, da nur diese eine ganzheitli-che Sicht auf das Projekt ermöglicht.

In Bezug auf seine Berufserfahrung wird ein Experte als Person definiert, die über umfassendes Wissen und eine mehrjährige Erfahrung im Bereich der Einführung von Informationstechnik (z.B. Mobile Technologie) zur Unterstützung von Unternehmensabläufen verfügt. Diese Erfah-rung zeichnet sich dabei durch die Vertrautheit mit typischen Entscheidungsstrukturen, Prozes-sen, Analysemethoden und Problemlösungsverfahren aus. Deshalb sollte der Experte die ent-sprechende Position (oder eine vergleichbare Position) in dem betrachteten Unternehmen seit mindestens drei Jahren innehaben.

Die Nutzung mobiler Technologie zur Unterstützung von typischen mobilen Geschäftsprozes-sen wie beispielsweise Vertriebsprozesse, Dienstleistungsprozesse etc. wurde bereits mehrfach untersucht (vgl. Gruhn/Köhler 2007; Wyllie 2013; Brüggermann/Breitner 2006). Dabei wurden insbesondere Aktivitäten betrachtet, die von mobilen Mitarbeitern außerhalb des Unternehmens ausgeführt werden (z.B. vor Ort beim Kunden). Im Rahmen dieser Arbeit werden auch Ge-schäftsprozesse und Aktivitäten betrachtet, welche nicht per Definition über eine verteilte Aus-führungsstruktur verfügen, die aber dennoch potenziell vom Einsatz mobiler Technologie pro-fitieren können. Um solche Aktivitäten in die Analyse miteinzubeziehen, wird der Fokus auf mobile Mitarbeiter gesetzt, die innerhalb der Unternehmensgrenzen mobil sind, ein Teil deren Arbeitsablaufs jedoch immer noch an einem stationären Arbeitsplatz ausgeführt wird. Aus die-sem Grund werden bei der Fallauswahl im Rahmen dieser Untersuchung Unternehmen berück-sichtigt, deren Mitarbeiter auch innerhalb der Unternehmensgrenzen mobil sind. Die Geschäfts-prozesse von Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe entsprechen dieser Anforderung.

Typische Beispiele für Geschäftsprozesse, die von mobilen Mitarbeitern innerhalb der Unter-nehmensgrenzen ausgeführt werden, sind Produktion, Lagerhaltung, Instandhaltung und Repa-ratur.

Im Rahmen dieser Arbeit wird darüber hinaus angenommen, dass die Komplexität eines Mobi-lisierungsvorhabens und damit die Notwendigkeit einer methodischen Unterstützung bei der Identifikation, Bewertung und Anpassung von Geschäftsprozessen für die Mobilisierung mit der Unternehmensgröße steigen. Aus diesem Grund werden bei der Fallauswahl nur Unterneh-men mit mehr als 1000 Mitarbeitern betrachtet.

Die Erkenntnisse aus der Vorstudie, die vor Beginn der Datenerhebung im Rahmen der vorlie-genden Untersuchung durchgeführt wurde (vgl. Kapitel 4.4) haben gezeigt, dass die Einführung mobiler Technologie zur Unterstützung von Unternehmensabläufen meistens mit der Unterstüt-zung externer Beratungsunternehmen erfolgt. Das Mobilisierungsvorgehen, die Analysemetho-den und die Problemlösungsansätze werAnalysemetho-den somit stark von Analysemetho-den externen Beratern beeinflusst.

Um einerseits den Fokus auf deutsche Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe beizu-behalten, aber gleichzeitig die Erfahrungen von Experten, die Mobilisierungsvorhaben erheb-lich mitgestaltet und die Projektdurchführung begleitet haben, zu berücksichtigen, wird bei der Selektion von Experten aus Beratungsunternehmen der Fokus auf Projekte gesetzt, welche in diesem Industriesektor durchgeführt wurden.

Die Verfügbarkeit und Bereitschaft potenzieller Interviewpartner spielen eine wichtige Rolle bei der Fallauswahl (Gläser/Laudel 2010, 118). Bei der Selektion von Interviewpartnern für die

102 5 Empirische Untersuchung: Ziele und Herausforderungen von Mobilisierungsvorhaben vorliegende Untersuchung wurde – basierend auf den oben beschriebenen Auswahlkriterien – wie folgt vorgegangen:

Interviewpartner aus Anwenderunternehmen: bei der Auswahl von Interviewpartnern aus Anwenderunternehmen wurde darauf geachtet, dass dies Unternehmen der Maschinen- und An-lagenbauindustrie sind, die Erfahrungen mit der Einführung mobiler Technologien haben. Eine erste Selektion möglicher Interviewpartner wurde im Rahmen der Fachmesse MobileTech Con-ference 20136 durchgeführt. Dort wurden sechs Unternehmen identifiziert, die angegeben ha-ben, Erfahrungen mit der Einführung mobiler Technologie zur Prozessunterstützung zu haben und die sich bereit erklärt haben, an einem Interview teilzunehmen. Um die Fallauswahl zu erhöhen wurden drei weitere Unternehmensvertreter über bestehende Kontakte der Autorin die-ser Arbeit kontaktiert. Zwei davon erklärten sich bereit, an einem Interview teilzunehmen.

Interviewpartner aus deutschen IT-Dienstleistungsunternehmen: bei der Auswahl geeig-neter Unternehmen wurde darauf geachtet, dass diese einen klaren Fokus auf die Einführung von mobilen Technologien zur Unterstützung von Unternehmensabläufen und Erfahrungen bei der Mobilisierung von Prozessen von Industrieunternehmen haben. Eine Vorselektion von Un-ternehmen wurde im Rahmen der Fachmesse Communication World 20127 vorgenommen. Es wurden sechs Beratungsunternehmen identifiziert, welche auf die Entwicklung und Einführung mobiler Unternehmensanwendungen spezialisiert sind. Fünf davon konnten Erfahrungen bei Mobilisierungsprojekten im Industriesektor vorweisen. Diese wurden per E-Mail kontaktiert mit der Bitte um Teilnahme an dem Interview. Alle fünf kontaktierten Personen stimmten dem zu.

Nach der Durchführung von insgesamt dreizehn Interviews wurden ausreichend viele Erkennt-nisse gewonnen, welche die zugrundeliegenden Fragestellungen adressieren. Es wurde davon ausgegangen, dass die Durchführung weiterer Interviews keine neuen Eigenschaften der unter-suchenden Variablen und deren Kausalbeziehungen mehr erbringt und eine ausreichende Sät-tigung erreicht wurde.

Nachfolgend wird die zur Datenerhebung eingesetzte Methode beschrieben.

5.2.2.2 Auswahl der Methoden

Die Auswahl der Datenerhebungsmethode hängt davon ab, welche Daten und Informationen durch die Anwendung einer Methode erhoben werden können (Gläser/Laudel 2010, 103). Zur Beantwortung der zu Beginn der vorliegenden Untersuchung formulierten Forschungsfragen (vgl. Kapitel 5.1) und um sicherzustellen, dass die Reichhaltigkeit der individuellen Erfahrun-gen im Rahmen von Mobilisierungsprojekten erhoben werden kann, wurde die Befragung als Datenerhebungsmethode gewählt. Eine Befragung kann schriftlich oder mündlich durchgeführt werden und kann eine stark strukturierte, halb-strukturierte oder wenig strukturierte Form ha-ben (Atteslander 2010, 110; Kaiser 2014, 3).

6 MobileTech Conference – Mobile Innovationen, Lifecycle & Enterprise Mobility: https://mobiletechcon.de

7 Communication World 2012 - Fachmesse und Kongress für intelligente und flexible mobile IT:

http://www.messe-muenchen.de/de/messen_und_events/eventkalender_contentmaster_4816.php

5.2 Methodik 103 Die Datenerhebung im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erfolgt anhand von mündlich durchgeführten, leitfadengestützten Experteninterviews. Dabei handelt es sich um nichtstandar-disierte Interviews, bei denen die Fragen und Antwortmöglichkeiten zwar nicht fest vorgegeben sind, dafür aber die Themenbereiche, die abgefragt werden (Gläser/Laudel 2010, 41f.). Durch die Anwendung dieser Methode wird die Offenheit der empirischen Untersuchung unterstützt und somit die Erhebung nicht vorgesehener Informationen über die zu untersuchenden Variab-len und deren Kausalbeziehungen ermöglicht. Die im Rahmen des Experteninterviews gestell-ten Fragen beziehen sich auf die vorgegebenen Themenbereiche, ihre Formulierung und Rei-henfolge sind jedoch nicht verbindlich. Fragen zur Erfahrung des Experten sollen zu einer nar-rativen Erzählung anregen, um eine möglichst große Breite persönlicher Erfahrungen zu erhe-ben (Nohl 2008, 20ff.). Die Entwicklung des Interviewleitfadens wird in Kapitel 5.2.3.1 be-schrieben. Bei den durchgeführten Experteninterviews liegt der Schwerpunkt auf Sachverhalte, die mit Hilfe des Wissens des befragten Experten über interne Prozesse, Vorgehensweisen und Problemlösungsverfahren rekonstruiert werden können. Die Anhaltspunkte für die Auswahl von Experten für die Befragung wurden in Kapitel 5.2.2.1 beschrieben.

Zur Datenanalyse wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Methode der qualitati-ven Inhaltsanalyse gewählt. Die qualitative Inhaltsanalyse bietet Datenauswertungstechniken, die einerseits systematisch und intersubjektiv überprüfbar, aber auch gleichzeitig der Komple-xität und „Interpretationsbedürftigkeit“ sprachlichen Materials angemessen sind (Mayring 2015, 38). Zu den Grundsätzen einer qualitativen Inhaltsanalyse gehört die Übernahme der Per-spektive des Befragten, um eine „[…] Verdoppelung des eigenen Vorverständnisses zu verhin-dern“ (Mayring 2015, 38). Dabei ist die Möglichkeit der „Re-Interpretation“ des sprachlichen Materials immer gegeben (Mayring 2015, 38).

The Methode der qualitativen Inhaltsanalyse eignet sich insbesondere für die Auswertung von Daten, die im Rahmen von Experteninterviews erhoben wurden (Gläser/Laudel 2010, 46). Da-bei werden aus den Interviewtexten, basierend auf einem Analyseraster, relevante Informatio-nen entnommen. Diese InformatioInformatio-nen werden den verschiedeInformatio-nen Kategorien des Analyseras-ters zugeordnet und weiterverarbeitet (z.B. synthetisiert, verworfen etc.) (Gläser/Laudel 2010, 46). Das Analyseraster, das zur Auswertung der erhobenen Informationen eingesetzt wurde, wird in Kapitel 5.2.4 beschrieben.

Nachdem in diesem Kapitel die Entwicklung der Untersuchungsstrategie erläutert wurde, wird in den nachfolgenden Abschnitten die Anwendung der gewählten Methoden und somit die ei-gentliche Erhebung der Daten sowie deren Auswertung beschrieben.