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2   Begriffliche und theoretische Grundlagen

2.3   Mobile Geschäftsprozesse

2.3.3   Ansätze zur Analyse mobiler Geschäftsprozesse

Bei der Einführung mobiler Technologie zur Unterstützung der Unternehmensabläufe sprechen Walter et al. von Mobile Business Solution (MBS) Projekten (Walter et al. 2012, 2). Dabei sind MBS alle „Prozesse, Aktivitäten sowie Applikationen, die unter Nutzung drahtloser Übertra-gungstechnologien sowie mobiler Endgeräte zur Verbesserung von geschäftlichen Vorgängen eingesetzt werden“ (Walter et al. 2012, 2). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden diese Projekte als Mobilisierungsvorhaben bzw. Mobilisierungsprojekte und die „Nutzung drahtloser Übertragungstechnologien und mobiler Endgeräte zur Verbesserung von geschäftlichen Vor-gängen“ als Mobilisierung von Geschäftsprozessen bezeichnet. Studien zeigen, dass Mobilisie-rungsprojekte häufig nicht strategisch verankert sind und als reine Innovationsprojekte durch-geführt werden (Walter et al. 2012, 24). Im Vordergrund steht dabei nicht das übergeordnete Ziel der Prozessneugestaltung, sondern vielmehr die Suche nach Anwendungsfällen für den Einsatz mobiler Technologien. Umso wichtiger ist es daher, schon zu Beginn eines Mobilisie-rungsprojekts erste Anhaltspunkte für die Identifikation geeigneter Geschäftsprozesse für die Mobilisierung zu haben. Denn spätestens nachdem Emailzugang und die Kalenderintegration mit den mobilen Geräten erfolgt ist, stellt sich die Frage, wie die Potenziale der Nutzung biler Technologie besser ausgeschöpft werden können. Obwohl die strategische Bedeutung mo-biler Technologien von immer mehr Unternehmen erkannt wird und in der Literatur bereits diverse Lösungsansätze für die Entwicklung einer „Enterprise Mobility“ Strategie diskutiert werden (z.B. Sørensen et al. 2008; Barnes 2003; Basole 2007), fehlt es an einer methodischen

2.3 Mobile Geschäftsprozesse 29 Unterstützung bei den initialen Phasen der Identifikation und Priorisierung von Geschäftspro-zessen für die Mobilisierung, welche konkrete Anhaltspunkte und Handlungsalternativen be-reitstellt. Darüber hinaus finden bei der Einführung mobiler Technologie zur Unterstützung von Unternehmensabläufen die spezifischen Merkmale der Eigenschaft „Mobilität“ sowie die limi-tierenden Eigenschaften mobiler Technologien häufig keine Berücksichtigung. Das fehlende Verständnis und die Unterschätzung der Tatsache, dass Mobile Computing eine fundamental unterschiedliche Betrachtungsweise erfordert, als beispielsweise die Betrachtung des Einsatzes traditioneller Informationstechnik (Lyytinen/Yoo 2002, 377f.), führen häufig zu wenig zufrie-denstellenden Ergebnissen bei Mobilisierungsprojekten.

In der Literatur finden sich verschiedene Ansätze für die Betrachtung des Einsatzes mobiler Technologie zur Unterstützung von Geschäftsprozessen. Da das Ziel dieser Arbeit die Entwick-lung einer Methode ist, welche die Identifikation, Bewertung und Anpassung von Geschäfts-prozessen für die Mobilisierung anhand konkreter Techniken und Handlungsempfehlungen un-terstützt, wird zunächst im Rahmen einer Literaturanalyse nach bestehenden Ansätzen und Me-thoden gesucht, welche ebenfalls diese Zielsetzung anstreben. Bei der Identifikation verwandter Arbeiten werden deshalb solche selektiert, die folgende Kriterien erfüllen:

- Bereitstellung einer strukturierten, methodischen Unterstützung für die Durchführung von Mobilisierungsprojekten

- Fokussierung auf die initialen Phasen von Mobilisierungsprojekten

- Bereitstellung konkreter Techniken, Empfehlungen und Tools, welche die Identifikation möglicher Geschäftsprozesse für die Mobilisierung, die Bewertung ihrer Eignung sowie ihre Anpassung für eine Ausführung mit Hilfe mobiler Technologie unterstützen Als Grundlage für die Literaturanalyse wurden Beiträge aus wissenschaftlichen Fachzeitschrif-ten und Konferenzbeiträge verwendet, welche die oben beschriebenen Kriterien erfüllen. Für die Identifikation der relevanten Literatur wurde eine elektronische Schlagwortsuche in akade-mischen Literaturdatenbanken und Suchmaschinen1 durchgeführt. Nach Durchsicht der Bei-tragstitel und Abstracts wurden insgesamt 28 Beiträge als relevant eingestuft. Zu einer näheren Analyse wurden zunächst 12 Artikel ausgewählt. In 8 Artikeln, die näher analysiert wurden, wurden mehr als eines der oben beschriebenen Selektionskriterien betrachtet. Diese Arbeiten werden im Folgenden beschrieben und es wird aufgezeigt welche der Aspekte von Mobilisie-rungsprojekten - welche Betrachtungsgegenstand der vorliegenden Arbeit sind - dort ebenfalls berücksichtigt wurden.

Goeke/Pousttchi (2009) schlagen ein theoretisches Modell zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen der Einführung mobiler Technologie in Unternehmen vor. Das Modell baut auf den Erkenntnissen aus sechs Experteninterviews auf. Dabei stellt der Mobilitätsgrad verschiedener Unternehmensbereiche den Ausgangspunkt für die Analyse dar. Der Mobilitätsgrad hängt da-von ab, ob Mitarbeiter, Maschinen/Anlagen oder Produkte/Güter mobil sind. Es wird zwischen verschiedenen Bedingungen unterschieden, welche die Entscheidung für den Einsatz mobiler

1 Folgende elektronische Datenbanken wurden für die Literatursuche verwendet: The ACM Digital Library, Busi-ness Source Premier (EBSCO), Elsevier ScienceDirect, Emerald, IEEE Xplore, AIS Electronic Library, Springer-link

30 2 Begriffliche und theoretische Grundlagen Technologie zur Prozessunterstützung beeinflussen: einstellungsbezogene Bedingungen, tech-nische Bedingungen, ressourcenbezogene Bedingungen und Unternehmensbedingungen (Goeke/Pousttchi 2009, 734).

Die Unternehmensbedingungen beziehen sich auf die Reaktionszeit sowie auf die Verfügbar-keit von Daten und Informationen, die für die Prozessausführung benötigt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Notwendigkeit einer schnellen Reaktion und einer hohen Infor-mationsdichte im Rahmen der Prozessausführung die Entscheidung für den Einsatz mobiler Technologie im Unternehmen positiv beeinflussen (Goeke/Pousttchi 2009, 735).

Die technischen Bedingungen beziehen sich zum einen auf die Reife des Mobilfunkmarktes gemessen an der Verfügbarkeit von Bandbreite und mobilen Anwendungen und zum anderen auf die Funktionalität und das Design der entsprechenden mobilen Anwendungen. Die Autoren gehen davon aus, dass die Reife des Mobilfunkmarktes und die Implementierung mobiler An-wendungen wichtige Einflussfaktoren für die Entscheidung über den Einsatz mobiler Techno-logien im Unternehmen sind (Goeke/Pousttchi 2009, 736).

Die ressourcenbezogenen Bedingungen bei der Einführung mobiler Technologie in Unterneh-men betrachten die Profitabilität von Mobilisierungsprojekten und die resultierenden Wettbe-werbsvorteile. Die Profitabilität wird dabei durch die Gegenüberstellung monetärer Vorteile und Kosten für die Einführung mobiler Technologie in Unternehmen bestimmt (Goeke/Pousttchi 2009, 736).

Zu den einstellungsbezogenen Bedingungen, welche die Entscheidung zur Einführung mobiler Technologie in Unternehmen beeinflussen, gehören die Unterstützung des Managements sowie die allgemeine Prozessorientierung des Unternehmens. Die Geschäftsprozessorientierung ist nach Meinung der Autoren wichtig für den Erfolg von Mobilisierungsprojekten, da sie sicher-stellt, dass nicht nur technische, sondern auch ökonomische Aspekte der Nutzung mobiler Technologien im Unternehmen betrachtet werden (Goeke/Pousttchi 2009, 736).

Das Modell bietet generische Unterstützung für die Entscheidung für oder gegen den Einsatz mobiler Technologien zur Prozessunterstützung. Dabei findet keine konkrete Betrachtung der zu mobilisierenden Prozesse statt sowie keine Bewertung ihres Mobilisierungspotenzials. Der Fokus liegt auf den Bedingungen, welche die Entscheidung für die Einführung mobiler Tech-nologie in Unternehmen beeinflussen. Da der Grad der Unternehmensmobilität eine zentrale Rolle im Modell spielt, werden bei der Mobilisierungsentscheidung vor allem Geschäftspro-zesse, Personen und Produkte betrachtet, die durch eine gewisse Mobilität gekennzeichnet sind.

Geschäftsprozesse oder Aktivitäten, die an einem stationären Arbeitsplatz ausgeführt werden, die dennoch potenziell von der Unterstützung durch mobile Technologie profitieren könnten, werden vom Modell nicht erfasst.

Der Ordnungsrahmen Mobility-M unterstützt die Analyse und den Vergleich mobiler Lösungen im Business Kontext (Gumpp/Pousttchi 2005). Im Fokus steht dabei die technologische und wirtschaftliche Betrachtung von Mobilisierungsprojekten. Die Entscheidung für den Einsatz mobiler Technologie zur Prozessunterstützung wird basierend auf einer Kosten-Nutzen-Ana-lyse getroffen. Die Auswahl geeigneter Prozesse für die Mobilisierung findet anhand von zwei Kriterien statt: der Informationsintensität des Prozesses und der Bedeutung der Reaktionszeit

2.3 Mobile Geschäftsprozesse 31 im Rahmen seiner Ausführung. Der Ordnungsrahmen besteht aus vier Quadranten: Technolo-giequadrant, Kostenquadrant, Nutzenquadrant und Prozessquadrant.

Die Technologiesicht betrachtet die Technik, die bei der Mobilisierung von Prozessen einge-setzt wird – mobile Infrastruktur, Übertragungstechniken, Systemarchitektur sowie Endgeräte.

Der Fokus dabei liegt auf den durch den Technikeinsatz anfallenden direkten und indirekten Kosten (Pousttchi/Becker 2012, 16).

Der Kostenquadrant betrachtet alle Kosten, die durch eine mobile Lösung entstehen, ohne die Veränderungen in der Kostenstruktur vor und nach der Einführung der mobilen Anwendung zu berücksichtigen (Pousttchi/Becker 2012).

Im Nutzenquadrant soll der Nutzen, der aus der Einführung mobiler Technologie zur Prozess-unterstützung resultiert, bewertet werden (Pousttchi/Becker 2012, 16).

Der Prozessquadrant umfasst die Spezifikation der der Nutzenbewertung zugrundeliegenden Prozesse (Pousttchi/Becker 2012, 16).

Der Ordnungsrahmen Mobility-M bietet eine Grundlage für die strukturierte Analyse von Ge-schäftsprozessen für die Mobilisierung. Die Bewertung wird stark von der Kosten-Nutzen-Ana-lyse für den Einsatz mobiler Technologie beeinflusst. Die Auswahl von Prozessen für die Mo-bilisierung ist auf zwei Kriterien beschränkt – Informationsintensität und Reaktionszeit des aus-zuführenden Prozesses. Kritisch zu hinterfragen ist dabei, ob diese Kriterien für die Identifika-tion möglicher Geschäftsprozesse für die Mobilisierung ausreichend sind. Die IdentifikaIdentifika-tion von Geschäftsprozessen für die Mobilisierung stellt daher eine Herausforderung für die An-wendung des Ordnungsrahmens dar. Darüber hinaus wird, trotz der zentralen Rolle der Wirt-schaftlichkeitsbewertung für den Ordnungsrahmen, die Herangehensweise bei der Ermittlung geeigneter Kennzahlen nicht beschrieben.

Mit Mobile Process Landscaping (MPL) schlagen Gruhn et al. (2005b) eine Methode für die Identifikation und Analyse mobiler Geschäftsprozesse vor. Dabei werden Unternehmenspro-zesse in mehreren Detailstufen modelliert, wobei in der obersten Stufe die Unternehmensstruk-tur dargestellt ist, die in jeder weiteren Detailstufe verfeinert wird (Unterprozesse, Aufgaben und Funktionen). Die Idee im Rahmen des MPL ist nur diejenigen Geschäftsprozesse in nach-folgenden Detailstufen zu modellieren, die ein Mobilisierungspotenzial aufweisen. Nach der Erreichung der untersten Modellierungsebene kann eine Umgestaltung des Prozesses für die Ausführung mit Hilfe mobiler Technologie vorgenommen werden. Das MPL Vorgehen besteht aus sieben Schritten: Zieldefinition, Erstellung einer Prozesslandkarte, Identifikation mobiler Prozesse, Analyse mobiler Prozesse, Entwicklung von Lösungsansätzen, Wirtschaftlichkeits-bewertung und Ableitung der Spezifikation der mobilen Lösung.

Gruhn et al. (2005b) schlagen dabei in mehreren Beiträgen Möglichkeiten für die Modellierung der mobilen Geschäftsprozesse vor (z.B. Köhler/Gruhn 2004b; Gruhn et al. 2005a). Zur Iden-tifikation mobiler Prozesse ist die Berücksichtigung der extern determinierten Ortsunsicherheit notwendig. Eine Modellierungsmöglichkeit besteht in der Verwendung einer speziellen Nota-tion, mit der die organisatorischen Einheiten, Unternehmensprozesse und die interne und ex-terne Interaktion zwischen Prozessen dargestellt werden. Ziel dabei ist es, zu erkennen, an wel-cher Stelle eine Ortsunsiwel-cherheit vorliegt. Es wird davon ausgegangen, dass die Beteiligung

32 2 Begriffliche und theoretische Grundlagen verschiedener organisatorischer Einheiten auf eine mobile Prozessausführung hindeutet (Köhler/Gruhn 2004a, 250).

Eine weitere Möglichkeit ist die Erstellung eines „Mobile Business Process Model“, welches aus drei Untermodellen bestehet: „Mobile Context Model“, „Business Object Model“ und „Pro-cess Landscape Model“ (Gruhn et al. 2005c). Das Mobile Context Model beschreibt den Aus-führungsort des Prozesses sowie die externen Ressourcen, die während der Prozessausführung verwendet werden. Das Process Landscape Model enthält alle im Unternehmen auftretenden Prozesse. Einzelne Prozessschritte können dabei auf weitere Prozessmodelle oder auf Anwen-dungsmodelle verweisen. Alle am Geschäftsprozess beteiligten Objekte werden im Business Object Model abgebildet (Gruhn/Köhler 2009, 90f.). Die Analyse der Prozessmodelle erfolgt anhand vordefinierter Ziele, die sich auf die Prozessverteilung, Prozessleistung und die techno-logische Unterstützung von Prozessen beziehen.

Eine weitere Möglichkeit im Rahmen der MPL Methode besteht in der Identifikation von Ge-schäftsprozessen für die Mobilisierung anhand ihres Wertschöpfungsgrades sowie ihres Mobi-litätsgrades. Für die Bewertung des Wertschöpfungsgrades eines Prozesses werden Faktoren wie die Anzahl der Ausführungen einer Aktivität, das Auftreten von Medienbrüchen oder der Einfluss einer Aktivität auf die Kundenzufriedenheit betrachtet. Bei der Bewertung des Mobi-litätsgrades wird die räumliche Verteilung von Prozessbeteiligten analysiert, die Notwendigkeit einer Prozessausführung in Bewegung sowie die Datenmenge, die dabei benötigt wird. Die ver-schiedenen Aspekte werden unterschiedlich gewichtet, wobei die Aktivitäten mit den höchsten Summenwerten potenziell dazu geeignet sind, mobilisiert zu werden.

Im Anschluss an die Modellierung und Analyse der Geschäftsprozesse werden im Rahmen von MPL Lösungsalternativen erarbeitet, die sich nach den zu Beginn aufgestellten Zielen richten.

MPL stellt einen Kennzahlenkatalog für die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsbewertung der Ist-Prozesse bereit. Nach der Durchführung der Wirtschaftlichkeitsbewertung für die Mo-bilisierung der selektierten Geschäftsprozesse findet die Auswahl geeigneter Software und Hardware für deren mobile Unterstützung statt.

Mobile Process Landscaping bietet eine gute Unterstützung bei der strukturierten Analyse von Geschäftsprozessen für die Mobilisierung, die insbesondere durch die Verwendung von Pro-zessmodellen ermöglicht wird. Allerdings merken die Autoren auch kritisch an, dass Prozess-modelle für die Darstellung von Flexibilität – die insbesondere bei mobilen Prozessen auftritt – nicht gut geeignet sind. Im Fokus der Analyse mit Hilfe von MPL steht die Unsicherheit des Ortes bei der Prozessausführung und somit die Identifikation räumlicher Verteilungsstrukturen von Geschäftsprozessen. Bei der vorgeschlagenen Top-Down Vorgehensweise zur Identifika-tion und Bewertung von Aktivitäten, können Aktivitäten, die zwar keine verteilte Struktur auf-weisen, jedoch potenziell von der Ausführung durch mobile Technologie profitieren können, nicht betrachtet werden.

Eine weitere Vorgehensweise zur Identifikation von Möglichkeiten des Einsatzes mobiler Technologie zur Unterstützung von Geschäftsprozessen wird in Valiente/van Heijden (2002) vorgestellt. Das Vorgehen besteht aus fünf Schritten: Modellierung bestehender Geschäftspro-zesse mit Hilfe eines P-Graphs, Ergänzung des erstellten Modells um die Lokationen der betei-ligten Personen, Modellierung von Entscheidungszweigen im Prozess und Trennung zwischen

2.3 Mobile Geschäftsprozesse 33 kontrollierender und koordinierender Aktivitäten, Verstärkung der Ortsunsicherheit (Compli-cation of lo(Compli-cation), Bewertung der identifizierten Potenziale des Einsatzes mobiler Technologie (vgl. Valiente/van Heijden 2002).

Im Fokus der Betrachtung steht die Mobilität der ausführenden Person und die daraus resultie-rende Ortsunsicherheit der Prozessausführung. Es wird davon ausgegangen, dass die größten Mobilisierungspotenziale bei Vorgängen vorhanden sind, bei denen ein Informationsaustausch zwischen Akteuren an unterschiedlichen Standorten stattfindet. Durch den Schritt „Complica-tion of loca„Complica-tion“, bei dem die Ortsunsicherheit der Prozessausführung erhöht wird, wird auch die Berücksichtigung von Geschäftsprozessen ermöglicht, die nicht primär als mobile Ge-schäftsprozesse identifiziert werden (z.B. Unterstützungsprozesse). Somit bietet das Vorgehen eine gute generelle Ausgangsbasis für die Identifikation möglicher Aktivitäten für die Mobili-sierung, schlägt jedoch keine konkreten Hilfestellungen für die Bewertung des Mobilisierungs-potenzials sowie für die Anpassung von Geschäftsprozessen für die Mobilisierung vor.

Köster (2002) schlägt ein Klassifikationsschema zur Bewertung der Mobiltauglichkeit von Ak-tivitäten vor. Dabei werden die Anforderungen der Prozessausführung (z.B. räumliche Entfer-nung der Kommunikationspartner, Standortabhängigkeit der Information, Bedarf an aktueller Information etc.) den technischen Restriktionen mobiler Technologie (z.B. Speicherkapazität, Displaygröße, Erweiterbarkeit der Hard- und Software etc.) gegenübergestellt. Zum Zwecke der Gegenüberstellung wird eine Skala von 0 bis 3 verwendet (vgl. Köster 2002). Je höher der Zusammenhang zwischen den Prozessanforderungen und den Restriktionen mobiler Technolo-gie, desto niedriger ist die Mobiltauglichkeit des bewerteten Prozesses. Anhand des Klassifika-tionsschemas kann auch die Bereitschaft bewertet werden, eine gegebene Restriktion mobiler Technologien zu akzeptieren. Dabei kann festgestellt werden, dass die Bereitschaft, eine tech-nische Restriktion zu akzeptieren, höher ist als die Akzeptanzbereitschaft für höhere Kosten, die beispielsweise durch Datenübertragungsgebühren anfallen.

Das Klassifikationsschema nach Köster (2002) unterstützt die Prozessanalyse aus technologi-scher Sicht, bietet allerdings keine Anhaltspunkte für eine Nutzenanalyse bei der Einführung mobiler Technologie zur Prozessunterstützung sowie keine Lösungsvorschläge für einen mög-lichen Umgang mit den Restriktionen, die dabei entstehen. Nichtsdestotrotz bietet dieses einen guten Startpunkt für die Vorauswahl von Prozessen für die Mobilisierung.

Neben Ansätzen, welche die Analyse von Geschäftsprozessen für die Mobilisierung unterstüt-zen, wird die Einführung mobiler Technologie in Unternehmen auch aus Sicht der Technolo-gieakzeptanz und -diffusion in der Literatur diskutiert. Insbesondere die Arbeiten von Venkatraman (1994), Basole (2006) und Maree et al. (2014) betrachten zusätzliche Aspekte, die während der Identifikation, Bewertung und Anpassung von Geschäftsprozessen für die Mo-bilisierung berücksichtigt werden sollen.

Venkatraman (1994) unterscheidet fünf Stufen der IT-Integration, welche durch Pousttchi/Becker (2012, 19) auf den Einsatz mobiler Technologie übertragen wurden: Mobili-sierung von Geschäftsprozessen, Erweiterung mobiler Geschäftsprozesse, Redesign mobiler Geschäftsprozesse, Erweiterung des Umfangs/Reichweite des mobilen Geschäftsprozesses, Neudefinition von Geschäftsprozessen. Dabei wird davon ausgegangen, dass, je höher der Grad der Veränderung ist, desto höher auch das IT-Potenzial bzw. das Potenzial mobiler Technologie

34 2 Begriffliche und theoretische Grundlagen ist. Dabei ist insbesondere die Veränderung organisatorischer Abläufe von Bedeutung (Strate-gien, Strukturen, Prozesse und Fähigkeiten) (Venkatraman 1994, 85).

Basole (2006) schlägt einen Ansatz zur Bewertung von Faktoren vor, welche die Entscheidun-gen zur Einführung mobiler Technologien sowie deren Nutzungsakzeptanz im Unternehmen beeinflussen. Dabei werden folgende Aspekte identifiziert, welche Unternehmensentscheidun-gen unterstützen: geschäftlicher Wert, Kosten und Nutzen, strategische Ausrichtung und Be-reitschaft. Der Fokus des vorgeschlagenen Ansatzes liegt auf der Bewertung der Bereitschaft eines Unternehmens, mobile Technologie zur Unterstützung betrieblicher Abläufe einzusetzen und ihrem Einfluss auf die Akzeptanz und Nutzung mobiler Technologie.

Basierend auf den von Basole (2006) identifizierten Aspekten der Unternehmensbereitschaft für den Einsatz mobiler Technologie schlagen Maree et al. (2014) einen generischen Ansatz für die Unterstützung der Unternehmenstransformation durch mobile Technologie vor. Dabei wer-den Aspekte wie die Geschäftsstrategie des Unternehmens, strategische Prozesse, Betriebsver-fahren und organisationale Aspekte berücksichtigt, die einen Einfluss auf die Einführung mo-biler Technologie in Unternehmen haben.

Eine Gegenüberstellung der vorgestellten Ansätze ist in Tabelle 2 enthalten. Dabei wird bewer-tet, inwiefern der entsprechende Ansatz konkrete Unterstützung – z.B. in Form von konkreten Vorgehensweisen, Techniken und Tools – für die Phasen der Identifikation, Bewertung und Anpassung von Geschäftsprozessen für die Mobilisierung bietet. In Tabelle 2 sind die Aspekte, welche durch den betrachteten Ansatz berücksichtigt werden durch einen schwarzen Kreis, die-jenigen, die nur teilweise Berücksichtigung finden - durch einen weiß-schwarzen und die nicht-betrachteten Aspekte durch einen weißen Kreis gekennzeichnet.

Ansatz

Identifi-kation

Bewer-tung

An-

passung Tools Theoretisches Modell zum Entscheidungsprozess

(Goeke/Pousttchi 2009) ) * * *

Mobility-M

(Gumpp/Pousttchi 2005) ( ) * *

Mobile Process Landscaping

(Köhler/Gruhn 2009) ( ) * (

Rahmenwerk zur Identifikation mobiler Prozesse

(Va-liente/Heijden 2002) ( * * )

Klassifikationsschema zur Bewertung der

Mobiltauglichkeit (Köster 2002) * ( ) )

Ansatz zur Klassifikation von Integrationsgraden

mo-biler Technologie (Pousttchi/Becker 2012) ) ) * *

Ansatz zur Bewertung der Unternehmensbereitschaft

zur Einführung mobiler Technologie (Basole 2006) * ) * ) Generischer Ansatz zur Unterstützung der

Unternehmenstransformation durch mobile

Technologie (Maree et al. 2014) ) ) * *

Tabelle 2: Gegenüberstellung verwandter Arbeiten Quelle: Eigene Darstellung

2.4 Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen 35