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5.1 Aufbau des bovinen Uterus (nicht trächtiger Zustand)

5.1.3 Endometrium

Das Endometrium ist die das Lumen des Uterus auskleidende Schicht, sie enthält tubulär verzweigte Uterindrüsen (Glandulae uterinae) die bis an die Muskelschicht reichen können (Abb.1A) (Liebich, 1999b). Dort häufen sich auch Immunzellen (Makrophagen, Lymphozyten, Plasmazellen und Mastzellen) (Liebich, 1999b). Die Schleimhaut der Gebärmutter unterliegt in ihrem Aufbau zyklusabhängigen Schwankungen (Hölscher, 1921).

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Abb.1: Histologischer Aufbau des bovinen Uterus. A: Endometrium und Str. circulare, Messbalken=50µm; B: Str. vasculare, Messbalken=200µm; C: Str. longitudinale, Serosa und Subserosa, Messbalken=50µm.

Literaturübersicht 5.2 Morphologische Veränderungen des Uterus

Gestalt und Funktion des Uterus unterliegen großen Schwankungen (Ledermair, 1959). Der nicht tragende Uterus eines Kalbes vor der ersten Trächtigkeit ist in seinem Gewicht und seinen Ausmaßen geringer als der nicht tragende Uterus eines Rindes nach der ersten Kalbung (Dohm, 1936). Mit zunehmendem Alter und nach mehreren Trächtigkeiten stellen sich anatomisch erkennbare Veränderungen ein (Seiferle, 1933), zum Beispiel kommt es zur Vergrößerung der uterinen Blutgefäße (Ellenbogen, 1930).

Während der Trächtigkeit kommt es zu besonders tiefgreifenden Veränderungen.

Thiele untersuchte die Entwicklung der Gebärmutter schwarzbunter Rinder vom zweiten bis neunten Trächtigkeitsmonat und stellte dabei eine Gesamtzunahme um das 67-fache fest (0,769kg auf 51,5kg mit Inhalt; 0,514kg auf 8,1kg ohne Inhalt;

0,514kg auf 5kg ohne Inhalt und ohne Karunkel, das Karunkelwachstum hatte einen großen Anteil an der Gewichtsentwicklung) (Thiele, 1972). Länge und Durchmesser des tragenden Gebärmutterhornes nahmen jeweils um ein Sechsfaches zu (Thiele, 1972).

Im Rahmen des Puerperiums kehrt der Uterus wieder auf die Ausmaße des nicht trächtigen Organes zurück. Diese Rückbildungsvorgänge vollziehen sich innerhalb weniger Tage, nach 20-25 Tagen hat sich das Gewicht des Uterus auf 1kg reduziert (Grunert, 1993). Nach Ende des Puerperiums von ca. 50 Tagen beträgt das Gewicht ca. 0,7kg (Grunert, 1993). Ermöglicht werden diese dramatischen Größenveränderungen durch eine Hypertrophie der glatten Muskelzellen, was histologisch an einem Auseinanderrücken der Zellkerne beobachtet werden kann (Müller, 1933). Die Zelllänge einer glatten Muskelzelle im humanen Uterus beträgt im nicht graviden Zustand 50µm-90µm, ihre Breite 2,5µm-5µm, im graviden Zustand lassen sich diese Parameter dagegen mit 500µm-800µm beziehungsweise 8µm-10µm angeben (Stieve, 1929). In Kühen verschiedener Trächtigkeitsstadien konnte außerdem eine Vergrößerung der Zellkerne beobachtet werden: Für den nicht trächtigen Zustand wurden in der Studie von Müller Ausmaße von 4µm x 8µm x 3µm ermittelt, die schon nach sieben Trächtigkeitswochen eine Vergrößerung zeigten (Müller, 1933). Nach vier Monaten erreichten die Zellkerne eine Länge von bis zu 20µm, danach war keine Vergrößerung mehr zu verzeichnen (Müller, 1933).

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Im Trächtigkeitsverlauf ändert sich ebenfalls die Verteilung von Gap junctions im Myometrium, durch hormonelle Regulation kommt es gegen Ende der Trächtigkeit zu einer vermehrten Expression (Garfield et al., 1980). Garfield et al. stellten bei in vitro- Versuchen nach Gabe von Östrogen und Progesteron eine veränderte Expression von Gap junctions fest. Östrogen hatte einen stimulierenden Effekt, während eine zusätzliche Gabe von Progesteron zu einem Rückgang der Gap junctions führte (Garfield et al., 1980). Diese verstärkte Expression von Gap junctions nahe des Geburtszeitpunktes dient einer Koordination der Wehentätigkeit, die durch verstärkte elektrische Kopplung zwischen den glatten Muskelzellen des Uterus ermöglicht wird (Evans und Martin, 2002; Miyoshi et al., 1996). Weiterhin wurde gezeigt, dass die Expression von Gap junctions auch in zyklischen Tieren von Progesteron abhängig zu sein scheint, so wurden im Myometrium des Schweines in der Lutealphase weniger Gap junctions ermittelt als präovulatorisch (Karasinski et al., 2010).

Neben den Veränderungen im Myometrium kommt es durch die Implantation des Embryos auch im Endometrium zu tiefgreifenden Umbauvorgängen. Hier bildet sich beim Rind eine Placenta cotyledonaria aus, die sich aus 30-150 einzelnen Plazentomen zusammensetzt, die je nach Lokalisation eine unterschiedliche Größe haben (Schnorr, 2006).

5.3 Kontraktilität des Uterus

Ein physiologisches Kontraktionsverhalten der Gebärmutter ist essentiell für vielfältige Vorgänge im Reproduktionsgeschehen. Aguilar und Mitchell nennen Menstruation, Spermientransport, Transport des Embryos, Einnistung, Erhaltung der Trächtigkeit, und Geburt (Aguilar und Mitchell, 2010). 90% der Geburtsarbeit werden durch uterine Kontraktionen geleistet (Gillette und Holm, 1963), eine reduzierte Kontraktilität könnte dazu führen, dass nach der Geburt in der Gebärmutter verbleibendes Material nicht richtig ausgestoßen wird (Carnevale und Ginther, 1992).

Nicht ausgestoßene Teile der Plazenta können zu Gebärmutterentzündungen führen (Sheldon et al., 2008).

Die uterine Kontraktilität beim Rind kann sowohl in vivo als auch in vitro untersucht werden (Benz, 2010; Gorriz-Martin, 2013; Müller, 1992).

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In vivo angewendete Methoden sind beispielsweise die intrauterine Druckmessung (Gillette und Holm, 1963; Hays und Vandemark, 1953; Hirsbrunner et al., 1998), die Untersuchung mittels Dehnungsmeßstreifen (Bass und Callantine, 1964) und die Elektromyographie (Gajewski und Faundez, 1992; Hanzen, 1981). Die Kontraktionen während der uterinen Involution können durch in den Uterus implantierte Sonomikrometriekristalle bestimmt werden (Benz, 2010).

Für in vitro-Messungen von uterinen Kontraktionen werden isolierte Proben des Myometriums in Organbäder verbracht und spontane Kontraktionen dort mittels isometrischer Kraftaufnehmer erfasst (Gorriz-Martin, 2013; Hirsbrunner et al., 2002;

Kaufmann et al., 2008)

Für das Rind konnten mit dieser Methode physiologische Grunddaten der spontanen Motilität des Uterus erhoben werden. So konnten Hirsbrunner et al. einen Unterschied im Kontraktionsverhalten von circulären und longitudinalen Muskelpräparaten zeigen, longitudinale Präparate zeigten eine höhere Aktivität als circuläre Praparate (Hirsbrunner et al., 2002). Einen Unterschied im Kontraktionsverhalten zwischen Östrus und Diöstrus konnte nur für circuläre Präparate gezeigt werden, die dafür untersuchten Parameter waren AUC (Area under curve), mittlere Amplitude und Kontraktionsfrequenz (Hirsbrunner et al., 2002).

Circuläre Präparate kontrahierten acht bis 20 mal in 30min, longitudinale Präparate sechs bis 24 mal in 30min (Hirsbrunner et al., 2002). Kaufmann et al. stellten fest, dass das Kontraktionsverhalten im Rinderuterus von der Lokalisation abhängig ist, Präparate in der Nähe der Uterushornspitze zeigten eine höhere Aktivität als Präparate in Nähe des Corpus (Kaufmann et al., 2008). Weitere in vitro-Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Einfluss einer Endometritis auf die uterine Motilität (Hirsbrunner et al., 2010), oder dem Einfluss verschiedener Hormone wie Oxytocin (Müller, 1992), hcG (Angioni et al., 2011), GnRH (Giammarino et al., 2009), Progesteron (Gorriz-Martin, 2013) oder 17βÖstradiol (Gorriz-Martin, 2013). In verschiedenen Spezies wurden mittels Kontraktilitätsstudien am Uterus bis 2001 über 20 verschiedene Rezeptoren mit jeweils wiederum zahlreichen Untertypen untersucht (Crankshaw, 2001).

Weiterhin wurde der Einfluss von Antibiotika auf die in vitro-Kontraktilität untersucht (Ocal et al., 2004). Bei in vivo-Untersuchungen mit Xylazin und Clenbuterol,

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Medikamente die während Kaiserschnittoperationen verwendet werden, zeigte sich nach intramuskulärer Injektion von Xylazin eine massive Aktivitätssteigerung, während eine kleine Epiduralanästhesie ohne Einfluss blieb (Bucheli, 1984).

Clenbuterol, das tocolytisch wirkt, führte zu einer geringen Abnahme der Kontraktionsbereitschaft (Bucheli, 1984).

5.3.1 Funktion der glatten Muskelzellen

Die Kontraktionen der Gebärmutter liegen in der elektrischen Aktivität des Myometriums begründet (Kao, 1989), welches histologisch glatte Muskelzellen aufweist. Glatte Muskulatur findet sich neben der Gebärmutter in vielen anderen unterschiedlichen Organen des Organismus (Gabella, 2012). Im Gegensatz zur Skelettmuskulatur verfügt glatte Muskulatur nicht über eine erkennbar geordnete Myofibrillenstruktur, weshalb sie als „glatt“ bezeichnet wird (Liebich, 1999a). Glatte Muskelzellen sind spindelförmig, der ovale Zellkern liegt stets zentral (Liebich, 1999a). Im Uterus unterliegen sie trächtigkeitsbedingten Veränderungen (Kap.5.2).

Die kontraktilen Vorgänge wurden von Aguilar und Mitchell zusammengefasst.

Danach kommt es durch Phosphorylierung zu einem Aneinandervorbeigleiten von dicken Myosin- und dünnen Aktifilamenten, die entlang der Längsachse der spindelförmigen Muskelzellen angeordnet sind (Aguilar und Mitchell, 2010). Da die sich dabei aufeinander zubewegenden Aktinfilamente mit ihrem Ende jeweils durch

„Dense Bodies“ mit dem Zytoskelett der Zelle verankert sind, kommt es zur Verkürzung der ganzen Zelle (Aguilar und Mitchell, 2010). Die Kräfte, die durch glatte Muskulatur generiert werden können, können nach Gabella mit 200-400mN/mm angegeben werden (Gabella, 1984).

Literaturübersicht 5.4 Membranpotential der uterinen Muskelzellen

Bei der Betrachtung des Membranpotentials der glatten Muskelzellen im Uterus ist es sinnvoll eine Unterteilung vorzunehmen: Einerseits in das Ruhemembranpotential (RMP) und andererseits in rhythmische Schwankungen, die auch slow waves genannt werden (Aguilar und Mitchell, 2010; Sanborn, 2000). Für die Ausprägung des Membranpotentials ist dabei die Aktivität von Ionenkanälen, Austauschern und Pumpen, die eine Hyper- oder Depolarisation der Zellmembran bewirken können, von entscheidender Bedeutung (Berridge, 2008).

5.4.1 RMP

Das RMP ist eine Potentialdifferenz zwischen Intra- und Extrazellularraum, die durch Unterschiede in der Verteilung von Elektrolyten und der Permeabilität der Zellmembran für diese Elektrolyte hervorgerufen wird (Ledermair, 1959), von diesen Elektrolyten ist eine intrazelluläre höhere Kaliumkonzentration ausschlaggebend (Jung, 1959b). Deshalb spielen auch mehrere unterschiedliche Kaliumkanäle bei der Aufrechterhaltung des RMP eine wichtige Rolle (Aguilar und Mitchell, 2010). Khan et al. listen calciumaktivierte Kaliumkanäle, spannungsabhängige Kaliumkanäle und ATP-sensitive Kaliumkanäle, die in den glatten Muskelzellen des Uterus zu finden sind (Khan et al., 2001). Als besonders wichtigen Kanal nennen sie dabei den „BKCa“ oder „maxiK channel“, der sowohl im trächtigen als auch nicht trächtigen Zustand des Uterus häufig exprimiert wird und an der Kontrolle des Tonus der glatten Muskelzellen beteiligt ist (Khan et al., 2001).

Das RMP von uterinen glatten Muskelzellen kann je nach Methode (Zellkultur oder Gewebe) und Spezies unterschiedliche Werte annehmen (Tab.1), so sind in der Literatur Angaben zwischen -23mV und -78mV zu finden (Kuriyama und Suzuki, 1976; Persianinov et al., 1974). Das RMP zeigt dabei auch eine Abhängigkeit vom Trächtigkeitsstatus des Tieres: In Versuchen mit Ratten hat sich ergeben, dass es während der Trächtigkeit erst zu einem Absinken des RMP kam, das dann kurz vor der Geburt aber wieder positiv wurde (Tab.1) (Casteels und Kuriyama, 1965;

Kuriyama und Suzuki, 1976).

Neben unterschiedlichen Trächtigkeitsstufen wurden auch die Effekte unterschiedlicher Substanzen auf das RMP beschrieben (Tab.1), unter anderem von

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erhöhten sowie erniedrigten extrazellulären Kaliumkonzentrationen eine Depolarisation des RMP fest.

Tab.1: Auswahl einzelner Studien über das RMP der glatten Muskelzellen im Uterus in verschiedenen Gewebelokalisationen, zu unterschiedlichen Trächtigkeitsstadien und bei verschiedenen Behandlungen. Für detailliertere Informationen siehe (Kao, 1989)

Autor Jahr Spezies RMP

Goto und Csapo 1959 Kaninchen

Östrogen niedrig: -30mV bis -35mV;

kein Effekt von Kaliumfreier Lösung auf das RMP Persianinov et Mollard et al. 1986 Zellkultur Ratte

Myometriumzellen Trächtigkeit Tag 18-19: Str. longitudinale: -54,5mV Miyoshi et al. 1996 Ratte Trächtigkeit Tag 22; Erhöhte intrazelluläre

Kaliumkonzentration: -39,8mV

Literaturübersicht 5.4.2 Slow waves

Aguilar und Mitchell fassen den Kenntnisstand über die slow waves des Uterus so zusammen, dass sie ein Ergebnis der Verteilung von Calcium-, Natrium- , Kalium- und Chloridionen im intra- und extrazellulärem Raum und der Permeabilität der trennenden Membran sind (Aguilar und Mitchell, 2010). Besonders Calciumionen zeigen eine stark unterschiedliche Verteilung: im Ruhezustand sind 10000 mal mehr Calciumionen extrazellulär als intrazellulär zu finden (Aguilar und Mitchell, 2010).

Laut Berridge kommt es in den glatten Muskelzellen des Uterus durch das Öffnen von spannungsabhängigen Calciumkanälen zu einem Calcium- Einwärtsstrom mit nachfolgender Kontraktion (Berridge, 2008). Ursächlich für die benötigte Spannungsänderung soll ein in der Zellmembran sitzender Oszillator sein, der Schrittmacherpotentiale generiert (Berridge, 2008). Im Gastrointestinaltrakt werden Schrittmacherpotentiale durch spezialisierte Schrittmacherzellen, die Interstitiellen Zellen nach Cajal (ICC) generiert (Kap.5.6) (Thuneberg, 1999). In Schrittmacherzellen wie den ICC soll es durch einen zytosolischen Oszillator zu einer Depolarisation der Zellmembran kommen, die dann durch Gap junctions auf benachbarte glatte Muskelzellen übertragen wird (Berridge, 2008).

In Versuchen von Shafik mit nicht trächtigen humanen Uteri wurden die slow waves als regelmäßig beschrieben, die Frequenz der Wellen variierte von drei bis fünf Wellen pro Minute, die Amplitude der Wellen variierte von 0,4mV bis 0,9mV (Shafik, 1997). In weiteren Versuchen zu slow waves in der humanen Vagina kamen Shafik et al. zu ähnlichen Ergebnissen (Shafik et al., 2004). Auch in Versuchen mit Eileitern von Mäusen zeigten sich regelmäßige slow waves, deren Wellen etwas frequenter als die im Uterus waren (ca. neun pro Minute) und jeweils eine Kontraktion nach sich zogen (Dixon et al., 2011).

Aus Untersuchungen in unterschiedlichen Geweben ist ersichtlich, dass die slow waves recht unterschiedlich ausfallen können. Die Frequenz der slow waves im Eileiter des Pavians wurde beispielsweise mit 46,4/min bestimmt, während die Frequenz im Eileiter des Meerschweinchens nur 7-13/min annahm (Talo und Hodgson, 1978). Des weiteren wurde ein Einfluss der Temperatur auf die slow waves festgestellt: Bei Erniedrigung der Umgebungstemperatur kam es zu einer Abnahme ihrer Frequenz (Ohba et al., 1975). Bei Untersuchungen im Labmagen des Rindes

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zeigten sich slow waves mit unterschiedlicher Amplitudenhöhe (Zurr und Leonhard-Marek, 2012), die slow waves mit einer Höhe von über 5mV hatten eine Frequenz von 5,6±1,4/min und korrelierten mit den Kontraktionen der Labmagenmuskulatur (Zurr und Leonhard-Marek, 2012). Frequenz und Amplitude der slow waves scheinen außerdem vom RMP abhängig zu sein: Hirst et al. stellten bei Depolarisation des RMP eine Abnahme in der Amplitudenhöhe und eine Zunahme in der Frequenz der slow waves fest (Hirst et al., 2008).

5.5 Schrittmacherzellen im Uterus?

Der Ursprung der Schrittmacheraktivität im Uterus ist noch nicht eindeutig geklärt (Takaki et al., 2010). In der glatten Muskulatur der Gebärmutter befinden sich neben glatten Muskelzellen verschiedene andere Zellen, die dafür in Frage kommen könnten. Von Gabella werden Axone, Gliazellen, Perizyten, Endothelzellen, Fibroblasten, Fibrobasten-ähnliche Zellen, sowie unspezialisierte Zellen genannt (Gabella, 2012). Andere Autoren (Ciontea et al., 2005; Duquette et al., 2005;

Hutchings et al., 2009) etablierten im Myometrium eine weitere Untergruppe von Zellen, die Ähnlichkeiten mit den ICC des Darmes aufwiesen. Sie sprachen deshalb beim Myometrium von ICC-like-cells (Duquette et al., 2005), myometrial Cajal-like interstitial cells (m-CLIC) (Ciontea et al., 2005) oder Telozyten (Popescu und Faussone-Pellegrini, 2010)

5.6 Schrittmacherzellen im Darm (ICC)

5.6.1 Geschichte der ICC

Namensgeber dieser Zellen war der Spanier Santiago Ramón Cajal, der 1889 eine Beschreibung eines Netzwerks von Zellen mittels Silberimprägnierung in Darmgewebe von Meerschweinchen und Ratte veröffentlichte (Thuneberg, 1999).

1915 wurde die Frage nach einem Zusammenhang zwischen diesem Netzwerk von Zellen und der spontanen Aktivität des Darmes gestellt, da strukturelle Ähnlichkeiten zu Schrittmacherzellen im Sinusknoten des Herzens auffielen (Huizinga et al., 2013;

Keith, 1915). Mittels Methylenblau Supravitalfärbungen und Elektronenmikroskopie konnte der Schrittmachercharakter weiter erhärtet werden (Thuneberg, 1982). 1992 wurde schließlich die Expression von CD117 in ICC nachgewiesen, welches eine zentrale funktionelle Rolle in diesen Zellen spielt. (Maeda et al., 1992)

Literaturübersicht 5.6.2 Morphologie der ICC

Im „Guide to the Identification of Interstitial Cells of Cajal” (Faussone-Pellegrini und Thuneberg, 1999) sind verschiedene Kriterien erstellt worden, um ICC von Neuronen, Schwann-Zellen, Makrophagen, glatten Muskelzellen und Fibroblasten zu unterscheiden (Faussone-Pellegrini und Thuneberg, 1999). Als Prototyp wurden die ICC der Maus definiert: Die Zellen weisen eine elongierte Form mit zwei bis fünf Fortsätzen auf, der Zellkern ist ovoid (Faussone-Pellegrini und Thuneberg, 1999).

Die ICC variieren je nach untersuchter Spezies und Lokalisation im Gastrointestinaltrakt in Form und Aufbau (Faussone-Pellegrini und Thuneberg, 1999). Außer der Gestalt sind Zellkontakte bei der Identifikation der ICC von Bedeutung, die Kontakte finden durch gap junctions oder intermediate junctions statt (Faussone-Pellegrini und Thuneberg, 1999). Von herausragender Rolle wurden dabei Kontakte von ICC mit Nerven und glatten Muskelzellen beschrieben (Faussone-Pellegrini und Thuneberg, 1999).

Eine weitere Richtlinie, die zur strukturellen Identifikation von ICC aufgestellt wurde, findet man beim „gold standard“ von Huizinga et al. (Huizinga et al., 1997). Dort werden acht Kriterien genannt, in denen neben verschiedenen elektronenmikroskopischen Eigenschaften ebenfalls die Kontakte zu anderen Zellen (ICC, Nervenzellen, glatten Muskelzellen) hervorgehoben werden (Huizinga et al., 1997).

5.6.3 Lokalisation der ICC im Darm

ICC lassen sich in Abhängigkeit von ihrer Lokalisation nach Garcia-Lopez et al. in folgende Untergruppen einteilen: ICC des myenterischen Plexus (MY bzw. ICC-MP), ICC der Zirkulärmuskulatur CM), ICC der Longitudinalmuskulatur (ICC-LM), Intramuskuläre ICC (ICC-IM), ICC des tiefen muskulären Plexus (ICC-DMP), ICC der Submukosa (ICC-SM), ICC des submukösen Plexus (ICC-SMP) (Garcia-Lopez et al., 2009).

ICC-IM leiten die Signale von enterischen Motoneuronen weiter, sie besitzen aber auch intrinsische Schrittmacherfunktionen, so können sie auf neurale Impulse oder Dehnungsreize (Won et al., 2005) hin die Frequenz der slow waves modulieren (Sanders et al., 2006). ICC-IM können unter Umständen auch als primäre

Literaturübersicht 5.6.4 Funktion der ICC

Die Funktionen der ICC lassen sich nach Garcia-Lopez et al. im Allgemeinen in drei Bereiche einteilen (Garcia-Lopez et al., 2009):

1.) Neurotransmission: Inhibitorische Motorneurone, die als Neurotransmitter NOS (NO-Synthase (Kap.5.11)); oder VIP (vasoactive intestinal polypeptide) enthalten, haben engen Kontakt mit ICC-IM sowie deren Fortsätzen (Beckett et al., 2002; Horiguchi et al., 2003).

2.) Schrittmacherfunktion: Slow waves werden in ICC generiert (Thuneberg, 1999). Je nach Spezies und Lokalisation im Gastrointestinaltrakt kann dies in unterschiedlichen Untergruppen der ICC passieren (Garcia-Lopez et al., 2009).

Untersuchungen mit CD117-knock-out-Mäusen zeigen eine Unterentwicklung des ICC-MY Netzwerks im Dünndarm, sowie ein Fehlen von Schrittmacheraktivitäten (Huizinga et al., 1995; Ward et al., 1994).

3.) Dehnungssensoren: ICC-IM sind dehungssensitiv, Dehnung kann zu Membrandepolarisation und zu einem Anstieg der Frequenz der slow waves führen (Won et al., 2005).

5.6.5 Immunhistochemischer Nachweis von ICC

Neben klassischen Färbemethoden können immunhistochemische Methoden zur Detektion von ICC angewendet werden. Gängige Methode ist dabei die Detektion des für ICC charakteristischen Rezeptors CD117 (Faussone-Pellegrini und Thuneberg, 1999; Horie et al., 1993; Ward et al., 1994), da CD117 weder in glatten Muskelzellen noch in enterischen Nervenzellen erscheint (Huizinga et al., 1997).

Als weitere Antikörper zur Detektion von ICC werden Tachykinin NK-1 Rezeptor (NK1r), Somatostatin Subtyp 2A-Rezeptor, Opioid-Rezeptoren, Zyklisches GMP, Cholera Toxin Subunit b und CD34 genannt (Faussone-Pellegrini und Thuneberg, 1999).

5.6.6 ICC im Rind

Monnard konnte in 2005 ICC im Plexus myentericus und in der Darmwand des Rindes mittels Immunhistochemie mit CD117 nachweisen (Monnard, 2005). Eine weitere morphologische Untersuchung zur Verteilung von ICC-MP und ICC-LM im

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Darm des Rindes ist 2006 von Marquez et al. publiziert worden. Die Dichte der ICC-LM betrug 9,52±3,86 per 10000µm2, die Verteilung wurde als unregelmäßig beschrieben. Die Fortsätze der Zellen variierten in dieser Studie, die Fortsätze der ICC-LM waren länger als die der ICC-MP. Die intramuskulären ICC ließen sich neben CD117 auch positiv auf Vimentin anfärben (Marquez et al., 2006).

5.7 Telozyten

Der Begriff Telozyten (englisch: telocytes) wurde 2010 durch Popescu und Faussone-Pellegrini eingeführt. Die damit angesprochenen Zellen zeichnen sich mikroskopisch durch Prolongationen des Zellkörpers aus, die von den Autoren als Telopoden bezeichnet wurden (Popescu und Faussone-Pellegrini, 2010). Mit dieser neuen Nomenklatur sollte ein Begriff geschaffen werden, der die Vielfalt der bisherigen Bezeichnungen vereinheitlichen sollte, außerdem sollte den Unterschieden zu den ICC, von denen diese Zellen ursprünglich abgeleitet wurden, Rechnung getragen werden. (Popescu und Faussone-Pellegrini, 2010).

5.7.1 Morphologie der Telozyten

Morphologisch haben Telozyten einen kleinen Zellkörper mit einem Kern, der ungefähr 25% des Zellvolumens ausmacht, die Ausmaße des Zellkörpers werden mit Größen von 6,31µm bis 16,42µm angegeben (Popescu und Faussone-Pellegrini, 2010). Im perinukleären Zytoplasma befinden sich zahlreiche Mitochondrien, die 5-10% des Zellvolumens ausfüllen, außerdem findet man dort einen schmalen Golgi-Apparat sowie rauhes und glattes endoplasmatisches Retikulum und Elemente des Zytoskeletts (Popescu und Faussone-Pellegrini, 2010; Zheng et al., 2012a). Der Zellkörper kann von unterschiedlicher Gestalt sein: birnenförmig, spindelförmig, dreieckig, oder sternförmig. Diese Zellformen werden maßgeblich geprägt von den Telopoden, langen und dünnen Fortsätzen, die bei einer Breite von 20-200nm bis zu 1000µm lang sein können (Popescu et al., 2012; Smythies und Edelstein, 2014) Zur Unterscheidung von Dendriten der Nervenzellen stellten Popescu und Faussone-Pellegrini sieben Kriterien für die Zellfortsätze auf, nach denen die Anzahl zwischen einem und fünf Telopoden schwanken kann, meistens werden zwei bis drei gefunden (Popescu und Faussone-Pellegrini, 2010). Die Breite der Telopoden wird im Mittel mit 0,1±0,05µm angegeben (Popescu und Faussone-Pellegrini, 2010). Neben

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wobei an Kontaktstellen eine Kommunikation über gap junctions erfolgt. (Popescu und Faussone-Pellegrini, 2010).

Für die elektronenmikroskopische Identifizierung von Telozyten wurde von Popescu et al. der zehn Kriterien umfassende „platinumstandard“ eingeführt (Popescu et al., 2005a), der den für ICC eingeführten „goldstandard“ (Huizinga et al., 1997) um die Beschreibung der Telopoden erweiterte (Popescu et al., 2005a).

5.7.2 Geschichte der Telozyten

Betrachtet man die wissenschaftliche Chronologie der Telozyten, findet man fast alle relevanten Veröffentlichungen, die dieses Thema betreffen, in der letzten Dekade (Tab.2). Nachdem im Laufe des letzten Jahrhunderts intensive Forschung an Schrittmacherzellen im Darm stattgefunden hat (Kap.5.6.1), wurde der Frage nachgegangen, ob es ähnliche Zellen auch in anderen Organen außerhalb des Darmsystems gibt (Popescu et al., 2005b). Zur histologischen Differenzierung wurde dabei ebenfalls das Vorhandensein von CD117 in diesen Zellen genutzt (Allix et al., 2008; Ciontea et al., 2005; Zhao et al., 2014)

Seitdem gibt es eine Vielzahl an Publikationen, die sich mit der Beschreibung von Zellen, die anfangs als ICC oder ICC-ähnliche Zellen, später als Telozyten angesprochen werden, beschäftigen (s.u.). Die meisten dieser Untersuchungen fanden in Geweben von Mensch oder kleinen Labornagern statt (Tab.2). In einer Studie am Harntrakt wurde aber auch das Vorhandensein von CD117 positiven

„Cajal-like-cells“ in Schwein, Wildschwein, Kuh, Hund, Katze, Kaninchen, Ratte und Maus beschrieben (Metzger et al., 2005). Ein Streifzug durch die neuere Literatur liefert Untersuchungen dieser Zellen in verschiedenen Organsystemen:

Samenleiter (Burton et al., 2000), Prostata (Shafik et al., 2005), Penis (Shafik, 2007), Niere/Harntrakt (McHale et al., 2006; Zheng et al., 2012b), Gallenblase (Lavoie et al.,

Samenleiter (Burton et al., 2000), Prostata (Shafik et al., 2005), Penis (Shafik, 2007), Niere/Harntrakt (McHale et al., 2006; Zheng et al., 2012b), Gallenblase (Lavoie et al.,