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Tödliche Infektion mit Schimmelpilzen

Ein 50 Jahre alter Versicherter ist im August 2001 an einer ausgedehnten Aspergillen-Pneumonie (Erreger war der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus) beider Lungen verstorben.

Die Erkrankung trat auf, nachdem im Juni zuvor eine immunsuppressive (die Körper eigene Abwehr unterdrückende)Therapie mit Ciclosporin und Methylprednisolon angesetzt wurde. In der Zwischenzeit hatte der Versicherte gearbeitet. Nach den Angaben der Witwe des Versi-cherten haben sich Atemwegsbeschwerden im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätig-keit erstmals am Ende Juli 2001 bemerkbar gemacht. Nach dem Abschlußbericht aus dem Krankenhaus vom September 2001 soll der Patient voll berufsfähig gewesen sein und bis einen Tag vor der stationären Aufnahme noch am Wochenende in seinem Garten gearbeitet haben.

Der Arbeitgeber des Versicherten berichtet eine Beschäftigung ab 1976, zunächst bis 1988 als Straßenreiniger, später als Müllwerker, ab 1982 als Vorarbeiter in diesem Bereich. Ab 1986 sei ein Müllwagen gefahren worden, vor allem für die Entsorgung von Restaurants. Ei-ne Gefährdung durch Schimmelpilze einschließlich Aspergillus fumigatus habe bis zum 28.

Juli 2001 bestanden.

Die Belastung durch Sporen von Schimmelpilzen bei der Hausmüllabfuhr ist z.B. im Rahmen einer Prüfungsarbeit einer Technischen Aufsichtsbeamtin für den Gemeindeunfallversiche-rungsverband Westfalen-Lippe gemessen worden. Danach fanden sich bei der Müllsamm-lung 10.000 bis 100.000 Kolonie bildende Einheiten je Kubikmeter (KBE/m³) und immerhin in der Fahrerkabine noch bis zu 10.000 KBE/m³. Im Vergleich zur normalen Außenluft konnten deutlich, zum Teil um den Faktor 100, erhöhte Konzentrationen an Keimen gemessen wer-den.

Schimmelpilze der Spezies Aspergillus fumigatus wachsen optimal bei Temperaturen von 37 bis 43 Grad Celsius. Die Sporen können nur schlecht fliegen. Sehr hohe Keimkonzentratio-nen für diesen Schimmelpilz findet man bei der Kompostierung, generell finden sich sehr hohe Keimkonzentrationen besonders in den ersten zwei Wochen der Tonnenbeschickung, da zu dieser Zeit intensives Wachstum auf Grund des reichlich vorhandenen Substrates zu beobachten sein soll. Besonders in der warmen Jahreszeit ist davon auszugehen, dass Aspergillus fumigatus, intensiv wächst, denn er liebt die Wärme.

Schimmelpilzkonzentrationen wie sie bei der Hausmüllabfuhr erwartet werden können, sind nicht in der Lage, den gesunden unbeeinträchtigten Organismus zu schädigen. Nur bei be-sonderen Voraussetzungen geht eine Schimmelpilzinfektion an. Zum Beispiel dann, wenn das Immunsystem beeinträchtigt ist und eine Auseinandersetzung mit den Keimen nicht in adäquater Weise erfolgen kann. Diese Situation ist gegeben, wenn eine immunsupressive

Therapie erfolgt. Inhalierte Keime, die sonst nicht in der Lage sind, den Organismus zu schädigen, erhalten eine Chance zum Wachstum; einige Schimmelpilze, wie z. B. Aspergil-lus, zeigen dieses opportunistische Verhalten. Es muss deshalb empfohlen werden, beson-ders empfindliche Menschen, z. B. wenn eine immunsupressiven Therapie erfolgt, nicht in Bereichen zu beschäftigen, bei denen in besonderem Maße damit zu rechnen ist, dass diese opportunistischen Keime inhaliert werden können. Insbesondere Aspergillus fumigatus ist als Keim bekannt, der im Einzelfall eine Aspergillen-Pneumonie hervorrufen kann. Aus der Lite-ratur geht hervor, dass die infektiösen Sporen sich nicht weit von der Entstehungsstelle ent-fernen. Eine Infektion durch Einatmen kann deshalb nur im unmittelbaren Bereich der ver-schimmelten Materialien erfolgen, bzw. in einer Entfernung von nur wenigen Metern. Der Schimmelpilz wächst auf organischem Material, wie es zum Beispiel im Hausmüll und im Bioabfall zu finden ist. Aber auch bei der Kompostierung, können die Sporen entstehen und bei Arbeiten am Kompost dann auftreten, wenn dieser zu frisch und in der ersten Phase der intensiven Verrottung ist.

Die Infektion ist im Sommer eingetreten, zu einem Zeitpunkt, als Aspergillus fumigatus ins-besondere in organischen Materialien im Hausmüll gute Wachstumsbedingungen fand, auf-grund der für ihn guten Temperaturen, wobei die Erwärmung der Abfallbehälter durch Son-neneinstrahlung das Wachstum zusätzlich beschleunigt. Durch die Hausmüllabfuhr sowohl bei der Tätigkeit als Fahrzeugführer als auch bei helfenden Aktionen beim Entleeren der Müllbehälter war eine weit über die übliche Belastung hinausgehende Exposition gegen über Schimmelpilzsporen gegeben, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch ge-genüber Aspergillus fumigatus. Die berufliche Belastung hat auch mit an Sicherheit gren-zender Wahrscheinlichkeit zu einer Sporenbelastung geführt, die zeitweise erhebliche Kon-zentrationen von 10.000 oder 100.000 Sporen pro Kubikmeter betrug. Auch bei Patienten mit eingeschränkter Leistung des Immunsystems ist nicht davon auszugehen, dass eine In-fektion nur nach der Belastung mit nur wenigen Sporen angeht. Die vergleichsweise massive Exposition durch die berufliche Belastung und nicht die Exposition mit wenigen Keimen pro Kubikmeter Atemluft in der allgemeinen Umwelt ist für das Entstehen der Infektion als wahr-scheinliche Ursache anzunehmen.

Es ist zwar nicht restlos auszuschließen, dass der Versicherte auch im privaten Bereich die Möglichkeit gehabt hat, Sporen des Aspergillus einzuatmen, die weit intensivere Belastung und damit die weit überwiegenden Möglichkeiten, eine ausreichende Menge Schimmelpilz-sporen zu inhalieren, bestand jedoch im Rahmen der versicherten Tätigkeit.

Eine Belastung durch die häusliche Gartenarbeit ist weniger wahrscheinlich. Im Juli wird nicht der Kompost bearbeitet, das geschieht im Herbst oder im Frühjahr. Beim Vergleich der Zeit, über die häusliche Arbeiten bzw. Tätigkeiten mit Belastung in der Müllabfuhr geübt wurden, wird die weit überwiegende Möglichkeit sich anzustecken während der versicherten Tätigkeit erneut deutlich.

Die Belastung durch die Schimmelpilzsporen hätte ohne die eingeleitete immunsupressive Therapie nicht zu einer Infektion geführt. Die immunsupressive Therapie ist als Bedingung

für die zum Tode führende Aspergillen-Pneumonie nicht hinweg zu denken, jedoch ist auch eine erhebliche Exposition zu Sporen vom Aspergillus für die Erkrankung erforderlich. Es ist deshalb von zwei gleichwertigen Ursachen auszugehen. Die berufliche Schimmelpilz Belas-tung ist genauso wesentlich für die Entstehung der Aspergillen-Pneumonie wie die außerbe-rufliche immunsupressive Therapie.

Die Aspergillen-Pneumonie, die bei dem Versicherten zum Tode geführt hat, ist damit Folge zweier gleichwertiger Ursachen. Die Infektion wurde hinreichend wahrscheinlich im Rahmen der versicherten Tätigkeit als Müllwerker und Fahrer eines Müllfahrzeuges erworben. Es musste deshalb empfohlen werden, diese Infektionskrankheit als beruflich verursacht anzu-erkennen.

Die Erkrankung wurde der Berufskrankheiten Nr. 3101 zugeordnet, denn der Versicherte war (unter Berücksichtigung der Situation seines Immunsystems) durch die Tätigkeit als Müllwerker und Fahrer eines Müllfahrzeuges in ähnlicher Weise einem Infektionsrisiko aus-gesetzt gewesen, wie Beschäftigte im Gesundheitsdienst oder in der Wohlfahrtspflege. Eine von Tieren auf Menschen übertragbare Infektionskrankheit lag nicht vor. Es handelt sich auch nicht um eine Tropenkrankheiten oder eine Erkrankung durch Parasiten. Die Alternati-ve einer Anerkennung als unfallartiges Ereignis wurde Alternati-verworfen, weil einerseits eine Infekti-onskrankheit vorlag, andererseits wiederholte, wenn auch unbewusste, Aufnahme der Schimmelpilzsporen die wahrscheinliche Ursache war.

Der tragische Verlauf dieser Erkrankung bietet Anlass, auf die notwendige Kooperation von Betriebsarzt und therapeutisch tätigen Ärzten hin zu wirken. Der Betriebsarzt – rechtzeitig eingeschaltet – hätte die Gefahren für den Betroffenen erkennen und einen besser geeig-neten Einsatzbereich empfehlen können. Durch Anschreiben an die behandelnden Ärzte wurde versucht, für die Zukunft eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Betriebsarzt zu erreichen.

Unterschiedliche Auslegung des Fremdrentengesetzes durch die Unfallversi-cherungsträger

Bei einem 53jährigen Gärtner (vor Zuzug nach Bremen Traktorist in Kasachstan) lehnte der zuständige UV-Träger weitergehende Ermittlungen mit folgender Begründung ab:

„Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 08.03.2002 teilen wir Ihnen mit, daß die Tatsache, daß Herr B. zum Personenkreis des § 4 Bundesvertriebenen-Gesetzes ge-hört, hinsichtlich der Klärung der Expositionszeiten unrelevant ist.

Wie Ihnen bekannt sein müßte, greift in diesen Fällen die EWG-Verordnung Nr.

574/72 nach der bei der Feststellung einer Berufskrankheit ausschließlich Gefähr-dungszeiten die in einem EWG-Mitgliedsstaat verrichtet wurden Berücksichtigung finden.

Da Herr B. vor seiner Tätigkeit beim ...von 1967 – 1992 in Kasachstan beschäftigt gewesen ist, sind keine weiteren Ermittlungen seitens der Berufsgenossenschaft ein-zuleiten.“

Ein anderer Unfallversicherungsträger vertritt eine gegenteilige Auffassung bei einem ebenfalls aus Kasachstan zugezogenen landwirtschaftlichen Kraftfahrer:

„Die Stellungnahme soll als Grundlage für die Entscheidung nach dem Fremd-rentengesetz (FRG) vom 25.02.1960 dienen. Ansprüche nach diesem Gesetz sind o-riginär festzustellen. Es ist daher unabhängig von früheren Rentenfestsetzungen im Herkunftsland eine neue Feststellung des ursächlichen Zusammenhanges, der jetzi-gen Erkrankungsfoljetzi-gen und des sich hieraus ergebenden Grades der MdE ab dem 01.01.1997 (Rentenbeginn nach dem FRG) erforderlich.“

Der 53jährige Gärtner wurde auf die Möglichkeit der Rechtsberatung durch die Arbeitneh-merkammer hingewiesen. Ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, ist nicht be-kannt.

3.3 SONSTIGES

Vorsorgeuntersuchungen

Die grundlegende Statistik wird durch den Landesverband Nordwestdeutschland der ge-werblichen Berufsgenossenschaften erstellt und jeweils etwa zur Mitte des folgenden Jahres vorgelegt. Als neuestes Zahlenwerk steht deshalb die Statistik für 2001 zur Verfügung:

Jahr Gesamt

Lärm-vorsorge

Asbest-vorsorge Bildschirm

Hautvor-sorge Infektions-krankheiten

1990 51428 13953 4301 5606 1694 8598

1991 59138 14607 3460 6849 2005 10421

1992 51372 13980 2557 7795 1840 7203

1993 52800 13568 2098 7817 1996 9312

1994 55148 13204 1741 8414 2206 9492

1995 55042 14082 1196 11110 2557 6731

1996 54033 11736 943 11107 2915 8597

1997 58314 10986 1276 13560 2941 10676

1998 61766 12384 1179 14882 3387 11605

1999 57341 11335 1352 15382 3341 7136

2000 56105 10387 1740 13918 3855 7119

2001 52033 10017 1220 15508 2886 6760

Grundlegende Veränderungen gegenüber den Vorjahren sollten nicht aus dieser Statistik abgeleitet werden können. Die Untersuchungszahlen für die Vorsorgeuntersuchung bei Be-schäftigten am Bildschirmarbeitsplatz nehmen nicht mehr weiter zu, da 5543 Erstuntersu-chungen inzwischen 9965 gemeldeten NachuntersuErstuntersu-chungen gegenüberstehen, werden die

Schwankungen wesentlich von dem Bedarf an Nachuntersuchungen bestimmt. Das gilt auch für die Vorsorgeuntersuchungen nach der Biostoffverordnung, die ganz überwiegend im Ge-sundheitsdienst durchgeführt wird. Hier stehen 1665 Erstuntersuchungen bereits 5095 Nachuntersuchungen gegenüber.

Den Vorsorgeuntersuchungen wegen einer Asbestbelastung sind noch 1498 Untersuchun-gen hinzuzurechnen, für die „nachgehende“ UntersuchunUntersuchun-gen gemeldet worden sind. Nach-gehende Untersuchungen werden für solche Personen vorgenommen, die bereits aus der Exposition ausgeschieden sind.

TEIL 3