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5 Umsetzung von Innovationen zur Gesundheitsförderung im Schulsetting

5.2 Umsetzung von Innovationen der Gesundheitsförderung in verschiedenen Settings

5.2.3 Einflussfaktoren auf Implementationen in verschiedenen Settings

Im Rahmen der Gesundheitsförderung werden bezogen auf verschiedene Settings Einflussfaktoren auf Implementation von gesundheitsfördernden Maßnahmen diskutiert. Castaneda et al. (2014) systematisieren Befunde bisheriger Studien und identifizieren vier Kernelemente der Veränderungsbereitschaft einer Organisation („organizational readiness for change“): (1) Klima, (2) Einstellungen, (3) Engagement und (4) Kapazität. Diese Kernelemente werden weiter ausdifferenziert und mit typischen Aussagen veranschaulicht:

(1) Klima („climate that facilitates change“)

Zunächst wird darauf verwiesen, dass das Klima, das Veränderung unterstützen oder behindern kann, ein wichtiger Einflussfaktor auf die Implementation ist. Beim Klima wird zwischen Gemeinde- und Organisationsklima („the degree to which the current climate of the organization facilitates positive organizational change“ [Castaneda et al., 2014, S. 11]) unterschieden. Beispiel sind Aussagen wie

„Mitarbeiter, die hier arbeiten, sind resistent gegen Veränderung“, „Hier wird man unterstützt, neue

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Techniken auszuprobieren“ oder „Man ist hier unter einem solchen Druck, seine Arbeit effizient zu machen“.

(2) Einstellungen („attitudes and current efforts toward prevention“)

Weiter werden Einstellungen der beteiligten Personen als wichtig erachtet und in drei Subdimensionen differenziert: Als erstes wird die (i) Wahrnehmung der Gründe für das Problem sowie die Konsequenzen auf die Organisation als Einflussfaktor genannt. Aussagen wie „Die Prioritäten unserer Organisation unterstützen die Innovation“ deuten darauf hin, dass die Probleme und Konsequenzen für die eigene Organisation wahrgenommen werden. Als zweites werden die (ii) Werte der Stakeholder benannt. So hat es einen Einfluss auf die Implementation, wenn der Wert und die Wichtigkeit einer Innovation wahrgenommen werden. Eine typische Aussage hier ist: „Die Innovation ist den Personen unserer Organisation wichtig“. Als drittes wird die (iii) Anstrengung, die bereits im in der Organisation unternommen wird, angeführt: „Personen in unserer Organisation sind bereit dazu, den Prozess zu unterstützen“. Hierzu zählen auch alle Aktivitäten, die zur Implementation einer Innovation beitragen.

(3) Engagement („commitment to change“)

Das dritte Kernmerkmal betrifft das Engagement der beteiligten Stakeholder und hier werden wiederum drei Subdimensionen unterschieden, wobei die (i) Veränderungshoffnung die erste davon ist. Sie beschreibt den Glauben daran, dass eine Verbesserung stattfindet und ist über Aussagen wie

„Diese Innovation wird unsere Situation verbessern“ gekennzeichnet. Weiter sollte ein (ii) Veränderungsbedarf bei den Stakeholdern wahrgenommen werden: Inwiefern sehen Mitglieder der Organisation den Bedarf einer Lösung? Laverack (2008) spricht in diesem Zusammenhang auch von einem kritisches Bewusstsein der Stakeholder. Zuletzt ist es für die Implementation einer Innovation entscheidend, inwiefern Beteiligte mit ihrem (iii) Einsatz das Implementationsvorhaben unterstützen:

„Unsere Gruppe ist sehr an der Veränderung interessiert“.

(4) Kapazität („capacity to implement change“)

Das vierte Kernmerkmal verweist auf den Aufbau von Kapazität für den Veränderungsprozess. Für eine nachhaltige Implementation stellen Rütten et al. (2016) sowohl eine Kapazitätsentwicklungs- als auch einen Adaptationsprozesse als wesentlich heraus. Unter Kapazitätsentwicklung wird der Aufbau von nachhaltigen Fähigkeiten, Ressourcen und Strukturen zur Gesundheitsförderung in einem Setting verstanden. Das sind beispielsweise die Entwicklung von Führungspersonen, die Ausbildung von organisatorischen Strukturen oder die Vernetzung mit anderen Organisationen und Akteuren. Dabei stehen der Kapazitätsaufbau und Empowerment der Stakeholder in einem engen Zusammenhang, da beide Ansätze auf die Befähigung von Stakeholdern in der Praxis zielen (Laverack, 2008). Der Aufbau

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80 von Kapazität hängt eng mit der Adaptation der Innovation zusammen. Nur eine Innovation, die sich flexibel an die jeweiligen Kontextbedingungen im Setting anpassen, werden nachhaltig implementiert werden. Für die flexible und spezifische Ausgestaltung der Innovation und Implementation bedarf es der aktiven Mitarbeit kompetenter Stakeholder vor Ort. Dazu muss Wert darauf gelegt werden, dass diese hierfür befähigt werden, um die Innovation an die spezifischen Kontextbedingungen anpassen zu können. Nur so kann auch eine Nachhaltigkeit auf organisationaler Ebene erreicht werden (Rütten et al., 2016). Aus diesem Grund ist das Ausmaß, zu welchem das gelingt, auch ein wichtiger Einflussfaktor auf eine Implementation. Laverack (2008, S. 764) bringt das für das Gemeindesetting folgendermaßen auf den Punkt:

„Gemeindekapazität beschreibt, warum manche Gemeinden mehr Kompetenzen besitzen als andere, z.B. besser darin sind, Ressourcen zu nutzen, Entscheidungsträger zu beeinflussen, und sich selbst besser organisieren und zu einem Status des Empowerment mobilisieren können, um Anliegen und Determinanten in Angriff zu nehmen, die ihre Gesundheit betreffen“.

Castaneda et al. (2014) unterscheiden fünf Subdimensionen von Kapazität: Bei den (i) Beziehungen geht es sowohl um die Beziehungen der Stakeholder untereinander und zu (externen) Experten, sowie um eine gewisse Rollenklarheit und die Vernetzungen mit anderen Akteuren; sind die Beziehungen harmonisch, klar und gut vernetzt, ist eine Implementation eher erfolgreich. Dazu gehört auch das Zugehörigkeitsgefühl der einzelnen Personen zur Gemeinschaft. Daneben wird das Merkmal der (ii) gemeinschaftlichen Wirkung und Partizipation diskutiert. Beteiligte Stakeholder sollten möglichst auf Augenhöhe an der Implementation arbeiten und erleben, nachhaltige Wirkungen zu erzeugen. Hierbei ist es förderlich, wenn die Beteiligten in der Vergangenheit z.B. bereits die Erfahrung gemacht haben, Innovationen erfolgreich zu implementieren. Als dritte wird die (iii) Führungsqualität von einzelnen Personen diskutiert. Diese Subdimension hat entscheidenden Einfluss auf das Miss- oder Gelingen einer Implementation. Unterstützt eine Führungskraft das Vorhaben, gelingt dieses wahrscheinlicher als wenn diese Unterstützung ausbleibt. Dabei sollten diese Personen z.B. auch dazu beitragen, einen Konsens in Diskussionen herzustellen und alle Stakeholder an einer Entscheidungsfindung zu beteiligen. Außerdem wird die Rolle von (iv) Ressourcen und organisatorischen Strukturen diskutiert:

Inwiefern stehen Personenkraft, Zeit, Geld und Raum für die Implementation zur Verfügung? Sind diese Ressourcen und Strukturen ausreichend vorhanden, können sie eine Implementation unterstützen und zum Gelingen beitragen. Als letzter Aspekt werden (v) Fähigkeiten und Wissen der Beteiligten genannt, die die Implementation der Innovation unterstützen können.

Castaneda et al. (2014) beschreiben diese vier Kernmerkmale unter dem Begriff der „organizational readiness for change. Obwohl alle Kernmerkmale in enger Verbindung zueinander stehen, fällt auf, dass einige der Kernmerkmale sich eher auf die Organisation an sich zu beziehen scheinen (Klima und

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Kapazität), während andere vor allem einzelne Stakeholder betreffen (Einstellungen und Engagement).

Aus diesem Grund wird in Tabelle 7, die einen Überblick über beschriebene Einflussfaktoren liefert, zwischen „organizational readiness for change“ und „individual readiness for change“ unterschieden.

Tabelle 7: Einflussfaktoren auf die Implementation von gesundheitsförderlichen Maßnahmen (in Anlehnung an Castaneda et al., 2014)

Kernmerkmal Beschreibung

organizational readiness

Klima  Organisationsklima

 Gemeinschaftsklima Kapazität  Beziehungen

 Partizipation

 Führung

 Ressourcen, Strukturen

 Fähigkeiten und Wissen

individual readiness

Einstellungen  Wahrnehmung der Gründe des Problems

 Werte

 Anstrengungsbereitschaft Engagement  Veränderungshoffnung

 Veränderungsbereitschaft

 Einsatz

Die Überlegungen zu Implementationen von Innovationen zur Gesundheitsförderung im Setting Schule komplettieren neben denen zum Erziehenden Sportunterricht, zu handlungsleitenden Kognitionen von Lehrkräften und zur sportbezogenen Gesundheitskompetenz von Schülerinnen und Schüler die theoretischen Zugänge dieser Arbeit. In dem sich anschließenden Kapitel werden die Kernergebnisse dieser Zugänge sowie Implikationen für die eigene Studie zusammengefasst.

Zusammenfassung und Implikationen für die eigene Studie

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