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7   Diskussion der Ergebnisse

7.6   Effekte des Programms (Zusammenschau)

Das BMEP wird von den Befragten am stärksten identifiziert mit dem Item „Career Management“ – „die Entwicklung und berufliche Selbstfindung (Karriere) von „High Potentials“ zu unterstützen“. Fast ebenso große Zustimmung findet das Item „das selbstständige, interdisziplinäre und kreative Denken der Teilneh-mer zu stärken“ (siehe Abbildung 16).

Die Ergebnisse der Verbleibstudie (hoher Anteil der BMEP-Teilnehmer/innen in akademischen Einrichtungen, Anteil an Fakultätsmitgliedern), verknüpft mit den Ergebnissen der Fragenblöcke zum „Persönlichen und Beruflichen Nutzen“ und den Gründen für eine BMEP-Empfehlung, zeigen in den Bereichen „Career Ma-nagement“ und „Persönliche Entwicklung“ positive und nachhaltige Effekte. Diese erzielten Effekte entsprechen der Zielstellung und der Philosophie des BMEP-Programms.

Das Item 1.15c, „den wissenschaftliche Austausch und transkulturelle ‚Two Way Bridges’ innerhalb einer Life Sciences Community zu fördern und zu etablieren“, wird fast ebenso stark mit dem BMEP verbunden. Dies gelingt auf der persönli-chen Ebene, jedoch zeigen die Ergebnisse zur Frage des „Austauschs mit BMEP-Teilnehmer/innen“, dass dies im Sinne einer aktiven Community noch nicht etab-liert ist. Die jüngeren Jahrgänge sind hier aktiver. Vielleicht kann man die hohe Zustimmungsrate zum Item 1.15c dahingehend deuten, dass die BMEP-Teilnehmer/innen sich hier ein organisiertes Angebot des BMEP bzw. der IALS wünschen.245

245 In der Vorbefragung von 2004 (n=122) gaben 76 Prozent der befragten BMEP-Teilnehmer/innen an, an einer Netzwerkteilnahme „deutlich“ oder „sehr“ interessiert zu sein; siehe Bierbaum et al. (2011), S. 40.

7.6.1 Förderung zu einem frühen Zeitpunkt

Das BMEP-Programm unterscheidet sich von Förderprogrammen der DFG dadurch, dass ein neunmonatiger Forschungsaufenthalt (Academic Year) in der Regel vor Abschluss des Studiums und prä-doctoral stattfindet. Andere Pro-gramme wie z.B. Erasmus beinhalten kürzere Laufzeiten und dienen der Qualifikation (z.B. Famulatur), jedoch nicht der Zusatzqualifikation (z.B. Basic Sciences).

Die BMEP-Teilnehmer/innen haben sich (oft) noch nicht entschieden, in welchem Berufsumfeld („kurativ“ oder „akademisch“) sie ihre Karriere bestreiten wollen.

Das BMEP wendet sich an Bewerber/innen, die ein Potenzial und eine Motivation für wissenschaftliche Tätigkeiten in der klinischen Forschung haben. Die Ergeb-nisse der Verbleibstudie und des Fragebogen zeigen, dass es gelingt, Prozesse der Laufbahn-Orientierung, Zusatzqualifikation (Basic Sciences, eigenständiges Arbeiten) mit einem hohen Nutzen für die persönliche Entwicklung und die beruf-liche Karriere zu verknüpfen. Dieser Nutzen zeigt sich unabhängig von der später eingeschlagenen Laufbahn. Ein tieferes Verständnis naturwissenschaftlicher und molekularbiologischer Methoden und Prozesse ist nicht nur förderlich im Transla-tionsprozess, sondern auch, um Innovationen in der Medizin schneller zur gängigen ambulanten und klinischen Praxis werden zu lassen.

Die Motivation, wissenschaftlich zu agieren, bildet sich sehr früh aus.246 Ziel des BMEP ist es, eine vorhandene Motivation zu erkennen und zu stärken. Dazu braucht es, wie Wilkesmann et al. (2012) fordern, einen Freiraum, der es er-laubt, sich auszuprobieren.

Fischer (2012) sieht die Rolle des Wissenschaftlers und der Wissenschaftlerin unabdingbar verbunden mit der medizinischen Grund- und Weiterbildung. „Die Vermittlung forschungsrelevanter Kompetenzen ist dabei zum Beispiel für die Literaturbewertung eine zwingende Voraussetzung. Es wäre darüber hinaus aber auch wünschenswert, möglichst vielen Medizinstudenten die Möglichkeit für eige-ne Forschungserfahrungen zu bieten und sie damit eieige-nerseits durch das eigeeige-ne forschende Tun zu einem vertiefenden Verständnis für Erkenntnisgewinn und Innovation in der Medizin und andererseits für eine akademische Karriere zu be-geistern“.247

Das BMEP bietet beides. Es ist ein Angebot für einen solchen Freiraum, und die anreizstärkende Wirkung der Teilnahme zeigt sich in der überdurchschnittlich häufigen Wahl einer akademischen Laufbahn und der positiven Rückmeldung der Befragten hinsichtlich der Frage „Anstoß zum wissenschaftlichen Arbeiten“. Auch die hohe Promotionsrate ist hier ein Indikator.

Die zurückgehenden Bewerberzahlen im BMEP sind ein Hinweis darauf, dass in den modulhaften und stark strukturierten Modellstudiengängen in der Medizin zeitliche Freiräume weniger vorhanden oder vorgesehen sind, um ein solches Programm zu absolvieren.

Zwei Programme, die Forschungserfahrung (NIH-Fellowship-Programm) während des Medizinstudiums anbieten, gibt es am University of Tennessee Health Sci-ence Center und an der Vanderbilt University. Diese Programme sind im Rahmen einer Studie von Solomon et al. (2003) auf den Einfluss auf die Karrieren der Programmteilnehmer/innen hin untersucht worden.

246 Rheinsberg et al. (2007), S. 3 ff.; siehe auch Loos et al. (2014), S. 104.

247 Fischer (2012), S. 325.

139 Solomon et al. stellen fest, dass die Bereitschaft, eine akademische Karriere an-zugehen, durch die Programmteilnahme gesteigert wurde (72 Prozent der Befragten geben ein höheres Interesse an Forschung an als vor der Programm-teilnahme).248

46 Prozent der befragten Programmteilnehmer/innen arbeiten im Zeitraum der Erhebung im Berufsumfeld „Akademische Einrichtungen“ („currently in academic medicine“), und 65 Prozent haben zeitweise in Forschungsprojekten nach der Programmteilnahme gearbeitet.249

„Long term follow-ups showed that respondents in the Vanderbilt program were twice as likely to be faculty members of medical school than their classmates.“250 Solomon et al. empfehlen das untersuchte Fellowship-Programm als geeignete Maßnahme, um wieder mehr Student/innen für einen Karriereweg als Clinical Scientist zu gewinnen.251

Die Studie von Soloman et al. zeigt ähnliche Ergebnisse wie die vorliegende Stu-die. Die Ergebnisse des BMEP-Programms sind ein gutes Argument dafür, mit der Förderung und Aktivierung wissenschaftlichen Nachwuchses innerhalb des Studi-ums zu beginnen.

Es werden neben Student/innen, die schon eine wissenschaftliche Laufbahn im Auge haben, auch solche angesprochen, bei denen eine Neigung zu forschen vorhanden, eine akademische Laufbahn jedoch noch nicht im Fokus ist. Die ho-hen Rankings beim Item „Anstoß zum wissenschaftlicho-hen Arbeiten“ gerade derjenigen BMEP-Teilnehmer/innen, die eine akademische Karriere einschlagen, sind ein starker Hinweis auf die motivierende Wirkung des BMEP-Programms – gerade auch deshalb, weil die BMEP-Teilnehmer/innen in den USA eine Praxis erleben, in der Forschung, Lehre und Patientenbetreuung gut verknüpft sind und gestalterische Spielräume in der Forschung auch schon den „Fellows“ zur Verfü-gung gestellt werden.

7.6.2 Erfahrungen im interkulturellen Spannungsfeld

Ein Forschungsaufenthalt in einem interkulturellen Spannungsfeld erlaubt das Erleben, den Vergleich und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Stu-dien- und Berufskulturen. Diese Erfahrungsmöglichkeit wurde auch von 27 Befragten als Begründung für die Empfehlung angeführt.

Das US-amerikanische medizinische Ausbildungssystem wurde in Teilen deutlich besser bewertet als das deutsche System, während das deutsche Gesundheits-system insgesamt besser abschneidet, insbesondere in der Frage der „gleiche(n) Behandlung, unabhängig vom sozialen Status“. Gleichzeitig werden Karriere–

chancen und Arbeitsbedingungen in den USA besser eingeschätzt als in Deutsch-land. Jedoch sind die soziokulturellen Bezüge, neben der Bindung an die Familie, ein wichtiges Kriterium bei der Wahl des Lebensmittelpunkts.

Im interkulturellen Spannungsfeld, dem Erleben und dem Vergleich unterschied-licher Kulturen auf verschiedenen Ebenen, vollzieht sich die Wahl des Lebensmittelpunkts nicht nur anhand vorhandener Forschungs-, Karriere- und Arbeitsbedingungen, sondern eben auch anhand gesellschaftlicher, wertorientier-ter (siehe „gleiche Behandlung unabhängig vom sozialen Status“) Gegebenheiten

248 Soloman et al. (2003), S. 154.

249 Ebenda, S. 154.

250 Ebenda.

251 Ebenda.

und des privaten Bezugs. Für die meisten Befragten sind die zuletzt genannten Faktoren wichtiger.

Diese Erfahrungen der Teilnahme ermöglichen einen „Best Practice“-Transfer in die Strukturen der Arbeitswelt des Heimatlandes, jedoch nur, wenn diese Struk-turen solche Veränderungsprozesse zulassen.

Das BMEP-Programm aktiviert auch solche „Advanced Students“, die durch die postgraduellen und postdoktoralen Stipendienprogramme der DFG nicht erfasst werden. Diese Programme sind projektorientiert strukturiert,252 das BMEP folgt einem potenzialorientierten Ansatz eines „Career Developments“ und „Mento-rings“. Beim BMEP steht die persönliche und wissenschaftliche Entwicklung im Fokus. Gerade das wenig formalisierte Auswahlverfahren (z.B. geringe Rolle der Vornoten) erlaubt eine Potenzialorientierung, die neben fachlichen Fähigkeiten soziale Kompetenzen und persönliche Motivation berücksichtigt. Die Grundlage des BMEP-Programms ist Vertrauen und offen kommuniziertes Zutrauen in das Potenzial und die Motivation der ausgesuchten Bewerber/innen. Ein BMEP-Teilnehmer drückt dies folgendermaßen in seiner Empfehlung aus:

„Individuelle Erfahrung und eigene Ideen einzubringen – Stärke ist, dass es keine Vorgaben gibt wie der Output ist - das sollte auch so bleiben!“253

Dazu gehört auch, dass keine definierten Projektziele (wie z.B. Promotionsent-wurf) verlangt werden. Es wird jedoch von den Teilnehmer/innen erwartet, dass sie den Freiraum nutzen, wissenschaftlich zu arbeiten und sich zu qualifizieren.

Feedbackpunkt für diese „Erwartung“ ist die jährliche „Students Conference“, bei der die Teilnehmer/innen ihre Forschungsergebnisse vor einem fachkundigen Publikum präsentieren.

Dieses oben beschriebene Zutrauen ermöglicht es den Teilnehmer/innen, sub-stanzielle Erfahrungen zu sammeln, die nur in einem interkulturellen Spannungsfeld generierbar sind. Gemeint sind hier die Unterschiede, die einen Unterschied zum Studienalltag ausmachen, nämlich eine andere Berufs- und Ar-beitskultur zu erfahren und gleichzeitig den Fokus auf die Wissenschaft zu richten, in einem Freiraum selbstverantwortlich zu arbeiten und sich gleichzeitig mit einer Gesellschaft auseinanderzusetzen, die andere Werteschwerpunkte setzt.

Das Studium an einer Universität allein kann dies nicht leisten.