6.1. Überwachungsverfahren
Der Art 29 CPED sieht vor, dass der Ausschuss die Vertragsstaaten bezüglich der Umsetzung des Übereinkommens überwacht. Die Vertragsstaaten sind demnach verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der UN‐Konvention, einen Bericht über die Umsetzung in den jeweiligen Staaten vorzulegen. Die Übermittlung dieses Berichts erfolgt über den UN‐Generalsekretär an den Ausschuss und somit erhalten auch die anderen Vertragsstaaten die Möglichkeit, Einsicht in den Umsetzungsbericht der anderen Staaten zu nehmen. Die CED prüft den Bericht nach dessen Einlangen und kann dazu Bemerkungen, Stellungnahmen oder Empfehlungen abgeben, worauf die Staaten reagieren können. Der Ausschuss kann zusätzlich auch noch weitere Auskünfte vom Staat verlangen, um einen umfangreichen Einblick in die Umsetzungstechnik der jeweiligen Staaten zu erhalten.225
6.2. Beschwerdeverfahren
In Art 30 bis Art 34 CPED sind die unterschiedlichen Beschwerdemöglichkeiten der UN‐Konvention normiert. Die UN‐Konvention statuierte neben den obligatorischen Beschwerdeverfahren auch die Möglichkeit, fakultative Beschwerdeverfahren anzuerkennen.
6.2.1. Individueller Antrag auf ein Beschwerdeverfahren – Art 30 CPED
Art 30 CPED ermöglicht ein Beschwerdeverfahren aufgrund eines individuellen Antrags. Ob es sich bei dem Antragssteller um einen Verwandten, seinem gesetzlichen Vertreter, seinem Rechtsbeistand oder einer anderen beauftragten Person handelt, ist irrelevant. Entscheidend ist nur, ob diese Person ein berechtigtes Interesse hat einen Suchantrag zu stellen. Die CED überprüft den Antrag und beurteilt insbesondere, ob die Voraussetzungen für ein Suchverfahren erfüllt sind. Infolgedessen ersucht der Ausschuss den betroffenen Vertragsstaat alle möglichen Maßnahmen einzuleiten, um
225Vgl Art 29 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006);
Vgl Deutscher Bundestag, Gesetzesentwurf der Bundesregierung, 39,
<http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/125/1612592.pdf> (07.07.2014);
Vgl Hummer/Mayr‐Singer, in Vereinte Nationen 183 (188).
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den Verschwundenen nach Maßgabe des Übereinkommens zu finden. Jedoch ist es dem Ausschuss in einem Beschwerdeverfahren gem Art 30 CPED nur möglich Empfehlungen auszusprechen und keine durchsetzbaren Anordnungen zu erlassen.
Während der Suche nach dem Verschwundenen agiert der Ausschuss als Vermittler zwischen Vertragsstaat und Antragssteller und bemüht sich mit dem betroffenen Staat zusammenzuarbeiten.226
6.2.2. Fakultative Individualbeschwerde – Art 31 CPED
Art 31 CPED sieht eine „fakultativ ausgestaltete Individualbeschwerde“227 vor. Dies bedeutet, dass der Vertragsstaat freiwillig die „Zuständigkeit des Ausschusses zur Entgegennahme und Prüfung von Mitteilungen einzelner Personen oder im Namen einzelner Personen anerkennt“228 Auch in diesem Fall müssen bestimmte Vorrausetzungen erfüllt sein, damit der Ausschuss die Meldung des Falles über das Verschwindenlassens einer Person für gültig ansieht. Beispielsweise darf der Antrag nicht von einer anonymen Quelle stammen, missbräuchlich eingereicht werden sowie dem Übereinkommen entgegenstehen, der innerstaatliche Rechtsweg muss bereits erschöpft sein und der Fall darf keinem anderen Organ zur Suche bzw als Fall vorliegen (Art 31 Abs 2 lit a– d CPED). Erfüllt der Antrag die erforderten Vorrausetzungen, wird dieser dem betroffenen Staat mit der Bitte, in angemessener Frist auf den Fall zu reagieren, übermittelt.229 Art 31 Abs 4 CPED sieht zusätzliche Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Rechte des Opfers vor, um nicht‐wiedergutzumachende Schäden zu vermeiden. Entsprechend kann eine Anfrage auf sofortige Prüfung an den Vertragsstaat gestellt werden. Mit einer solchen Anfrage des Ausschusses allerdings ist
„keine Entscheidung über die Zulässigkeit oder in der Sache selbst“230 getroffen. Die CED entscheidet in diesen Fällen in nicht‐öffentlichen Sitzungen, informiert allerdings den Antragsteller der fakultativen Individualbeschwerde über die Reaktion des Staates.
226Vgl Art 30 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006);
Vgl Deutscher Bundestag, Gesetzesentwurf der Bundesregierung, 39,
<http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/125/1612592.pdf> (07.07.2014);
Vgl Heinz, Essay No. 8, 10,
<http://www.institut‐fuer‐menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Essay/essay_no_8_das_n eue_int_uebereinkommen_z_schutz_aller_personen_vor_dem_verschwindenlassen.pdf> (07.07.2014).
227Hummer/Mayr‐Singer in Vereinte Nationen 183 (189).
228Art 31 Abs 1 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006).
229Art 31 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006);
Vgl Hummer/Mayr‐Singer in Vereinte Nationen –183 (189).
230Art 30 Abs 4 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006).
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Über die Beendigung des Verfahrens müssen sowohl Antragssteller als auch Vertragsstaat in Kenntnis gesetzt werden.231
6.2.3. Fakultative Staatenbeschwerde – Art 32 CPED
Art 32 CPED sieht eine „fakultative Staatenbeschwerde“232 vor. Die Vertragsstaaten können sich optional und jederzeit der Zuständigkeit des Ausschusses zur Entgegennahme und Prüfung von Beschwerden anderer Staaten unterwerfen. Dies ist der Fall, wenn ein Staat behauptet, dass ein anderer Staat gegen die Verpflichtungen der UN‐Konvention verstoßen würde. Hat sich der Staat nicht freiwillig dieser Zuständigkeit unterworfen, ist es diesem Staat weder möglich eine solche Beschwerde vorzubringen, noch durch eine solche Beschwerde beanstandet zu werden.233
6.2.4. Obligatorisches Beschwerdeverfahren – Art 33 CPED
Der Ausschuss wird ohne fakultative Beschwerde obligatorisch tätig, wenn zuverlässige Informationen vorliegen, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen die UN‐Konvention beweisen. Art 33 CPED besagt, dass in solchen Fällen ein obligatorischer Besuch in den betroffenen Staat von einen oder mehreren Ausschuss‐
Mitgliedern durchzuführen ist.234 Der betroffene Staat wird über den Besuch und dessen Zweck schriftlich in Kenntnis gesetzt und dazu aufgefordert in angemessener Frist auf diese Mitteilung zu reagieren. Stimmt der Staat einem Besuch zu, verpflichtet er sich dadurch mit dem Ausschuss in jeglicher Hinsicht zu kooperieren und alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Ausschuss bei ihren Aufgaben zu unterstützen.235 Die Delegation des Ausschusses erstattet unverzüglich Bericht über die Lage des betroffenen Staates und spricht nach dem Besuch entsprechende Stellungnahmen und Empfehlungen aus.236
231Vgl Art 30 Abs 5 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006).
232Hummer/Mayr‐Singer in Vereinte Nationen 183 (189).
233Vgl Art 32 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006);
Vgl Hummer/Mayr‐Singer in Vereinte Nationen 183 (189).
234Vgl Crawshaw/Holmström, Essential Texts on Human Rights for the Police (2008). 20.
235Vgl Art 32 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006);
Vgl Deutscher Bundestag, Gesetzesentwurf der Bundesregierung, 40,
<http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/125/1612592.pdf> (07.07.2014);
Vgl Hummer/Mayr‐Singer in Vereinte Nationen 183 (189).
236Vgl Art 33 Abs 5 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006).
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6.2.5. Schwerwiegende, systematische, ausgedehnte Verletzungen – Art 34 CPED
Bei Hinweisen auf eine „ausgedehnte oder systematische Praxis des Verschwindenlassens“237 in einem „Gebiet, über das ein Vertragsstaat Hoheitsgewalt ausübt“238 kann der Ausschuss, nachdem er alle entsprechenden Informationen vom betroffenen Staat erhalten hat, über den UN‐Generalsekretär die UN‐
Generalversammlung über diese dringliche Angelegenheit informieren.
Der Art 34 CPED kann ohne Unterwerfungserklärung der Staaten bezüglich der Zuständigkeit des Ausschusses angewendet werden. Es handelt sich bei diesen Fällen um schwerwiegende, systematische bzw ausgedehnte Verletzungen des Übereinkommens.239
6.3. Zuständigkeit des CED für Fälle des Verschwindenlassens
Die „fakultativen Beschwerdeverfahren“ und „obligatorischen Beschwerdeverfahren“240 können vom Ausschuss nur geahndet werden, wenn der entsprechende Fall des Verschwindenlassens nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens begonnen hat, auch wenn der Staat erst zu einem späteren Zeitpunkt Vertragspartner wird.241 Dieses Rückwirkungsverbot grenzt somit die Zuständigkeit des Ausschusses zeitlich ein.242 Die UN‐Konvention ist am 23.10.2010 in Kraft getreten und somit sind nur jene Fälle strafbar, die nach diesem Tag begangen
wurden.243
237Art 34 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006).
238Art 34 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006).
239 Vgl Art 34 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006);
Vgl Deutscher Bundestag, Gesetzesentwurf der Bundesregierung, 40,
<http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/125/1612592.pdf> (07.07.2014).
240Hummer/Mayr‐Singer in Vereinte Nationen 183 (189).
241Art 35 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006).
242Vgl Hummer/Mayr‐Singe in Vereinte Nationen 183 (189).
243Vgl Amnesty International Schweiz, Die UNO‐Konvention zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen tritt in Kraft, 23.10.2010,
<http://www.amnesty.ch/de/themen/menschenrechte/dok/2010/konvention‐schutz‐vor‐verschwindenlassen‐
in‐kraft> (07.07.2014);
Vgl Art 39 Internationales Übereinkommen zum Schutz vor Verschwindenlassen (2006).
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