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4.1 Das Split-Doa10: ein natürlich gesplittetes Doa10 Ortholog in der Milchhefe

4.1.3 Das Split-Doa10 stellt in K. lactis eine funktionelle Doa10 E3-Ligase dar 134

4.1.3.4 Die subzelluläre Lokalisation des Split-KlDoa10

Die nachgewiesene Degradation der ScDoa10 Modellsubstrate durch Split-KlDoa10 lieferte ebenfalls erste Anhaltspunkte für die subzelluläre Lokalisierung des Split-KlDoa10. Es kann davon ausgegangen werden, dass zur Degradation dieser cytosolisch und nukleär lokalisierten Substrate Split-KlDoa10 ebenso wie ScDoa10 sowohl in der

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ER-Membran als auch in der Inneren Nukleus-Membran lokalisiert sein muss (Deng &

Hochstrasser 2006). Die ausschließlich integrale Membranlokalisation des Split-KlDoa10 konnte eindeutig durch einen Fraktionierungs- und Solubilisierungsassay nachgewiesen werden (Abb. 3.1.5). Mittels konfokaler Fluoreszenz-Mikroskopie wurde versucht, die genaue subzelluläre Lokalisation des Split-KlDoa10 innerhalb der K. lactis Zelle auszumachen (Daten nicht gezeigt). Aufgrund des direkten Übergangs der ER-Membran in die Nukleus-ER-Membran ist es generell schwer, mittels konfokaler Fluoreszenz-Mikroskopie in Hefen zu unterscheiden, ob ein Membranprotein ausschließlich in der ER-Membran oder in der Nukleus-Membran lokalisiert ist. Eine Differenzierung zwischen der Lokalisation in der Inneren oder Äußeren Nukleus-Membran ist nahezu unmöglich. Im Fall von K. lactis Zellen kommt erschwerend hinzu, dass K. lactis Zellen im Vergleich zu S. cerevisiae von sehr viel geringerer Größe sind (Rodicio & Heinisch 2013). So erwies sich die konfokale Fluoreszenz-Mikroskopie von K. lactis Zellen als äußerst schwierig und ließ keine Rückschlüsse auf eine genaue subzelluläre Lokalisation des Split-KlDoa10 zu. Eine eindeutige subzelluläre Lokalisierung des Split-KlDoa10 könnte mittels Immun-Elektronenmikroskopie (mit Goldpartikeln) bestimmt werden.

4.1.3.5 Der Doa10 E3-Ligasekomplex in K. lactis

Die nachgewiesene Degradation der Deg1 und CL1 Degron-Fusionsproteine durch Split-KlDoa10 legt nahe, dass die Split-KlDoa10 E3-Ligase zur Ausübung ihrer Doa10 E3-Ligaseaktivität sehr wahrscheinlich auf dieselben Co-Faktoren angewiesen ist wie die ScDoa10 E3-Ligase. Die Doa10 E3-Ligase in S. cerevisiae benötigt zur Ubiquitinierung all ihrer Substrate die beiden E2-Enzyme Ubc6 und Ubc7 sowie Cue1, den Membranrekrutierungsfaktor und Aktivator von Ubc7 (Chen et al. 1993; Swanson et al. 2001; Huyer et al. 2004; Carvalho et al. 2006; Ravid et al. 2006). Neben diesen essentiellen Co-Faktoren ist zur effizienten Degradation von membranständigen Substraten das Transmembranprotein Ubx2 erforderlich, welches den Cdc48-Ufd1-Npl4 Komplex zu der Membran in die Nähe des Doa10 E3-Ligasekomplexes rekrutiert (Neuber et al. 2005; Schuberth & Buchberger 2005; Carvalho et al. 2006; Ravid et al.

2006). Darüber hinaus ist der Doa10 E3-Ligasekomplex bei der Degradation mancher Substrate auf die Hilfe von Hsp70 und Hsp40 Chaperonen angewiesen (Metzger et al.

2008; Nakatsukasa et al. 2008).

Mittels einer BLAST-Suche (blastp) in der GenBank Datenbank (NCBI) konnten in K.

lactis Orthologe aller Komponenten des ScDoa10 E3-Ligasekomplexes gefunden werden (Abb. 4.1.2). Mit Ausnahme von Ubx2 weisen die Orthologe der Komponenten des Doa10 E3-Ligasekomplexes in K. lactis erstaunlicherweise eine extrem hohe Homologie zu den jeweiligen Komponenten des ScDoa10 Komplexes auf (Abb. 4.1.2).

Dies liefert für die beobachtete Komplementation der Doa10 E3-Ligasaktivität in S.

cerevisiae durch Split-KlDoa10 eine plausible Erklärung: Aufgrund der hohen Homologie der Komponenten des Doa10 E3-Ligasekomplexes in S. cerevisiae und in K.

lactis kann Split-KlDoa10 sehr wahrscheinlich die Ubiquitinierung und Degradation der

ScDoa10 Modellsubstrate in S. cerevisiae mit Hilfe der Komponenten des ScDoa10 Komplexes effizient ausführen.

Protein Kennung in GenBank (NCBI) Ähnlichkeit zu Ortholog in S. cerevisiae [%]

Split-KlDoa10

Nt: KLLA0F27709g Ct: KLLA0F27687g

Nt: 39%

Ct: 35%

KlUbc6 KLLA0E20493g 59%

KlUbc7 KLLA0E07745g 82%

KlCue1 KLLA0E11165g 46%

KlCdc48 KLLA0F05676g 88%

KlUfd1 KLLA0C02475g 70%

KlNpl4 KLLA0E24575g 62%

KlUbx2 KLLA0B01001g 35%

Abbildung 4.1.2: Orthologe Komponenten des Doa10 E3-Ligasekomplexes in K. lactis. Neben dem Proteinnamen ist die Kennung des K. lactis Proteins in der GenBank Datenbank (NCBI) und seine durch BLAST ermittelte Ähnlichkeit [%] zum jeweiligen Ortholog in S. cerevisiae angegeben.

Es ist anzunehmen, dass auch in K. lactis die Split-KlDoa10 E3-Ligase mit den beiden E2s KlUbc6 und KlUbc7 sowie KlCue1 einen funktionellen Multiproteinkomplex bildet und zusammen mit ihnen die Ubiquitinierung und Degradation ihrer Substrate vermittelt. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die K. lactis Orthologe sich in ihrer Funktion von den Komponenten des ScDoa10 Komplexes zum Teil unterscheiden. Fraglich bleibt, ob Split-KlDoa10 in gleichem Maße wie ScDoa10 auf dieselben Co-Faktoren angewiesen ist und ob es für seine Doa10 E3-Ligaseaktivität tatsächlich zwei E2-Enzyme wie ScDoa10 benötigt. Zur Identifikation und Verifizierung der Komponenten eines orthologen Doa10 E3-Ligasekomplexes in K.

lactis könnte eine Immunpräzipitation des Split-KlDoa10 mit nachfolgender massenspektrometrischer Analyse der co-immunpräzipierenden Proteine beitragen.

4.1.4 Das Split-Doa10 ist ein charakteristisches Merkmal des Genus Kluyveromyces Die Mehrheit eukaryotischer Organismen exprimiert das Doa10 Protein aller Wahrscheinlichkeit nach wie S. cerevisiae als ein großes einzelnes Polypeptid (Abb.

3.1.10 A.; Kreft & Hochstrasser 2011). Es wird deshalb davon ausgegangen, dass der letzte gemeinsame Vorfahre der Eukaryoten (LECA) ebenfalls Doa10 in Form eines Polypeptids exprimierte (Kreft & Hochstrasser 2011). Mit der Entdeckung des Split-Doa10 in K. lactis stellte sich daher die wichtige Frage, wann genau sich die Teilung des DOA10 ORFs innerhalb der Evolution der Ascomyceten ereignete. Aufgrund der Existenz eines durchgehenden DOA10 ORFs in fast allen Genera der Familie der

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Saccharomycotina scheint die Teilung des DOA10 ORFs evolutionär relativ jung zu sein und in einem unmittelbaren K. lactis Vorfahren erfolgt zu sein (Abb. 3.1.10 A.).

Das Genus Kluyveromyces umfasst derzeit die sechs Spezies K. lactis, K. marxianus, K.

aestuarii, K. wickerhamii, K. dobzhanskii und K. nonfermentas (Abb. 3.1.10 A.) (Kurtzman 2003; Lachance 2007). Außer für K. nonfermentas sind die vollständigen Sequenzen der DOA10 Loci der fünf anderen Kluyveromyces Spezies bereits verfügbar oder konnten durch Sequenzierung ermittelt werden (Dujon et al. 2004; Baker et al.

2011; Stuerner et al. 2012). Die vergleichende Sequenzanalyse der DOA10 Loci dieser fünf Kluyveromyces Spezies ergab, dass alle untersuchten Kluyveromyces Spezies in ihrem DOA10 Locus eine IVS enthalten (Abb. 3.1.10 B.). Mittels eines Northern Blots und eines Reporterassays konnte wie für die K. lactis IVS Sequenz auch für die IVS Sequenz des DOA10 Locus in Kluyveromyces marxianus eine Promotoraktivität nachgewiesen werden (Abb. 3.1.11 A. - C.). Es kann davon ausgegangen werden, dass sehr wahrscheinlich auch die IVS Sequenzen der anderen Kluyveromyces Spezies Promotoraktivität besitzen und damit die Expression des jeweiligen Ct-ORFs garantieren. Die Expression eines Split-Doa10 ist damit ausschließlich im Genus Kluyveromyces gegeben und stellt ein charakteristisches Merkmal dieses Genus dar.

Aufgrund dieser Resultate kann die Teilung des DOA10 ORFs auf das Genus Kluyveromyces in der Familie der Saccharomycotina zurückverfolgt werden. Mögliche Mechanismen dieser natürlichen Genteilung werden nachfolgend im Abschnitt 4.1.6 diskutiert.

Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse der vergleichenden Sequenzanalyse der DOA10 Loci der Kluyveromyces Spezies erweisen sich zwei Beobachtungen als besonders interessant: Zum einen unterscheiden sich die IVS Sequenzen der verschiedenen Kluyveromyces Spezies nicht nur in ihrer Länge merklich voneinander, sondern auch in ihrer Sequenz (Abb. 3.1.10 B.). Im Gegensatz zu den Sequenzen des Nt-ORFs und des Ct-ORFs konnte nicht ohne weiteres ein Alignment der IVS Sequenzen der verschiedenen Kluyveromyces Spezies erstellt werden; zudem konnten auch keine gemeinsame Motive zwischen den verschiedenen IVS Sequenzen identifiziert werden (Daten: Stefan Kreft; Stuerner et al. 2012). Dies weist daraufhin, dass auf die Primärsequenz der IVS kein starker evolutionärer Druck zu wirken scheint.

Zum anderen unterscheidet sich die Länge der Kluyveromyces DOA10 Loci (Nt-ORF und Ct-ORF inklusive IVS) nicht groß von der Länge des durchgehenden DOA10 ORF in S. cerevisiae (Abb. 3.1.10 B.). Diese Beobachtung könnte helfen, einen Mechanismus für die DOA10 Genteilung zu postulieren (siehe Abschnitt 4.1.6).

4.1.5 Potentielle Vorteile eines gesplitteten Doa10 Orthologs in K. lactis

In Anbetracht der Teilung des DOA10 ORFs und damit der wahrscheinlich einheitlichen Expression eines Split-Doa10 in allen Spezies des Genus Kluyveromyces lag die Frage nahe, ob die Expression des Doa10 Proteins in Form von zwei Untereinheiten gegenüber der Expression in Form von einem großen Polypeptid irgendeinen

Selektionsvorteil bietet. Dieser Selektionsvorteil könnte darin bestehen, dass die Expression in Form von zwei Polypeptiden eine physiologische Funktion haben könnte.

Bevor jedoch potentielle physiologische Funktionen der Expression des Doa10 Proteins in Form von zwei Polypeptiden im Detail diskutiert werden, ist es besonders wichtig, auch die Möglichkeit nicht außer Acht zu lassen, dass die Teilung des DOA10 ORFs im Genus Kluyveromyces ein evolutionäres Ereignis darstellen könnte, das in der Evolution keinen selektiven Wert hatte und während der Diversifikation in die verschiedenen Kluyveromyces Spezies bestehen blieb.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden folgende zwei potentielle physiologische Funktionen der Teilung des Doa10 Proteins in K. lactis in Erwägung und näher in Betracht gezogen:

Einerseits könnte die Expression von zwei mRNAs vom DOA10 Locus eine differenziertere Regulation der Doa10 E3-Ligaseaktivität des Split-KlDoa10 erlauben (Abschnitt 3.1.7.1). Andererseits könnten die einzelnen Fragmente des Split-KlDoa10 unabhängig von ihrer gemeinsamen Funktion als Doa10 E3-Ligase zusätzliche, individuelle Funktionen wahrnehmen (Abschnitt 3.1.7.2).

4.1.5.1 Eine differenziertere Regulation der Doa10 E3-Ligaseaktivität als Vorteil des Splits?

Eine differenziertere Regulation der Doa10 E3-Ligaseaktivität des Split-KlDoa10 könnte mitunter durch Regulation der Expression, d.h. der Regulation des mRNA-Levels oder des Proteinlevels, eines der beiden Fragmente des Split-KlDoa10 erreicht werden. In der Log-Phase ist anscheinend das Proteinlevel des Nt-Fragments ~5-10fach höher als das des Ct-Fragments (vgl. Abschnitt 3.1.1 und Abschnitt 4.1.2.3). Unter entsprechenden Bedingungen könnte daher beispielsweise eine verminderte oder erhöhte Doa10 E3-Ligaseaktivität durch die veränderte Expression oder Stabilität des potentiell geringer exprimierten Ct-Fragments bewirkt werden. Es bestand eine gewisse Hoffnung, erste Hinweise auf eine potentielle Regulation der Doa10 E3-Ligaseaktivität durch eine veränderte Expression mittels einer Analyse des relativen Expressionsverhältnisses der beiden Split-KlDoa10 in verschiedenen Wachstumsphasen oder unter Stress zu erlangen (Abschnitt 3.1.7.1). Weder in unterschiedlichen Wachstumsphasen noch unter durch DTT verursachtem ER-Stress konnte jedoch eine starke Veränderung dieses relativen Expressionsverhältnisses der beiden Fragmente beobachtet werden (Abb. 3.1.12 A. und B.). Auch unter weiteren Stressbedingungen (z.B. Ethanol) blieb das relative Expressionsverhältnis der beiden Split-KlDoa10 Fragmente unverändert (Daten nicht gezeigt). In Anbetracht der geringen Anzahl der getesteten Wachstums- und Stressbedingungen kann nicht generell ausgeschlossen werden, dass eine Regulation der Doa10 E3-Ligaseaktivität des Split-KlDoa10 durch eine veränderte Expression eines der beiden Fragmente unter bestimmten Bedingungen stattfindet. Dennoch wird diese Möglichkeit der Regulation der Doa10 E3-Ligaseaktivität aufgrund der aktuellen Datenlage als eher unwahrscheinlich angesehen.

Eine weitere, wesentlich plausiblere Möglichkeit der Regulation der Doa10 Ligaseaktivität des Split-KlDoa10 wäre die Kontrolle der für die Doa10

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Ligaseaktivität essentiellen Interaktion der beiden Split-KlDoa10 Fragmente. Unter bestimmten Bedingungen könnte beispielsweise die Interaktion der beiden Fragmente durch die post-translationale Modifikation (z.B. Phosphorylierung oder Acetylierung;

Modifikation mit einem Ubiquitin-ähnlichen Protein) eines der beiden Fragmente oder durch die nicht-kovalente Bindung eines anderen Proteins durch eines der beiden Fragmente moduliert werden (Gavin et al. 2002; Seet et al. 2006; Yachie et al. 2011;

De Las Rivas & Fontanillo 2012; Lu et al. 2013; Nishi et al. 2013; Duan & Walther 2015). Die unter bestimmten Bedingungen möglicherweise veränderte Interaktion der beiden Split-KlDoa10 Fragmente könnte dabei durch ein Co-Immunpräzipitation-Experiment aufgezeigt werden.

4.1.5.2 Zusätzliche individuelle Funktionen der beiden Split-KlDoa10 Fragmente als Vorteil des Splits?

Eine zweite hypothetische Funktion der Expression des K. lactis Doa10 in Form von zwei Untereinheiten könnte eine zusätzliche, individuelle Funktion eines oder beider Fragmente des Split-KlDoa10 in der K. lactis Zelle sein. Abgesehen von ihrer gemeinsamen Funktion als Doa10 E3-Ligase könnten die beiden Split-KlDoa10 Fragmente für sich allein oder in Assoziation mit einem anderen Protein eine zusätzliche Aufgabe in verschiedensten zellulären Prozessen erfüllen. Das Nt-Fragment des Split-KlDoa10 könnte dabei aufgrund seiner N-terminal lokalisierten RING-CH Domäne für sich allein eine E3-Ligase darstellen, deren Substrate sich von den Substraten der Split-KlDoa10 E3-Ligase unterscheiden. Das Ct-Fragment mit seinen 12-14 TMs könnte hingegen als Kanal oder Pore eine zusätzliche individuelle Funktion übernehmen.

Die Hypothese einer individuellen Funktion der beiden Split-KlDoa10 Fragmente wird dabei durch die Tatsache unterstützt, dass sowohl das N-terminale Fragment als auch das C-terminale Fragment des Split-KlDoa10 in Abwesenheit des jeweiligen Partnerfragments metabolisch stabil (Abb. 3.1.14 A. und B.; Abb. 3.1.9 A. und B.) und korrekt in die Membran inseriert sind (Abb. 3.1.13 A. und B.). Dies bedeutet, dass wahrscheinlich keines der beiden Split-KlDoa10 Fragmente in seiner Biogenese, seiner Faltung und seiner Membraninsertion auf das jeweilig andere Fragment angewiesen ist und daher auch durchaus für sich allein ein funktionales Protein darstellen könnte.

Insbesondere die postulierte E3-Ligasefunktion des Nt-Fragments erhält durch zwei Beobachtungen eine gewisse Berechtigung: Zum einen liegt das Nt-Fragment in K.

lactis im Vergleich zum Ct-Fragment zunächst vielleicht bloß scheinbar im Überschuss vor; es wäre nämlich denkbar, dass eine Subpopulation des Nt-Fragments unabhängig von dem Ct-Fragment als E3-Ligase fungieren könnte (vgl. Abschnitt 4.1.2.3). Zum anderen ähnelt das Nt-Fragment in seiner „RING-CH+2TMs“ Topologie interessanterweise stark den meisten Mitgliedern der Familie der MARCH (Membrane Associated RING-CH) E3-Ligasen (Bartee et al. 2004; Wang et al. 2008; Nathan &

Lehner 2009). Die Familie der MARCH Proteine umfasst derzeit neben viralen E3-Ligasen wie z.B. K3 und K5 des Kaposi-Sarkom-assoziierten Herpesvirus oder mK3

des murinen γ-Herpersvirus auch 11 humane E3-Ligasen (Bartee et al. 2004; Wang et al. 2008; Nathan & Lehner 2009). Die viralen und sieben der humanen MARCH E3-Ligasen, nämlich MARCH1-4,8,9,11, verfügen über die „RING-CH+2TMs“ Topologie des Nt-Fragments, in der einer N-terminalen RING-CH Domäne zwei TMs und eine cytoplasmatische C-terminale Region folgen („2TMs“ MARCH Proteine) (Bartee et al.

2004; Wang et al. 2008; Nathan & Lehner 2009). Zu den humanen MARCH E3-Ligasen zählt auch das humane Doa10 Ortholog TEB4 oder MARCH6, das jedoch 14 TMs besitzt (Hassink et al. 2005; Kreft et al. 2006). Die genaue Funktion und insbesondere das endogene Substratspektrum der humanen MARCH E3-Ligasen wurden in den letzten Jahren intensiv erforscht; dabei konnte gezeigt werden, dass viele der humanen MARCH E3-Ligasen in die Regulation der Expression von immunregulatorischen Oberflächenrezeptoren der Plasmamembran (z.B. MHC II) involviert sind (Goto et al. 2003; Bartee et al. 2004; Ohmura-Hoshino et al. 2006;

Matsuki et al. 2007; Morokuma et al. 2007; De Gassart et al. 2008; Hor et al. 2009;

Baravalle et al. 2011; Jahnke et al. 2013; van de Kooij et al. 2013). In Hinblick auf die Ergebnisse der Analyse des Split-KlDoa10 ließe sich durchaus die Hypothese aufstellen, dass in der Evolution nach einer Duplikation eine Teilung des intakten DOA10 Gens mit nachfolgendem Verlust des Ct-ORFs stattgefunden haben könnte, was dann wiederum zur Diversifikation der kleineren „2TMs“ MARCH Proteine beigetragen haben könnte (vgl. auch Abschnitt 4.1.6).

Erste Anhaltspunkte für eine zusätzliche Funktion der beiden Fragmente könnte auch eine im Vergleich zum Split-KlDoa10 veränderte subzelluläre Lokalisation der einzelnen Split-KlDoa10 Fragmente liefern. Mittels konfokaler Fluoreszenz-Mikroskopie wurde versucht, die genauen subzellulären Lokalisationen der beiden Split-KlDoa10 Fragmente in An- und Abwesenheit des jeweiligen Partnerfragments zu analysieren und zu vergleichen (Daten nicht gezeigt). Die beiden Split-KlDoa10 Fragmente zeigten in An- und Abwesenheit des jeweilig anderen Fragments eine etwa gleiche Lokalisation innerhalb der K. lactis Zelle (Daten nicht gezeigt). Aufgrund der geringen Größe der K. lactis Zellen war es jedoch nicht möglich, definitiv eine Aussage bezüglich der subzellulären Lokalisation der einzelnen Fragmente zu treffen und vor allem feine, nicht offensichtliche Unterschiede zu erkennen (vgl. Abschnitt 4.1.3.4).

Die Suche nach der individuellen Funktion der beiden Split-KlDoa10 Fragmente und ihre Identifikation stellt ein sehr diffiziles Unterfangen dar, weil es bislang keinerlei Hinweise gibt, in welchem zellulären Prozess die beiden Fragmente eine individuelle Funktion als E3-Ligase bzw. als Kanal haben könnten.

Eine vergleichende Untersuchung der Wachstumskinetiken von K. lactis Stämmen, in denen das endogene Nt- oder Ct-Fragment deletiert worden war (doa10NtΔ und doa10CtΔ), mit doa10Δ und WT K. lactis Stämmen unter verschiedenen Wachstums- und Stressbedingungen sollte erste Anhaltspunkte über den zellulären Prozess liefern, in den das entsprechende Fragment involviert sein könnte (vgl. Abb. 3.1.15 und Abb.

3.1.16). Unter verschiedenen Wachstums- und Stressbedingungen (z.B. verschiedene Kohlenstoffquellen, Temperaturstress, Stress durch Schwermetalle, ER-Stress, etc.)

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(siehe Tabelle 3.1.1) wurden mittels Mikrotiterplatten-basierten Wachstumstests die Wachstumskinetiken der doa10NtΔ, doa10CtΔ, WT und doa10Δ K. lactis Zellen bestimmt. Weder doa10NtΔ noch doa10CtΔ Zellen zeigten jedoch im Vergleich zu doa10Δ oder WT Zellen unter den getesteten Wachstums- und Stressbedingungen signifikante Unterschiede in ihren Wachstumskinetiken (Abb. 3.1.16 und Tabelle 3.1.2;

Anhang Tabelle 5.1). Die durchgeführten Wachstumstests lieferten somit keinerlei Hinweise, in welchem Prozess die beiden Fragmente eine individuelle Funktion haben könnten. Durchaus vorstellbar ist sicherlich, dass im Rahmen der durchgeführten Wachstumstests nicht die richtige Wachstums- oder Stressbedingung, in der ein Effekt sichtbar gewesen wäre, getestet wurde; jedoch wesentlich wahrscheinlicher erscheint, dass der durch die Deletion des einzelnen Fragments verursachte Effekt auf den jeweiligen Prozess so schwach ist, dass dies nicht merklich das Wachstum der Zellen beeinflusst und somit nicht durch einen Wachstumstest zu detektieren ist.

Die vergleichende Analyse der Proteome der K. lactis WT, doa10∆, doa10Nt∆ und doa10Ct∆ Zellen mittels quantitativer Massenspektrometrie (SILAC oder LFQ) stellt eine alternative Methode dar, um eine zusätzliche, individuelle Funktion der beiden Split-KlDoa10 in einem bestimmten Prozess zu finden (Gruhler et al. 2005; de Godoy et al. 2006; de Godoy et al. 2008; Zhu et al. 2010; Foresti et al. 2013; Cox et al. 2014). Ihr Vorteil ist, dass sie sogar feinste Unterschiede in der Abundanz zellulärer Proteine in doa10Nt∆ und doa10Ct∆ Zellen im Vergleich zu WT und doa10∆ Zellen offenlegen könnte. Die Änderung der zellulären Abundanz eines Proteins in doa10Nt∆ oder in doa10Ct∆ Zellen, jedoch nicht in WT und doa10∆ Zellen könnte ein Hinweis darauf sein, dass das jeweilige deletierte Fragment in die Regulation dieses Proteins und damit in den mit dem Protein im Kontext stehenden zellulären Prozess involviert sein könnte.

Um explizit Interaktionspartner des Nt-Fragments oder Ct-Fragments zu identifizieren, könnte auch das jeweilige Fragment in An- und Abwesenheit des Partnerfragments durch Immunpräzipitation angereichert und die co-immunpräzipitierenden Proteine mittels Massenspektrometrie (LC-MS/MS) analysiert und verglichen werden (Carvalho et al. 2006; Krogan et al. 2006; Keilhauer et al. 2015). Im Rahmen dieser Arbeit konnte bereits trotz mancher Komplikation die zur Anreicherung erforderliche Immunpräzipitation des Nt-Fragments in K. lactis etabliert werden; dabei war nicht nur die ohnehin schon eher schwierige Reinigung eines Membranproteins zu bewerkstelligen, sondern es war auch das Protokoll der Membranproteinreinigung (insbesondere die Lyse der Zellen und Solubilisierung der Membranen) aufgrund spezifischer Eigenheiten von K. lactis stark zu verändern (Daten nicht gezeigt).

4.1.6 Split-Doa10: das erste Beispiel eines natürlich gesplitteten Membranproteins entstanden durch die Teilung eines nukleären Gens

Im Gegensatz zu S. cerevisiae und einer Vielzahl anderer eukaryotischer Organismen exprimiert die Milchhefe K. lactis ein aus zwei Untereinheiten bestehendes Doa10 Protein, das als Split-Doa10 bezeichnet wird. Der natürliche Split des polytopischen Membranproteins Doa10 in K. lactis beruht auf einer Teilung des nukleären K. lactis DOA10 Gens durch eine IVS mit Promotoraktivität.

Der Split von großen polytopischen Membranproteinen aufgrund der Teilung ihres Gens ohne folgenden Funktionsverlust scheint evolutionär ein eher seltener Prozess zu sein (Snel et al. 2000; Kummerfeld & Teichmann 2005). Durchaus häufiger hingegen ist das entgegengesetzte Ereignis der Generierung eines großen polytopischen Membranproteins aus kleineren Membranproteinen durch Genduplikation oder -fusion (Saier 1996; Abramson et al. 2003; Shimizu et al. 2004). Die Forschung versuchte, den Prozess der natürlichen Genteilung bisher vorwiegend durch die Untersuchung von artifiziell gesplitteten Membranproteinen näher zu verstehen, wie z.B. der ATPase des Sarkoplasmatischen Retikulums oder des Bacteriorhodopsin (MacLennan et al. 1976;

Huang et al. 1981; Liao et al. 1984; Popot & Engelman 2000). Ein sehr interessantes Resultat dieser Untersuchungen ist, dass die einzelnen Fragmente von artifiziell gesplitteten Membranproteinen generell zu einem funktionellen Protein assemblieren können und auf diese Weise die Funktion des Proteins rekonstituieren (Popot &

Engelman 2000; Mackenzie 2006).

Das Wissen über natürlich gesplittete Membranproteine ist bislang gering; die wenigen bekannten Beispiele von natürlich gesplitteten Membranproteinen kommen vorwiegend in Bakterien oder in Mitochondrien vor. Mitochondrien sind eukaryotische Organellen endosymbiontischer Herkunft; sie stammen sehr wahrscheinlich von einem Vorfahren der heutigen α-Proteobakterien ab (Gray et al. 1999; Gray et al. 2001). Ihre Genome unterliegen einem starken Wandel. So gingen während der Evolution sehr viele Gene

Das Wissen über natürlich gesplittete Membranproteine ist bislang gering; die wenigen bekannten Beispiele von natürlich gesplitteten Membranproteinen kommen vorwiegend in Bakterien oder in Mitochondrien vor. Mitochondrien sind eukaryotische Organellen endosymbiontischer Herkunft; sie stammen sehr wahrscheinlich von einem Vorfahren der heutigen α-Proteobakterien ab (Gray et al. 1999; Gray et al. 2001). Ihre Genome unterliegen einem starken Wandel. So gingen während der Evolution sehr viele Gene