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2 Literaturübersicht

2.2 Die Rolle des Immunsystems in der Tumorbekämpfung

2.2.1 Bekämpfungsstrategien des Immunsystems

In jedem Organismus entarten täglich einige Zellen durch unterschiedlichste Einflüsse chemischer, physikalischer oder viraler Natur zu potentiellen Krebszellen. Doch das Immunsystem ist meist in der Lage diese zu erkennen und rechtzeitig zu vernichten, noch ehe es zur Ausbildung von Tumoren kommt. Dabei spielen sowohl angeborene wie auch adaptive

„erworbene“ Immunmechanismen eine wichtige Rolle. Zu den unspezifischen Komponenten zählen u.a. das Komplementsystem, neutrophile Granulozyten, Makrophagen und natürliche Killerzellen. Sie ermöglichen schnelle, „sofortige“ Reaktionen des Immunsystems auf eine Vielzahl von körperfremden Strukturen wie Mikroorgansimen, insbesondere aber auf die Entstehung „unerlaubter“ körpereigener Strukturen wie entartete Zellen oder durch Noxen veränderte „Selbststrukturen“. Natürliche Killerzellen töten zum Beispiel jede Zelle, die sie aktiviert und kein eigenes MHC-I Molekül auf der Oberfläche trägt. Ein Umstand, den man bei vielen Tumorzellen findet und der nach CHAMBERS et al. (2003b) durch das Transformationsprotein E5 auch bei equinen Sarkoiden anzutreffen ist.

Erworbene oder adaptive Immunreaktionen werden hauptsächlich von Lymphozyten ausgeführt, die „antigenspezifisch“ auf eine bestimmte Struktur, ein Antigen, präziser aber auf ein Teil eines Antigens, ein Epitop, reagieren können. B-Lymphozyten tragen dazu durch die Synthese und Freisetzung antigenspezifischer (präziser: Epitop-spezifischer) Antikörper bei, während T-Lymphozyten sich selbst in unterschiedliche zelluläre Immunreaktionen einbringen. So sind sie in der Lage „unerlaubt“ veränderte körpereigene Zellen, sei es ducrh

Fehldifferenzierung, Alterung oder maligne Transformation aber auch durch intrazelluläre Infektionen von Viren, Bakterien, Parasiten bedingt zu erkennen und zu eliminieren.

2.2.1.1 T-Zellaktivierung

Naive T-Zellen, die durch die Lymphknoten wandern, binden vorübergehend an Adhäsionsmoleküle (bspw. CD50, CD54, CD58) auf professionellen, antigenpräsentierenden Zellen (insbesondere dendritische Zellen und aktivierte B-Lymphozyten). Die Bindung wird jedoch erst gefestigt, sobald sie ihren spezifischen MHC-Peptidkomplex durch ihren T-Zellrezeptor erkannt haben. Innerhalb der T-Zellpopulationen sind zwei Hauptgruppen zu differenzieren, die sich durch ihre Corezeptoren unterscheiden. CD8 positive (CD8+) T-Zellen werden in ihrer aktivierten Form als zytotoxische T-T-Zellen bezeichnet, während CD4 positive (CD4+) T-Zellen in ihrer aktivierten Form auch T-Helferzellen genannt werden. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Interaktion mit MHC-I und MHC-II- Molekülen.

Während CD8+ Zellen mit MHC-I interagieren, erkennen CD4+ Zellen Antigene, welche von MHC-II Molekülen präsentiert werden. Dabei ist zu beachten, dass MHC-I von allen kernhaltigen Zellen des Körpers exprimiert wird, wohingegen MHC-II „normalerweise“ nur auf antigenpräsentierenden Zellen wie dendritischen Zellen, Monozyten und B-Zellen zu finden ist.

Für eine klonale Expansion und Differenzierung der T-Zellen zu Effektorzellen ist neben der Erkennung des MHC-Peptidkomplexes noch ein zweites, costimulierendes Signal essentiell, ohne welches sie sonst in Anergie fallen würden. Zu diesen essentiellen, costimulatorischen Molekülen gehören die Moleküle CD80 und CD86, welche von antigenpräsentierenden Zellen, wie dendritischen Zellen, exprimiert werden. Die costimulatorischen Signale interagieren mit dem CD28-Molekül der T-Zellen und führen dort u.a. zur Expression von Zytokinrezeptoren (wie den Rezeptor für Interleukin-2: IL-2R) sowie zur Bildung von Zytokinen wie bspw. Interleukin-2 (IL-2), welches wiederum zur Differenzierung und Proliferation der T-Zellen benötigt wird. Die durch eine solche Sequenz von Rezeptor-Ligand-Interaktionen stimulierten T-Zellen werden nun als aktivierte T-Zellen bezeichnet, die nun keine Costimulation mehr benötigen, sondern bei Erkennung ihres MHC-Peptid-Komplexes direkt ihre Effektorfunktion ausüben können.

Aktivierte CD8+ T-Zellen können z.B. Zellen im Körper erkennen, die den entsprechenden MHC-I-Peptid-Komplex auf der Oberfläche tragen und lysieren diese. CD4+ T-Zellen können, abhängig von den Signalen und dominierenden Zytokinen während ihrer Aktivierung, zu Th-1 oder zu Th-2-Zellen differenzieren: Dominieren in der unmittelbaren

sie sich in eine Th1-Zelle weiter entwickeln, während eine Dominanz an IL-4 die Entwicklung zur Th2-Zelle fördert. Aktivierte CD4+ T-Zellen exprimieren den CD40 Ligand (CD40L = CD154) und übermitteln ein Stimulierungssignal auf CD40-positive dendritische Zellen. Diese CD40-40L-Interaktion verstärkt die Funktion der dendritischen Zelle, die sich wiederum in einer erhöhten Expression kostimulatorischer Moleküle (CD80 und CD86), MHC- und Adhäsionsmoleküle sowie der Sekretion von IL-12 äußert (SCHOENBERGER et al. 1998; TOES et al. 1998). Diese dendritischen Zellen sind optimal in der Lage, antigenspezifische CD8+ T-Zellen zu induzieren. Zusätzlich moduliert das sezernierte IL-12 die Entwicklung der CD4+ T-Zellen in Richtung einer Th-1-Immunantwort. Dieses Zwei-Stufen-Modell der T-Zellaktivierung erklärt, warum eine CD4+-T-Helferantwort für eine zytotoxische T-Zellantwort notwendig ist: CD4+ T-Zellen stimulieren erst über CD40L die DC, die dann wiederum CD8+ T-Zellen effektiv stimulieren können.

Bei der Bekämpfung transformierter Tumorzellen kommt den T-Zellen somit eine wichtige Rolle zu. Sie erkennen tumorassoziierte Antigene und vermögen im Falle der zytotoxischen T-Zelle die Tumorzellen direkt zu lysieren. Voraussetzung dafür ist allerdings ein MHC-Peptid-Komplex auf der Tumorzelle, der erkannt werden kann und nicht als „erlaubtes“ Selbst registriert wird.

2.2.1.2 Tumorantigene

Tumorzellen exprimieren auf ihrer Oberfläche Antigene, die im Normalgewebe der Umgebung nicht vorkommen. Man bezeichnet sie generell als tumorassoziierte Antigene (TAA). Man kann bei diesen Antigenen aufgrund ihrer Herkunft fünf Klassen unterscheiden.

Die erste Klasse stellen tumorspezifische Antigene dar, die spezifisch in einem bestimmten Tumor hochreguliert werden und aus mutierten Proteinen (z.B. Enzymen) bestehen. Eine zweite Klasse stellen die embryonalen Antigene dar, die während der Embryonalentwicklung exprimiert werden, später wieder verschwinden, und nur nach maligner Transformation der Zelle wieder auftauchen, wie z.B. das CEA (Carzino-embryonales Antigen). Eine dritte Klasse bilden Differenzierungs-Antigene, die sich aus der Gewebeherkunft des Tumors ableiten, beispielsweise Tyrosinase in Melanomen. Oncogene und Tumorsuppressorproteine gehören zu einer weiteren Antigen-Klasse, bei der bestimmte Epitope Immunantworten induzieren können. Virusprodukte wie z.B.

Hüllproteine des Virus, repräsentieren in viral induzierten Tumoren die fünfte Klasse der möglichen tumorassoziierten Antigene.

Werden nun tumorassoziierte Antigene (TAA) von aktivierten T-Zellen erkannt, treten sowohl zelluläre als auch humorale Mechanismen der Immunkontrolle in Kraft. Beide Mechanismenbereiche sind funktionell miteinander verbunden und regulieren sich gegenseitig. Zum einen werden CD4+ und CD8+T-Zellen spezifisch durch antigenpräsentierende Zellen stimuliert und andererseits produzieren aktivierte B-Lymphozyten Antikörper gegen das Antigen. Beide Mechanismen führen zu einer Immunantwort gegen die transformierte Zelle und letztlich zu deren Lyse. Im Fall der CD8+T-Zellen werden die Tumorzellen direkt lysiert (zytotoxische T-Zellen), während über die Bindung von Antikörpern an das TAA natürliche Killerzellen und Makrophagen die Zelllyse induzieren (antibody dependent cellular cytotoxicity: ADCC).

2.2.2 Escapemechanismen von Tumorzellen

Trotz eines in der Regel gut funktionierenden Immunsystems entkommen Tumorzellen dennoch der Immunüberwachung und es kommt zur Ausbildung von Tumoren. Die dafür verantwortlichen Mechanismen werden als „tumor escapemechanismen“ bezeichnet und stellen einen wichtigen Forschungsschwerpunkt dar, da nur bei Kenntnis des jeweiligen Escapemechanismus geeignete und effektive Therapien möglich sind. KUMAR u. PENNY (1982) teilen die zugrunde liegenden Mechanismen in vier Kategorien ein. Die erste stellt die schwache oder fehlende Immunogenität des Tumors dar, die zweite wird durch Immunsuppression durch Tumorantigene verursacht, die dritte Kategorie beinhaltet die Induktion von Suppressorzellen und die vierte die Produktion immunsupressiver Faktoren durch den Tumor. Die meisten Tumore bedienen sich mehrerer dieser Mechanismen parallel zueinander.

Einer der Wege wie transformierte Zellen der Immunabwehr entgehen ist die Oberflächenexpression ihrer MHC-Moleküle zu reduzieren. So verhindern sie das 1. Signal, welches für eine T-Zelle zur Erkennung und zur Aktivierung benötigt wird. Ein Beispiel hierfür ist die reduzierte Expression von MHC-I-Molekülen auf Zellen des equinen Sarkoids (CHAMBERS et al. 2003b). Durch Selektion durch das Immunsystem können außerdem auch die Mengen an präsentierten Tumorantigenen soweit reduziert werden, dass überlebende Tumorzellen nicht mehr von T-Zellen erkannt werden. Ein weiterer Mechanismus stellt eine gewisse Resistenz der Tumorzellen gegen die T-Zell vermittelte Zelllyse dar. Sie erreichen das, indem sie z.B. die Oberflächenexpression des Fas-Rezeptors (CD95) reduzieren. Andere Tumorzellen erhöhen die Expression des Fas-Liganden (CD95L = CD178), was zu einer Apoptoseinduktion auf Fas-tragenden T-Zellen führen kann (TADA et al. 2003; WADA et al.

verhindert werden, wobei eine CD58 Interaktion als ursächlich für die Protektion angenommen wurde (DANIEL et al. 1999). Eine weitere Möglichkeit des Tumors dem Immunsystem zu entkommen, stellt die Sekretion immunsuppressiver Proteine oder Zytokine (z.B. TGF-β, IL 10) dar. MENETRIER-CAUX et al. (2001) konnten zeigen, dass einige Tumorzellen IL6 und M-CSF synthetisieren und somit die Differenzierung von CD34+

Vorläuferzellen zu dendritischen Zellen hemmen. Diese Blockade der DC-Entwicklung ließ sich in vitro durch Stimulation der DC mit IL4 aber umgehen. RENKVIST et al. (2001) beschreibt zudem die Problematik, dass es sich bei den meisten TAA um Antigene aus dem eigenen genetischen Repertoire handelt, wie es z.B. bei den embryonalen Antigenen der Fall ist. Da solche Strukturen im Prinzip „erlaubt“ körpereigen sind, da sie in einer frühen Entwicklungsphase physiologische exprimiert werden, und autoreaktive T-Zellen im Thymus negativ selektioniert werden, ist somit auch eine Erkennung alleine nicht möglich. Auch das von Tumoren gebildete angionesische Zytokin „Vascular endothelial growth factor“ (VEGF), übt einen inhibitorischen Effekt auf die T-Zell-Stimulation durch DCs aus (LAXMANAN et al. 2005).