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5.7 Verkehrsunfälle

5.7.1 Die Prävention von Unfällen

Obwohl die Straßenverkehrsordnung seit dem 1. August 1980 den Verkehrsteilnehmern gebietet, sich insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft so zu verhalten, dass eine Gefährdung von Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen

422 vgl. Stat. Bundesamt 1992, S. 177

423 vgl. Polizeidirektion BS 1998, S. 15, Tab. 5.5

424 vgl. Stat. Bundesamt 1992, S. 177f.; SCHLAG 1995, S. 62f.; MOLLENKOPF u. a. 1996, S. 4

425 vgl. DIECK 1979, S. 99; MATHEY 1991, S. 614; Deutscher Bundestag 1994, S. 380

426 Dies bestätigen nach SAUP (1993, S. 183) auch die Untersuchungen von LIMBOURG u. a. (1978) und SEIB (1990) sowie derAltenplan für den Landkreis Oldenburg (IES 1994, S. 129).

darunter 1996 insgesamt Fahrer und Mitfahrer von

Pkw Motorrädern Fahrrädern Fußgänger

insgesamt 501.916 318.953 52.270 65.702 41.631

über 65-Jährige 32.828 16.449 1.016 6.436 6.998

davon: getötet 1.350 592 39 198 489

Tab. 5.6: Getötete und Verletzte nach Art der Verkehrsbeteiligung im Bundesgebiet

(Quelle: Stat. Bundesamt 1996, S. 250)

schlossen ist (§3 Abs. 2a), reicht es nicht aus, auf die Aufmerksamkeit der anderen Verkehrsteil-nehmer zu hoffen. Der ältere Mensch muss auch selbst dazu beitragen, seine Unfallgefährdung im Straßenverkehr zu senken. Dies versuchen viele Senioren primär dadurch, dass sie kritische Situationen schlicht vermeiden (siehe 4.7); insbesondere Frauen legen dieses Verhalten an den Tag. Durch den Wegfall der beruflichen Verpflichtungen sind ältere Menschen auch eher in der Lage, sich bessere Bedingungen für ihre Verkehrsteilnahme zu schaffen. Als Fußgänger werden z. B. schlechte Straßenverhältnisse, Straßen ohne Bürgersteig, das Überqueren von Straßen bei Dunkelheit sowie das Aufsuchen unbekannter Gegenden vermieden. Genauso vermeiden Auto-fahrer das Fahren bei schlechten Straßenverhältnissen und bei Dunkelheit sowie zu Hauptver-kehrszeiten, wobei diese Personengruppe ein geringeres Vermeidungsverhalten zeigt, wenn sie als Fußgänger unterwegs sind.427

Die Scheu vor der Dunkelheit ist dabei nicht nur in der in 4.7 bzw. 5.1 beschriebenen Angst begründet, sondern die mit zunehmendem Lebensalter immer schwerwiegendere Abnahme der Sehkraft bei Dunkelheit trägt ebenfalls dazu bei. Hierzu gehören die Zunahme des Lichtbedarfs, eine verzögerte Dunkelanpassung, die Einschränkung des Dämmerungssehens und die Zunahme der Blendempfindlichkeit. Die dadurch verzögerte sensorische Erfassung bedeutet, dass die ver-bleibende Reaktionszeit geringer wird. Dies und eine im Allgemeinen langsamere Reaktion älte-rer Verkehrsteilnehmer erhöhen die Gefahr im Straßenverkehr für Senioren (siehe 4.3.1).428 Diese Tatsache sollte auch bei der Planung von Seniorenveranstaltungen insofern nicht außer Acht ge-lassen werden, als diese bei Tageslicht stattfinden sollten.

Die Verkehrsberuhigung ist ein Mittel, das dem Vermeidungsverhalten älterer Fußgänger und Radfahrer entgegenwirkt. Sie kommt nicht nur der älteren Generation, sondern gleichermaßen allen anderen Bevölkerungsgruppen zugute, insbesondere Kindern und behinderten Menschen, und könnte zu einer Steigerung der Mobilität innerhalb des Wohnumfeldes führen.429 Zu den Maßnahmen der Verkehrsberuhigung gehören neben dem Herabsetzen der zulässigen Höchst-geschwindigkeit u. a. auch die bauliche Veränderung der Straßen und Gehwege zugunsten nicht-motorisierter Verkehrsteilnehmer (Verbreitern der Wege, Absenken von Bordsteinen etc.) sowie die Installation von zusätzlichen Ampelanlagen und Überwegen (siehe 6.4.2). Verkehrsberuhi-gung ist allerdings nicht nur im städtischen Raum notwendig, in vielen ländlichen Gemeinden besteht ebenfalls Handlungsbedarf. Zu den Problemen zählen dort insbesondere die oft mit über-höhter Geschwindigkeit befahrenen Ortsdurchfahrten, ein lückenhaftes Fußwege- und Radwege-netz und fehlende Ampelanlagen.430

Ein weiterer wichtiger Teil der Prävention von Verkehrsunfällen besteht in der Verkehrs-erziehung und -beratung von Senioren. Nach den Erkenntnissen der gerontologischen Forschung lassen es sowohl die geistigen als auch persönlichkeitsbedingten Voraussetzungen durchaus zu, dass sich auch ältere Menschen mit Verkehrsproblemen auseinandersetzen, diesbezüglich dazu-lernen und ihre Einstellungen und ihr Verhalten ändern. Der Erfolg hängt jedoch stark davon ab, auf welche Weise die Senioren angesprochen werden. Unter lernpsychologischem Aspekt ist zu beachten, dass ein besseres Resultat erzielt wird, wenn die Aufmerksamkeit vorwiegend auf ver-kehrsangepasstes Verhalten gelenkt wird, anstatt auf Fehlverhalten hinzuweisen. Weiterhin ist die Größe der Gruppe wichtig: Kleinere Veranstaltungen, bei denen ein Experte als Moderator agiert und in denen die Teilnehmer auch untereinander ins Gespräch kommen, sind weitaus effektiver als Großveranstaltungen.431 Als Experten in puncto Verkehrssicherheit eignen sich insbesondere

427 vgl. MOLLENKOPF u. a. 1996, S. 44 u. 47; BMFSFJ 1996a, S. 170f.

428 vgl. MATHEY 1991, S. 612

429 vgl. BMJFFG 1986, S. 143; MONHEIM 1985, S. 365

430 vgl. IES 1994, S. 123

431 vgl. MATHEY 1991, S. 616f.

Polizisten. Doch auch die Deutsche Verkehrswacht veranstaltet im Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat e. V. Seminare und Gesprächskreise für ältere Autofahrer oder Fußgänger und ÖPNV-Benutzer und gibt Informationsbroschüren zu diesen Themen heraus.

In Braunschweig ist eine solche Verkehrssicherheitsberatung durch die Polizei bereits in die Tat umgesetzt worden. Einige Beamte besuchen regelmäßig Seniorenkreise, um dort über ge-fährliche Verkehrssituationen zu informieren (ein aktuelles Problem stellen z. B. Inline-Skater dar, die von vielen Senioren in ihrer Geschwindigkeit unterschätzt werden). In Zusammenarbeit mit der Stadt Braunschweig, Abteilung Senioren, der Verkehrswacht und der Polizei wurde zu-dem im November 1997 ein aufgelockertes Programm mit Sketchen entwickelt, zu zu-dem sowohl Seniorenkreise als auch einzelne Besucher eingeladen wurden; die Teilnahme an den fünf Veran-staltungen war für die Senioren kostenlos.432

432 vgl. Braunschweiger Zeitung vom 21. November 1997

Zur Steigerung der Attraktivität wurden bei den Veranstaltungen ferner Kaffee und Kuchen gereicht.

6 Die Planung für ältere Menschen 6.1 Die Altenhilfe und Altenhilfeplanung

6.1.1 Die Altenhilfe vom Mittelalter bis heute

Die heutzutage praktizierte Altenhilfe ist das Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses, der durch unterschiedliche Notwendigkeiten und Altersvorstellungen beeinflusst wurde. Über lange Zeit hinweg wurde Altenhilfe in unserem Kulturkreis nahezu gar nicht betrieben. Alte Menschen lebten für gewöhnlich in ihrer Familie und wurden von ihr betreut, sofern sie überhaupt das Alter der physiologischen Sterblichkeit erreichten, was bis in dieses Jahrhundert hinein nur selten vor-kam. So stellte etwa bis Mitte des 19. Jahrhunderts Altenhilfe, bei der es anfangs nur darum ging, nicht mehr arbeitsfähige ältere Menschen bis zu ihrem Tod zu pflegen und zu versorgen, ledig-lich eine Sonderform der allgemeinen Armenfürsorge dar, die sich erst im Zuge der Aufklärung Ende des 18. Jahrhunderts von der mittelalterlichen Praxis der zufälligen, ungeordneten Vergabe von Almosen zur gesetzlich festgelegten öffentlichen Fürsorgepflicht für arme Gemeindemitglie-der entwickelte. Infolge Gemeindemitglie-der zunehmendem Industrialisierung und Gemeindemitglie-der damit einhergehenden Reduktion der Familienstrukturen auf die Kernfamilie gewannen jedoch im 19. Jahrhundert Bemühungen der Armenfürsorge zur Absicherung älterer Menschen an Bedeutung; zu dieser Zeit wurden auch viele Wohlfahrtsverbände gegründet.433

Auch in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts war Altenhilfe vornehmlich auf die armen, hilfebedürftigen älteren Menschen ausgerichtet, wobei deren stationäre Unterbringung und Be-treuung in Alten- bzw. Pflegeheimen (als Nachfolger der früheren Spitäler) im Vordergrund stand, die im Wesentlichen von den Wohlfahrtsverbänden, allen voran Caritas und Diakonisches Werk, geleistet wurde. Ende der 50er Jahre, kurz nachdem auch hierzulande die interdisziplinäre gerontologische Forschung an Bedeutung gewann (siehe Kapitel 2), setzte dann jedoch ein Wan-del in der Zielsetzung der Altenhilfe ein, bei dem eine stärkere Orientierung an den Bedürfnissen der betroffenen Senioren sowie die Verbesserung der Versorgung und der allgemeinen Lebens-situation älterer Menschen, etwa durch finanzielle Ermäßigungen, die Einrichtung von Sozial-stationen oder die Organisation von ambulanten Hilfen (z. B. „Essen auf Rädern“), angestrebt wurde und traditionelle stationäre Hilfeleistungen in den Hintergrund getreten sind, da ihnen in zunehmendem Maße ambulante Dienste und Einrichtungen (u. a. Altentagesstätten) vorgeschaltet wurden.434 Ein bedeutendes Ereignis in dieser Entwicklung weg vom Bild des lediglich zu be-treuenden alten Menschen war die Gründung der Lebensabend-Bewegung von EDUARD ZIEHMER

im Jahr 1958 in Kassel, die Senioren als aktive Menschen ansah, die ein selbstbestimmtes Leben führen können und wollen. Diese Selbsthilfegruppe, die die Entstehung weiterer Zusammen-schlüsse älterer Menschen hervorrief, gründete 1959 die erste Altentagesstätte, deren Verwaltung den älteren Menschen selbst oblag.435

Der veränderte Stellenwert der Altenhilfe schlug sich ebenso auf die Gesetzgebung nieder, da mit der Einführung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) vom 30.06.1961 die Belange älterer Menschen erstmals explizit in den gesetzlichen Bestimmungen über die Fürsorgepflichten und -leistungen erwähnt wurden. In diesem Gesetz ist außer den §§ 11 bis 27, in denen es um Hilfen zum Lebensunterhalt und in besonderen Lagen geht, speziell § 75 für ältere Menschen relevant,

433 vgl. LOHMANN 1991, S. 16; BLUME 1968, S. 10 (nachKALLMEYER u. a. 1976, S. 24)

434 vgl. LEHR 1999, S. 27; FRIEDRICH 1995, S. 91; WINKEL 1989a, S. 261

Dieser Wandel beinhaltete also, dass außer den nach MASLOW niederen Bedürfnissen physiologischer Natur und nach physischer und ökonomischer Sicherheit (siehe 2.1) auch höherrangige Bedürfnisse der älteren Menschen Berücksichtigung finden sollten.

435 vgl. LEHR 1999, S. 27; SCHULERI-HARTJE 1992, S. 61f.

da dort die Gewährung von Altenhilfe festgeschrieben wurde.436 Diese Entwicklung setzte sich in den folgenden Jahren immer weiter fort, so dass seit den 70er Jahren (wenn auch etwas später als in den angelsächsischen Ländern, Holland oder Skandinavien) eine deutliche Umorientierung von der geschlossenen Altenhilfe mit ihrem betreuenden, pflegenden Charakter in stationären Einrichtungen hin zu offenen Angeboten mit dem neu gefassten Ziel, älteren Menschen so lange wie möglich ein selbstständiges und unabhängiges Leben in ihrer eigenen Wohnung zu ermögli-chen, zu erkennen ist. Entsprechend dieser Schwerpunktverlagerung wurde 1984 dem BSHG der

§ 3a hinzugefügt, nach dem allgemein seitens der Träger der Sozialhilfe dafür gesorgt werden soll, dass die „erforderliche Hilfe soweit wie möglich außerhalb von Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen gewährt werden kann“, und der somit der offenen Altenhilfe den Vorrang gibt.437 Ende der 80er Jahre wurden dann auch die Grundlagen für die Einrichtung eines explizit für die Belange von Senioren zuständigen Ministeriums unter URSULA LEHR geschaffen und ferner durch die Bildung einer Altenberichtskommission die Erstellung des ersten Altenpla-nes von 1992 initiiert, der als zentrales Förderinstrument der Altenpolitik Impulse zur Weiter-entwicklung der Altenhilfe und Altenarbeit geben sollte und aus dem u. a. die Schaffung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) resultierte.438

In Anbetracht dieser langen Entwicklungsgeschichte der heutigen Altenhilfe sollte Sorge ge-tragen werden, dass trotz der leeren Kassen von Kommunen und Wohlfahrtsverbänden die müh-samen Errungenschaften vieler Jahre nicht einfach aufgegeben werden und verloren gehen.

6.1.2 Die Aufgaben der Altenhilfe

Im dritten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes, in dem es um die Hilfe in besonderen Lebenslagen geht, heißt es über die Altenhilfe in § 75 Abs. 1:

„Alten Menschen soll außer der Hilfe nach den übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes Altenhilfe gewährt werden. Sie soll dazu beitragen, Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu ver-hüten, zu überwinden oder zu mildern und alten Menschen die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der Gesellschaft teilzunehmen.“

Entsprechend dieser Zielvorgaben werden als Hilfemaßnahmen in Abs. 2 die Unterstützung bei der Beschaffung und Erhaltung einer den Bedürfnissen des alten Menschen entsprechenden Wohnung (zu der genauso die seniorengerechte Gestaltung der Wohnumfeldes gehört, siehe 6.3.3), und Hilfestellung in allen Fragen, die die Aufnahme in eine Betreuungseinrichtung, insbe-sondere die Beschaffung eines geeigneten Heimplatzes, und die Inanspruchnahme altersgerechter Dienste betreffen, genannt. Doch auch die Hilfe zum Besuch geselliger, unterhaltsamer, bildender und kultureller Veranstaltungen oder Einrichtungen und die Unterstützung bei der Aufrecht-erhaltung von Kontakten zu nahestehenden Menschen sowie die Förderung der Ausübung einer vom alten Menschen gewünschten Betätigung gehören zu den aufgeführten Maßnahmen der Altenhilfe. Als Teil einer übergeordneten Sozialpolitik umfasst Altenhilfe indes nicht nur indivi-duelle Leistungen für einzelne ältere Menschen, sondern beinhaltet ebenso die Bereitstellung ei-ner funktionierenden Infrastrukturausstattung (siehe 6.4 und 6.4.3), um die Aufgabe der Daseinsvorsorge erfüllen zu können.439

Die in § 75 genannten Aufgaben und Maßnahmen stellen eine speziell auf ältere Menschen ge-richtete Ergänzung anderer ebenfalls im BSHG festgeschriebener Leistungen wie der Hilfe zur Pflege, für Behinderte und Kranke, zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten sowie der vorbeugenden Gesundheitshilfe dar. Allgemein haben diese gesetzlichen Vorschriften zur

436 vgl. LOHMANN 1991, S. 16; SCHULERI-HARTJE 1992, S. 12

437 vgl. KOCH 1976, S. 64; RADEBOLD u. a. 1982, S. 13; SCHULERI-HARTJE 1992, S. 12

438 vgl. LEHR 1999, S. 29; BMFSFJ 1997c, S. 2

439 vgl. SCHULERI-HARTJE 1992, S. 76

Altenhilfe eher die Unverbindlichkeit einer Solleistung, die vor allem finanzielle oder gesund-heitliche Einbußen sowie Fähigkeitsverluste älterer Menschen (im Sinne des Defizit-Modells) ausgleichen soll, um die Befriedigung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Grundbedürfnisse zu sichern. So ist es das Anliegen der Altenhilfe, insbesondere denjenigen älte-ren Menschen Angebote zu machen, die sonst wegen ihrer finanziellen oder gesundheitlichen Situation ausgeschlossen bleiben würden, ohne jedoch Senioren, die über ausreichende finan-zielle Mittel verfügen, zurückzuweisen (§ 75 Abs. 4) und womöglich den Anschein einer Für-sorge für Minderbemittelte und soziale Randgruppen zu erwecken. Des Weiteren soll Altenhilfe ausdrücklich auch zur Vorbereitung auf das Alter gewährt werden (§ 75 Abs. 3) und bezieht sich somit auf keinerlei Altersgrenzen (in der Praxis sind derartige Maßnahmen dennoch weitgehend auf Personen, die über 60 Jahre alt sind und das Ruhestandsalter erreicht haben, ausgerichtet).440

Die Maßnahmen der Altenhilfe lassen sich allgemein in zwei Bereiche einteilen: Zum einen die stationäre Altenhilfe mit ihren Einrichtungen, die den älteren Menschen dauerhaft aufnehmen (z. B. Altenwohn- und Pflegeheime), zum anderen die offene Altenhilfe, deren Angebote einen eher ambulanten Charakter haben und die wie erwähnt nach § 3a BSHG vorrangig realisiert wer-den sollten. Diese offene Altenhilfe umfasst ihrerseits wiederum verschiewer-denste Angebote, die von ambulanten Hilfsdiensten im Sinne des traditionellen Fürsorgegedankens bis hin zu sozialer Altenarbeit reichen. So sind unter den in § 75 Abs. 2 Nr. 2 genannten Einrichtungen zur Betreu-ung älterer Menschen auch solche der offenen Altenhilfe wie z. B. Altentagesstätten oder Senio-renkreise zu verstehen. Solche Altentagesstätten und SenioSenio-renkreise als Teil der offenen Alten-hilfe, die mit ihren vielfältigen Angeboten der Vereinsamung entgegenwirken, finden sich ebenso in Nr. 4 wieder, da die dort genannte Hilfe zum Besuch von Veranstaltungen und Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung, der Bildung und den kulturellen Bedürfnissen älterer Menschen dienen, auch die Durchführung und Förderung derartiger Veranstaltungen und Ein-richtungen als immaterielle Form der Hilfe beinhaltet.441

Die moderne offene Altenhilfe, die immer weniger von Betreuungs- und Fürsorgegedanken geleitet wird, verfolgt das Ziel, älteren Menschen bei der Gestaltung ihres Lebens Anregungen zu geben, Aktivitäten und Eigeninitiative zu fördern sowie dazu beizutragen, Kompetenzen im Alter zu erhalten und so ein selbstbestimmtes Leben und eigenständiges Wohnen zu unterstützen. Dies umfasst ferner die Förderung von Sozialkontakten und Kommunikation, um Vereinsamung und Isolation, z. B. als Folge des mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verbundenen Kontakt-und Rollenverlustes, eines Umzuges oder des Partnerverlustes (siehe 4.4), entgegenzuwirken Kontakt-und die soziale Integration und gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen zu fördern. Um die An-gebote besser an die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe anzupassen, ist dabei auch die aktive Beteiligung der älteren Menschen an der Gestaltung und Durchführung der Angebote (als Hilfe zur Selbsthilfe) in Form von ehrenamtlicher Mitarbeit sowie bei der Planung neuer Maßnahmen von Belang.442 Bei der konkreten Umsetzung dieser Ziele ergibt sich indes das Problem, dass sich die Gesellschaft und somit sowohl die Anforderungen, die an die Altenhilfe gestellt werden, als auch die Bedürfnisse und Verhaltensweisen der älteren Menschen kontinuierlich verändern (siehe 6.3.1).

440 vgl. GITSCHMANN 1987, S. 142ff.; SCHULERI-HARTJE 1992, S. 12f.; LOHMANN 1991, S. 16; BAUER-SÖLLNER 1994, S. 104; KOCH 1976, S. 64

441 vgl. BSHG Kommentar, S. 335f.

Materielle Hilfe kann durch die finanzielle Erleichterung des Besuchs (z. B. durch verbilligten oder freien Eintritt in Theater, Konzerte, Museen o.ä.) erfolgen. Insgesamt geht diese im Rahmen der Altenhilfe gewährte (materielle und immaterielle) Hilfe zur Ausgestaltung der Umweltbeziehungen und zur Teilnahme am kulturellen Leben über das nach § 12 zum Lebensunterhalt Gehörende hinaus.

442 vgl. Deutscher Bundestag 1994, S. 409; DV 1993b, S. 24; SCHULERI-HARTJE 1992, S. 63; LOHMANN 1991, S. 15; AWO 1988, S. 39; BRAUN 1988, S. 91; BMRBS 1987b, S. 18; Handbuch der örtlichen Sozialplanung, S. 718f.; KNOPF 1983, S. 85

Damit allen älteren Menschen die Angebote der offenen Altenhilfe zugänglich werden, sollten diese in der Regel als ein flächendeckendes und dichtes Netz von Unterstützungs- und Betäti-gungsmöglichkeiten über das ganze Stadtgebiet verteilt sein.443 Doch bestehen diesbezüglich vor allem auf dem Land Defizite, wo trotz der weithin bestehender Teilhabe der Altenbevölkerung am täglichen Leben Bedarf an organisierter offener Altenhilfe besteht und insbesondere für in ih -rer Mobilität eingeschränkte Senioren eine Möglichkeit zur Teilnahme an Veranstaltungen ge-schaffen werden sollte. Die Angebotspalette der offenen Altenhilfe hat sich in Dörfern und Kleinstädten jedoch erst mit gewisser Verspätung gegenüber den Städten ausgeweitet.444

6.1.3 Die lokale Altenhilfeplanung

Zur Umsetzung dieser recht allgemeinen Zielvorstellungen in konkrete Maßnahmen vor Ort be-darf es einer lokalen Altenhilfeplanung, die die unterschiedlichen betroffenen Verwaltungen und Organisationen koordiniert und die gemeinsamen Vorhaben beschreibt, um einem ungeordneten Konglomerat verschiedener, nicht aufeinander abgestimmter Angebote vorzubeugen. Diese Altenhilfeplanung (die in Anbetracht ihrer Bedeutung für eine zukunftsorientierte kommunale Altenpolitik besser als Altenplanung bezeichnet werden sollte) liegt in der Zuständigkeit der Kommunen als lokalem Träger der Altenhilfe, der die Beteiligung anderer Träger (gemäß des 6.1.4 in beschriebenen Subsidiaritätsprinzips) und auch der älteren Bevölkerung (siehe 6.2.2) durchzuführen hat. Dem Bund obliegt es lediglich, den Rahmen für die Altenhilfe zu setzen, Zu-schüsse zu finanzieren und Planungsempfehlungen zu geben, die dann von den Ländern legislativ ausgestaltet werden.445

Die Festschreibung der Form und Art der Vorgehensweise bei der Durchführung der Maß-nahmen geschieht insbesondere durch die Erstellung von Alten(hilfe)plänen, die es zunächst auf der Ebene des Bundes und der Länder gibt. Diese beschreiben allerdings vorwiegend die Ziele und machen Realisierungsvorschläge, ohne konkrete Maßnahmen vorzugeben. Von besonderer Wichtigkeit für die tatsächliche Realisierung sind daher die für einzelne Kommunen und Land-kreise erstellten Altenpläne. Doch ist die Zahl der Kommunen, für die aktuell ein lokaler Altenplan vorliegt, noch relativ niedrig. In den 60er Jahren war eine detaillierte kommunale Altenhilfeplanung noch eine Ausnahme, erst seit Beginn der 70er Jahre wurden von einer zu-nehmendem Zahl von Kommunen Altenpläne aufgestellt. Bei der Untersuchung von HALFAR aus dem Jahr 1985 lagen immer noch weniger als 70 kommunale Altenpläne vor, von denen sich der überwiegende Teil auf städtische Planungsräume bezieht; für ländliche Gebiete wurden derartige Pläne meist erst später aufgestellt.446 Dies trifft auch auf die Untersuchungsgebiete zu, da in Braunschweig bereits 1971 der erste Teil des ersten Altenhilfeplans vorlag, jedoch in Peine der erste Altenhilfeplan erst 1996 erstellt wurde. Dabei ist auch zu bedenken, dass einmal aufge-stellte Altenhilfepläne mit der Zeit an Aktualität verlieren, so dass diese in regelmäßigen Abstän-den erneuert werAbstän-den müssen. So wurde beispielsweise für Braunschweig in der letzten Hälfte der 80er Jahre ein zweiter Altenplan vorgelegt.

Die Grundlage dieser Pläne bilden meist die Auswertungen einer Befragung der älteren Be-wohner des Planungsbereiches, die gegebenenfalls durch Studien zu speziellen Zielgruppen er-gänzt werden, eine detaillierte Bestandsaufnahme der vorhandenen Einrichtungen und Angebote sowie ein (aus beidem abgeleitetes) Ziel- und Maßnahmenkonzept. Obwohl sich die

443 vgl. BMRBS 1995, S. 41ff.; BMRBS 1987b, S. 18

444 vgl. GARMS-HOMOLOVÁ u. a. 1993, S. 223; IES 1994, S. 127

445 vgl. FRIEDRICH 1995, S. 63; NAEGELE u. a. 1993, S. 16; GITSCHMANN 1991, S. 41; Stadt BS 1991, S. 52

In der DDR gab es eine vergleichbare Altenplanung auf kommunaler Ebene ebensowenig wie wissenschaftlichen Vorlauf (vgl. WINKLER 1993, S. 238).

446 vgl. LOHMANN 1991, S. 15; WALTHER 1991b, S. 150; RADEBOLD u. a. 1982, S. 13; DV 1993b, S. 24; FRIEDRICH 1995, S. 64; BMJFFG 1977, S. 13

len Altenpläne durchaus in den Planungsverfahren, -zielen und -methoden unterscheiden, verfol-gen sie alle allgemein das Ziel, älteren Menschen so lange wie möglich eine selbstständige Lebensführung und den Verbleib in der eigenen Wohnung sicherzustellen. So erstrecken sich die angesprochenen Maßnahmen vom Bau altengerechter Wohnungen bis hin zum Betrieb von Altentagesstätten, wobei sie sich meist an den im BSHG angegebenen Pflichtaufgaben orientie-ren, und betrachten seit jüngster Zeit auch die Belange der im eigenen Haushalt lebenden Senio-ren. Eine wichtige Komponente bei der kommunalen Altenhilfeplanung stellt zudem die Einbeziehung räumlicher Aspekte wie der Erreichbarkeit und der Zugänglichkeit der Angebote dar (siehe 6.2.3), um die Quartiersbezogenheit und somit die Akzeptanz der Dienste und Ein-richtungen zu gewährleisten.447

Obwohl die kommunale Altenhilfeplanung an sich sehr zu begrüßen und ihre Notwendigkeit allgemein anerkannt ist, gibt die Erstellung der Pläne doch vielfach Anlass zu Kritik und lässt an deren Qualität zweifeln. So führt die weitgehende Orientierung an den Vorgaben des BSHG und

Obwohl die kommunale Altenhilfeplanung an sich sehr zu begrüßen und ihre Notwendigkeit allgemein anerkannt ist, gibt die Erstellung der Pläne doch vielfach Anlass zu Kritik und lässt an deren Qualität zweifeln. So führt die weitgehende Orientierung an den Vorgaben des BSHG und