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Ähnlich wie für den Journalismus existieren verfassungsrechtliche Grundlagen, auf die sich Public Relations bzw. Organisationen, die Public Relations betreiben, berufen können. Dieser Auffassung widerspricht Fröhlich, wenn sie feststellt, dass

„Journalistinnen und Journalisten sowie deren massenmedial verbreitete Arbeitsprodukte in unserer Demokratie durch eine ganze Reihe spezifischer Gesetze geschützt [sind, …]. Gleiches gilt für Public Relations nicht“ (Fröhlich 2005: 101).

Dieser Argumentation folgt die Untersuchung nicht.

Zu den rechtlichen Grundlagen der Public Relations zählt Artikel fünf GG, der das Fundament freier und ungehinderter Kommunikation ist. Die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und -verbreitung sowie die Informationsfreiheit sind nicht auf eine Kommunikationsform, beispielsweise auf den Journalismus, beschränkt, sondern gelten allumfassend und somit auch für Public Relations, auch wenn das Grundgesetz PR nicht explizit nennt. Wenn die Kommunikationsfreiheiten nach Artikel fünf GG für Public Relations gelten, dann müssen auch die Grundrechtsschranken beachtet werden. Auch PR-Organisationen müssen sich an die Richtlinien der allgemeinen Gesetze, des Persönlichkeitsschutzes und des

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Jugendschutzes halten. Die öffentliche Aufgabe der Presse ist im Gegensatz nicht auf Public Relations übertragbar, da sie zwar ein Informationsinteresse verfolgen und überzeugen wollen, dieses ebenso wie Kritik, Kontrolle und Meinungsbildung jedoch nicht verpflichtend ist.

Das Bundesverfassungsgericht betonte am 2. März 1977 in seinem Urteil zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung deren verfassungsmäßige Zulässigkeit. Es unterstrich mit seinem Entscheid die Informationsfunktion der Public Relations und deren Bedeutung für das Funktionieren einer parlamentarischen Demokratie.47 Das Gericht hob die grundsätzliche Notwendigkeit der Public Relations der Bundesregierung und von gesetzgebenden Körperschaften hervor und begründet dies laut Kunczik damit, „dass Demokratie ein weitgehendes Einverständnis der Bürger mit der vom GG geschaffenen Staatsordnung voraussetzt“ (2002: 120). Aufgabe staatlicher Public Relations sei es, den Grundkonsens lebendig zu erhalten, die Öffentlichkeit über ihre Politik, ihre Maßnahmen und Vorhaben zu informieren und in Zukunft anstehenden Fragen darzulegen und zu erläutern. Über eine umfassende Information sei der einzelne Bürger in der Lage, sich aktiv an der politischen Willensbildung zu beteiligen. Das Bundesverfassungsgericht stellte in seiner Begründung weiterhin fest:

„Je mehr der einzelne auf diese Weise zur eigenen Beurteilung aufgerufen und in ihm das Bewusstsein wach gehalten wird, als selbstverantwortliches Glied der Rechtsgemeinschaft die Gestaltung, Ausformung und Konkretisierung der für alle verbindlichen Rechtordnung zu beeinflussen und an den grundlegenden politischen Entscheidungen beteiligt zu sein, um so leichter wird es ihm, den vom Grundgesetz verfassten Staat, der ihm diese Möglichkeiten eröffnet, als seinen Staat anzunehmen“

(Bundesverfassungsgericht 1977: 138).

Wird das Urteil in Zusammenhang mit Paragraf vier TPG gesetzt, zeigt sich, dass auch Public Relations an der Meinungsbildung der BürgerInnen beteiligt sind und eine demokratiefunktionale Bedeutung haben:48

47 Ausgangspunkt der Entscheidung war die Klage der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands (CDU) vom 23. Juli 1976, in der sie der Bundesregierung vorwarf, Wahlwerbung mit Mitteln des Bundespresseamtes zu betreiben. Das Gericht gab der Klage statt und stellte fest: „Die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung findet dort ihre Grenze, wo die Wahlwerbung beginnt“ (Bundesverfassungsgericht 1977: 125).

48 Vgl. zu den rechtlichen Anforderungen an Public Relations Branahl (2005).

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(1) Die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen.49

Behörden50 sind nach Paragraf vier TPG dazu verpflichtet, JournalistInnen die zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe notwendigen Auskünfte zu erteilen. Den Anspruch auf Informationen können alle VertreterInnen der Presse, die in den Redaktionen arbeiten (feste und freie JournalistInnen), geltend machen. Nicht zum Kreis der auskunftsberechtigten Personen zählen die Mitarbeiter von Verlagen und Rundfunkanstalten sowie der technischen Herstellung, Verbreitung und aus dem kaufmännischen Bereich (vgl. Schertz 2005: 60). Mit dem Paragraf vier TPG koppelt der Gesetzgeber das journalistische und zugleich einklagbare Recht auf Auskunft an die Informationspflicht der Behörden, die nicht die „schiere Neugier von Journalisten“ (Baerns 1983b: 35) befriedigen soll. Inhalt, Form und Zeitpunkt der Unterrichtung sind nicht vorbestimmt und ergeben sich aus den Anforderungen im Einzelfall. Schertz betont, dass Behörden zur wahrheitsgemäßen Auskunft in sachgerechter und entsprechender Weise verpflichtet seien (vgl. 2005: 59).

Auskunftsansprüche können die JournalistInnen auch über die Informationsfreiheitsgesetze auf Landesebene in Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfahlen sowie seit Januar 2006 auch auf Bundesebene geltend machen (vgl. Redelfs 2005: 3). Die Informationsfreiheitsgesetze beziehen sich jedoch nur auf die Verwaltung, beispielsweise Bundesbehörden. „Wer Auskünfte zur Arbeit der Parlamente oder Gerichte will, muss sich aufs Presserecht berufen“ erklärt Branahl (2005a: 6). Der Vorteil des Informationsfreiheitsgesetzes gegenüber dem § 4 der Landespressegesetze ist, dass es nun den antragstellenden JournalistInnen überlassen wird, „die Form festzulegen, in der ein Informationsanspruch erfüllt werden soll. Daraus ergibt sich ein Wahlrecht, ob eine schnelle mündliche Auskunft am Telefon gewünscht wird, die Zusendung von

49 Paragraf vier: Informationsrecht der Presse laut dem Thüringer Pressegesetz, Stand: 31. Juli 1991.

50 Pürer und Raabeerklären ausführlicher, welche Institutionen ihrer Meinung nach unter den Behördenbegriff fallen: Behörden meinen „Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden, Parlamente, Regierungen und Gerichte ebenso wie Verwaltungsbehörden und Eigenbetriebe von Bund, Ländern (Theater, Schwimmbäder, Krankenhäuser und ähnliches) […] sowie Kirchen und Rundfunkanstalten“, die „nur im Bereich staatlicher Angelegenheiten (wie der Kirchensteuer oder den Rundfunkgebühren) auf Erteilung von Auskünften verpflichtet“ sind (Pürer/ Raabe 1996: 288).

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Kopien, die Weitergabe elektronischer Daten oder eine Akteneinsicht im Amt“

(Redelfs 2005: 4).

Um die Anfragen der JournalistInnen beantworten zu können, verfügt inzwischen jede Behörde über einen Presseverantwortlichen bzw. eine eigene Presseabteilung. Ihre Aufgabe besteht jedoch nicht nur im Reagieren auf journalistische Anfragen, sondern auch im eigenen Agieren: Sie laden zu Pressekonferenzen ein, geben Pressemitteilungen heraus oder regen die Berichterstattung über ein Thema an. Der Gesetzgeber hat Behörden somit dazu verpflichtet, Public Relations zu betreiben. Diese Informationen stellen einen Grundstock für die tägliche Berichterstattung der Presse dar. Sie kann die Auskünfte exakt übernehmen, die Meinung der Behörde veröffentlichen oder nicht publizieren.

Die Presse kann die Behörde in einem Sachverhalt kritisieren. Durch gezielte Anfragen ist es möglich, ihr Vorgehen und Handeln zu hinterfragen. Indem die Presse die Arbeitsweisen öffentlich macht und darüber berichtet, trägt sie zum freien Meinungsaustausch der BürgerInnen untereinander bei und versetzt sie in die Lage, sich ihr eigenes Urteil zu bilden und politische Entscheidungen zu treffen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Behörden durch ihre Informationspflicht die Grundlagen für die Funktionserfüllung der Presse schaffen und damit selbst eine Rolle bei der Meinungsbildung der BürgerInnen spielen. Daher ist es durchaus gerechtfertigt, von einer demokratietheoretischen Relevanz von Public Relations zu sprechen.

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3 Einflussfaktoren auf die Informationsselektion