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2.1 Definitionsansätze

2.1.3 Abgrenzungsversuch Journalismus – Public Relations

Anhand der Arbeitsdefinitionen und den dort genannten Funktionen sind Journalismus und Public Relations voneinander unterscheidbar: Journalismus will und soll informieren, bei Public Relations liegt die Hauptaufgabe neben der Information in der Überzeugung der RezipientInnen. Noch entscheidender ist bei der Suche nach Abgrenzungsmöglichkeiten der Auftraggeber: beim Journalismus soll es die Öffentlichkeit sein (vgl. Deutscher Journalisten-Verband 2003a: 1),16 bei Public Relations hingegen steht ein Unternehmen oder eine Institution hinter der Kommunikation (vgl. Deutsche Public Relations Gesellschaft 2003: 1). Die betriebliche Selbstdarstellung durch PR soll in journalistische Fremddarstellung transformiert werden, was Westerbarkey als „Mimikry“ bezeichnet (2004: 40).

Journalismus informiert tagesaktuell über Ereignisse, liefert Hintergrundinformationen und Einschätzungen von diskutierten Themen, Public Relations sind, beispielsweise durch mehrere Einzelvorgänge (Pressemitteilungen, Pressekonferenzen), auf die langfristige Wirkung bei den RezipientInnen ausgerichtet. Daneben bestehen zwischen Journalismus und Public Relations auch Gemeinsamkeiten in den Kommunikationszielen. Beide wollen die RezipientInnen informieren, wobei sich Journalismus direkt an die Öffentlichkeit wendet, Public Relations häufig einen Mittler (z. B. ein Massenmedium) benötigen. Unterschiedlich ist die Art der Information. Während Journalismus alle gesellschaftlich relevanten Themen und Meinungen aufgreifen soll, beschränken sich Public Relations auf die ihre Auftraggeber betreffenden Informationen. Differenzen existieren zudem in der Form und den eingesetzten Instrumenten der Informationsvermittlung: Journalismus nutzt journalistische Darstellungsformen, wie Bericht, Nachricht oder Kommentar.

Diese verwenden auch Public Relations, beispielsweise beim Verfassen einer Pressemitteilung. Darüber hinaus stehen PR aber noch viel mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Sie können auf Instrumente, a) die sich direkt an ein Medium richten (Pressekonferenz oder Pressemitteilung etc.) oder b) die für die RezipientInnen bestimmt sind (Geschäftsbericht etc.), zurückgreifen. Schließlich setzen Public

16 Der Begriff der Öffentlichkeit als Auftraggeber des Journalismus darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter dem Journalismus ebenfalls Medienunternehmen stehen, die nach ökonomischen Grundsätzen am Markt agieren und Gewinne erwirtschaften wollen. Vgl.

zum Zusammenhang zwischen öffentlicher Aufgabe und privatwirtschaftlicher Organisation der Presse Flottau (1980).

2 Blicke auf Journalismus und Public Relations 18

Relations auf die interpersonelle Kommunikation zwischen JournalistInnen und MitarbeiterInnen einer PR-Abteilung.

Dass eine strikte Trennung zwischen Journalismus und Public Relations schwierig sein kann,17 zeigt ein Blick auf das Berufsbild, welches der Deutsche Journalisten-Verbandzeichnet: Danach können JournalistInnen – wie nahe liegend – für Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk, Fernsehen, Nachrichtenagenturen und Onlineredaktionen arbeiten. Der DJV sieht aber auch in Pressebüros und Pressestellen eines Wirtschaftsunternehmens, einer Verwaltung oder einer Organisation mögliche journalistische Arbeitsfelder. JournalistInnen, die im Bereich Public Relations für Wirtschaft, Verbände oder Verwaltung arbeiten, bezeichnet er als „Pressesprecher oder -referenten“ (Deutscher Journalisten-Verband 2003b: 1).

Damit verbaut sich der Berufsverband die Möglichkeit einer klaren Unterscheidung und zählt das inzwischen eigenständig etablierte Berufsfeld Public Relations zum Journalismus.18

Die Kommunikationswissenschaft geht hier weiter. Sie differenziert zwischen beiden Kommunikationsformen. Baerns beispielsweise charakterisiert Public Relations als „Selbstdarstellung partikularer Interessen durch Information“ (1981:

262), wobei als „Mittel alle Techniken und Formen schriftlicher, mündlicher, fotografischer, filmischer und audiovisueller Publizistik sowie interpersonaler Kommunikation denkbar sind“ (Baerns 1991: 16). Journalismus setzt sie unter Rückgriff auf Ronnebergers Ausführungen (vgl. 1978: 161) als „Fremddarstellung und Funktion des Gesamtinteresses“ dagegen (Baerns 1982: 58). Ruß-Mohl sieht JournalistInnen hingegen als Vertreter anderer Partikularinteressen: „Im günstigsten Fall sind sie Anwälte ihrer Leser, Hörer und Zuschauer, aber auch deren Interessen dürften sich kaum zum Gemeinwohl aufaddieren“ (Ruß-Mohl 1994: 318). Diese Argumentation muss in Zusammenhang mit der medialen Ausdifferenzierung gesehen werden. Die zahlreichen neu gegründeten special-interest Zeitschriften der vergangenen Jahre ermöglichen eine zielgruppenspezifische Ansprache der RezipientInnen durch die JournalistInnen. Gleichzeitig haben JournalistInnen immer auch eigene Interessen, die durchaus Einfluss auf die Themenwahl haben können.

17 Selbst in den Journalismusdefinitionen werden Public Relations als ein Arbeitsfeld von JournalistInnen genannt (vgl. Weischenberg1981: 96).

18 Röttger (2000) und Saure (2002) haben nachgewiesen, dass die Anforderungen an PR-MitarbeiterInnen mit denen an JournalistInnen übereinstimmen.

2 Blicke auf Journalismus und Public Relations 19

Diese Kritikpunkte greift Bentele auf. Er stellt zunächst fest, dass Public Relations interessenbezogene Kommunikation betreiben. Ihr Kennzeichen sei die

„legitime und notwendige Selbstdarstellung für bzw. im Auftrag einer Institution“

(Bentele 1996: 13). Public Relations sind, so Bentele und Seidenglanz, „das Management von Informations- und Kommunikationsprozessen von Organisationen mit deren internen und externen Teilöffentlichkeiten bzw. Stakeholdern, wie Medien/Journalisten, Mitarbeitern, Nachbarn, Politikern, Anlegern etc“ (2004: 7).

Journalismus setzt Bentele als „Fremddarstellung von Ereignissen, Handlungen und Institutionen“ (1997: 23) entgegen. Journalismus könne auch interessenbezogene Kommunikation betreiben. Dies sei jedoch nicht das primäre Anliegen. Vorrangig soll er „Themen, die anderen Interessenbereichen als diejenigen des eigenen Hauses“

entstammen, aufgreifen (ebd.). Bentele meint damit das Aufnehmen von Themen aus der Öffentlichkeit, dem vorrangigen Auftraggeber des Journalismus.

TAB.1:Abgrenzung Journalismus – Public Relations19

Merkmal Journalismus Public Relations

Zielsetzung Informationsvermittlung20 an die Öffentlichkeit Auftraggeber Öffentlichkeit,

Medienunternehmen Wirtschaftsunternehmen, Verbände oder Institutionen Informationsvermittlung direkt indirekt

(über mediale Vermittlung) Funktionen tagesaktuelle Beschaffen,

Auswählen, Bearbeiten und Veröffentlichen von Informationen

kurz- und langfristige Beschaffen und Vermitteln von Themen und

Informationen

19 Entsprechend der Arbeitsdefinition beschränkt sich die Darstellung auf die indirekte Informationsvermittlung von Public Relations über ein Massenmedium. Die direkte Informationsweitergabe wird ausgeblendet. Bentele und Seidenglanz schlagen die weiteren Abgrenzungskriterien den Vergleich der Kommunikationsformen, -ziele oder -instrumente sowie die Auftraggeber, Funktionen und Themenspektren vor (vgl. 2004: 47).

20 Der Informationsbegriff umfasst nicht nur Informationen im Sinn von Nachrichten. Die Vermittlung von Meinungen, das Üben von Kritik und Kontrolle fallen ebenso darunter, wie die Information durch Unterhaltungsangebote. Vgl. zur Debatte um Information und Unterhaltung Klaus(1996).

2 Blicke auf Journalismus und Public Relations 20