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Das einheitliche Gewinnanteils feststellungsverfahren

Im Dokument Dorothea Degenhard (Seite 173-178)

H. Einführung

I. Zur Vergleichbarkeit der beiden Veranlagungs- Veranlagungs-systeme unter dem Blickwinkel der unmittelbaren

2. Das einheitliche Gewinnanteils feststellungsverfahren

Es unterfallen aber noch weitere Sachgegenstände der einheitlichen Entschei-dung des gesonderten und einheitlichen Gewinn- bzw. Einkünftefeststellungsver-fahrens gem. § 179 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 180 Abs. 1 Nr. 2.a) AO. Wie bereits zuvor festgestellt, ist im Rahmen des Gewinnfeststellungsverfahrens auch darüber zu entscheiden, wie sich der festgestellte Gewinn auf die Gesellschafter verteilt.

a) Die Gewinnanteile als die in einem bloßen Sachzusammenhang stehenden Sachgegenstände

Das Einkommensteuerrecht bleibt der Personengemeinschaft als Steuer-pflicht(en)träger nicht verhaftet, um das daraus entstehende Steuerschuldver-hältnis zu bestimmen. Bereits im Rahmen der gesonderten Veranlagung ist von Bedeutung, dass die Personengemeinschaft Teile des Besteuerungstatbestandes zwar verwirklicht hat, dieser aber der Gesellschaft wegen mangelnder Steuer-pflichtigenstellung nach § 1 EStG keineswegs (und der Gesetzgeber beschreitet diesen Weg auch explizit nicht, indem er nur den Gewinnanteil besteuert) zuge-rechnet werden kann. Das bedeutet konkret: Das erzielte Einkommen von

Perso-nenzusammenschlüssen oder Gemeinschaften wird anteilig unmittelbar den beteiligten natürlichen Personen als eigene Einkünfte zugerechnet und bei diesen nach deren persönlichen Merkmalen der Ertragsbesteuerung unterworfen, da einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 EStG ausschließlich natürliche Perso-nen sind.531

Als feste Größe nimmt der Gemeinschafter mit in sein Verfahren seinen Gewinnanteil, somit seine gewerblichen Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 S. 1 1 Hs.

EStG und nach der Formulierung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. EStG seine gewerb-lichen Einkünfte unter Hinzunahme der sog. Sondervergütungen, vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. EStG. Soweit es sich um eine natürliche Person handelt, werden hiermit seine eigenen (Beteiligungs-)Einkünfte ermittelt.

Die Höhe der einzelnen Beteiligungseinkünfte richtet sich nach dem Umfang des Geschäftsgewinns. Das allein macht sie aber nicht zu einheitlichen Einkünf-ten. Der Gegenstand, Anteil am Geschäftsgewinn des Beteiligten, ist je nach Per-son verschieden. Es handelt sich dabei um mehrere, voneinander prinzipiell unabhängige Feststellungen, die nur in einem einheitlichen Sachzusammenhang stehen. Dies gilt insofern, als die Gewinnanteilsverteilung ebenfalls eine mittel-bar gemeinschaftsbezogene Angelegenheit ist, da der Umfang der Gewinnanteile in der Summe nicht höher als der Gesamtgewinn sein kann.

Erst die Anordnung der einheitlichen Feststellung, § 179 Abs. 2 S. 1 und S. 2 2.

Alt. AO, gibt dem das Feststellungsverfahren nun abschließenden Verwaltungsakt seinen Charakter. Diese Anordnung auf dem Boden der Zusammenfassung der Anteile in einer Feststellung erfolgt vor allem zur Vermeidung einander wider-sprechender Entscheidungen in gleicher Sachangelegenheit.

Aus dem Vorstehenden lässt sich also ersehen, dass die notwendige Einheit-lichkeit der Entscheidung entweder aus verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten heraus vorgeschrieben sein kann oder aus sachlichem Recht heraus ergehen muss. Die dem gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid gem. § 179 Abs. 1 AO wie auch die dem Aufteilungsbescheid gem. § 279 Abs. 1 AO zugrunde liegenden Entscheidungen sind teilweise oder ganz als einheitliche Entscheidungen aus formalem Recht einzuordnen, wiewohl die Entscheidung über den Gewinn bereits aus der Sache heraus einheitlich ergehen muss.

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531 BFH v. 03.05.1995, GrS 3/92, BStBl. II 1995, 616; v. 03.07.1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl. II 1995, 617, 620 f.; Hiller/Rogall, St & Stud 2001, 478.

b) Das Kriterium der Zurechnung der Einkünfte in Höhe des Gewinnanteiles als nicht ausdrückliches Tatbestandsmerkmal

Es liegt hier eine Synthese aus kollektiver und individueller Tatbestandsverwirk-lichung vor. Nur die Teile des Gewinns, an denen mehrere Personen beteiligt sind, unterliegen, wie im Obigen erläutert, dem steuerlichen Zugriff, vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2a) EStG. Dabei wären die Einkünfte nach einkommensteuerlichen Grundsätzen eigentlich der Personengemeinschaft zuzurechnen. Das entschei-dende Tatbestandsmerkmal der Einkommensteuerpflicht ist das Erzielen von Einkünften, vgl. § 2 Abs. 1 EStG. Das wiederum gelingt demjenigen, der den Tat-bestand der entsprechenden Einkunftsart verwirklicht hat, also im Vorliegenden der Personengesellschaft bzw. gemeinschaft.532 Ist dieses geschehen, bedarf es grundsätzlich nicht noch einer besonderen Zurechnung des Steuerobjektes zum Steuerpflichtigen.533 Diese simple Folge ergibt sich bereits aus der Fokussierung eines bestimmten Steuerpflichtigen hinsichtlich dessen erwerbswirtschaftlicher Betätigung.534 Es geht also im Regelfall nicht darum, die Ergebnisse aus einem verwirklichten Tatbestand in einem weiteren Schritt wiederum einem anderen Steuerpflichtigen zuzuordnen.535

Stehen nun mehrere Personen und zugleich ihr Zusammenschluss im Zusammenhang mit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung, sieht dies anders aus.536 Die einkunftserzielende Tätigkeit wird von den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen oder gemeinschaftlichen Verbundenheit ausgeführt, sodass sie gemeinschaftlich den Tatbestand einer Einkunftsart verwirklichen. Der Gesetzgeber besitzt in den Zwängen der Individualbesteuerung nicht die Mög-lichkeit, den steuerlichen Zugriff auf das gesamte Erwerbsobjekt, sprich die Ver-wirklichungsbasis, zu richten. Diesem nachgebend fokussiert er stattdessen schuldbegründend nur den Gewinnanteil des am Betrieb des Unternehmens

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532 Kirchhof in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rdnr. B 219 m. w. N. (34. Erg.-Lfg. April 1992).

533 Niemann, IFSt-Schrift 251, Bonn 1985, S. 30.

534 Hensel, StRecht, 3. Aufl. (1933), S. 59: Die Frage der Zurechnung ergebe sich t unbe

535 Musil in H/H/R, EStG und KStG, § 2 EStG Anm. 114 (Lfg. 252 Juli 2012).

536 Die subjektive Zuordnung des Einkommensteuerobjektes zum jeweiligen Steuerpflichtigen, sprich Zurechnung des Einkommensteuerobjektes zum jeweili-gen Steuerpflichtijeweili-gen, spielt immer dann eine besondere Rolle, wenn dafür mehrere Personen infrage kommen.

beteiligten Mitunternehmer ausweislich des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.537 Trifft man die Entscheidung, den Besteuerungszugriff auf den Gewinnanteil zu richten, so wird das erzielte wirtschaftliche Ergebnis der dahinterstehenden einzelnen Per-son zugerechnet.538

Diese Zurechnung bestimmt sich dann danach, ob und inwieweit die Mit-unternehmerstellung des Einzelnen besteht. Hieraus ergibt und bemisst sich somit wiederum das einkommensteuerliche Objekt der Besteuerung. Durch die Hereinnahme des Kriteriums der Zurechnung in den Kanon der Kriterien tatbe-standlicher Erfassung von Einkünften i. S. des Einkommensteuergesetzes wird erst abschließend über die Entstehung von Einkünften beim individuellen, d. h.

nach einkommensteuerlichen Grundsätzen respektierten Steuersubjekt entschie-den.539 Der Gesellschafter als Subjekt der Einkommensteuer verwirklicht den ent-scheidenden Einkünftetatbestand. Man zeichnet hierbei praktisch nach, dass die Einkünfte selbst von einem Tatbestandssubjekt auf ein anderes nachfolgend über-tragen werden. Es handelt sich hier praktisch um einen gespaltenen bzw. gesplit-teten Tatbestand. Weder liegt eine Tatbestandsverklammerung vor540 noch

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537 Es spielt keine Rolle, ob der jeweilige Gewinnanteil entnommen wird oder nicht.

Es liegt also kein Erwerb der Einkünfte im eigentlichen Sinne vor, nämlich dass diese selbst in den rechtlichen Verfügungsbereich des Gemeinschafters gewechselt haben. Insofern fingiert man tatsächlich, um im einkommensteuerlichen System zu bleiben, dass die Einkünfte den Beteiligten steuerlich zuzurechnen sind.

538 Der Gemeinschafter bekommt den erwirtschafteten Erfolg zugerechnet, weil er den Tatbestand, der durch Verwirklichung erfüllt wird, im abstrakten Sinne als einer der einzeln der Gemeinschaft gegenüberstehenden Beteiligten mitverwirk-licht hat. Die zurechnungsbegründende Erwerbstätigkeit des einzelnen Gesell-schafters liegt nun nicht in der Marktteilnahme, sondern darin, dass er über die Art und Weise der Marktteilnahme mitbestimmen kann (Mitunternehmerinitia-tive) und dass er am Ergebnis beteiligt ist (Mitunternehmerrisiko). Das Kriterium der Marktteilnahme wird also auch in diesem Zusammenhang aufgeweicht und unter den obigen Voraussetzungen erweitert.

539 Tatbestandsverwirklichung und Zurechnung verlaufen im EStG oftmals nicht synchron, vgl. dazu auch Heuermann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 21 EStG Rn. 49 (EL 116 Aug. 2012).

540 So wie im Fall des § 24 Nr. 2 letzter Halbsatz EStG, in welchem der Einkünfte-erzielungstatbestand zwar teils durch den Rechtsvorgänger und teils durch den Rechtsnachfolger verwirklicht wird, wobei der Erbe den Einkünfteerzielungs-tatbestand nur durch die Einziehung der bereits in der Person des Erblassers begründeten Forderungen erfüllt, § 24 Nr. 2 letzter Halbsatz EStG aber in der Weise zur Schließung einer sonst bestehenden Besteuerungslücke konstitutiv regelt, dass die vom Rechtsvorgänger erfüllten Tatbestandsmerkmale dem Rechtsnachfolger

zuge-delt es sich um eine Zurechnung, bei der derjenige, dem die Zurechnung gegen-über erfolgt, in die Rolle des Einkünfteerzielenden unmittelbar einrückt.541

§ 2 Abs. 1 EStG definiert den sachlichen Grundtatbestand des Einkommen-steuergesetzes über die Erzielung von Einkünften, die in diesem abschließend aufgeführt sind. Das Einkommensteuerobjekt, das den Steuerpflichtigen in die Tatbestandspflicht im schuldbegründenden Sinne führt, ist die Erzielung von Einkünften i. S. d. unmittelbaren Tatbestandsverwirklichung gem. § 38 AO i. V. m. § 2 Abs. 1 EStG und dem jeweiligen Einkünftetatbestand des Einkommen-steuergesetzes in den §§ 13 ff. EStG. Das Einkommensteuerobjekt, das den erwerbswirtschaftlich gemeinschaftlich agierenden Steuerpflichtigen in die Steuerpflicht im schuldbegründenden Sinne führt, sind die erzielten Einkünfte aus einer bestimmten Erwerbsgrundlage, die ihm zuzurechnen sind.542

Der jeweilige materielle Gehalt dieser stufenförmigen Verwirklichung des steuerschuldbegründenden Tatbestandes wird auch daran ersichtlich, dass auf der 1. Stufe der Gewinnermittlung die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Gemeinschaft in der Qualifizierung der Einkünfte zunächst bestimmend wirkt.

Die hier zu ermittelnde Besteuerungsgrundlage des Gewinnanteils des einzelnen Gesellschafters wird also für diesen Moment zumindest einkunftsartleitend fest-gestellt.543

Wichtig ist demnach der steuersystematische Aspekt der materiellen Unter-scheidung zwischen der Steuerpflicht im schuldbegründenden und der im schuldtragenden Sinn. Spaltet sich der Tatbestand der Steuerpflicht im schuldbe-gründenden Sinn, so kann wie hier die Personengemeinschaft als Steuer-pflicht(en)träger fernab jeder Steuerpflicht im schuldtragenden Sinn stehen. Das muss aber nicht immer so sein, so wie möglicherweise im Fall der Ehegattenge-meinschaft als EinkommenserwerbsgeEhegattenge-meinschaft.

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rechnet werden, da der frühere Rechtsträger nicht mehr vorhanden ist, vgl. z. B.

Schmidt/Wacker, EStG, 33. Aufl. (2014), § 24 Rz 51 m. w. N. d. Rspr.

541 So z. B. im Fall des § 28 EStG, vgl. dazu noch unt. Teil IV Kap. M.III.3.b), S. 239 f.

542 grundlage für die

640 f. A. A. u. a. Pinkernell, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, 2001, S. 51, der u. a. in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG keine Zurechnungsnorm sieht.

Man müsse sich an dieser Stelle dessen bewusst sein, dass es eine vollends entwickelte Dogmatik des Handlungs- und Erfolgstatbestandes inklusive etwaig erforderlicher Merkmale subjektiver Zurechnung im Ertragssteuerrecht noch nicht gibt. Vgl. wiederum u. a. Pinkernell, a. a. O., S. 18.

543 Pinkernell, a. a. O., 2001, 51.

Aber zunächst zurück zur Situation der Personengesellschaft als Einkünfteer-werbsgemeinschaft. Keiner der beiden Steuerobjektträger verwirklicht den Tatbe-stand danach vollends allein. Diese Unterteilung drückt sich in der bloßen Zuordnung des vollen Steuerobjektes zur Gemeinschaft aufgrund deren Verwirk-lichung des Tatbestandes bzw. Tatbestandsmerkmals aus sowie der ihr nachfol-genden Zurechnung des anteiligen Steuerobjekts zum Gemeinschafter durch Bestimmung des anteiligen Gewinnanteils zum maßgeblichen Steuerobjekt.

Grundsätzlich ist hier festzuhalten:

(1) Da die Einkommensteuer entsprechend ihrer Systematik nur die einzelnen Tatbestandsgemeinschafter erfassen kann, ist es im Vorliegenden unablässig, von der Regelzurechnung abzuweichen. Wenn aufgrund gemeinschaftlicher Tatbestandsverwirklichung, Tatbestandsverwirklichung und die Person des steuerlich heranzuziehenden individuellen Steuerpflichtigen nicht deckungs-gleich sind, erlangt das Merkmal der Zurechnung durch sinngemäße Verwen-dung den Charakter eines Kriteriums zur Bestimmung des einzelnen Steuer-pflichtigen bzw. Steuerschuldners.

(2) Man ist hier bereits während des einheitlichen Verfahrens ganz offensichtlich um die Durchsetzung des Grundsatzes der Individualbesteuerung bemüht, der das Einkommensteuergesetz dominiert, d. h. ausschließlich natürliche Perso-nen sind einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 EStG. Phasenweise sind die Beteiligten, so die einzelnen Gesellschafter als getrennte Steuersubjekte zu betrachten, nämlich dort, wo es um die Gewinnanteile der einzelnen Gesell-schafter geht. Dabei ist aber genau auseinanderzuhalten, dass hier zwar in Bezug auf den Einzelnen, aber aufgrund gesetzlicher Anordnung nicht einzeln, sondern einheitlich entschieden wird.

III. Der Gebrauch verschiedener Veranlagungsverfahren und

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