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Die Auffassungen in der Literatur

Im Dokument Dorothea Degenhard (Seite 71-77)

A. Die steuerrechtliche Ausgangslage

I. Die steuerrechtlichen Vorgaben

2. Die Auffassungen in der Literatur

Die herrschende Meinung (h. M.) in der Literatur folgt der Rechtsprechung des BFH. Sie lehnt eine notwendige Hinzuziehung bzw. Beiladung aus den oben benannten Gründen ebenfalls grundsätzlich ab.192 Auch durch die erweiterte Fas-sung des § 26b EStG 1975 seien gegenüber der früheren Rechtslage weder in materiell-rechtlicher Hinsicht noch auf verfahrensrechtlichem Gebiet Neuerun-gen gebracht worden.193 So habe der Gesetzgeber den § 26b EStG 1975 zwar neu gefasst, aber die dazugehörigen Verwaltungsrichtlinien unverändert gelassen, vgl.

Abschn. 174b Abs. 1 S. 2 EStR a. f., denn damals wie heute werde dort nur eine gesonderte, aber keine einheitliche Ermittlung der Einkünfte angewiesen.194 Der

Maßgabe, ndert

zu ermitteln , entspricht die Grundhaltung, dass die Ehegatten aufgrund der getrennten Ermittlung ihrer Einkünfte seit der modifizierten

Zusammenveranla-____________________________

192 So u. a. Ettlich in Blümich EStG/KStG/GewStG, § 26b EStG Rz. 45 (EL 115 Apr.

2012); Heuermann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 26b EStG Rz. 45 (EL 95 Mai 2007); Lochte in Frotscher, EStG, § 26 Rz. 95 (168. Lfg. 3/2012); Dürr in Frotscher, EStG, § 26b Rz. 25 (137. Lfg. 3/2007); Nissen in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bor-dewin, EStG, § 26b Anm. 9b (149. Erg.-Lfg. Nov. 1995); HHR/Pflüger, EStG und KStG, § 26b EStG Anm. 70 (Lfg. 258 Juli 2013); Schneider in Kirchhof/Söhn, EStG,

§ 26b Rdnr. A 130 (196. Aktual. April/2009); Littmann, EStG, 11. Aufl. (1974), § 26b EStG a. f. RdNr 2; Bartone in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 360 AO Rz. 19 (86.

Erg.-Lfg.-Febr. 2011); Brandt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 60 FGO Rz. 140 (31.

Erg.-Lfg. Juli 2001); Leipold in H/H/Sp, AO/FGO, 10. Aufl., § 60 FGO Rz. 99 (Lfg.

224 Sept. 2013); Spindler in H/H/Sp, AO/FGO, 10. Aufl., § 60 FGO Rz. 75 (Lfg. 187 Nov. 2005); Dumke in Schwarz, FGO, § 60 Rz. 25 (35. Lfg. 11/2010); Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 60 FGO Tz. 57 (Lfg. 134 Okt. 2013); Klein/Brockmeyer, AO, 11. Aufl. (2012), § 360 Rz 9; Hardtke in Kühn/von Wedelstädt, AO u. FGO, 20.

Aufl. (2011), § 360 AO Rz. 7; Lohmeyer in Pump/Lohmeyer, AO, § 360 Rz. 6a (6.

Lfg. Juli 2000); Beck, StuW 1977, 47; Dötsch in Inf 2006, 601; Eberl, DB 1984, 2382, u. DStR 1983, 418; Fichtelmann, FR 1971, 260, 261; Hellinger, BB 1977, 1196, u.

DStR 1977, 127; Huxol, DStR 1982, 285; Jakob, Steuern vom Einkommen, 1980, § 8, 2, S. 189; Lippross, DB 1984, 1850; Mittelbach, DStR 1969, 451; Woerner, BB 1967, 241, 243.

193 Vgl. dazu u. a. Orlopp (BMF), DB 1976, 114, 115 (Fortsetz. aus DB 1976, 75, u. 15);

Schneider in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 26b Rn 3 (101. Erg.-Lfg. Sept. 2013).

194 Vgl. Abschn. 174b Abs. 1 S. 1 Einkommensteuer-Ergänzungsrichtlinien für das Kalenderjahr 1972 (EStR 1975), BStBl. I 1976, Sondernr. 2, u. übereinstimmend bereits Abschn. 174b Abs. 1 S. 2, Einkommensteuer-Richtlinien für das Kalen-derjahr 1958 (EStR 1958), BStBl. I 1959, 386, 474, damals noch ohne obige Überschrift, dafür unter Verweis auf BFH v. 18.04.1958 VI 17/58 U, BStBl. III 1958, 294. Zu der heutigen Lage s. inkl. Nw. unten Teil IV Kap. M.IV.5.b)(2)(b), S. 273 f.

gung nicht mehr, wie dies früher angenommen wurde, eine Personaleinheit bzw.

195 Über eine evtl. im formal-rechtlichen angelegte, den materiell-rechtlichen Grundsätzen aber entsprechend nachgeord-nete partielle Gemeinschaftsbesteuerung der Ehegatten wird trotz der so gängi-gen Berufung auf die Ehegattengemeinschaft als Erwerbsgemeinschaft nicht nachgedacht, sodass auch formalrechtlich der Gedanke eines gesonderten und einheitlichen Zusammenveranlagungsverfahrens sowie eines einheitlichen Zu-sammenveranlagungsbescheides und damit einer gemeinschaftsbezogen gehand-habten Zusammenveranlagung des Fiskus gegenüber den Ehegatten nicht disku-tiert wird. Der Gesetzgeber habe vielmehr die bisherige Rechtslage durch § 155 Abs. 2 AO 1977 (seit 29.08.1980 § 155 Abs. 3 AO) festgeschrieben196 und der BFH hat diese mehrfach bestätigt.197

Einige wenige erachten eine notwendige Hinzuziehung entgegen der h. M. für stets198 oder bedingt199 erforderlich und andere wiederum stehen der

herrschen-____________________________

195 Vgl. u. a. Stegmaier, FR 1961, 474, 475.

196 Vgl. u. a. Hellinger, DStR 1977, 127, 129: Mit der Regelung des § 155 Abs. 2 AO 1977 a. f. sei man jener Auffassung (in Anspielung auf die obige Rechtsprechung der Finanzgerichte), die Zusammenveranlagung aus der üblichen Behandlung der Gesamtschuldnerschaft bei der Steuerfestsetzung herauszunehmen, zumindest expressis verbis nicht gefolgt. A. A. R. Meyer, FR 1984, 30, 31.

197 Stephan in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 26b Rn 57 m. w. N. (Jan. 1988).

198 Riewald in Becker/Riewald/Koch, RAO, Bd. I, 9. Aufl. (1963), § 7 StAnpG Anm. 4 (4); Blümich-Falk, EStG, 9. Aufl. (1964), § 26b Anm. 2g; Szymczak in Koch/Scholtz, AO, 4./5. Aufl. (1993/6), § 360 Rz. 12/4; Tormöhlen in Korn, EStG, § 26b Rz. 13 (65.

Erg.-Lfg./Apr. 2012); Kühn in Kühn-Kutter-Hofmann, AO-FGO, 17. Aufl. (1995),

§ 360 AO Anm. 2b; Riewald in Becker/Riewald/Koch, RAO, Bd. III, Köln (1968),

§ 60 FGO Anm. 3, a (6); Ziemer-Birkholz, FGO, 3. Aufl. (1978), § 60 Tzn. 60, ausdrückl. auch für unter der Rechtslage des § 26b EStG 1975; Birken-feld/Daumke, Das neue außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren, 2. Aufl. (1996), Kap. IV Rz. 120; Ziemer/Haarmann/Lohse, Rechtsschutz in Steuersachen, 1977,

§ 360 III1 AO Tz. 2181; Burkhard, DStZ 1998, 829, 832; Dißars, Stb 1997, 340, 345/6;

Flies, DStR 1998, 1077, 1080; Krumsiek, Die Zusammenveranlagung zur Einkom-mensteuer, 1966, S. 137; Martens, VerwArchiv, Bd. 60 (1969), S. 197, 221; R. Meyer, FR 1984, 30, 34; Preißer, Die Gesamtschuld im Steuerrecht nach der AO 1977, S.

204; Teichner, StBg 1965, 250. Früher auch Spindler in H/H/Sp, AO/FGO, § 60 FGO Rz. 26 (Lfg. 112 Juli 1985) u. Schmidt/Seeger, EStG, 4. Aufl. (1985) bis 8. Aufl.

(1989), § 26b Anm. 4.

199 V. Wedel in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 360 AO Rz. 13 (20. Erg.-Lfg.-Juli 1999);

Klein/Brockmeyer, AO, 11. Aufl. (2012), § 360 Rz 9; Klein/Orlopp, AO, 2. Aufl.

(1979), § 360 Anm. 3c. So sei im Einzelfall danach zu unterscheiden, ob wegen des nach § 279 Abs. 1 S. 1 AO erforderlichen einheitlichen Aufteilungsbescheides zwischen den Ehegatten nur eine gleichlautende Entscheidung getroffen werden

den ablehnenden Auffassung zumindest recht kritisch gegenüber.200 Den strikten Befürwortern gemein ist die Auffassung, dass eine fortlaufend übereinstimmende Steuerfestsetzung gegenüber den Ehegatten ausschließlich durch notwendige Hinzuziehung erzielbar ist. Eine Unterscheidung der durch die Finanzbehörde im vorliegenden zu treffenden steuerfeststellenden oder steuererhebenden Entschei-dungen erfolgt nicht. So heißt es dementsprechend undifferenziert

Zusammenveranlagung jedoch beibehalten werden, müsse die Rechtsbehelfsent-scheidung auch gegenüber dem Betroffenen wirken, der selbst keinen Rechtsbe-helf eingelegt hat.201 Wie weit dieser Vorgang der echten Zusammenveranlagung jedoch geht, wird nirgendwo eingehend untersucht.

Allerdings wurde der BFH ob seiner Haltung, der Zusammenveranlagungsbe-scheid stelle lediglich mehrere selbstständige Verwaltungsakte dar, des Öfteren angegriffen. Zwei dieser auch ansonsten gegenläufigen Meinungen sollen hier kurz skizziert werden:

Rößler hielt der h. L. vor, dass die Probleme, die im Zusammenhang mit der vorliegenden Thematik auftauchen, vorwiegend mit dem nach wie vor ungeklär-ten Wesen des Zusammenveranlagungsbescheides von Ehegatungeklär-ten zusammenhän-gen würden.202 Gebote der Logik und des Rechtsgefühls wiesen darauf hin, dass gegen zusammenveranlagte Ehegatten nur ein Steuerbescheid ergehen könne.

Wer nur ein Einkommen habe und eine einheitliche Steuer schulde, stelle nicht eine Mehrheit von Schuldnern dar, denen jeweils ein eigenständiger Bescheid zu erteilen sei.203

Flies warf dem einheitlichen Bescheid zugeneigt die Frage auf, warum es im Abschluss der Zusammenveranlagung mehrere einzelne selbstständige Bescheide sein sollten, die nur irgendwie inhaltlich aufeinander abgestimmt sind? Selbst wenn an die Ehegatten zwei Bescheide über die aufgrund der Zusammenveran-lagung festgesetzte Einkommensteuer ergehen, so lasse das äußere Erscheinungs-bild noch nichts über den Inhalt der Bescheide erkennen. Vergliche man hierbei

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A. Beck, StuW 1977, 47; Seeliger, DStR 1966, 406, 407; Völker, DStZ 1986, 297.

200 Seiler in Kirchhof, EStG, 12. Aufl. (2013), § 26b Rn. 14, u. Schmidt/Seeger, EStG, 33. Aufl. (2014), § 26b Rz 15/8; sowie Heinke, DStZ 2000, 95, 96.

201 Kühn in Kühn-Kutter-Hofmann, AO-FGO, 17. Aufl. (1995), § 360 AO Anm. 2b);

ebenso in der Zielrichtung: Ziemer/Haarmann/Lohse, Rechtsschutz in Steuer-sachen, 1977, § 360 III1 AO Tz. 2178 f.; Rößler, BB 1983, 626, 630, u. DStR 1984, 359; R. Meyer, FR 1984, 30; Lippross, DB 1984, 1850.

202 FR 1985, 393, 399.

203 BB 1983, 626, 628.

Zusammenveranlagungsbescheide und einheitliche Feststellungsbescheide, so seien äußere Unterschiede nicht festzustellen: In beiden Fällen werden Besteue-rungsgrundlagen mehrerer Beteiligter in einem steuerlichen (Feststellungs- oder Festsetzungs-)Vorgang erfasst und dessen Ergebnisse werden in einem Bescheid zusammengeführt und dieser zusammengefasste Bescheid werde allen Beteiligten bekanntgegeben.204

Sowohl früher aber auch unmittelbar nach Erlass des § 26b EStG 1975 gab es Zweifler an der herrschenden Lehre und zwar auch an führender Stelle im Mei-nungsstand, die sich sowieso nur ein echtes Zusammenveranlagungsverfahren (ein einziges und stets gemeinsames Verfahren beider Ehegatten) mit einheitli-cher Entscheidung im Bereich des materiellen Einkommensteuerrechts vorstellen konnten.205 Selbst der BFH hat früher gelegentlich angemerkt, dass der nach Abschluss der Zusammenveranlagung ergehende Steuerbescheid eigentlich als einheitlicher Veranlagungsbescheid zu begreifen ist. Soweit die festgesetzte Ein-kommensteuer auf die Einkünfte eines der weiteren zusammenveranlagten Steuerpflichtigen entfalle, sei der Steuerbescheid seinem Inhalt nach auch gegen diesen Steuerpflichtigen gerichtet.206 Dies hat er wenig später noch ein zweites Mal aufgegriffen und noch umfassender ausgeführt: Der Zusammenveranla-gungsbescheid müsse, selbst wenn er nur an einen Beteiligten adressiert ist, um der Zusammenfassung der Einkünfte willen doch als gegen alle Beteiligten gerichtet angesehen werden. Der Bescheid sei eine allen Beteiligten gegenüber

d-____________________________

204 Siehe Flies, DStR 1998, 1077, 1079, auch zu weiteren Einwänden gegen die Haltung der h. L. Vielleicht so heißt es müsse man über das Dogma nachdenken, zusammengefasste Steuerbescheide enthielten lediglich aus Zweckmäßigkeits-gründen verbundene, in der Sache selbstständige Verwaltungsakte, so Trzaskalik in H/H/Sp, AO/FGO, § 155 AO Rz. 56 f. (Lfg. 176 März 2003).

205 Vgl. u. a. Zimmermann, EStG, 1. Aufl. (1921), § 16 Anm. 7; Blümich-Schachian, EStG, 1925, Anm. 2 zu § 22, Anm. 7 zu § 23; von Wallis in H/H/Sp, 1.-5. Aufl.,

§ 155 AO Rdn. 31; Schmidt/Seeger, EStG, 1.-4. Aufl. (1982-1985), § 26b Anm 3. So auch Gmach, BB 1981, 726, 728, und weitere im Folgenden.

206 Die Haushaltsgemeinschaft gelte dabei als Einheit, gegen die die Einkom-mensteuer festzusetzen sei, BFH v. 12.01.1968 VI R 287/66, BStBl. II 1968, 362, 363, für den Fall der Veranlagung mit Kindern, § 27 EStG a. f.; zuvor schon ebenso Veranlagung richte sich gegen beide Ehegatten. Sie seien aber keine Einheit in der Per

lung des Finanzamtes im Sinne des § 147 Abs. 1 AO a. f.207 208 Über die Hand-habbarkeit der personell und sachgegenständlich einheitlichen Entscheidung dachte man jedoch generell nicht weiter nach.

Einige knüpften in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der h. L. auch Paral-lelen zum einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren: Die Zusammenveranla-gung gleiche in ihrem Vorgehen und ihrer Wirkungsweise dem gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren.209Wie in den Fällen der einheitlichen Fest-stellungsbescheide läge eine der Doppelwirkung ähnliche Wirkung vor.210 Es könne nur eine einheitliche Entscheidung getroffen werden, die sich gegen alle Zusammenveranlagten richte; zur technischen Durchführung, um die Einheit-lichkeit der Steuerfestsetzung zu wahren, biete sich das in § 239 AO a. f. (s. o.) für die einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vorgesehene Verfahren an.211 Nach neuer Rechtslage sei die Notwendigkeit der Zuziehung sichergestellt, wenn eine der dem § 65 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechende Regelung zugleich für das Steuerverfahren eingeführt werde, wonach nicht der Bescheid, sondern nur die einheitliche Entscheidung für die Anwendbarkeit des Rechtsinstitutes der notwendigen Beiladung wesentlich sei.212 Im Speziellen for-derte man auch, dass der eigentliche Zusammenveranlagungsbescheid in seiner Zielsetzung der einheitlichen Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen dem ein-heitlichen Feststellungsbescheid gem. § 179 Abs. 1, 2 S. 2 AO übereingesetzt wer-den müsse. Auf dieser Grundlage plädierte man ebenfalls für eine notwendige Hinzuziehung bzw. Beiladung in entsprechender Anwendung der Grundsätze einheitlicher Gewinnfeststellungsbescheide.213

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207 RAO v. 22.05.1931, RGBl. I 1931, 161. Es geht dort u. a. um verjährungsunter-brechende Handlungen des Finanzamtes im Hinblick auf den Steueranspruch.

208 BFH v. 22.10.1971 VI R 235/69, BStBl. II 1972, 297, 300 m. w. N.

209 Ziemer/Haarmann/Lohse, Rechtsschutz in Steuersachen, 1977, § 360 III1 AO Tz.

2178; Blümich-Falk, EStG, 6. Aufl. (1951), 26b Anm. IV 2).

210 Ziemer/Haarmann/Lohse, a. a. O., § 360 III1 AO Tz. 2178.

211 Riewald in Becker/Riewald/Koch, RAO, Bd. I, 9. Aufl. (1963), § 7 StAnpG Anm. 4 (4).

212 Riewald, a. a. O. § 7 StAnpG Anm. 4.

213 Martens, StuW 1970, 604, 605. Der gravierendste Einwand hiergegen lautete, die Grundsätze des einheitlichen Feststellungsverfahrens könnten aber auf die zusammengefassten Bescheide nach § 210 Abs. 2 AO (heute § 155 Abs. 3 AO 1977) nicht übertragen werden, weil sie nicht die Feststellung von Besteuerungs-grundlagen, sondern die Festsetzung von Steueransprüchen (§ 213 Abs. 1 AO heute § 155 Abs. 1 AO 1977) zum Gegenstand haben, vgl. Brauel, StW 1961, Sp.

701, 707.

Alle diese kritischen Meinungen mit ihren guten und verständlichen Ansätzen haben der herrschenden Lehre jedoch bisher keinen Anlass für ein Umdenken geben können. Viele aus dem Lager der h. L. vertreten immerhin die Auffassung, dass bei der Zusammenveranlagung nach § 26b EStG stets eine einfache Hinzu-ziehung gem. § 360 Abs. 1 AO bzw. die einfache Beiladung gem. § 60 Abs. 1 FGO des den Einspruch/die Klage nicht betreibenden Ehegatten möglich bzw. zulässig sei.214 Mancher ist gar der Auffassung, dass dadurch in jedem Falle divergierende Steuerfestsetzungen ausgeschlossen sind.215 Andere erklären sie nur im Ein-klang mit der obigen Haltung der Finanzverwaltung für empfehlenswert.216 Wiederum andere halten nur unter bestimmten Umständen eine einfache Hinzu-ziehung, § 360 Abs. 1 AO, bzw. Beiladung, § 60 Abs. 1 FGO, für geboten, so z. B.

mit Blick auf die Aufteilungsvorschriften der §§ 268 ff. AO, wenn beide Ehegat-ten Einkünfte haben217 oder wenn die aufgrund des Rechtsbehelfs des einen ergangene, für diesen günstige Entscheidung notwendigerweise umgekehrt den anderen Ehegatten benachteiligen muss, z. B. beim Streit um die Zurechnung von Einkünften218 oder beim Streit über die Wahl der Zusammenveranlagung219. Andere lehnen sie stets ab, da keine rechtlichen Interessen des anderen

Gesamt-____________________________

214 So u. a. Schmieszek in Bordewin/Brandt, EStG, § 26b Rz. 43 (339. Aktual., Febr.

2012); Nissen in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, EStG, § 26b Anm. 9b (149.

Erg.-Lfg. Nov. 1995); Dürr in Frotscher, EStG, § 26b Rz. 25 (137. Lfg. 3/2007);

Bartone in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 360 AO Rz. 19 (86. Erg.-Lfg.-Febr. 2011);

v. Wedel in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 360 AO Rz. 13 (20. Erg.-Lfg.-Juli 1999);

Birkenfeld in H/H/Sp, AO/FGO, § 360 AO Rz. 80 f. (Lfg. 208 Juni 2010); Hardtke in Kühn/von Wedelstädt, AO u. FGO, 20. Aufl. (2011), § 360 AO Rz. 7; Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 60 FGO Tz. 12 (Lfg. 70 Juni 1993) im Falle entgegenstehender Interessen der Ehegatten sei der Ermessensspielraum eingeschränkt; Baum in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. (1996), § 155 Rz. 32; Lohmeyer in Pump/Lohmeyer, AO, § 360 Rz. 11 (6. Lfg. Juli 2000); Eberhart, Das außer-gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren, S. 154.

215 Baum, a. a. O., § 155 Rz. 32.

216 Dumke in Schwarz, FGO, § 60 Rz. 25 (35. Lfg. 11/2010); Pahlke/Koenig, Komm. zur AO, 2. Aufl. (2009), § 360 Rz. 22; v. Wedel in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 360 AO Rz. 13 (20. Erg.-Lfg.-Juli 1999).

217 Woerner, BB 1967, 241, 243; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 60 FGO Tz. 57 (Lfg. 134 Okt. 2013).

218 Stephan in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 26b Rn 57 (Jan. 1988); Birkenfeld in H/H/Sp, AO/FGO, § 360 AO Rz. 25 (Lfg. 149/1996).

219 Dumke in Schwarz, AO, § 360 Rz. 20 (139. Lfg. 6/2010); s. a. BFH v. 09.03.1973 VI R 217/71, BFHE 109, 181, BStBl. II 1973, 557, 559, zur Überprüfung der Wahl der Veranlagungsart bei fehlendem Antrag des anderen Ehegatten zur Zusam-menveranlagung.

schuldners durch die Änderung der Steuerfestsetzung gegenüber dem Rechtsbe-helf oder Rechtsmittel einlegenden Ehegatten berührt werden könnten,220 oder immer dann, wenn das Rechtsmittel sich nicht auf die Einkünfte des anderen Ehegatten bezieht.221

Zum Teil wird auch für die Anwendung des § 174 Abs. 4 i. V. m. Abs. 5 AO ein-getreten, so z. B. wenn zwischen den Ehegatten Streit über die Zurechnung von Einkünften besteht.222 Dessen Anwendungsvoraussetzung ist u. a. die notwendige Beiladung des Dritten (z. B. des anderen Ehegatten), vgl. § 174 Abs. 5 S. 2 AO.

Überwiegend herrscht die Auffassung vor, dass unterschiedliche Entscheidun-gen rechtlich möglich sind und dass sich die Einkommensteuerbescheide geEntscheidun-gen- gegen-über Ehegatten in der Folge inhaltlich auseinanderentwickeln könnten;223 man-che erklären sie jedoch darin ausdrücklich für untunlich, da unlogisch.224 Es sei deswegen auch eine Änderung des Gesetzes im Rahmen einer AO-Novelle in der Diskussion, hieß es in der Vergangenheit,225 die dann aber wohl fruchtlos verlief.

Im Dokument Dorothea Degenhard (Seite 71-77)