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2 LITERATURÜBERSICHT

2.3 D IAGNOSTIK AM H ERZEN BEI M ENSCH UND P FERD

2.3.1 Kardiologische Untersuchung in Ruhe

Bei der kardiologischen Untersuchung des Pferdes stellt die Auskultation für den Pferdetierarzt die wichtigste Technik für die Aufdeckung von Herzarrhythmien und Herzgeräuschen beim Pferd dar (BLISSIT 1999). Sie ist auch beim Menschen Grundlage für alle weiterführenden kardiologischen Untersuchungsverfahren, wie z.B. die Elektrokardiographie, die Echokardiographie und die Herzkatheteruntersuchung (KAEMMERER 1983).

Die klinische Beurteilung von Herzgeräuschen, die Hinweise auf Herzinsuffizienzen liefern können, erfolgt international nach unterschiedlichem Standard durch eine Einteilung in verschiedene Grade je nach Lautstärke und Intensität des Geräusches (STADLER et al.

1995b, REEF 1995).

Die Elektrokardiographie dient beim Pferd lediglich zur Diagnostik von Herzrhythmusstörungen (DEEGEN 1981).

In den letzten Jahrzehnten haben echokardiographische Untersuchungen eine führende Rolle in der Diagnostik von Herzerkrankungen eingenommen (KÖSTER 1996). Dem Kliniker wird hiermit eine nicht invasive Möglichkeit gegeben, anatomische Strukturen, Herzdimensionen und die Funktion der Herzklappen zu beurteilen (FRÜHAUF 1994).

Eine veränderte kardiale Hämodynamik infolge unterschiedlicher Kardiopathien kann früher oder später zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, wie Dyspnoe oder frühzeitiger Ermüdung führen. Häufig stellen sich derartige Symptome beim Pferd erst unter stärkerer Belastung ein (FRÜHAUF 1994, BUBECK 2001, GEHLEN et al. 2003, 2004).

Hämodynamische Veränderungen zeigen sich sowohl beim Menschen, als auch beim Pferd vor allem durch intrakardiale Druckschwankungen, deren exakte Erfassung durch die invasive Herzkatheteruntersuchung bisher durch keine andere Technik ersetzt werden konnte (STADLER et al. 1995a, FRÜHAUF 1994, BUBECK 2001). So können, wie auch beim Menschen, mit dem Herzkatheter Änderungen des enddiastolischen Füllungsdruckes erkannt werden, die die hämodynamischen Verhältnisse bei verschiedenen Herzerkrankungen und somit die Prognose entscheidend beeinflussen (REINDELL 1984, BUCHWALSKY 1992).

Die erste Herzkatheteruntersuchung beim Pferd wurde 1844 von Claude Bernard durchgeführt, der sowohl den rechten, als auch den linken Ventrikel katheterisierte (COURNAND 1975).

Die Linksherzkatheterisierung erfolgt beim Pferd in Allgemeinanästhesie über die Arteria carotis und geht mit einer lagebedingten Beeinflussung der Hämodynamik einher, dagegen ist die Rechtsherzkatheterisierung über die Jugularvene am stehenden Pferd deutlich weniger invasiv (PATTESON 1996).

2.3.2 Kardiologische Untersuchung unter Belastung

Weil Symptome einer veränderten kardialen Hämodynamik häufig erst bei Belastung auftreten, kommen kardiologische Belastungsuntersuchungen, wie die Stressechokardiographie, als aktive körperliche oder passive medikamentelle Belastung in der Pferdemedizin immer häufiger zum Einsatz (REEF 2001, MARNETTE 2004).

Rechtsherzkatheteruntersuchungen beim Pferd wurden sowohl in Ruhe, als auch unter aktiven Belastungssituationen bereits von zahlreichen Autoren beschrieben (ERICKSON et al. 1990, MANOHAR 1993a, FRÜHAUF 1994, STADLER et al. 1995a, SEIFFERT 1997, BUBECK 2001, GEHLEN et al. 2003, 2004).

Dagegen sind Rechtsherzkatheteruntersuchungen unter medikamenteller Stressinduktion am stehenden, unsedierten Pferd bislang nicht durchgeführt bzw. publiziert worden.

2.3.2.1 Begriffsdefinitionen zur Belastung Stress

Aus dem Englischen übersetzt bedeutet „Stress“ Belastung, Spannung oder Druck.

Bereits 1936 formulierte SEYLE, dass Stress die körperliche Homöostase zerstöre, und dass die Stressantwort des Körpers sich in dem Versuch äußere, diese wiederherzustellen. Auch HAUG (1998) und McEWEN (1999) bezeichnen „Stress“ als übergeordneten Begriff für die Anpassungsreaktion eines jeden Organismus auf unterschiedliche physische und psychische Reize.

Dabei können bei Mensch und Tier eine Vielzahl unspezifischer Reize (starke körperliche Belastung, lange Transporte, emotionale Erregung, wie z.B. Angst, Ärger oder aber Krankheiten und Medikamente, etc.) als Auslöser für eine Stressreaktion verantwortlich sein (HENNESSY u. LEVINE 1979, WEINBERG u. LEVINE 1980, HORNBY 1989, RIETMANN 2003). Ein derartiger Stimulus löst vor allem zwei physiologische Reaktionskaskaden aus: zum einen die Aktivierung des sympathischen Nervensystems, bei der es über die sympatho-adreno-medulläre Achse zur Ausschüttung von Katecholaminen kommt. Das dazugehörige Verhalten ist als „fight or flight response“ bekannt (THEWS et al.

1999, MILLER 2001). Die andere Reaktionskette besteht aus einer erhöhten Sekretion von Kortikosteroiden aus der Nebennierenrinde. Folge der Sympathikusaktivierung ist eine gesteigerte Zirkulationsrate an Katecholaminen (Adrenalin, Noradrenalin), eine erhöhte Herzfrequenz, ein erhöhter Blutdruck, verstärkte Ventilation und Schwitzen (WALL 1992, HAUG 1998, VAN DIJK 2001, MARLIN u. NANKERVIS 2002).

Belastung

Belastung im medizinischen Sinne bedeutet, dass der Körper eine bestimmte Anforderung, Reaktion oder Leistung zu erbringen hat (HAUG 1998).

Aktive Belastung

Die aktive körperliche Belastung ist eine von vielen möglichen Stressfaktoren (RIETMANN 2003). In der Humanmedizin werden Belastungsuntersuchungen überwiegend auf dem Fahrradergometer oder auf dem Laufband durchgeführt (GROSSMAN 1986, REINDELL et al. 1988, PICANO 2003). Durch die dynamische, kontrollierte Beanspruchung großer

Muskelgruppen wird eine Steigerung der Herzfrequenz, der Schlagkraft und des Blutdrucks bis hin zu Maximalleistungen erreicht (HAUG 1998). In der kardialen Funktionsdiagnostik des Menschen werden Belastungsuntersuchungen vorwiegend in der Elektrokardiographie zur Aufdeckung von Herzrhythmusstörungen, im Rahmen der Stressechokardiographie zur Wandbewegungsanalyse, sowie in der Herzkatheterdiagnostik eingesetzt.

Einschwemmkatheteruntersuchungen werden dabei in der Humanmedizin in sitzender, halbliegender und liegender Position auf dem Fahrradergometer durchgeführt (BUCHWALSKY 1992, BECKMANN u. HAUG 1998, PICANO 2003).

Beim Pferd werden Belastungsuntersuchungen entweder auf dem Laufband, oder an der Longe durchgeführt und werden auch hier zur Überprüfung der kardialen Funktion mit Belastungselektrokardiographie (SCHEFFER u. SLOET 1996), Stressechokardiographie (REEF 2001, MARNETTE 2004, GEHLEN et al. 2005) und Einschwemmkatheterdiagnostik eingesetzt (MANOHAR et al. 1998, BUBECK 2001).

Passive Belastung

Neben der aktiven, körperlichen Belastung ist auch die passive, medikamentelle Belastung bzw. Stressinduktion durch Pharmaka eine verbreitete Methode in der Funktionsdiagnostik des Herz-Kreislaufsystems beim Menschen (PICANO 2003, ROSKAMM u. REINDELL 1970). In der Humanmedizin werden pharmakologische Stressoren anstelle von aktiver Belastung vor allem dann eingesetzt, wenn Patienten einen hinlänglichen aktiven Stresstest nicht bewältigen können oder wollen (BELESLIN et al. 1994, PASIERSKI et al. 2001, KOSMALA u. SPRING 2004, TSUTSUI et al. 2004). In der Stressechokardiographie hat sich der Ausdruck „passive“ Stressechokardiographie bei Untersuchungstechniken ohne körperliche Belastung durchgesetzt (HOFFMANN 2002).

Für die medikamentelle Stressinduktion ohne körperliche Belastung werden deshalb auch in dieser Studie die Termini „passive Belastung bzw. passive Stressinduktion“ verwendet.

2.4 Die passive, medikamentelle Stressinduktion bei Mensch und