• Keine Ergebnisse gefunden

Brückenschlag für neue Wegebeziehungen

Planung und Bau: 2019

Bauherr: ArchitekturForum Lübeck e.V.

Planer: ArchitekturForum Lübeck e.V.

Größe: Länge 80 m, Breite 4 m

Mehr Informationen im Projektsteckbrief im Anhang auf S. 139

Fakten

Baukulturbericht 2020/21 – Die Fokusthemen

des Grundstücks mindert, kann der Eigentümer nach § 42 Baugesetzbuch eine Entschädigung verlangen. Ein Planungswertausgleich, der in beide Richtungen greift, war zwar im Entwurf des Bundesbaugesetzes von 1955 vorgesehen, ließ sich aber nicht durchsetzen. Auch bei der Novelle in den 1970er-Jahren schei-terte der Vorschlag im Bundesrat. Regelungen, die Wertsteigerung des Bodens abzuschöpfen, finden sich immerhin in den Landesverfassungen von Bayern und Bremen. In der Regel sind sie auch Gegenstand städtebaulicher Verträge im Zuge von Bauleitplanverfahren.

Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) empfehlen, Eigentümer an der Finanzierung öffentlicher Infrastruktur zu beteiligen. In einem Gutachten haben sie 2019 zum Beispiel die Wertsteigerung berechnet, die durch eine neue Bahnhaltestelle für die Häuser in der Umgebung entsteht. Halbiert sich danach durch die bessere Anbindung die Fahrtzeit zum Hauptbahnhof um eine halbe Stunde, verteuert das den Kaufpreis einer Wohnung um mindestens 500 Euro je Quadratmeter. Entwicklungsmaßnahmen, die diese Wertsteigerung teilweise abschöpfen, sind hierzulande selten, in anderen Ländern aber gängige Praxis: als Mehrwertabgabe in den Schweizer Kantonen, als Infrastrukturfonds in Australien oder als Community Land Trusts in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Verantwortung räumlich denken

 Häufig gehen aber auch von Grundeigen-tümern, Gewerbetreibenden und Unternehmen Standortinitiativen aus. Corpo-rate Social Responsibility, also der Wille, als Unternehmen Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen, ist für viele Geschäftsleute mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis. Schon im Mittelalter verankerte die Hanse, wie auch die Fugger, gesellschaftliche Verantwortung in ihren Leitlinien. Heute sprechen viele Geschäftsleute sogar von „Unternehmensbürgerschaft“. Die Bundesstiftung Baukultur setzt sich im Dialog mit der Immobilienwirtschaft für einen Baukul-turkodex ein. Welche Verantwortung für die gebaute Umwelt die Immobilien-wirtschaft in ihrem Handeln an den Tag legt, ist auch ein Maßstab für ihren gesellschaftlichen Nutzen. Langfristig führt dieser baukulturelle Ansatz auch zur Sicherung wirtschaftlichen Erfolgs. Gerade in Ballungsräumen sind Flächen knapp, und der öffentlichen Hand fehlen vielerorts die finanziellen Mittel für bauliche Verbesserungen und Pflege. Viele Unternehmer stellen sich daher der Herausforderung, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung noch stärker gerecht zu werden.

Seit Mitte der 2000er-Jahre haben zehn Bundesländer das städtebauliche Instrument eines Business Improvement Districts (BID) in Landesrecht übersetzt.

BIDs sind Bereiche, in denen Gewerbetreibende und Grundeigentümer gemein-sam versuchen, die Standortqualität zu heben. BIDs sind darauf angewiesen, dass sich Unternehmern und Grundstückseigner in Lenkungsausschüssen und Arbeitskreisen engagieren. Über selbst auferlegte und zeitlich befristete Beiträge der Teilnehmer werden beispielsweise Neugestaltung und Pflege öffentlicher Räume finanziert. Eine Zusammenfassung der rechtlichen Rahmenbedingungen und eine kommentierte Liste der BIDs und Modellvorhaben in den einzelnen Ländern hat der deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) veröffentlicht.

Der BID Neuer Wall in der Hamburger Innenstadt war 2005 einer der Ersten in der Bundesrepublik. Die Eigentümer von 54 Grundstücken und 93 Einzelhandels-betrieben investierten über einen Zeitraum von fünf Jahren fast sechs Millionen

115

Euro. Mit dem Geld entstanden breitere Gehwege aus hellem Granit und bessere Querungsmöglichkeiten für Fußgänger. Außerdem wurden Stadtmöblierung und Beleuchtung modernisiert, die Bewirtschaftung des Parkraums eingeleitet und Pflege und Reinigungsmaßnahmen beauftragt, die über die städtischen Leis-tungen hinausgehen. Mittlerweile läuft die dritte Runde dieses BIDs – bis Ende 2020. Für Hamburg ist das ein Erfolgsmodell, wie man in einer Publikation nachlesen kann, die die Stadt 2016 gemeinsam mit der Hamburger Handels-kammer herausgegeben hat. Bis zu diesem Zeitpunkt waren rein aus Mitteln privater Grundstückseigentümer Projekte mit einem Investitionsvolumen von 50 Mio. Euro umgesetzt worden. Etwa die Hälfte des Betrags ist unmittelbar in die öffentliche Infrastruktur geflossen und damit allen zugutegekommen. Ein

„Bündnis für die Innenstadt“ (aus Gewerbetreibenden, Handelskammer, Touris-musverband und Hotel- und Gaststättenverband) hat in einem Standpunkte-papier 2019 auch von der Stadt mehr Investitionen in öffentliche Räume gefor-dert. Darüber hinaus bekannte sich das Bündnis zu einer Kultur des Miteinanders und zu einer Innenstadt, in der Obdachlose und Bettler genauso ihren Platz finden wie Luxus-Shopper – eine Stadt für alle. Einige Bundesländer entwickeln das Modell über den Handel hinaus weiter. Hamburg selbst erließ 2007 ein Gesetz zur Stärkung von Wohnquartieren durch private Initiativen (GSW). 2012 hat das Land auf dieser Grundlage den ersten Housing Improvement District Deutschlands genehmigt. Dessen Ziel ist es, die Wohn- und Lebensqualität im Stadtteil Wandsbek zu verbessern.

Öffentliche Nutzung gewährleisten

 Grundstücke und Gebäude im privaten Eigentum können der Öffentlichkeit dienen. Das Pharmaunternehmen Merck stimmte die Gestaltung des neuen Merck Innovation Centers (siehe S. 116) eng mit der Stadt Darmstadt ab. Die konnte so auch die Straße umgestalten lassen, die durch das Firmenquartier verläuft. Freiräume, die unmittelbar an die Gebäude von Merck angrenzen, sind unbebaut geblieben und können heute öffentlich genutzt werden. Diese privat geschaffenen Räume können zwar öffentlichen Raum nicht ersetzen, ihn aber sehr wohl bereichern. Über solche Impulse priva-ter Eigentümer lassen sich verwahrloste Orte aktivieren, für die sich niemand verantwortlich fühlt.

Wenn technische Infrastrukturen private Grundstücke queren, muss die öffentliche Nutzung rechtlich abgesichert werden. In der Praxis wirft das vor allem die Frage auf, wie sich sicherstellen lässt, dass die öffentliche Nutzung auch über einen Eigentümerwechsel hinaus Bestand haben wird. Ändert sich der Eigentümer, geraten vertraglich vereinbarte Sicherungen manchmal in Vergessenheit. Ein professionelles Vertragsmanagement ist für die dauerhafte Qualitätssicherung deshalb unverzichtbar. Um Nutzungsrechte für die Öffent-lichkeit zu sichern, stehen Kommunen verschiedene Instrumente zur Verfügung.

Ein Leitungs- und Wegerecht allein über städtebauliche Verträge oder Bebau-ungspläne festzusetzen, ist besonders in Konfliktfällen unzureichend. Rechts-fester ist eine Widmung als Weg im Sinne der Straßengesetze der Länder.

Leitungs- und Wegerecht (zusätzlich) als Grunddienstbarkeit ins Grundbuch einzutragen, ist eine gute Option. Für die Herrichtung und den Betrieb von Erschließungsflächen und öffentlichen Räumen sind auch Fragen der Wege-baulastträgerschaft, der Unterhaltung und der Haftung zu klären. Nicht immer ist hier die Gemeinde der bessere Ansprechpartner. Ein engagiertes privates

Baukulturbericht 2020/21 – Die Fokusthemen