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2.2 Kontrolle der Peroxisomenzahl

2.2.1 Biogenese und Proliferation

Die Neuentstehung der Peroxisomen war und ist ein ständiger Diskussionspunkt (PLATTA u. ERDMANN 2007) und seit ihrer Entdeckung 1954 gibt es dazu viele Theorien (BERNHARD u. ROUILLER 1956).

Die ersten Untersuchungen, die zur Aufklärung der Biogenese von Peroxisomen in eukaryontischen Zellen beitrugen, wurden an Hefen und Pflanzen durchgeführt und die daraus gewonnenen Erkenntnisse auf die Säugetierzelle übertragen (GOULD u.

VALLE 2000). Dabei zeigte sich, dass die Regulation und Transkription bestimmter Gene, sogenannter PEX-Gene, und die daraus hervorgehenden Proteine, die sogenannten Peroxine, maßgeblich an der Entstehung von Peroxisomen beteiligt sind.

Bis heute sind 32 PEX Gene bekannt, die an drei verschiedenen Schlüsselpositionen der Peroxisomentwicklung involviert sind (VAN DER ZAND et al. 2006): an der Bildung der peroxisomalen Membran, der Peroxisomenproliferation und der Bereitstellung und Positionierung von peroxisomalen Matrixproteinen (PLATTA u.

ERDMANN 2007).

Peroxisomenteilung

Hierbei können zwei grundlegende Teilungsvorgänge unterschieden werden. Zum einen findet während der Zellteilung eine Teilung der vorhandenen Peroxisomen

statt, um eine gleichbleibende Anzahl an Peroxisomen in den Tochterzellen zu gewährleisten. Es handelt sich dann um eine konstitutive Teilung.

Zum anderen kann durch extrazelluläre Stimuli eine intrazelluläre Teilung der Peroxisomen provoziert werden, die eine starke Vermehrung (Proliferation) zur Folge hat. Diese Peroxisomenproliferation ist charakterisiert durch eine numerische Zunahme, erhöhte Volumendichte, zunehmende Größe und gegebenenfalls eine vermehrte Bereitstellung von peroxisomalen Enzymen. Dadurch wird erhöhten metabolischen Anforderungen Rechnung getragen (SCHRADER u. FAHIMI 2006).

Peroxisomen enthalten keine DNA. Die Informationen zur Herstellung von peroxisomalen Proteinen ist in nukleären Genen verschlüsselt (LAZAROW u. FUJIKI 1985). Biochemische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Proteine der Membran und der Peroxisomenmatrix an freien, im Zytosol befindlichen Polyribosomen produziert und posttranslational in bereits bestehende Peroxisomen transportiert werden. Hierauf begründet sich die Theorie, dass die Peroxisomen Organellen sind, die sich wie Mitochondrien und Chloroplasten über Wachstum und Teilung vermehren (LAZAROW u. FUJIKI 1985). Das Wachstum von Peroxisomen wird dabei durch den Import von Membran- und Matrixproteinen gewährleistet. Bei entsprechender Größe kommt es zur Aufteilung der Matrix und der peroxisomalen Membran in mindestens zwei neue Peroxisomen (SCHRADER u. FAHIMI 2006).

Neuere Untersuchungen am Beispiel von Saccharomyces cerevisiae zeigen, dass peroxisomale Bausteine aus dem Endoplasmatischen Retikulum hervorgehen, insbesondere die peroxisomalen Membranteile, die bei der de-novo Synthese von Peroxisomen benötigt werden (HOEPFNER et al. 2005; VAN DER ZAND et al.

2006).

Ausgehend vom Stadium des reifen Peroxisoms werden für eine Verdopplung folgende Stadien durchlaufen (Abbildung 2-4):

1) Verlängerung und Abschnürung 2) Teilung und Gruppenbildung 3) Trennung der Peroxisomen

4) Wachstum der neu entstandenen Peroxisomen, Wachstum und Reifung durch Matrixproteinimport

Verlängerung/

Abschnürung Teilung/

Gruppenbildung

Trennung

Wachstum/Reifung durch

Matrixproteinimport Reifes Peroxisom

1

2

3

4

Abbildung 2-4 Modell für die Teilung und Proliferation von Peroxisomen (modifiziert nach PLATTA u.

ERDMANN 2007)

Wachstum und Reifung der Peroxisomen

Das Verfahren zur Proteinherstellung gilt sowohl für Matrixproteine als auch für peroxisomale Membranproteine. Die im Endoplasmatischen Retikulum produzierten peroxisomalen Membranproteine werden in das neu entstehende Peroxisom eingebaut. Dadurch findet ein Wachstums- und Reifungsprozess statt, bis es aufgrund der maximalen Größe erneut zu einer Teilung kommt. Damit die neu synthetisierten Proteine die Peroxisomen erreichen, verfügen diese über

„peroxisomale targeting Signale“ (PTS). Zwei dieser Zielsignale sind bekannt unter den Abkürzungen PTS1 und PTS2 (GOULD u. VALLE 2000; PLATTA u. ERDMANN 2007).

Zum besseren Verständnis des peroxisomalen Wachstums kann der gesamte Prozess in wenige wichtige Schritte unterteilt werden (Abbildung 2-5).

Der erste Schritt umfasst die Bindung eines neu synthetisierten, gefalteten Proteins an den PTS1/Pex5-Rezeptor oder den löslichen Pex7-Rezeptor (1). Der überwiegende Anteil der gefalteten Proteine wird über PTS1/Pex5-Rezeptor in das peroxisomale Lumen transportiert, indem der Rezeptor zunächst das Protein zur peroxisomalen Membran leitet (2). Anschließend erfolgt der Übertritt des Rezeptor-Proteinkomplexes auf die luminale Seite der Peroxisomenmembran (3). Daraufhin trennen sich Rezeptor und Protein (4). Das Protein verbleibt im Peroxisom, während der Rezeptor in das Zytosol zurückkehrt, um für weitere peroxisomale Matrixproteinimporte zur Verfügung zu stehen (GOULD u. VALLE 2000; PLATTA u.

ERDMANN 2007). Der Export des Rezeptors aus dem peroxisomalen Lumen zurück ins Zytosol ist ein energieverbrauchender Prozess (OLIVEIRA et al. 2003) und auch das Einschleusen der Proteine ist ATP abhängig. Zuerst werden die Membranproteine synthetisiert, anschließend erfolgt die Synthese der Matrixproteine (MASTERS u. CRANE 1995).

Neues

Abbildung 2-5 Translokation von Proteinen zum Wachstum der Peroxisomen (modifiziert nach PLATTA u. ERDMANN 2007)

Auslösende Faktoren der Peroxisomenproliferation

Es gibt extrinsische und intrinsische Faktoren, die eine Peroxisomenproliferation induzieren können (YAMAMOTO u. FAHIMI 1987). Eine Regeneration der Leber nach einer partiellen Hepatektomie führt zu einer Peroxisomenproliferation in den Hepatozyten (YAMAMOTO u. FAHIMI 1987). Auch zahlreiche Chemikalien, Medikamente und Weichmacher, allgemein als Peroxisomenproliferatoren (PPO) bezeichnet, können eine Vermehrung der Zellorganelle bewirken (LAZAROW u. DE DUVE 1976; FAHIMI et al. 1982). Weichmacher, die sich z.B. in Plastikverpackungen von Lebensmitteln befinden, haben in tierexperimentellen Studien gezeigt, dass sie eine Peroxisomenproliferation auslösen können (MASTERS u. CRANE 1995).

Langzeitfütterungsversuche mit Ratten führten darüberhinaus zu der Entwicklung von hepatozellulären Karzinomen (MASTERS u. CRANE 1995). Auch Medikamente, wie Azetylsalizylsäure, anabole Steroide, Clofibrate, Trimethoprim Sulfonamide, Spironolacton und orale Kontrazeptiva führen zu einer Erhöhung der

Peroxisomenzahl (DE CRAEMER 1995). Die Verabreichung von Schilddrüsenhormonen geht beispielsweise mit einer verminderten Katalaseaktivität bei gleichzeitiger Erhöhung der Peroxisomenzahl von verminderter Größe einher (JUST u. HARTL 1983; KERCKAERT et al. 1989). Die Stimulation von kultivierten humanen Hepatozyten mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren oder Sauerstoffradikalen kann ebenfalls eine Peroxisomenproliferation auslösen (SCHRADER et al. 1998a; SCHRADER et al. 1999). Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass es etwa 60 Xenobiotika gibt, die zu einer Peroxisomenproliferation führen (MOODY et al. 1991). Darüber hinaus können fettreiche Diäten, Hungerperioden, Vitamin E Mangel, Hyperthyreoidismus und Anpassung an Kälte zu einer Proliferation der Peroxisomen führen (MASTERS u.

CRANE 1995). Die Peroxisomenproliferation, herbeigeführt durch PPO, fällt je nach Lokalisation im Leberläppchen sehr variabel aus. In periportalen Hepatozyten finden sich sehr viele elongierte Peroxisomen, während im perizentralen Bereich eher rundliche Peroxisomen vorkommen (FAHIMI et al. 1996). Elongierte Peroxisomen sind ein Zeichen für eine peroxisomale Proliferation und geben somit einen wichtigen Hinweis auf eine stattgefundene Teilungsaktivität der Peroxisomen (SCHRADER et al. 1996; SCHRADER et al. 1998b; KOCH et al. 2004). Vergleicht man diese Beobachtung mit der Proliferation von hepatischen Stammzellen von periportal nach perizentral (ARBER et al. 1988), kann daraus gefolgert werden, dass die Peroxisomen dieser Proliferationsrichtung folgen (SCHRADER u. FAHIMI 2006). Bei Proliferationsvorgängen wird auch eine perinukleäre Verteilung der Peroxisomen beobachtet (ROELS et al. 1983; DE CRAEMER et al. 1993).

Regulation der Peroxisomenproliferation

Die Regulation der Peroxisomenproliferation im Säugetierorganismus erfolgt über nukleäre Transkriptionsfaktoren. Diese Transkriptionsfaktoren gehören zur großen Familie der Steroid-, Thyroid- und Retinoidrezeptoren und werden als „Peroxisome proliferator activated receptors“ (PPARs) bezeichnet (ISSEMANN u. GREEN 1990).

Es werden drei Typen unterschieden: PPAR α, PPAR β und PPAR γ (SCHOONJANS et al. 1996).

PPAR α ist in den Lipidstoffwechsel, die Lipoproteinsynthese und den Ablauf von Entzündungsreaktionen involviert (FEIGE et al. 2006). PPAR α wird stark in der Leber exprimiert (KLAUNIG et al. 2003) und wird besonders bei Nagern durch Lipidsenker sowie mehrfach ungesättigte Fettsäuren aktiviert (BEIER et al. 1992, 1997). PPAR α fungiert als Sensor für den Lipidgehalt der Hepatozyten und reguliert die Genexpression für die mitochondriale und peroxisomale ß-Oxidation (HASHIMOTO et al. 2000). Ein entscheidender Punkt in der Karzinogenese ist die Aktivierung von PPAR α (GONZALEZ et al. 1998). PPAR β bestimmt das Maß des Fettmetabolismus in Skelettmuskeln und Fettgewebe (LUQUET et al. 2005). Die Bedeutung von PPAR γ liegt in der Regulation der Proliferation und Ausdifferenzierung von Fettzellen (LUQUET et al. 2005).