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B. F ALLGRUPPEN

V. Beteiligung am Familienvermögen zum Ausgleich für die Vereinbarung der Gütertrennung

Auch in den Ehen, in denen ein ehelicher Güterstand vereinbart wurde, der keinen Aus-gleich des erwirtschafteten Zugewinns vorsieht, wie das bei Gütertrennung aber auch bei Zugewinngemeinschaft der Fall ist, sofern diese dahingehend modifiziert ist, daß ein Zugewinnausgleich für den Scheidungsfall ausgeschlossen wurde423, ist es durchaus

420 Moench, § 5, Rdnr. 68.

421 Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rdnr. 218 mit Verweis auf Knur, DNotZ 1957, 451 ff., 464 und Felgentraeger in Staudinger, § 1408 Rdnr. 81.

422 Kanzleiter/ Wegmann, Vereinbarungen unter Ehegatten, Rdnr. 222.

423 Der teilweise Ausschluß des Zugewinnausgleichs für einzelne Tatbestände ist ohne weiteres zuläs-sig, vgl. Kanzleiter/Wegmann, Vereinbarungen unter Ehegatten, Rdnr. 86 mit Verweis auf Kanzlei-ter in Münchener Kommentar, § 1408, Rdnr. 14. Der Zugewinnausgleich kann ausgeschlossen wer-den, ohne damit den Güterstand der Gütertrennung herbeizuführen. Gerade der Ausschluß be-schränkt auf den Fall der Scheidung birgt den steuerrechtlichen Vorteil, daß die Freibeträge für den pauschalierten Zugewinnausgleich gemäß § 1371 I BGB erhalten bleiben (§ 5 ErbStG). Ist auch für den Fall der Beendigung der Zugewinngemeinschaft im Todesfall der Zugewinnausgleich ausge-schlossen, so kann im Ergebnis der überlebende Ehegatte eine geringere Erbquote erhalten, als das bei Gütertrennung der Fall gewesen wäre, sofern der Erblasser nicht mehr als zwei Kinder hatte (§

denkbar, daß das Ehepaar in einer anderen Form eine Beteiligung beider Ehegatten an den Früchten der Ehe wünscht.424

Für die Fälle, in denen zwar Gütertrennung ohne Zugewinnausgleichsregelung güter-rechtlich vereinbart wurde, aber dennoch eine Beteiligung beider Ehegatten am Erwirt-schafteten gewollt ist, weil die Lebensgemeinschaft sich stark der Konstellation annä-hert, die der Gesetzgeber beim gesetzlichen Güterstand im Auge hatte, nämlich einer Einverdiener-Ehe, bei der die Frau sich um den Haushalt und die Kinder kümmert425, ist charakteristisch, daß die Güterstandswahl häufig durch Faktoren maßgeblich beeinflußt wurde, die außerhalb der ehelichen Gemeinschaft der Eheleute gelegen sind.

So wird der Zugewinngemeinschaft von Freiberuflern und Unternehmensinhabern mit Skepsis begegnet, da sich aus der Unsicherheit der Bewertung des Unternehmensanteils auch Unsicherheiten über die Höhe der Ausgleichsforderung ergeben, aber auch die Höhe des Erbteils und die Notwendigkeit der Bilanzierung nicht willkommen ist.426 Be-sondere Bedenken gegen die Zugewinngemeinschaft bestehen bei der Beteiligung eines Ehegatten an einer Personenhandelsgesellschaft wegen der diese belastenden hohen Auszahlungsverpflichtungen, wenn der andere Ehegatte die Auskehrung des Zugewinns verlangen kann.427

Weil also in der Vereinbarung des gesetzlichen Güterstandes aufgrund der Verfügungs-beschränkung gemäß § 1365 BGB und des Zugewinnausgleichs eine Gefährdung für die Liquidität oder gar den Bestand des Unternehmens im Falle einer Ehescheidung erblickt

1931 IV BGB). Auch eine solche Regelung kann im Einzelfall gewollt sein, wenngleich darauf hin-zuweisen ist, daß die erbschaftsteuerliche Begünstigung aus § 5 ErbStG diesenfalls entfällt. Vgl.

hierzu auch Kanzleiter/Wegmann, Vereinbarungen unter Ehegatten, Rdnr. 87 f., 90, sowie Grziwotz in Beck´sches Notarhandbuch, B I Rdnr. 50.

424 Langenfeld meint sogar, die Bereitschaft zu zusätzlichen Maßnahmen zum Ausgleich der beidersei-tigen Interessen sei geradezu ein Kennzeichen der bürgerlichen Gütertrennung, vgl. Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rdnr. 229 mit Verweis auf Kanzleiter in Münchener Kommentar, vor § 1414, Rdnr. 11.

425 Vgl. hierzu z. B. Kanzleiter/Wegmann, Vereinbarungen unter Ehegatten, Rdnr. 82 mit Verweis auf Gernhuber in Münchener Kommentar, vor § 1363, Rdnr. 8 und Langenfeld, Handbuch der Ehever-träge und Scheidungsvereinbarungen, Rdnr. 142 und Rdnr. 957

426 Vgl. Brudermüller in Palandt, Grundz. § 1363, Rdnr. 10.

427 Brudermüller in Palandt, Grundz. § 1363, Rdnr. 10.

wird, wird häufig von Mitgesellschaftern oder der Familie des Unternehmers die Ver-einbarung der Gütertrennung verlangt, wenn dies nicht schon – was keine Seltenheit darstellt - im Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben ist.428

Ebenso drängen immer wieder die Eltern eines aus wohlhabender Familie stammenden Ehegatten auf die Vereinbarung von Gütertrennung bei einer Eheschließung mit einem vermögensmäßig deutlich schlechter ausgestatteten Gatten.

Sowohl bei den Unternehmer- beziehungsweise Freiberufler-Ehen als auch bei den Ehe-schließungen bei von Anfang an extrem unterschiedlicher Vermögenslage der Ehegatten ist aber anzumerken, daß eigentlich die Vereinbarung der Gütertrennung nicht sinnvoll ist, wenn die Ehe ansonsten dem gesetzlichen Grundtypus entspricht. Interessengerech-ter wäre eine Modifizierung der Zugewinngemeinschaft hinsichtlich des Betriebsver-mögens durch die Vereinbarung, daß das Betriebsvermögen samt betrieblicher Verbind-lichkeiten weder beim Anfangs- noch beim Endvermögen des Ehegatten berücksichtigt werden soll, wobei Surrogate für derzeit betrieblich gebundenes Vermögen eingeschlos-sen sein sollen.429 Infolge einer solchen Modifizierung findet ein Zugewinnausgleich nur noch hinsichtlich des Privatvermögens der Ehegatten statt.430

Auch bei unterschiedlich vermögenden Ehegatten läßt sich durch eine vertragliche Sub-stituierung einzelner gesetzlicher Regelungen oder durch eine nach Ehezeiten abgestufte Regelung meist eine den Interessen beider Ehegatten angepaßtere Lösung erreichen, als durch die pauschale Vereinbarung der Gütertrennung. So schlägt Langenfeld eine Her-absetzung der Quote beim Zugewinn- und Versorgungsausgleich vor, beziehungsweise

428 Vgl. Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rdnr. 966.

429 Vgl. Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rdnr. 186-188, sowie Rdnr. 966.

430 Allerdings hält Diederichsen die Herausnahme einzelner Vermögensgegenstände aus dem Zuge-winnausgleich deswegen für nicht ganz ungefährlich, weil bei einem späteren Ausgleich leicht der Vorwurf erhoben werden könne, daß für das herausgenommene Vermögensstück, also beispielswei-se den Betrieb, unverhältnismäßig mehr als für das sonstige Gut getan worden wäre, also eine Hand-lung im Sinne von § 1375 II Nr. 3 BGB vorgenommen worden sei, so daß nach Diederichsens Auf-fassung der völlige Ausschluß des gesetzlichen Güterrechts vorzuziehen sei. Vgl. Diederichsen in Palandt, § 1408, Rdnr. 18. Dieser Problematik kann man allerdings wohl im Zweifel dadurch begeg-nen, daß ein Prozentsatz der Betriebserträge zur ausschließlichen Verwendung auf den Familienun-terhalt festgesetzt wird.

einen an eine Gegenleistung geknüpften Ausschluß des Versorgungsausgleichs.431 Zu-dem schlägt er vor, von der Möglichkeit der zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Unterhalts unter Berücksichtigung der Ehedauer gemäß § 1573 V BGB Gebrauch zu machen, sowie die als „Nerzklausel“ in Verruf gebrachte Regelung des § 1578 I BGB i.

V. m. § 1573 II BGB, die als Lebensstandardgarantie kritisiert wird, abzuändern und den vorehelichen Lebensstandard als gewillkürten Maßstab zu wählen.432

Wenn trotz der aufgezeigten Gestaltungsalternativen ein Zugewinnausgleich durch Gü-tertrennung beziehungsweise modifizierte Zugewinngemeinschaft zur Gänze ausge-schlossen worden ist, so finden im Innenverhältnis der Ehegatten in der Regel dennoch Bemühungen statt, drohenden Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken und einen sonstigen Ausgleich zu erreichen. Es geht hierbei letztlich darum, wenigstens im Ansatz dem ge-setzlichen Vorbild der Beteiligung beider Ehegatten am Familienvermögen zu entspre-chen, wenngleich dies den Ehegatten aufgrund der angesprochenen äußeren Faktoren güterrechtlich nicht erreichbar erschien.

Um Benachteiligungen desjenigen Ehegatten entgegenzuwirken, der aufgrund der eheli-chen Rollenverteilung voraussichtlich den geringeren Zugewinn erzielen wird, sind ver-schiedene Möglichkeiten der Kompensationsleistungen denkbar.

So besteht die Möglichkeit einer einmaligen Zuwendung bei Abschluß des Ehevertrags, der den Zugewinn ausschließt. Der Nachteil einer solchen anfänglichen Ausgleichsvari-ante liegt auf der Hand: Bei einer Zuwendung dieser Art findet weder eine Berücksich-tigung der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft noch des tatsächlich erwirtschafte-ten Vermögenszuwachses statt, so daß je nach Entwicklung der Lebensgemeinschaft für beide Ehegatten das Risiko einer Benachteiligung besteht. Eine solche Zuwendung hat eher den Charakter einer Entschädigung für den übervorteilenden Vertragsschluß als den eines vorweggenommenen Zugewinnausgleichs.

Ferner besteht die Möglichkeit einer einmaligen ausgleichenden Zuwendung bezie-hungsweise mehrerer kleinerer Zuwendungen nach bestimmten, von vorneherein

431 So Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rdnr. 968.

legten Zeitabschnitten während bestehender Ehe. Ein klassischer Zuwendungsfall dieser Art ist auch die Übernahme der Beitragszahlungen für eine Kapitallebensversicherung des begünstigten Zuwendungsempfängers.433 Diese Variante ermöglicht eine Vermö-gensbildung auch in der Hand des erwerbswirtschaftlich schlechter gestellten Ehegatten.

Derartige Zuwendungen sind in der Regel getragen von dem Wunsch, einen wirtschaft-lichen Ausgleich für den Ausschluß des Zugewinnausgleichs zu schaffen, und ähneln einem vorweggenommenen Zugewinnausgleich.434 Ein insbesondere im Hinblick auf die Drittwirkung relevanter Unterschied zum vorweggenommenen Zugewinnausgleichsan-spruch besteht aber darin, daß auf diese Leistungen bei ausgeschlossenem Zugewinn-ausgleich auch zu einem späteren Zeitpunkt – etwa bei einer eventuellen Trennung der Ehegatten - kein durchsetzbarer Anspruch besteht, es sei denn, solche Zuwendungen wurden bei Abschluß des Ehevertrages bereits als konkrete Ansprüche vereinbart.435 Schließlich kommt noch eine Zuwendung unter der aufschiebenden Bedingung des Scheidungsfalles als einmalige Ausgleichszahlung in Betracht. Bei einer solchen Zu-wendung handelt es sich faktisch um eine Art pauschalierten Zugewinnausgleich, der gegenüber einem quotenveränderten Zugewinnausgleich je nach Standpunkt den Vor- oder Nachteil hat, daß der tatsächliche Vermögenszuwachs nicht berücksichtigt wird.

Besonders deutlich wird dies, wenn der Ausschluß des Zugewinnausgleichs für den

432 Vgl. Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rdnr. 968.

433 Kanzleiter/Wegmann in Vereinbarungen unter Ehegatten, Rdnr. 113 ff. empfehlen, bei Zuwendun-gen durch EinzahlunZuwendun-gen in eine Kapitallebensversicherung darauf zu achten, daß der Zuwendungs-empfänger versicherte Person und zugleich Versicherungsvertragspartei ist. Der zuwendende Ehe-gatte solle nur zur Erbringung der Leistung verpflichtet sein, damit für den Todesfall während der Laufzeit der Versicherung die ausbezahlte Versicherungssumme erbschaftsteuerfrei vereinnahmt werden könne, da nur diesenfalls keine Steuerpflichtigkeit aus § 3 I Nr. 4 ErbStG gegeben sei. In Baden-Württemberg ist hierzu aber neuerdings der differenzierende Erlaß des Finanzministeriums vom 6. 5. 1999 – 3- S 3802/20 zu beachten, nach dem es für die Beurteilung der Steuerpflichtigkeit maßgeblich auf das Innenverhältnis ankommt.

434 Hierbei wird nicht übersehen, daß auch das Bedürfnis nach einer haftungsmäßig günstigeren Vermö-gensverteilung des von einem allein erwirtschafteten Vermögens die Zuwendung beziehungsweise die mehreren sukzessiven Vermögensübertragungen mitmotiviert haben kann. Es muß aber nun ein-mal hingenommen werden, daß bei der methodischen Vorgehensweise nach Fallgruppen vereinzelt nur durch die Heranziehung mehrerer Typen der multikausalen Motivationslage eine umfassende Einschätzung der Zuwendung vorgenommen werden kann.

435 Derartige Vereinbarungen sind auch rechtlich zulässig und von der im Ehegüterrecht geltenden Ver-tragsfreiheit umfaßt, selbst wenn sie gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz aus Art. 3 GG versto-ßen, vgl. Diederichsen in Palandt, § 1408, Rdnr. 18 und Grundz. § 1408, Rdnr. 1.

Scheidungsfall an die auflösende Bedingung geknüpft wird, daß der vermögendere Ehegatte die den Ausschluß des Zugewinnausgleichs kompensierende Zuwendung bis spätestens zum Zeitpunkt der Scheidung vorgenommen hat.436

Wie solche Zuwendungen schenkungsteuerrechtlich zu behandeln sind und ob sie den Ansprüchen von Pflichtteilsberechtigten, Vertragserben oder Gläubigern des Zuwen-denden standhalten, gilt es im folgenden zu untersuchen.