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III. Ausgleich der unbenannten Zuwendung im Scheidungsfall

1. Ausgleich bei Zugewinngemeinschaft

Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ist nach Ansicht des BGH im Falle des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft grundsätzlich ausgeschlos-sen.205 Denn weder könne das Fortbestehen der Ehe als Rechtsgrund der Leistung ange-sehen werden, noch bilde die Ehe den mit der Leistung verfolgten Zweck.206 Die bei diesem Güterstand vom Gesetz gewollte gleichmäßige Beteiligung der Eheleute am ehelichen Vermögenserwerb erfordere nämlich eine schematische und starre Regelung, wie sie mit der Vorschrift über die Halbierung des Überschusses (§ 1378 BGB) getrof-fen worden sei.207 Hieraus entstehende Unbilligkeiten würden vom Gesetz in Kauf ge-nommen; durch die Zugewinnausgleichsregelungen seien Zuwendungen unter Ehegat-ten somit allgemeinen schuldrechtlichen Regelungen zur Rückgängigmachung von Lei-stungen entzogen.208

Die Rückabwicklung unbenannter Zuwendungen soll209 also vorrangig nach den gesetz-lichen Zugewinnausgleichsvorschriften erfolgen (sogenannte güterrechtliche Lösung210).

Deshalb muß an dieser Stelle knapp dargestellt werden, wie dieser Zugewinnausgleich im allgemeinen durchgeführt wird:

Grundsätzlich ist der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ein Güterstand der Güter-trennung, denn gemäß § 1363 II S. 1 BGB bleiben die Vermögensmassen der Ehegatten getrennt. Allerdings ordnet § 1363 II S. 2 BGB im Unterschied zum Güterstand der

205 BGHZ 65, 320 ff., 322; BGHZ 82, 227 ff., 231; BGH, FamRZ 1989, 147 ff., 149.

206 Koch, FamRZ 1995, 321 ff., 321 mit Verweis auf BGHZ 82, 227 ff., 231 u. BGHZ 84, 361 ff., 363.

207 BGHZ 65, 320 ff., 323.

208 BGHZ 65, 320 ff., 323, 324. Teilweise wird angenommen, der BGH habe neben der Vorantreibung der Rückabwicklung über die Zugewinnausgleichsregelungen die verschiedenen schuldrechtlichen Möglichkeiten der Einzelrückabwicklung deswegen so entschieden zurückgedrängt, weil er damit eine drohende Verdoppelung der Prozesse vermeiden wollte. Ansonsten müsse nämlich vor dem Prozeßgericht ein Leistungsurteil erwirkt werden, und im Anschluß daran, auf der Basis der sich nun ergebenden Endvermögen der Ehepartner, das Zugewinnausgleichsverfahren vor dem Familienge-richt durchgeführt werden, vgl. Suyter, Die Auswirkungen ehebedingter Vermögenszuwendungen zwischen Ehegatten im Erb-, insbesondere Pflichtteilsrecht, S. 12.

209 So BGHZ 65, 320 ff.; BGHZ 82, 227 ff.; BGHZ 115, 132 ff.

210 Z. B. BGHZ 115, 132 ff.

tertrennung den Ausgleich des Zugewinns an, den die Ehegatten während der Ehe erzie-len.211

Endet die Ehe durch Scheidung212, so erhält der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, einen Ausgleichsanspruch gegen den anderen in Höhe der Hälfte des von diesem erzielten Überschusses (§ 1378 I BGB). Der im Vermögen der beiden Ehegatten jeweils erzielte Zugewinn errechnet sich gesondert aus §§ 1374 I, 1375 I BGB, indem vom Wert des Endvermögens (§ 1375 BGB) der Wert des Anfangsvermögens abgezo-gen wird (§ 1374 BGB). Eingeschränkt wird diese pauschale Lösung durch die Vor-schriften der §§ 1374 II ff. BGB, wobei insbesondere die §§ 1374 II, 1375 II BGB und 1380 BGB auch für die Zuwendungen der Ehegatten untereinander relevant sein kön-nen.

So wird gemäß § 1374 II BGB dasjenige Vermögen, welches ein Ehegatte während des Bestehens des Güterstandes von Todes wegen, mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, dem Anfangsvermögen hinzugerechnet.

Hintergrund dieser Regelung ist die Überzeugung, daß ein Vermögenserwerb dieser Art allein auf besonderen persönlichen Beziehungen des begünstigten Ehegatten beruht, und deshalb mit der ehelichen Gemeinschaft nichts zu tun hat.213

In der Frage der Anwendbarkeit des § 1374 II BGB auch auf Zuwendungen der Ehegat-ten untereinander hat der BGH seine Auffassung im Laufe der Jahre grundlegend geän-dert. Während er noch in seiner Entscheidung vom 27. 4. 1977 die Anwendbarkeit des § 1374 II BGB im Zusammenspiel mit § 1380 BGB in unkritischer Anlehnung an die

211 Dies ist der gravierendste Unterschied zwischen Zugewinngemeinschaft und Gütertrennung. Dane-ben ist von Bedeutung, daß die Verfügungsbeschränkungen aus §§ 1365 ff. BGB nur für den gesetzlichen Güterstand gelten, vgl. Kanzleiter in Münchener Kommentar, § 1363, Rdnr. 5.

212 Von einer Darstellung der Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Tod wurde abgesehen, vgl.

hierzu Diederichsen in Palandt § 1371 BGB.

213 Giesen, Familienrecht, § 7, Rdnr. 297. Allerdings kritisiert Conradt diesbezüglich zu recht eine ge-wisse Inkonsequenz des Gesetzgebers. Einkünfte und Wertsteigerungen eines nach § 1374 II BGB privilegiert erworbenen Gegenstandes unterliegen nämlich dem Zugewinnausgleich, obwohl auch sie nicht auf einem arbeitsteiligen Zusammenwirken der Ehegatten beruhen. So Conradt, „Unbenannte“

Zuwendungen, S. 106, Fn. 512.

Ausführungen Liebs214 ohne jede Bedenken als selbstverständlich vorausgesetzt hat215, äußerte er sich im Urteil vom 26. 11. 1981216 sehr kritisch diesbezüglich. Er ließ hier zwar noch offen, ob § 1374 II BGB Schenkungen unter Ehegatten überhaupt erfaßt217, oder ob die Vorschrift auf Zuwendungen seitens Dritter beschränkt werden muß. Aber er verneinte aufgrund einer neuen Sichtweise des § 1380 II BGB jedenfalls das Bedürf-nis für eine Heranziehung des § 1374 II BGB auf unbenannte Zuwendungen.218 Wenn nämlich § 1380 II BGB anordne, daß die Zuwendung mit ihrem damaligen Wert bei der Anrechnung der Ausgleichsforderung dem Zugewinn des Ehegatten hinzugerechnet werde, der die Zuwendung gemacht habe, so sei damit zugleich gesagt, daß der damali-ge Wert der Zuwendung nicht auch beim Endvermödamali-gen des Empfändamali-gers berücksichtigt werden dürfe.219 Denn der Wert des zugewendeten Vermögensgegenstandes könne nicht das Endvermögen sowohl des einen als auch des anderen Ehegatten erhöhen.220 Die Endvermögen der Ehegatten seien im Falle des § 1380 I BGB vielmehr so zu berech-nen, daß der Wert der Zuwendung nicht dem Endvermögen des Empfängers sondern dem Endvermögen des zuwendenden Ehegatten hinzugerechnet werde. Sodann werde der Wert der Zuwendung auf den sich so ergebenden Ausgleichsanspruch angerech-net.221

214 Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand, S. 128, 129.

215 BGHZ 68, 299 ff., 302; zuvor schon in BGHZ 65, 320 ff., 324.

216 BGHZ 82, 227 ff.

217 BGHZ 82, 227 ff., 234. Die Anwendbarkeit des § 1374 II BGB auf Schenkungen unter Ehegatten lehnte der BGH erst mit seiner Entscheidung vom 20. 5. 1987 ausdrücklich ab, vgl. BGHZ 101, 65 ff. Damit ist klargestellt, daß § 1374 II BGB auf Zuwendungen Dritter zu beschränken ist. Nach der Intention des § 1374 II BGB sei nur solches Vermögen von der Ausgleichspflicht auszunehmen, das aus einer persönlichen, individuellen Beziehung eines Ehepartners zu einem Dritten resultiere. Daher passe die ratio legis des § 1374 II BGB nicht auf Schenkungen, die sich Ehegatten untereinander machen. Vgl. Koch, FamRZ 1995, 321 ff., 322. Anderer Ansicht allerdings Gernhuber in Münchener Kommentar, § 1374 Rdnr. 22, m. w. N. in Fn. 28.

218 BGHZ 82, 227 ff., 234, 235; ausdrücklich distanziert sich der erkennende IX. Senat damit von der Rechtsprechung des IV. Senats in BGHZ 65, 320 ff., 324.

219 BGHZ 82, 227 ff., 234, 235.

220 BGHZ 82, 227 ff., 235.

221 BGHZ 82, 227 ff., 235.

Zur Veranschaulichung der allzu abstrakten Materie der Ausgleichsberechnungen wird folgendes Berechnungsbeispiel für die neue Auslegung des § 1380 II BGB gegeben:

Unterstellt wird, daß auf beiden Seiten kein Anfangsvermögen vorliegt, der Ehemann hat einen Zu-gewinn von DM 500. 000 erzielt, die Ehefrau einen ZuZu-gewinn von DM 200. 000. Der Mann hat sei-ner Frau während der Ehe DM 100. 000 zugewendet.

Zuvor war der BGH mit der damals herrschenden Meinung222 davon ausgegangen, § 1380 II BGB ordne nur die Hinzurechnung des zugewendeten Vermögens beim End-vermögen des Zuwendenden an. Entsprechend war die Anwendung des § 1374 II BGB notwendiges Korrelat zu § 1380 II BGB. Nach damaligem Verständnis wurde nämlich erst über die Hinzurechnung der Zuwendung zum Anfangsvermögen des empfangenden Ehegatten ein Ausgleich ermöglicht, da dieser sonst schlechter stünde, als er wenn er die Zuwendung nicht erhalten hätte.223 Denn ohne Anrechnung der Zuwendung hätte der

Ehemann Ehefrau

Anfangsvermögen (§ 1374 I BGB) 0 0

Endvermögen (§ 1375 I BGB) DM 500. 000 DM 200. 000

Korrigiertes Endvermögen (§ 1380 II BGB) DM 600. 000 DM 100. 000

Zugewinn (§ 1373 BGB) DM 600. 000 DM 100. 000

Ausgleichsforderung (§ 1378 I BGB) DM 250. 000

Anrechnung des Vorausempfangs (§ 1380 I BGB) DM 100. 000

Korrigierte Ausgleichsforderung DM 150. 000

222 Z. B. Lieb, die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsaus-gleich und gesetzlichem Güterstand, S. 128; Henrich, FamRZ 1975, 533 ff., 537; Seutemann, Der Widerruf von Schenkungen, S. 132.

223 So noch die Argumentation des BGH in BGHZ 65, 320 ff., 324; ebenso BGHZ 68, 299 ff., 302.

Zur Veranschaulichung der obigen abstrakten Ausführungen ein Berechnungsbeispiel für die frühere Auffassung des § 1380 II BGB unter folgerichtiger Heranziehung des § 1374 II BGB:

Unterstellt wird wie im obigen Beispielsfall (vgl. oben, Fn. 221), daß auf beiden Seiten kein An-fangsvermögen vorliegt, der Ehemann hat einen Zugewinn von DM 500. 000 erzielt, die Ehefrau ei-nen Zugewinn von DM 200.000. Der Mann hat seiner Frau DM 100.000 zugewendet.

Ehemann Ehefrau

Anfangsvermögen (§ 1374 I BGB) 0 0

Korrigiertes Anfangsvermögen (§ 1374 II BGB) 0 DM 100. 000

Endvermögen (§ 1375 I BGB) DM 500. 000 DM 200. 000

Korrigiertes Endvermögen (§ 1380 II BGB) DM 600. 000 DM 200. 000

Zugewinn (§ 1373 BGB) DM 600. 000 DM 100. 000

Ausgleichsforderung (§ 1378 I BGB) DM 250. 000

Anrechnung des Vorausempfangs (§ 1380 I BGB) DM 100. 000

Korrigierte Ausgleichsforderung DM 150. 000

Es zeigt sich, daß nach alter, wie auch nach neuer Berechnungsmethode des Zugewinnausgleichsan-spruchs die gleichen Ergebnisse erzielt werden.

Empfänger einen zuwendungsbedingten Zugewinn, so daß bei Anrechnung der Zuwen-dung an die Ausgleichsforderung diese doppelt berücksichtigt würde.224 Es handle sich daher um ein funktionierendes und notwendiges Zusammenspiel beider Vorschriften.225 Sowohl nach der neuen als auch nach der früheren Berechnungsmethode gelangt man gleichermaßen zum gewünschten, die Zuwendung neutralisierenden Ergebnis, solange der Zuwendende auch derjenige ist, der den höheren Zugewinn erzielt hat und die Zu-wendung die Ausgleichsforderung an Wert nicht übersteigt.

Auswirkungen hat die neue Sichtweise des BGH jedoch auf Konstellationen, in denen der Zuwendungsempfänger zuwendungsbedingt einen höheren Zugewinn erzielt hat.

Nach der bis dahin herrschenden Meinung wurde angenommen, § 1380 BGB schließe in Fällen zu hoher Vorwegleistungen einen Ausgleichsanspruch aus.226 Dies hatte zur Folge, daß bei einer so gearteten Sachlage ein Ausgleich von Zuwendungen im Schei-dungsfall im Wege des Zugewinnausgleichs nicht möglich war. Demzufolge wurden in diesen Fällen zur Erreichung billiger Ergebnisse mangels vorrangiger gesetzlicher Re-gelungen die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage herangezogen. Diese Notwendigkeit weist der BGH nunmehr aufgrund der neuen Auslegung des § 1380 BGB zurück. Diese Vorschrift greife überhaupt nur ein, wenn eine Ausgleichsforderung des Zuwendungsempfängers bestehe, auf die ein Vorausempfang angerechnet werden könne.227 Habe ein Ehegatte im Vorgriff mehr erhalten, als sein Zugewinnausgleichsan-spruch ohne die Zuwendung ausmachen würde, so müsse er seinen - dank der Zuwen-dung - höheren Zugewinn nach § 1378 I BGB zur Hälfte an den anderen Ehegatten zu-rückerstatten.228 In dem Verlust der Hälfte des Wertes der Zuwendung sieht der BGH kein unangemessenes Ergebnis.

224 Netzer, Zuwendungen zwischen Ehegatten im Spannungsfeld von Schuldrecht und Familienrecht, S.

170.

225 Seutemann, Der Widerruf von Schenkungen, S. 133.

226 Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand, 126; Kühne, FamRZ 1978, 221 ff., 223; Johannsen, WM 1978, 654 ff., 657; Felgentraeger in Staudinger, § 1380, Rdnr. 3 f.

227 BGHZ 82, 227 ff., 234.

228 BGHZ 82, 227 ff., 235.

Es ist also in zwei separaten Schritten vorzugehen: Zunächst muß in Anwendung des § 1380 II BGB, also unter Berücksichtigung des korrigierten Endvermögens, festgestellt werden, ob der Zuwendungsempfänger noch einen Ausgleichsanspruch gegen den Zu-wendenden hat. Ist dies nicht der Fall, da der Vorausempfang den Ausgleichsanspruch bereits übersteigt, muß - ausgehend von dem tatsächlichen Endvermögen, also ohne einen korrigierenden Zwischenschritt gemäß § 1380 II BGB - ein tatsächlicher Zuge-winn ermittelt werden.

Nicht zu neutralisieren vermag die Zugewinnausgleichsregelung allerdings solche Zu-wendungen, die ein Ehegatte dem anderen aus seinem Anfangsvermögen gemacht hat, ohne später selbst einen Zugewinn zu erzielen. In diesem Fall kann er aus § 1378 I BGB nur die Hälfte des Wertes der Zuwendung zurückverlangen; jedoch sieht der BGH darin keine Unbilligkeit, die eine Rückabwicklung über den Wegfall der Geschäftsgrundlage erforderlich machen würde.229 Durch diese Sichtweise gelingt es dem BGH, den An-wendungsbereich der Zugewinnausgleichsregelungen auszudehnen und die Fälle, in denen ein Rückgriff auf die Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage erforderlich ist, weiter zu reduzieren.

Dennoch hält der BGH eine Rückabwicklung nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht für schlecht-hin ausgeschlossen. Allerdings ließen die gesetzlichen Regelungen des Zugewinnaus-gleichs, die insbesondere eine gleichmäßige Beteiligung der Frau an dem in der Ehe erzielten Vermögenserwerb sicherstellten und bei der Vermögensauseinandersetzung den Streit darüber ausschließen sollten, ob und in welchem Maße der eine Ehegatte an dem Vermögenserwerb des anderen wirtschaftlich beteiligt gewesen sei, die unge-schriebenen, aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätze über den Wegfall der Geschäfts-grundlage nur dort eingreifen, wo ausnahmsweise der güterrechtliche Ausgleich zu kei-ner angemessenen Lösung führe und daher eine Korrektur geboten sei.230 Dies sei in aller Regel nicht der Fall.231

229 BGHZ, 82, 227 ff., 235.

230 BGH FamRZ 1989, 147 ff., 149; ebenso BGHZ 115, 132 ff.

231 BGHZ 82, 227 ff., 237.

Allerdings wurde in der BGH-Entscheidung vom 24. 11. 1993 die güterrechtliche Lö-sung als schlechthin unangemessen und für den Zuwendenden als unzumutbar angese-hen.232 Es ging um die Frage des Ausgleichs für eine kurz nach der Eheschließung vor-genommene Wertpapierdepotübertragung. Diese erfolgte unstreitig auf der Grundlage des Fortbestands einer vom Versorgungsgedanken geprägten Altersehe der Parteien, die nach eigenem Vortrag der Zuwendungsempfängerin nicht zu einer echten Lebensge-meinschaft mit gemeinsamer Haushaltsführung werden sollte. Ihr Scheitern nach weni-gen Monaten lasse die mit der güterrechtlichen Lösung verbundene weitere Teilhabe der Beklagten an den vom Kläger während seines langjährigen Erwerbslebens und seiner langjährigen ersten Ehe geschaffenen Ersparnissen als schlechthin unzumutbar und un-erträglich erscheinen.233

Ferner sei zu bedenken, daß die Vorschriften über den Zugewinnausgleich ebensowenig wie die gesetzlichen Regeln über die Aufhebung der Gemeinschaft an einem Grund-stück oder die Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats nach der Scheidung234 eine rechtliche Grundlage für die Verpflichtung eines Ehegatten böten, einen ihm von seinem Ehegatten zugewendeten Gegenstand nach der Scheidung der Ehe zurückzugeben.235 Sie führten in aller Regel nur zum Wertausgleich, ließen aber die Eigentumsverhältnisse unberührt.236

Es könne aber Fälle geben, in denen es schlechthin unangemessen wäre, einen Ehegat-ten, der dem anderen in der Ehe eine Zuwendung gemacht habe, auf einen wertmäßigen Ausgleich zu verweisen. Führten auch andere gesetzliche Vorschriften, insbesondere diejenigen über die Auseinandersetzung der gemeinschaftlichen Berechtigung an einem Vermögensgegenstand, nicht zu einem tragbaren Ergebnis, so könne unter diesen be-sonderen Umständen der Rückgriff auf die Regeln über den Wegfall der

232 BGH, FamRZ 1994, 503 f., 503 mit Verweis auf BGHZ 115, 132 ff., 138.

233 BGH, FamRZ 1994, 503 f., 504.

234 6. DVO zum EheG.

235 BGHZ 82, 227 ff., 236.

236 BGHZ 82, 227 ff., 236; BGHZ 68, 299 ff., 303; nur unter den engen Voraussetzungen des § 1383 BGB kann im Rahmen des Zugewinnausgleichs auch in bestehende Eigentumsverhältnisse einge-griffen werden. Eine Eigentumsübertragung erfolgt nur unter der strengen Voraussetzung „grober Unbilligkeit“ und auch dann nur unter Anrechnung auf die Ausgleichsforderung; vgl. hierzu Diede-richsen in Palandt, § 1383, Rdnr. 2 u. BGHZ 82, 227 ff., 236.

grundlage geboten sein.237 Zudem unterstehe jedes Rechtsverhältnis dem Grundsatz von Treu und Glauben; speziell die eheliche Lebensgemeinschaft wirke hier in der Weise nach, daß jeder Ehegatte dem anderen auch nach ihrer Auflösung eine angemessene Rücksichtnahme auf dessen Belange schulde.238 Hieraus könne unter Umständen auch ein Anspruch auf Herausgabe eines bestimmten Gegenstandes folgen. Insgesamt kommt der BGH somit zum Ergebnis, daß auch bei Zugewinngemeinschaft die Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar sind. Er betont allerdings, daß die Anwen-dung des § 242 BGB als Korrektur der gesetzlichen Regelungen auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben müsse; die Anwendung setze daher voraus, daß die Aufrechterhal-tung des bestehenden Zustandes dem klagenden Teil schlechthin unzumutbar sei.239 Zu dem finanziellen Interesse des zuwendenden Ehegatten, sich sein Vermögen unge-schmälert zu erhalten, müssen also besondere Umstände hinzutreten, die ein Beharren des anderen Ehegatten auf seinem Eigentum als unerträglich erscheinen lassen.240