• Keine Ergebnisse gefunden

II. Causa der Rechtsfigur der unbenannten Zuwendung

5. Abgrenzung der unbenannten Zuwendung von der Schenkung

Bevor eine positive Bestimmung des Rechtsgrundes unbenannter Zuwendungen unter-nommen werden kann, gilt es die Rechtsfigur von dem Institut abzugrenzen, dem sie bis Ende der sechziger Jahre unproblematisch in beinahe allen Fällen zugerechnet wurde, nämlich von der Schenkung gemäß § 516 BGB.153

In der Frage der traditionellen Beurteilung von Ehegattenzuwendungen als Schenkun-gen154 hat die Rechtsprechung einen grundlegenden Wandel vollzogen, was wohl maß-geblich dadurch beeinflußt wurde, daß sich die gesellschaftlichen Vorstellungen über den Charakter der objektiv unentgeltlichen Zuwendungen in der Ehe ebenso wie die gesellschaftlichen Vorstellungen von der Ehe selbst gewandelt haben.155

152 So bemüht sich Langenfeld bereits darum, die gegebene Gelegenheit zu größerer Sicherheit bei der Vertragsgestaltung umzusetzen, indem er für die Ehegatten-Innengesellschaft folgende Gestaltungs-varianten vorschlägt: Entweder die Vereinbarung eines Erwerbsrechts des anderen Ehegatten hin-sichtlich eines hälftigen Miteigentumsanteils für den Fall der Scheidung in einer notariellen Urkun-de. Oder aber der Abschluß eines ausdrücklichen Vertrages über eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts, in dem die Beteiligungsquoten und gegebenenfalls auch die Modalitäten der Auseinander-setzung für den Fall einer Scheidung geregelt werden; Langenfeld, ZEV 2000, 14 f., 15.

153 Vgl. Kollhosser, NJW 1994, 2313 ff., 2314.

154 Zur traditionellen Beurteilung der Ehegattenzuwendung als Schenkung, vgl. oben die rechtshistori-sche Darstellung der Entwicklung der Zuwendungen unter Ehegatten, S. 12 ff.

155 Vgl. Kollhosser, NJW 1994, 2313 ff., 2315.

Diese neue Rechtsprechungstendenz basierte auf einem neuen Geist der Gleichberechti-gung von Mann und Frau. Die traditionelle Vorstellung, daß beispielsweise die Zuwen-dung des berufstätigen Ehepartners an den haushaltsführenden Partner eine Schenkung sei, vertrug sich zunehmend weniger mit dem Gedanken der Gleichberechtigung, der Partnerschaft und der Emanzipation in der Ehe.156 So führte der BGH explizit aus, der Gesetzgeber achte die Hausarbeit der Frau157 grundsätzlich der auf den Gelderwerb ge-richteten Tätigkeit des Mannes gleich und gebe, wenn der Mann in der Ehe mehr er-wirbt als die Frau, dieser einen Ausgleich.158 Mit diesem Grundsatz der Gleichwertigkeit von Berufs- und Haushaltstätigkeit stand jedoch weder der ehemals vorgenommene Ausgleich über Bereicherungsrecht aufgrund von Rechtsgrundlosigkeit der Zuwendung in Einklang noch wurden ihm die schenkungsrechtlichen Rückabwicklungsregeln ge-recht.

So zog dann auch der BGH die Konsequenzen hieraus und folgerte, in dem Erwerb ei-nes Familienwohnheims zu hälftigem Miteigentum werde regelmäßig die Anerkennung eines gleichwertigen Beitrags beider Ehepartner liegen. Daher sei, wenn die Parteien diesen Beitrag jedes von ihnen als Rechtsgrund des gemeinsamen Erwerbes im Auge gehabt hätten, die Annahme ausgeschlossen, sie hätten eine Schenkung gewollt.159 Eine Schenkung im Sinne von § 516 BGB liege nämlich nur vor, wenn der erworbene Ver-mögenswert aus dem Vermögen des Zuwendenden komme und sich beide Teile darüber einig seien, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolge. Der Einigung über die Unentgelt-lichkeit stand aber nach Auffassung des BGH das Motiv des Ausgleichs durch den bei-derseitigen Beitrag entgegen.

Auf diesem Ausgleichsgedanken im Sinne einer Art freiwilligen und vorzeitigen Zuge-winnausgleichsleistung160 basiert das Bedürfnis, die Ehegattenzuwendung von der

156 So Kollhosser, NJW 1994, 2313 ff., 2315.

157 Immer noch läßt sich feststellen, daß der BGH seiner gesamten Rechtsprechung zur unbenannten Zuwendung die klassische Einverdiener-Hausfrauen-Ehe zugrundelegt, die trotz des allgemeinen ge-sellschaftlichen Wandels nach wie vor den vorherrschenden Ehetypus bildet.

158 BGHZ 82, 227 ff., 231.

159 BGHZ 82, 227 ff., 231, unter Bezugnahme auf BGH, NJW 1966, 542 sowie BGH JR 1972, 244 ff.

160 So auch Langenfeld, Grundstückszuwendungen im Zivil- und Steuerrecht, Rdnr. 61.

entgeltlichen causa161 der Schenkung abzugrenzen. Diese Abgrenzung hat der BGH in zahlreichen einschlägigen Entscheidungen vorgenommen162, wobei er zum Ergebnis gelangte, daß Zuwendungen unter Ehegatten in der Regel keine Schenkungen seien.163 Sie dienten vielmehr der ehelichen Lebensgemeinschaft und gestalteten sie aus.164 Eine Schenkung setze die Einigkeit beider darüber voraus, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolge.165 Unentgeltlich sei eine Zuwendung aber nur, wenn sie nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts von keiner Gegenleistung abhängig sei.166 An der Unentgeltlichkeit fehle es nicht nur dann, wenn der Zuwendung eine Leistung des Zuwendungsempfän-gers gegenüberstehe, die zu ihr in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehe, sondern auch dann, wenn die Zuwendung die Geschäftsgrundlage habe, daß dafür eine Verpflichtung eingegangen, oder eine Leistung bewirkt werde; hierbei brauche die Leistung nicht geldwerter oder vermögensrechtlicher Art zu sein, sondern könne auch immateriellen Charakter haben.167 Aus diesem Grunde sind Zuwendungen in der Ehe selbst dann nicht als unentgeltlich anzusehen, wenn die Ehegatten ihre voneinander abweichenden Bei-träge wegen ihrer unterschiedlichen Vermögensverhältnisse und Einkommenserwartun-gen nicht als gleichwertig betrachteten.168

Entscheidend für die Abgrenzung der unbenannten Zuwendung von der Schenkung ist nach Auffassung des BGH also die der Vermögensverschiebung zugrundeliegende Ge-schäftsgrundlage. Während bei der unbenannten Zuwendung der Zuwendende davon ausgehe, daß die Ehe Bestand haben werde und ihm daher der zugewendete Gegenstand letztlich doch nicht verlorengehe, fehle ihm diese Vorstellung bei der Ehegattenschen-kung, wo er seinen Vermögensgegenstand unabhängig vom Fortbestand der Ehe

161 Auch die causa der Schenkung aus § 516 BGB ist im einzelnen umstritten. Nach h. M. stellt die Einigung über die Unentgeltlichkeit eine Umschreibung für den Zuwendungszweck echter Liberali-tät oder Freigebigkeit dar, während sie zugleich den Bestand der Zuwendung sichert. Daher ist sie zugleich Schenkungs-causa, vgl. Apfelbacher, Ehebedingte Zuwendungen und Ehegatten-Eigenheimgesellschaft, S. 28, mit weiteren Ausführungen zu diesem Problemkreis.

162 Z. B. in BGHZ 82, 227 ff., 229, 231; BGH JR 1972, 244 ff., 244; BGHZ 87, 145 ff., 146, 147; BGH, NJW 1992, 238 ff., 239; BGHZ 116, 167 ff., 169; BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 601.

163 So z. B. in BGHZ 87, 145 ff., 146; BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 601.

164 BGHZ 87, 145 ff., 146; ebenso BGHZ 82, 227 ff., 231.

165 BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 601 mit Verweis auf BGHZ 82, 227 ff., 227 und BGHZ 87, 145 ff.

166 BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 601.

167 BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 601.

168 BGHZ 87, 145 ff., 146; BGH, FamRZ 1982, 778 f., 778.

ßere.169 Eine unbenannte Zuwendung liege somit immer dann vor, wenn einer Zuwen-dung unter Ehegatten die Vorstellung oder Erwartung zugrundeliege, daß die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde, oder wenn sie sonst um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der eheli-chen Lebensgemeinschaft erbracht werde und darin ihre Geschäftsgrundlage finde.170 Gleichzeitig stellt der BGH aber immer wieder klar, daß Schenkungen im Sinne von § 516 BGB auch unter Ehegatten grundsätzlich möglich seien.171 Eine Schenkung liege aber nur dann vor, wenn der von einem Ehegatten erworbene Gegenstand aus dem Vermögen des anderen komme und beide sich darüber einig seien, daß der Vermögens-gegenstand unentgeltlich zugewendet werden solle.172

In seiner Entscheidung vom 17. 1. 1990 betonte der BGH, daß eine Einigung bezüglich der Unentgeltlichkeit nicht allein dem Umstand entnommen werden könne, daß die Übertragung im Vertragstext als „Schenkung“ bezeichnet werde.173 Es komme zwar der Wortwahl in einer Notariatsurkunde für die Einschätzung des rechtsgeschäftlichen In-halts einer Erklärung grundsätzlich entscheidendes Gewicht zu, weil die notarielle Ur-kunde die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich habe.174 Es müsse aber auch die notarielle Praxis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses berücksichtigt wer-den. Hier wurde die „Schenkung“ im Jahre 1972 beurkundet, also zu einer Zeit, zu der eine Zuwendung zwischen Ehegatten ohne direkte Gegenleistung ohne weiteres als Schenkung qualifiziert wurde.175 Dies impliziert wohl die Annahme, daß bei einer heut-zutage beurkundeten Schenkung auch eine Einigung über die Unentgeltlichkeit im

169 BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 603. Damit hat die Ehegattenschenkung den Fortbestand der Ehe nicht zur Geschäftsgrundlage, die Schenkungsabsicht stehe dem Geschäftswillen, der sich auf ehebeding-te, mit dem Fortbestehen der Ehe zusammenhängende Vorstellungen und Erwartungen stütze, grund-sätzlich entgegen, vgl. BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 602.

170 BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 601.

171 BGHZ 87, 145 ff. 146; BGHZ 82, 227 ff., 230, 231.

172 BGHZ 87, 145 ff., 146.

173 BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 602; ebenso OLG Düsseldorf, MittRhNotK 1995, 268 f., 269 bei einem

„Schenkungsvertrag“ vom 17. 2. 1964.

174 BGH, FamRZ 1990, 600 ff., 602; NJW 1981, 2687 ff., 2688.

175 BGH FamRZ 1990, 600 ff., 602.

ne von § 516 BGB vermutet werden darf.176 In der oben genannte Entscheidung wurde jedoch unabhängig von der Bezeichnung im notariellen Vertrag, die Einigung der Ehe-gatten über die Unentgeltlichkeit bejaht; denn die Parteien hätten bei Vertragsschluß vermeiden wollen, daß die Übertragung des Grundstücksanteils der Grunderwerbsteuer unterfiele, was sie aber nur im Wege der Schenkung hätten erreichen können.177

Sofern allerdings eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB vorliegt, besteht nach An-sicht des BGH kein Grund, diese nach anderen Maßstäben zu beurteilen als Schenkun-gen unter nahen AngehöriSchenkun-gen. Damit ist der BGH familienrechtlichen Modifizierungs-versuchen hinsichtlich des Schenkungswiderrufs wegen groben Undanks aus § 530 BGB mit Nachdruck entgegengetreten ist.178