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C. F ALLGRUPPENBETRACHTUNG IM H INBLICK AUF DIE E RGÄNZUNGSSICHERHEIT IM E RBRECHT

III. Drittwirkungsfall § 2325 BGB - Schutz des Pflichtteilsberechtigten vor beeinträchtigenden

3. Ausnahme von der Ergänzungspflichtigkeit bei einer Anstands- beziehungsweise sittlicher Pflicht im

Im Rahmen des § 2325 BGB kann sich in Ausnahmefällen bei objektiv unentgeltlichen Fallvarianten allenfalls über den Ausnahmetatbestand der Anstandsschenkung im Sinne von § 2330 BGB noch eine Ergänzungssicherheit ergeben. Zu beachten ist allerdings, daß das Vorliegen einer Pflicht- oder Anstandsschenkung vom Ergänzungspflichtigen selbst bewiesen werden muß, nachdem es dem Pflichtteilsberechtigten seinerseits ge-lungen ist, die Schenkung nachzuweisen.723 Es ist aus diesem Grunde hier bei der Ver-tragsgestaltung besonders auf die Niederlegung der Zuwendungsmotivation Wert zu legen, um dem begünstigten Ehegatten die Möglichkeit der Beweisführung zu erhalten.

Um festzustellen, inwieweit eine Schenkung aufgrund einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht ausnahmsweise der Ergänzungspflichtigkeit entzogen wird, ist im folgenden zunächst zu ermitteln, was unter einer Pflicht- bezie-hungsweise Anstandsschenkung im Sinne des § 2113 II BGB zu verstehen ist:

Auch wenn bereits im Rahmen des § 2113 II BGB auf die Problematik der sittlichen Pflicht eingegangen wurde724 und auch bei der Frage der Benachteiligungsabsicht im Sinne des § 2287 BGB die Frage der Sitten- oder Anstandspflicht eine Rolle spielt725,

721 Vgl. Zur Fallgruppenbetrachtung bezüglich der Entgeltlichkeit unbenannter Zuwendungen im Kon-text des § 2287 BGB oben, S. 152.

722 Trotz des parallelen Entgeltlichkeitsbegriffs des § 2325 BGB und des § 2287 BGB kann auf eine gesonderte Darstellung des § 2325 BGB im Rahmen dieser kasuistischen Abhandlung nicht verzich-tet werden, da sich durch die zusätzlichen Tatbestandsvoraussetzungen, die unterschiedliche Judika-tur, sowie durch die unterschiedlichen kollidierenden Interessen für die einzelnen Fallgruppen unter-schiedliche Wertungen ergeben. Bei den beiden Normen handelt es sich um die zentralen Drittwir-kungskollisionsnormen im Verhältnis zu den unbenannten Zuwendungen überhaupt. Von einer ge-sonderten Darstellung kann daher trotz gewisser Überschneidungen zugunsten der Einzelfallgenau-igkeit nicht verzichtet werden.

723 Vgl. z. B. Frank, § 2330, Rdnr. 4.

724 Siehe hierzu bereits oben, S. 141.

725 Siehe hierzu schon oben, S. 169

sind die dortigen Ausführungen nicht pauschal auf Schenkungen im Sinne des § 2330 BGB übertragbar. Bei der Bestimmung des Begriffsinhalts der BGB-Sonderregelungen für Pflicht- und Anstandsschenkungen726 kann nämlich zwar zunächst auf gemeinsame Grundregeln, also insbesondere auf § 514 BGB zurückgegriffen werden. Es ist aller-dings bei der Auslegung auf die jeweilige Schutzfunktion zu achten, die durch die Ein-schränkung durchbrochen wird; aus diesem Grunde ist bei der Verallgemeinerung von Rechtsprechung zu Pflicht- und Anstandsschenkungen nach unterschiedlichen Ausnah-mebestimmungen Vorsicht geboten.727

Für die normspezifische Einzelfallauslegung der Pflicht- und Anstandsschenkung im Bereich des § 2330 BGB ist nach den objektiven Gegebenheiten zu unterscheiden, ob eine Anstands- oder Pflichtschenkung vorliegt.728 Maßgebliche Kriterien sind insbeson-dere die persönlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander, ihre Lebensstellung, die jeweiligen Vermögensverhältnisse, sowie das Gewicht der zu belohnenden Leistungen des Beschenkten.729 Ferner muß die Pflicht zur Schenkung im Verhältnis zur Pflicht zum Erhalt einer Mindestbeteiligung am Nachlaß überwiegen. Hierzu ist es nicht ausrei-chend, daß sich die Schenkung noch im Rahmen des sittlich noch zu Rechtfertigenden hält.730 Entscheidend ist vielmehr, daß die Schenkung in solcher Weise sittlich geboten war, daß umgekehrt das Unterlassen dem Erblasser als Verletzung der für ihn bestehen-den sittlichen Pflicht zu Last zu legen wäre.731

Nachdem es sich bei Anstandsschenkungen regelmäßig nur um kleinere Gelegenheits-geschenke, die bei Ehegatten meist schon unter den Unterhalt fallen, handelt, sind hier besonders die Schenkungen von Interesse, die aufgrund einer sittlichen Pflicht geboten

726 Sonderregeln enthalten die §§ 534, 814, 1375 II Nr. 1, 1380 I 2, 1425 II, 1641, 1804, 2113 II, 2205 BGB.

727 Olshausen in Staudinger, § 2330, Rdnr. 3.

728 Vgl. z. B. Edenhofer in Palandt, § 2330, Rdnr. 1; Olshausen in Staudinger, § 2330, Rdnr. 3; Dieck-mann in Soergel; § 2330, Rdnr. 1.

729 Frank in Münchener Kommentar, § 2330, Rdnr. 2 mit Verweis auf OLG Braunschweig, FamRZ 1963, 376 f., 377; OLG Nürnberg, WM 1962, 1200 ff., 1203.

730 BGH, NJW 1986, 1926 f.

731 OLG Karlsruhe, OLGZ 1990, 457 ff., 459 mit Verweis auf BGH, NJW 1984, 2939 f., 2940.

sind. Diese können sogar einen so beträchtlichen Umfang haben, daß sie den wesentli-chen Teil des Vermögens umfassen, und so den Nachlaß wertlos mawesentli-chen.732

Pflichtschenkungen haben unter Ehegatten eine besondere Relevanz. Dies liegt zum einen daran, daß oftmals sittliche Verpflichtungen zur Belohnung oder Versorgung ge-rade des Ehegatten bestehen; zum anderen trifft § 2325 BGB aufgrund des § 2325 III 2.

Halbsatz BGB die Ehegatten in besonderer Härte, weil die Ergänzungspflicht regelmä-ßig zeitlich unbegrenzt ist.733

Es ist also nunmehr zu untersuchen, für welche Fälle die Regelung des § 2330 BGB unentgeltliche Zuwendungen unter Ehegatten der Ergänzungspflicht entziehen kann. Es werden daher nun die einzelnen Fallgruppen, bei denen an eine Pflichtschenkung zu denken ist, unter Abwägung mit der konkurrierenden Pflicht, den Angehörigen eine Mindestteilhabe am Nachlaß zu erhalten, auf ihre Ergänzungssicherheit hin untersucht.

Hierzu wird die Kasuistik der Rechtsprechung beleuchtet, da anders der unbestimmte Rechtsbegriff der sittlichen Pflicht nicht ausreichend präzisiert werden kann.

Die Judikatur läßt sich grob in zwei Gruppen von Zuwendungen unterteilen, nämlich einmal remuneratorische Schenkungen734, bei denen wenigstens eine sittliche

732 Vgl. Olshausen in Staudinger, § 2330, Rdnr. 5; BGH, WM 1978, 905 f., 905. Ist aber der Wert der Schenkung höher als durch die sittliche Pflicht oder die auf den Anstand zu nehmende Rücksicht ge-boten, dann ist die Schenkung entsprechend den Grundsätzen, die für die gemischte Schenkung gel-ten, insoweit ergänzungspflichtig, als das gebotene Maß überschritten wurde. Nur mit dem Mehrwert kann der Beschenkte zur Pflichtteilsergänzung herangezogen werden, BGH, WM 1978, 905 f., 906, m. w. N.

733 Daß hierin eventuell eine ungewollte Härte für die Ehegatten zu sehen ist, läßt sich auch daraus be-gründen, daß bei der Überprüfung der Verfassungskonformität des § 2325 III BGB durch das BVerfG unter anderem damit argumentiert wurde, daß unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten gerade nicht unter § 2325 III BGB fielen (vgl. hierzu schon oben, Fn. 713). Nachdem sie nunmehr aber nach ständiger Rechtsprechung unter § 2325 BGB subsumiert werden, gewinnt der Ausnahme-tatbestand des § 2330 BGB gerade für Ehegatten besondere Bedeutung.

734 So z. B. die Grundstückszuwendung an einen Abkömmling für Hilfe aus einer Notsituation, OLG Braunschweig, RDL, 1951, 74; Übertragung einer Haushälfte an die Ehefrau aufgrund unbezahlter langjähriger Mitarbeit im Geschäft des Erblassers, OLG Karlsruhe, OLGZ 1990, 457 ff.; lebenslange Nießbrauchbestellung an einem Geschäftsgrundstück an langjährige Hausgehilfin, BGH, WM 1977, 1410; Hausgrundstücksübertragung für die jahrelange Pflege durch die Tochter, BGH WM 1978, 905 f.; Fabrikübertragung an denjenigen Sohn, der jahrelang im Betrieb mitgearbeitet hat (im Fall

tung zu einer Schenkung angenommen wurde, wenn schon kein Anspruch auf Entloh-nung der besonderen Leistungen des Begünstigten anerkannt wurde, welcher die Ent-geltlichkeit begründet hätte. Zum anderen Zuwendungen, in denen die Rechtsprechung eine sittliche Pflicht zur Zukunftsabsicherung und Versorgung735 des Zuwendungsempfängers bejaht hat.

a. Remuneratorische Schenkungen

Soweit im Rahmen des § 2325 BGB Pflegeleistungen (III) und Ehegattenmitarbeit (X) nicht als entgeltlich anzusehen sind, weil sie ihrem Umfang nach nicht über die Unter-haltspflicht hinausgingen, und somit ohnehin geschuldet waren,736 fragt es sich, ob hier-für erbrachte Zuwendungen wenigstens als sittlich geschuldete Belohnungen aufgefaßt werden können.

Der BGH hat nämlich die Nießbrauchbestellung an eine langjährige Hausgehilfin als sittlich geboten der Pflichtteilsergänzung entzogen.737 Es ließe sich bei dem Versuch der Übertragung dieser Rechtsprechung auf Ehegattenzuwendungen daran denken, daß schon die Haushaltsführung eines Ehegatten eine sittliche Pflicht zur Schenkung be-gründen könnte. Die Haushaltsführung des Ehegatten beruht aber anders als bei einer Hausangestellten bereits auf gesetzlich geschuldeter Unterhaltspflicht. Das Interesse eines begünstigten Ehegatten am Erhalt einer Zuwendung, die allein auf das Motiv des Dankes für die erbrachten Haushaltsdienste zurückzuführen ist, kann daher wohl nicht

mit der Begründung abgelehnt, er habe stets Gehalt und lange auch eine Gewinnbeteiligung erhal-ten), RG JW 1931, 1356, Nr. 18. Vgl. hierzu Olshausen in Staudinger, § 2330, Rdnr. 9.

735 So z. B. Der Lebensversicherungsabschluß zugunsten der unversorgten Ehefrau eines betagten Ge-werbetreibenden, OLG Braunschweig, FamRZ 1963, 376 f.; Grundstücksübertragung zur Existenz-sicherung eines Behinderten, BGH, NJW-RR 1996, 705 f.; Sicherung des Lebensunterhalts für den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, BGH NJW 1983, 674; vgl. Olshausen in Staudin-ger, § 2330, Rdnr. 9.

736 Für die miteinander verwandten Fallgruppen der Zuwendungen für Pflegeleistungen (III) und der Zuwendungen für Mitarbeit (X), wurde bereits festgestellt, daß für die Annahme der Entgeltlichkeit hier nur Raum ist, sofern die Zuwendungen das unterhaltsrechtlich geschuldete Maß übersteigen.

Siehe oben, S. 125 u. S. 132.

737 BGH, WM 1977, 1410 f., 1411. Auch diese Entscheidung wurde aber argumentativ nicht nur auf den Belohnungscharakter der Zuwendung gestützt, sondern auf die Notwendigkeit und die besondere Zweckbestimmung der Sicherung des Lebensunterhaltes der Begünstigten.

das Recht des Pflichtteilsberechtigten auf seinen gesetzlichen Anteil am Nachlaß ver-drängen. Regelmäßig wurden die Haushaltstätigkeiten des einen Ehegatten schon durch die arbeitsteilig erbrachten Leistungen des Erblassers zum Familienunterhalt in ausrei-chendem Maße kompensiert.

Dem könnte man entgegenhalten, daß auch eine Haushaltsgehilfin primär aus bestehen-der Dienstpflicht gemäß § 612 BGB tätig wird, die wiebestehen-derum mit dem erhaltenen Lohn als adäquate Gegenleistung genügend ausgeglichen wird. Es gibt aber noch weitere Un-terschiede zwischen einem haushaltsführenden Ehegatten und einer Hausangestellten:

Bei letzterer nämlich sind langjährige treue Dienste anders als bei einer auf die Lebens-dauer ausgerichteten Ehe keine Selbstverständlichkeit.

Hinzu kommt, daß es für Angestellte, die während jahrzehntelanger Anstellung bei ei-nem Arbeitgeber in die Jahre gekommen sind, erfahrungsgemäß schwierig ist, erneut eine Anstellung zu finden, da jüngeres Personal meist bevorzugt wird. Daher besteht gegenüber langjährigen Angestellten gerade wenn sie im engen häuslichen Bereich tätig waren, eine sittliche Pflicht zur materiellen Absicherung. Der Absicherungsgedanke kommt auch in der zitierten Entscheidung maßgeblich zum Tragen, wenngleich die Schenkung als remuneratorisch bezeichnet wird.738 Allein aufgrund einer Dankespflicht hätte daher wohl auch im Hausangestellten-Fall die Ergänzungspflichtigkeit nicht ver-drängt werden können. Für Ehegattenzuwendungen werden Alterssicherungszuwendun-gen (II) aber ohnedies als entgeltlich angesehen. Daher ist die Haushaltstätigkeit allein im Ergebnis nicht geeignet, eine Ausnahme nach § 2330 BGB zu begründen.

Ebenso verhält es sich mit Schenkungen zum Dank für die Hilfe in einer besonderen Notlage, die, soweit sie von einem Angehörigen erbracht wurde, vom OLG Braun-schweig als Grund für eine sittliche Verpflichtung anerkannt wurde.739 Aufgrund der besonderen ehelichen Beistandspflicht, die Ausfluß der eingegangenen Schicksalsge-meinschaft ist, kann nicht davon ausgegangen werden, daß eine besondere sittliche Ver-pflichtung dem Ehegatten gegenüber begründet werden kann, nur weil dieser seinem Partner in einer Notlage beigestanden hat. Ein solcher Beistand entspricht vielmehr

738 BGH, WM 1977, 1410 f., 1411.

ner natürlichen Pflicht, die der ehelichen Gemeinschaft wesensimmanent ist. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu der sehr viel weniger selbstverständlichen Hilfe eines Verwandten, der eben keine willentliche Entscheidung zur Begründung einer Schicksalsgemeinschaft getroffen hat. Daß die Rechtsprechung hier ein Interesse des überlebenden Ehegatten befürworten wird, welches die Schutzbedürfnisse des beein-trächtigten Pflichtteilsberechtigten überwiegt, ist daher nicht anzunehmen. Solcherma-ßen motivierte remuneratorische Schenkungen lassen sich daher nicht als Pflichtschen-kungen im Sinne des § 2330 BGB auffassen und sind folglich als SchenPflichtschen-kungen aus § 2325 BGB ergänzungspflichtig.

Auch für Pflegeleistungen (III), die nicht über das unterhaltsrechtlich geschuldete Maß hinausgehen, kann letztlich keine sittliche Pflicht zur Belohnung bestehen. Wenn es nämlich Ausfluß der ehelichen Beistands- und Unterhaltspflichten aus §§ 1353, 1360 BGB ist, daß Ehegatten einander in gewissem Umfange Pflege und Fürsorge zuwenden, so erscheint es widersprüchlich, anzunehmen, daß sich aus diesem lediglich sozialad-äquaten Verhalten eine Verpflichtung des Umsorgten ergeben soll, den anderen beson-ders zu belohnen.

Mit dem Argument der remuneratorischen Schenkung läßt sich für unentgeltliche Zu-wendungsfallvarianten daher keine Ergänzungssicherheit begründen.

b. Schenkungen mit Versorgungscharakter

Die zweite, häufiger anerkannte Fallgruppe von Pflicht- und Anstandsschenkungen im Sinne des § 2330 BGB sind Schenkungen, die von dem Wunsch der existentiellen Absi-cherung des Begünstigten getragen werden. Bevor mit der Darstellung der Rechtspre-chung zu dieser Variante der Pflichtschenkung begonnen wird, muß klargestellt werden, daß Zuwendungen zur Versorgung, also zur Altersabsicherung des Ehegatten (II) im Rahmen aller erbrechtlichen Drittschutzvorschriften in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH als entgeltlich und damit ohnedies als bestandssicher beurteilt wurden. Nach hier vertretener Auffassung kommt es daher für die Frage der

739 OLG Braunschweig, RDL 1951, 74.

zungssicherheit der Versorgung auf die Frage der Pflichtschenkung gar nicht mehr an.

Dennoch wird auf die Darstellung der Rechtsprechung zu ergänzungssicheren Pflicht-schenkungen mit Versorgungscharakter an dieser Stelle nicht verzichtet, weil sich hier-aus manifestiert, daß jedenfalls kein Ergänzungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten besteht. Nichtsdestotrotz muß betont werden, daß die im folgenden zu schildernde Rechtsprechung insoweit unrichtig ist, als sie sich auf der falschen Ebene für das zutref-fende Ergebnis der Ergänzungssicherheit entscheidet:

So wurde angenommen, die Übertragung einer Familienwohnheimshälfte an die weit-gehend unversorgte Ehefrau, die zu gemeinsamen Nutzen im Gewerbebetrieb des Man-nes mitgearbeitet hat, entspreche dem Gebot einer sittlichen Pflicht des Erblassers; sol-che Ssol-chenkungen würden in weiten Teilen der Bevölkerung als ein Gebot anständigen Verhaltens angesehen.740 Die Annahme einer sittlichen Pflicht wurde kumulativ auf die unbezahlte Mitarbeit der Begünstigten im Betrieb des Mannes sowie auf die gerade hieraus resultierende fehlende Altersabsicherung und die Besonderheiten des Zuwen-dungsgegenstandes als Kernbereich des Familienvermögens und als Sicherung der Wohnstatt für die Überlebende im Alter gestützt.741

In einer weiteren Entscheidung zur Altersabsicherung des überlebenden Ehegatten742 wird in der Begründung in besonderem Maße auf die Bedürftigkeit des Begünstigten abgestellt. So heißt es dort, es entspreche dem Wesen der ehelichen Lebensgemein-schaft, daß nach dem Tode eines berufstätigen Mannes die Witwe für ihren weiteren Lebensunterhalt noch an dem Ergebnis der Arbeit des Verstorbenen teilhabe.743 Der Grundsatz der Gleichbehandlung eines überlebenden Ehegatten mit den ehelichen Kin-dern, wie er im Pflichtteilsrecht zum Ausdruck komme, müsse in den Fällen zurücktre-ten, in denen die Witwe nach dem Tod des Erblassers bedürftig sei, während die Kinder

740 OLG Karlsruhe, OLGZ 1990, 457 ff., 457.

741 Auch für die Familienwohnheimsfallgruppe (I) und die Mitarbeitsfallgruppe (X) wurde bereits auf der Ebene der Gegenleistung eine Entgeltlichkeit im Sinne des § 2325 BGB angenommen. Auch hinsichtlich dieser tangierten Fallgruppen zeigt sich, daß das erkennende Gericht zwar wertungsmä-ßig richtig entscheidet, dieser Wertung aber nicht die richtigen Entscheidungsgründe zugrundelegt.

742 OLG Braunschweig, FamRZ 1963, 376 f.

743 OLG Braunschweig; FamRZ 1963, 376 f., 377 mit dem Hinweis darauf, daß auch der Gesetzgeber diesen Grundsatz für den Staat als verbindlich angesehen habe, was sich insbesondere in der Sozial-gesetzgebung zu den Witwengeldern und in den Witwengeldern im Beamtenrecht niederschlage.

bereits ihren Verdienst hätten.744 Hier zeigt sich ein wichtiger Aspekt der Judikatur zu § 2330 BGB: In die Abwägung der Ergänzungssicherheit ist nämlich nicht nur die Be-dürftigkeit der Begünstigten, sondern auch die konkurrierende BeBe-dürftigkeit des Pflicht-teilsberechtigten miteinzustellen. Hierin kommt auch der Versorgungscharakter des Pflichtteilsrechts zum Ausdruck.

Im Ergebnis läßt sich feststellen, daß die ohnedies als entgeltlich und damit als ergän-zungssicher angesehene unbenannte Zuwendung zur Alterssicherung des Ehegatten (II), selbst wenn sie nicht entgeltlich wäre, jedenfalls schon aufgrund einer bestehenden sitt-lichen Pflicht als ergänzungssicher zu behandeln wäre.

4. Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchung der Fallgruppen im Hinblick