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Wie bereits oben angeführt wurde, ist die Arbeitswelt laufend einem Wandel unter-legen. Je rasanter der Fortschritt abläuft, desto weniger vorhersehbar und planbar ist die Zukunft (vgl. PISKATY, 1992, S. 15). Dementsprechend können sich auch die Qualifikationen verändern. Entweder sie veralten, weil sie der aktuellen Zeit nicht mehr entsprechen und daher nicht mehr verwertbar sind oder ihre Bedeutung nimmt ab oder zu. Wenn Qualifikationen auf dem bisherigen Stand bleiben, aber sich die Arbeitswelt verändert, entstehen Lücken und Diskrepanzen. Daraus können soziale Folgen wie beispielsweise Arbeitslosigkeit resultieren. Um diese Diskrepanz zu vermindern, sollen Qualifikationen für sich ändernde Anforderungen flexibel sein und die Mitgestaltung der Anforderungen zulassen. Lösung bietet das Konzept der Schlüsselqualifikationen (vgl. REETZ, 1990, S. 17).

Das Konzept der Schlüsselqualifikationen geht auf DIETER MERTENS, damaliger Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, aus dem Jahr 1974 zurück, welcher die Schlüsselqualifikationen wie folgt definiert:

Schlüsselqualifikationen sind demnach solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertig-keiten, welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten erbringen, sondern vielmehr

a) die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und

b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des Lebens. (MERTENS, 1974, S. 40) FürMERTENS (1974, S. 39) liegt die Bedeutung und die Notwendigkeit der Schlüs-selqualifikationen in der Nicht-Prognostizierbarkeit der zukünftigen Arbeitsplätze und deren konkreten beruflichen Anforderungen begründet. Der hohe Grad an Ar-beitsteilung und der sich verändernden Arbeitsplatzanforderungen mache die Kon-zentration der beruflichen Bildung auf vorhandene Arbeitsplätze – bis auf wenige ähnliche Arbeitsplätze und Berufsgruppen – fast unmöglich. Zu berücksichtigen gilt, dass Arbeitsinhalte und dementsprechend praxisbezogenes Fachwissen einem schnellen Wandel ausgesetzt sind. Erspricht von dem Obsoleszenztempo der Bil-dungsinhalte, welches zum einen positiv mit ihrer Praxisnähe und zum anderen ne-gativ mit ihrem Abstraktionsniveau in Beziehung steht. Das bedeutet, je arbeits-platzbezogener die Qualifikationen sind, desto schneller tritt deren Veralterung in Kraft (siehe auch REETZ, 1990, S. 18). MERTENS (1974, S. 40) schreibt den Schlüs-selqualifikationen die Funktion zur Bewältigung einer flexiblen und wandelnden Arbeitswelt zu. Er argumentiert, dass die Vermittlung von Fachwissen und spezifi-schen Fertigkeiten in den Hintergrund treten soll und betont die höhere Bedeutung von Zugriffswissen gegenüber dem Faktenwissen.

MERTENS unterscheidet vier Typen von Schlüsselqualifikationen:

1. Unter Basisqualifikationen werden „Qualifikationen höherer Ordnung oder ‚ge-meinsame Dritte‘ von Einzelfähigkeiten“ (MERTENS, 1974, S. 41) verstanden.

Als Beispiele sind hier logisches, kritisches oder analytisches Denken anzufüh-ren (vgl. EBD., 1974, S. 41).

2. Mithilfe von Horizontalqualifikationen soll der Zugriff und die Nutzung von Informationshorizonten der Gesellschaft für jede einzelne Person gesichert wer-den. Im Grunde handelt es sich dabei um ein Zugriffswissen, welches dazu da ist, um auf ein andernorts abrufbares Wissen zuzugreifen und es zu verwenden.

MERTENS (1974, S. 41) nennt hierfür als einzige Schlüsselqualifikation die „formiertheit über Informationen“. Beispielsweise ist sie einzusetzen, um zu In-formationen zu gelangen und diese auch in weiterer Folge zu verwerten.

3. Als Breitenelemente werden spezielle Fertigkeiten und Kenntnisse bezeichnet, welche wie MERTENS (1974,S.42) beschreibt, in vielen Tätigkeitsbereichen und daher in zahlreichen Berufsgruppen als Anforderung für den Arbeitsplatz gelten. Diesen Kenntnissen wird eine entsprechend hohe Bedeutung beigemes-sen, sodass sie zur Allgemeinbildung zählen (vgl. REETZ, 1990, S. 19). Hiermit werden beispielsweise die vier Grundrechenarten angesprochen (vgl. MERTENS, 1974, S. 42).

4. Durch die laufenden Änderungen in den Bildungsinhalten und Lehrplänen ent-stehen Differenzen im Bildungsstand von jüngeren und älteren Menschen. Mit-hilfe von als Vintage-Faktoren bezeichneten Bildungsinhalten sollen diese in-tergenerativen Bildungsdifferenzen aufgehoben werden, zum Beispiel durch das Lernen der Fremdsprache Englisch (vgl. EBD., 1974, S. 42).

Im Zusammenhang mit den Schlüsselqualifikationen ist auf den Begriff der Kom-petenz hinzuweisen. In der Literatur wird mehrfach über die Begrifflichkeiten der Qualifikation und der Kompetenz diskutiert. Es wird hinterfragt, ob sie zusammen-gehören oder einzeln betrachtet werden müssen oder ob es dabei um eine Weiter-entwicklung des einen Begriffs handelt oder sie doch als Synonyme gelten (vgl.

SAILER, 2009, S. 31). So schreibt REINISCH (2015, S. 26ff.), dass der Begriff der Qualifikation den Begriff der Bildung Ende der 1960er Jahre/Anfang 1970er Jahre abgelöst habe. Anschließend an den Begriff der Qualifikation übernahm um die Jahrtausendwende herum der Begriff der Kompetenz die vorrangige Stellung (siehe auch SAILER, 2009, S. 31) und gilt etwa in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als Gegenkategorie zum Begriff der Qualifikation (vgl. SAILER, 2009, S. 32). Be-reits im Jahre 1989 unterscheidet REETZ die Qualifikation und die Kompetenz da-hingehend, dass es sich bei der Qualifikation um Fähigkeiten und Fertigkeiten aus der Perspektive des Beschäftigungssystems handelt und dass mit dem Begriff der Kompetenz individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten des Menschen zum

situationsgerechten Handeln verdeutlicht werden sollen. Demnach gilt der Begriff der Kompetenz als umfassender (vgl. NEUBERT, 2004, S. 152). Vielfach wird die Definition von WEINERT wiedergegeben, um den Kompetenzbegriff zu beschrei-ben. So bezeichnet WEINERT (2002) die Kompetenzen als

die bei Individuen verfügbaren oder durch die erlernbaren Fähigkeiten und Fertig-keiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivatio-nalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten um die Problemlö-sungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu kön-nen. (S. 27f.)

In der empirischen Untersuchung dieser Diplomarbeit wurden die in den Stellenan-zeigen angeführten Bezeichnungen wie beispielsweise Kommunikationsfähigkeit und kommunikative Kompetenz oder Problemlösungsfähigkeit und Problemlö-sungskompetenz synonym betrachtet. Hierfür wurde keine explizite Unterschei-dung vorgenommen.

5 Arbeitstätigkeiten in einer Steuerberatungskanzlei

In diesem Kapitel wird zunächst der Beruf der Steuerberaterin/des Steuerberaters in der Steuerberatungskanzlei näher beschrieben. Im Anschluss daran werden die für die Untersuchung relevanten Berufe in einer Steuerberatungskanzlei erklärt.

5.1 Steuerberaterin/Steuerberater und Steuerberatungskanzlei