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Anthropogene Überformung, Nutzungskonflikte und Belastungen

3.3 Kall

3.3.2 Anthropogene Überformung, Nutzungskonflikte und Belastungen

Geringe Wasserdurchlässigkeit des tonhaltigen Schiefers und relativ hohe Niederschläge schaffen auf dem Hohen Venn die Voraussetzung für das Entspringen zahlreicher Gewässer. Bei Hochwasser, insbesondere im Herbst und während der Schneeschmelze, steigt das Wasser rasch an und fließt auch oberirdisch schnell ab.

Die mittlere jährliche Abflußhöhe des Einzugsgebietes des Kall-Oberlaufs beträgt 500-700 mm. Im Jahresmit-tel machen die Anteile des Direktabflusses des Kall-Oberlaufs etwa zwei DritJahresmit-tel am Gesamtabfluß aus [128].

Durch umfangreiche Drainierungsmaßnahmen wurden die Abflußbedingungen im Untersuchungsgebiet we-sentlich beeinflußt.

3.3.2 Anthropogene Überformung, Nutzungskonflikte und Belastungen

Für 20 Anwesen (14 in Lammersdorf, 4 in Witzerath, 1 in Bickerath, 1 in Paustenbach) ist Befreiung von der Anschlußpflicht an die Kanalisation gem. § 53 Landeswassergesetz beantragt. Diese Grundstücke liegen in Ortsrandlage. Mehrheitlich (12) handelt es sich um landwirtschaftliche Betriebe, bei den übrigen um Wohn-häuser (6) und Sondernutzungen (Jagdhaus, Fernsehturm).

In der Ortschaft Lammersdorf befindet sich die Gruppenkläranlage Simmerath. Gemäß Sanierungsbescheid vom 27.06.1994 darf die Gruppenkläranlage derzeit 83 l/s gereinigtes Abwasser über eine Ablaufleitung um die Kalltalsperre in die Kall leiten (mündl. Mittlg. Herr Claßen, Bauamt der Gemeinde Simmerath, Unterlagen des Bauamtes).

In Konzen (Stadt Monschau) ist die Bebauung im Einzugsgebiet bis auf ein Wohnhaus mit Kleinkläranlage vollständig an die öffentliche Kanalisation angeschlossen und entwässert daher nach außerhalb des Einzugs-gebietes. In Entenpfuhl werden an zwei landwirtschaftlichen Anwesen und einem Jagdhaus geschlossene Gru-ben betrieGru-ben. Zwei Wohnhäuser verfügen über Kleinkläranlagen mit Untergrundverrieselung/Sandverriese-lung. In Hoscheit sind fünf landwirtschaftliche Anwesen an geschlossene Gruben angeschlossen, vier dieser Gruben entleeren in vorhandene Güllebehälter, eine Grube wird regelmäßig geleert. (mündl. Mittlg. Hr. Stef-fens, Tiefbauamt Stadt Monschau)

10 % des Einzugsgebietes der Kalltalsperre liegen auf belgischem Staatsgebiet. Die Erhebung Hoscheit ist un-bewohnt. Westlich der B 258 bestehen zwei Jagdhäuser, welche nicht an eine öffentliche Kanalisation ange-schlossen sind. Zu zwei Jagdhäusern auf belgischem Staatsgebiet liegen keine näheren Angaben vor.

Insgesamt sind im Einzugsgebiet der Kalltalsperre etwa 32 Anwesen nicht an die öffentliche Kanalisation an-geschlossen (Abwasserentsorgung über Gruben bzw. Kleinkläranlagen).

Industrie und Gewerbe

In Lammersdorf und insbesondere Simmerath existiert eine größere Anzahl kleinerer Handwerks- und Gewer-bebetriebe unterschiedlicher Branchen. Zur Auslagerung bestehender und Ansiedlung neuer Betriebe dienen zwei ausgewiesene Gewerbegebiete östlich von Simmerath und oberhalb des Quellbereiches des Fischbaches, sowie südlich von Rollesbroich im Quellbereich des Roßbaches. Als einziges Industrieunternehmen im Ein-zugsgebiet beschäftigen die Junkerwerke in Lammersdorf 450 Mitarbeiter.

Wesentliche Beeinträchtigungen der Gewässerqualität in mikrobiologischer Hinsicht sind nicht zu erwarten.

Landwirtschaft1

Im Oberlauf der Kall wurde erst durch umfangreiche Meliorationsmaßnahmen zur Entwässerung der Hoch-moorgebiete in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts landwirtschaftliche Nutzung in größerem Umfang möglich [128].

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche nimmt aktuell ca. 55% des gesamten Einzugsgebietes ein. Es handelt sich nahezu ausschließlich um Grünland. Rund davon 247 ha (17%) sind nachweislich drainiert, vermutlich

1 Zur Charakterisierung der landwirtschaftlichen Nutzung des Einzugsgebietes wurde vom WdKA in Abstimmung mit der Landwirtschaftskammer Rheinland, Bezirksstelle Aachen, freundlicherweise das von Büro Björnsen, Koblenz 1998 erstellte Gutachten „Landwirtschaft Kalltalsperre - Teil 1“ kurzfristig auszugsweise zur Verfügung gestellt; es stellt eine aufschluß-reiche Ergänzung zu den eigenen Erhebungen (Kartierung, Interviews) dar und wurde unter jeweiliger Kenntlichmachung in die vorliegende Darstellung eingearbeitet.

jedoch insgesamt 311 ha (21 %) [10].Im Untersuchungsgebiet ist der Flächenanteil 55,1 % (47,1 % Weiden, 7,8 % reine Mähwiesen, 0,2 % Ackerland).

Nach einer Bestandsaufnahme der Landwirtschaftskammer Rheinland, Kreisstelle Aachen, wirtschafteten 1994 insgesamt 59 landwirtschaftliche Betriebe im deutschen Teil des Einzugsgebietes der Kalltalsperre. 48 Betriebe lagen auch mit ihrer Hofstelle im Einzugsgebiet, die übrigen elf bewirtschafteten im Einzugsgebiet lediglich Nutzflächen. Nach aktuelleren Untersuchungen gaben zwischenzeitlich sechs Betriebe die Landwirt-schaft auf; Acht Nebenerwerbsbetriebe konnten als auslaufend betrachtet werden [10].

Die Landwirtschaft beschränkt sich im Wesentlichen auf die Milchviehhaltung. Sie wird ganz überwiegend im Flüssigmistverfahren betrieben. Die Begüllung erfolgt nach Verordnung mit einer Pause von Dezember bis Ja-nuar/Februar. Der jährliche Gülleauftrag wird von Ortskundigen auf 15 m³/ha geschätzt. Die Güllewirtschaft wird von der Unteren Wasserbehörde überwacht.

Im Raum Lammersdorf/Rollesbroich liegt die Zahl der Großvieheinheiten nach Abzug nicht begüllbarer land-wirtschaftlicher Nutzflächen bei 1,81/ha landwirtschaftliche Nutzfläche, in Hoscheit bei 1,94/ha [10]. Für das Tal des Paustenbaches wurde die Zahl der Großvieheinheiten von einem ortskundigen Mitarbeiter des WdKA auf etwa 2/ha geschätzt. Ein Landwirt in Lammersdorf gab für seinen Betrieb mit 80 ha Grünland 1,65 Groß-vieheinheiten/ha an.

Vom Verbot der Begüllung in Wasserschutzzone II und drainierten Flächen in Zone III gem. Entwurf der Wasserschutzgebietsverordnung für die Kalltalsperre und den deutschen Teil ihres Einzugsgebietes sind nach Untersuchungen der Landwirtschaftskammer Rheinland, Kreisstelle Aachen, 25 landwirtschaftliche Betriebe im Einzugsgebiet in ihrem Wirtschaften nachhaltig beeinträchtigt [10]. In der Umsetzung der Schutzgebiets-verordnung ergeben sich daraus erhebliche Probleme.

Ackerbau findet man nur in sehr geringem Umfang in Ortsrandlage von Kesternich und Simmerath.

Bei der Probenahmestelle Bruchgraben in Simmerath befindet sich eine Fläche mit Damwildhaltung, nach Auskunft des Eigentümers ist wegen des zurückgehenden Ertrages eine Reduzierung vorgesehen.

Die teilweise im Rahmen der Flurbereinigung angelegten, teils geteerten Feldwege werden u.a. auch intensiv zum Viehtrieb genutzt. Entsprechende Verunreinigungen findet man vielerorts, auch in Gewässernähe. Beson-ders bemerkenswert war diese Feststellung im Bereich einer Furt durch die Kall unterhalb von Bickerath, wo aufgrund des Viehtritts zweifelsfrei eine Querung des Baches durch eine Viehherde festgestellt werden konnte.

Bei einer Betrachtung der landwirtschaftlichen Nutzung ist auch die nicht erwerbsorientierte Nutzung zu be-rücksichtigen. Hierfür werden vielfach unrentabel zu bewirtschaftende Flächen in Steillagen oder Gewässer-nähe genutzt. So wurde am Paustenbach außerhalb der Ortslage und in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Naturschutzgebiet ein Wohnhaus mit Stallungen aufgefunden, die der Ziegen- und Hühnerhaltung dienen. Die Ziegen wurden unmittelbar am Paustenbach angetroffen. Ferner zeigten sich Hinweise auf private Pferdehal-tung, die aber im Einzugsgebiet, v.a. im Vergleich zur Nachbargemeinde Roetgen, derzeit noch eine eher un-bedeutende Rolle spielt.

Mikrobielle Gewässerbelastungen können v.a. von gewässernahen Weideflächen, Viehtrieb durch Gewässer, Güllefehlaufbringung und Gülleunfällen ausgehen.

Forstwirtschaft

Mit der preußischen Herrschaft kam es im 19. Jahrhundert zu einer Trennung der traditionell eng verzahnten Wirtschaftszweige Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Industrie. Rodung wurde seitdem vorwiegend zur Schaffung landwirtschaftlicher Nutzflächen durchgeführt.

Der aktuelle Waldanteil an der Gesamtfläche des Einzugsgebietes liegt bei 25%, im Untersuchungsgebiet je-doch nur bei 21,2 %, wobei es sich fast ausschließlich um Nadelwald handelt.

Das größte zusammenhängende Waldgebiet befindet sich im Einzugsgebiet des Keltzerbaches und besteht hauptsächlich aus Nadelwald. Neben den nach 1880 eingeführten Fichten mit 80 % Flächenanteil wachsen auch Kiefern. Das Waldgebiet um den Keltzerbach gehört zum 400 ha großen Simmerather Wald, der sich in Gemeindebesitz befindet und mit dem Staatsforst Monschau ein großes zusammenhängendes Waldgebiet bil-det.

Die Einschläge erfolgen in Blockbildung, wobei ein Block vollständig durchgeforstet wird. Dabei werden in einem Jahr bei 250-300 ha 7.000-8.000 Festmeter abgeholzt. Das Holz wird mit Pferden vorgerückt. Ein durchgeforsteter Block ruht dann etwa 4-5 Jahre. Das Zielalter liegt bei 100 Jahren (mündl. Mittlg. D.Lüder, Forstamt Hürtgenwald).

Von dem ganzjährig geernteten Holz werden 10 % vor Ort geschält. Bei der Durchforstung verbleiben Wur-zeln, Äste, Nadeln im Wald [128].

Die forstwirtschaftlichen Düngemaßnahmen im Bewirtschaftungsbereich des Forstamtes Monschau, in den auch der Oberlauf der Kall fällt, sehen einen Auftrag von 3 t kohlensaurem Magnesiumkalk/ha im 5-Jahres-Rhythmus vor. Für das Einzugsgebiet der Kall im Forstamtsbereich Hürtgenwald sind keine Düngemaßnah-men vorgesehen [128].

Gemäß Waldfunktionskarte dienen die Waldflächen im gesamten Einzugsgebiet der Kalltalsperre in erster Li-nie dem Wasserschutz. 25 ha Wald liegen in Wasserschutzzone I, 575 ha in Zone II des in Ausweisung befind-lichen Schutzgebietes. 120 ha Wald im unmittelbaren Umfeld der Kalltalsperre sind außerdem als Erholungs-wald (Stufe 2) ausgewiesen. Die zur Rotbuchenheckenlandschaft des Hohen Venns gehörenden Windschutz-hecken und Restwaldflächen im Bereich der Gemeinde Simmerath sowie der Stadt Monschau wurden als landschaftsökologisch wertvolle Waldflächen kartiert. Die Ortslagen Lammersdorf und Rollesbroich sind in diesem Zusammenhang als Schutzgebiete mit landschaftpflegerischer Zielsetzung ausgewiesen.

Im belgischen Teil des Einzugsgebietes wurde, westlich von Lammersdorf und unmittelbar hinter der Bahn-trasse (Flurname: Brand) ein größerer Kahlschlag aufgefunden. Holzrückarbeiten waren offensichtlich mit schweren Maschinen durchgeführt worden, das Profil der Entwässerungsgräben war streckenweise zerstört und eine flächenwirksame Erosion mit Ausbildung spontaner Erosionsrinnen hatte eingesetzt. Dadurch wurde bei Niederschlag eine erhebliche Sedimentbelastung der zum Paustenbach entwässernden Gräben verursacht.

Lammers-dorf

Simmerath

Rollesbroich

516000

516000

518000

518000

520000

520000

522000

522000

606000 606000

608000 608000

610000 610000

612000 612000

Gewässer Einzugsgebiet

Legende

Landnutzung Siedlungsfläche Acker

Fischzucht Gewässer Sonstiges Grünland WaldSumpfgebiet

Datenquelle:

Erhebungen des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit

0 2 4 Kilometer

Karte C: Landnutzung im Einzugsgebiet der Kall Wildwirtschaft

Die Wälder im Einzugsgebiet werden als Jagden verpachtet. Der Wildbesatz wird auf 1-1,5 Stück Rotwild/100 ha und 3-4 Stück Rehwild/100 ha geschätzt. Daneben findet man auch Schwarzwild. Der Wildbesatz ist in Talsperrennähe geringer als in den höheren Lagen.

Probleme ergeben sich durch die Fütterung der Wildtiere, denn die Jagdpächter beginnen mit der Fütterung oft schon im Oktober, um die Tiere an die Futterplätze "zu gewöhnen". Die Vorgabe sieht dies nur in Notzeiten und erst im Zeitraum zwischen Dezember und März vor. Das erlegte Wild wird vor Ort ausgenommen. Man findet deshalb gelegentlich zu dieser Zeit Essensreste, Schlachtreste u.a. im Wald. (mündl. Mittlg. Herr D. Lü-der, Forstamt Hürtgenwald).

Die Trinkwassertalsperre

Das Wasserwerk des Kreises Aachen GmbH nutzte als erstes Versorgungsunternehmen im Aachener Raum den Wasserreichtum der Eifel für die Trinkwassergewinnung. Zunächst war 1909-1911 die Dreilägerbach-talsperre errichtet worden. In den Jahren 1924-1926 wurde von Roetgen aus in Höhe der Dreilägerbachtalsper-re ein 6,2 km langer FDreilägerbachtalsper-reispiegelstollen zum Kall- und Keltzerbachtal vorangetrieben (Kallstollen), um durch zwei Bachfassungen das benachbarte Niederschlagsgebiet zu erschließen. Die Bachfassungen wurden in den Jahren 1934-1935 durch den Bau der Kalltalsperre ersetzt.

Zur Überleitung von Wasser aus dem Obersee der Rurtalsperre wurde in den Jahren 1954-1956 die Rurüber-leitung gebaut. Diese umfaßt zwei RohrRurüber-leitungsteile und einen 3,7 km langen Freispiegelstollen (Heinrich-Geis-Stollen) zur Kalltalsperre, von wo das Wasser direkt durch den Kallstollen zur Dreilägerbachtalsperre weitergeleitet wird.

Die Kalltalsperre ist durch folgende technische Daten charakterisiert [82]:

Stauziel 420,77 m ü NN

Speicheroberfläche 0,18 km²

Gesamtstauraum 2,1 Mio. m3

Jahresabflußsumme 17,5 Mio. m3

Ausbaugrad (Stauraum/Jahresabflußsumme) 0,12

Einzugsgebiet 29,6 km²

Vorstaubecken nicht vorhanden

Im Untersuchungszeitraum liegt ein Entwurf zur Wasserschutzgebietsverordnung für die Kalltalsperre und den deutschen Teil ihres Einzugsgebietes vor. Das Wasserschutzgebiet umfaßt demnach die Kalltalsperre und ihr Niederschlagsgebiet. Zu Zone I zählt der Stauraum der Kalltalsperre bei Vollstau und ein Uferstreifen mit ei-ner Mindestbreite von 100 m. Zone II umfaßt einen Schutzstreifen von mindestens 300 m um den Stauraum und einen Schutzstreifen von 100 m beiderseits der oberirdischen Gewässer und die Bereiche ihrer Quellgebie-te sowie der Gräben, die mit oberirdischen Gewässern in Verbindung sQuellgebie-tehen. Wasserschutzzone III umfaßt die Bereiche, die weiter als 100 m von Gewässern und Gräben entfernt sind. Teilweise handelt es sich um Insel-flächen in Zone II.

Das Tränken von Vieh jeder Art an oberirdischen Gewässern und Gräben sowie das Treiben von Vieh jeder Art durch Gewässer oder Gräben ist in Zone II gem. Entwurf der Wasserschutzgebietsverordnung seit 01.03.1997 verboten.

Erholung

Eine Freizeit- und Erholungswirtschaft ist im Einzugsgebiet in Ansätzen vorhanden, jedoch noch nicht sehr in-tensiv entwickelt. Auf einer Tourismuskarte sind für das Einzugsgebiet der Kalltalsperre lediglich Tennisplät-ze, Wandermöglichkeiten und zwei Grillplätze als touristische Außenaktivitäten ausgewiesen. Probleme kön-nen sich durch ungelenkte Freizeitaktivitäten der ortsansässigen Bevölkerung sowie durch Naherholungssu-chende ergeben, wenn die Fließgewässer einbezogen werden. So konnte z.B. an einer Furt sommerlicher Ba-debetrieb beobachtet werden. Auch von anderen Badestellen an Kall und Nebenbächen wird berichtet.