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Anpassung an den Klimawandel, Risikoprävention und -management

2.5.1 Schwerpunktbereiche der Betroffenheit durch den Klimawandel

Mit der Zunahme von extremen Witterungsverhältnissen in Deutschland gerät die Diskussion um den Klimawandel immer stärker ins Bewusstsein von Gesellschaft und Politik. Ursachen und Wirkungen werden analysiert und erste Strategien zur Anpassung an den Klimawandel entwickelt. Auch das Land Sachsen-Anhalt hat sich diese Aufgabe gestellt und eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel erarbeitet und mit einem Aktionsplan untersetzt.

Ziel der Anpassungsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt ist es, sich auf die Veränderungen des Klimas in seinen unterschiedlichen Ausprägungen und Bereichen vorzubereiten.94 In der Anpassungs-strategie zum Klimawandel stellt das Land besondere Sektoren heraus, denen ein notwendiger Hand-lungsfokus zukommt. Diese Themen umfassen sowohl gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte als auch Themen der Stadt- und Regionalplanung sowie den Umgang mit natürlichen Ressourcen.

Die Themengruppen und besonderen Sektoren sind in Abb. 53 dargestellt.

Abb. 53 Sektoren mit besonderem Handlungsfokus

Gesellschaft Wirtschaft Natürliche

Forstwirtschaf t Naturschutz Verkehr Datenerhebung, regionale

Quelle: Arbeitsgruppe Klimawandel Sachsen-Anhalt, Thematische Gruppierung Prognos AG

Zu den Auswirkungen des Klimawandels im Bereich Gesellschaft gehören gesundheitliche Probleme durch Hitzeperioden, Einschnitte in der Wasserversorgung aufgrund langer Trockenperioden sowie

94 Arbeitsgruppe Klimawandel Sachsen-Anhalt (2010): Strategie des Landes Sachsen-Anhalt zur Anpassung an den Klimawandel und dazu gehörender Aktionsplan. Teil I Strategie

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mögliche Ertragsausfälle in der Landwirtschaft, volatile und intensivere Witterungsverhältnisse oder Hitzeperioden und damit verbundene Naturkatastrophen. Der Schutz menschlicher Gesundheit, ins-besondere vor Sonneneinstrahlung, erhöhter Ozonbelastung oder ungenügender Trinkwasserqualität spielt in diesem Themenbereich eine erhebliche Rolle. Gleichermaßen von Bedeutung sind z.B. die Vorbereitung und Planung von Abwehrmaßnahmen bei „natürlichen“ Katastrophen und die Sicherung einer ausreichenden Versorgung mit Erzeugnissen der Ernährungs- und Landwirtschaft.

Besondere Relevanz gilt dem Thema der Wirtschaft. Hierbei werden nicht nur die Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft gezählt, sondern gleichermaßen marktrelevante Gebiete wie Tourismus, Ener-giewirtschaft und regionale Wirtschaft im Sinne von Dienstleistungen und regionalökonomischen Ef-fekten. Für die Landwirtschaft ergeben sich Handlungsoptionen bezüglich der pflanzlichen Erzeugung (Schädlingsbefall und Ertragsausfall in Zusammenhang mit steigenden Temperaturen und zunehmen-der Verdunstung), z.B. mittels standortangepassten und nachhaltigen Anbausystemen und Wasser-speichern, als auch für die tierische Erzeugung (Planungsunsicherheit bei der Futterversorgung, „Ve-getationsstress“ bei längeren Trocken- und Hitzeperioden oder extremen Sturm-, Hagel- oder Hoch-wasserverhältnissen sowie Krankheits- und Seuchengefahr), z.B. mittels Weiterentwicklung von gene-tischen Ressourcen oder in der Verbesserung der Tierhaltungsoptionen. Hinsichtlich regionalwirt-schaftlicher Handlungsebenen resultieren Anpassungsstrategien hinsichtlich der Störfallverordnung und Energieversorgung gegenüber extremer Wetterereignisse im Sinne der Anlagensicherheit. Auch finden Strategien zur Klimaanpassung in laufenden Planungsprozessen der Wirtschaft Berücksichti-gung. Hierzu zählen z.B. das Arbeiten mit Klimaszenarien, das Entwickeln von Zielvorgaben für das Energieeinsparen, die Verbesserung des Risikomanagements in der Lieferkette und die Schulung von Mitarbeitern zum Thema Klimawandel- und Anpassungen. Weiterhin führen veränderte Klimaverhält-nisse zu einem Rückgang von Wintertourismus aber auch zu erhöhtem Städte- und Badetourismus im Sommer. Energieanpassungsstrategien, insbesondere als Reaktion auf die veränderte Abnahme von Strom oder etwa Bereitstellungsmangel von Kühlwasser an thermische Kraftwerke und Kühlsysteme sind direkte Effekte für die Energiewirtschaft. Schließlich finden Anpassungsstrategien an den Klima-wandel in der Energiewirtschaft auch im Rahmen von Normenbildung in der Netzsicherheit Berück-sichtigung.

Natürliche Ressourcen wie Fließgewässer, Schutz vor Hochwasser oder im Sinne der Erhaltung von Flora und Fauna und speziell der Biodiversität stehen ebenfalls im Blickpunkt der Anpassungsstrate-gie an den Klimawandel. Die Sicherung der genetischen Vielfalt, der GewässerbioloAnpassungsstrate-gie oder der Bo-denfunktionen sind Handlungsfelder genauso wie die Risikoprävention vor möglichen Bodenerosio-nen, Oberflächenabfluss oder das Management von Hoch- und Niedrigwasser.95

Um all diese Herausforderungen systematisch in ihrer Umsetzung zu erfassen und auf Erfolg zu vali-dieren, weiter anzupassen und zu optimieren, sieht das Land Sachsen-Anhalt übergreifende Instru-mente wie ein Klimafolgenmonitoring vor. Dabei handelt es sich überwiegend um die Erkundung und Überprüfung von klimaabhängigen Indikatoren sowie die Erforschung der Klimafolgen und der Klima-anpassung.

95 Arbeitsgruppe Klimawandel Sachsen-Anhalt (2010): Strategie des Landes Sachsen-Anhalt zur Anpassung an den Klimawandel und dazu gehörender Aktionsplan. Teil II Aktionsplan

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2.5.2 Hochwasserschutz

Der Hochwasserschutz bildet in Sachsen-Anhalt weiterhin eine Schwerpunktaufgabe. Mit der neuen

„Hochwasserschutzkonzeption des Landes Sachsen-Anhalt bis 2020“96 folgt das Land der seit 2007 geltenden Europäischen Hochwasserrisikomanagementrichtlinie. Diese wiederum bestätigt die in Sachsen-Anhalt angewendete Strategie. Die Hochwasserschutzkonzeption (HWSK) beinhaltet ein Bündel von Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes, der Erhöhung des Wasserrückhaltes in der Fläche und der verstärkten Hochwasservorsorge. Dafür sind bis 2020 Mittel in Höhe von rd.

677 Mio. €97 erforderlich. Für die kommenden Jahre sind zahlreiche Maßnahmen an den Deichen der Hauptgewässer geplant. Bis 2020 sollen alle Deiche des Landes saniert sein. In der Summe aller Fonds wurden in der Zeit von 2002 bis 2011 im Rahmen der HWSK rd. 460 Mio. € in den Hochwas-serschutz investiert.

Im Oktober 2011 wurde die Studie zur „Vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos in Sachsen-Anhalt“ vorgestellt. Sie ist die erste Stufe eines Drei-Stufen-Programms im Rahmen der Umsetzung der „Richtlinie 2007/60 EG des europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken“ (HWRM-RL) vom 06. November 2007.

Gemäß Art. 4 HWRM-RL sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, für jede Flussgebietseinheit, für jede Bewirtschaftungseinheit bzw. für jeden in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Teil einer internationalen Flussgebietseinheit oder einer Bewirtschaftungseinheit folgendes Stufen-Programm umzusetzen:

Stufe 1: Vorläufige Bewertung des Hochwasserrisikos (22.12.11)

Stufe 2: Erstellung von Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten (22.12.13) Stufe 3: Erstellung von Hochwasserrisikomanagementplänen (22.12.15)

Im Ergebnis der ersten Stufe wurde für Sachsen-Anhalt folgendes Hochwasserrisiko festgestellt:

- Entlang einer Fließgewässerlänge von insgesamt 8.162 km besteht für 1.865 km Gewässer-strecke potentiell signifikantes Hochwasserrisiko. Der größte Teil davon (1.794 km) entfällt auf das Einzugsgebiet Elbe.

- Von insgesamt 800 Gewässern bedürfen 67 besonderer Aufmerksamkeit unter dem Aspekt des Hochwasserschutzes.

96 Die HWSK 2020 ersetzt die HWSK 2010, die wenige Monate nach dem schweren Elbhochwasser 2002 erarbeitet und in den Folgejahren umgesetzt wurde. In den Jahren 2002 bis 2006 dominierte zunächst die

Hochwasserschadensbeseitigung.

97 Stand Dezember 2010

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Abb. 54 Gewässerstrecken mit Ausweisung als signifikant Hochwasserrisiko betroffen (links); Gewässer mit besonderer Aufmerksamkeit unter dem Aspekt des Hochwasserschutzes (rechts)

Quelle: LHW Sachsen-Anhalt

Hochwasserrisiken stehen darüber hinaus in einigen Regionen auch im Zusammenhang mit Risiken der Wassererosion (vgl. hierzu Abschnitt 2.6.2). Zur Verringerung von Hochwasserrisiken ist es daher auch geboten, übergroße bzw. überlange Schläge in geneigten Lagen zu verkleinern, Schlaggrenzen zu wirkungsvollen Barrieren auszubauen und vorhandene Landschaftselemente zu erhalten.

2.5.3 Grundwasser/ Vernässung

Seit 2010 treten in vielen Regionen des Landes Sachsen-Anhalt hohe Grundwasserstände und Ver-nässungen auf. Diese Situation führte vielerorts zu Einschränkungen des bestimmungsgemäßen Ge-brauchs von baulichen Anlagen und von Grundstücken. Die Vernässungen betreffen privates und öffentliches Eigentum ebenso wie landwirtschaftlich, gewerblich oder industriell genutzte Flächen.

Im Dezember 2011 hat das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt den „Bericht über die eingeleiteten Maßnahmen im Umgang mit hohen Grundwasserständen und Ver-nässungen in Sachsen-Anhalt“ vorgelegt. Das in diesem Bericht dokumentierte Grundkonzept für den Umgang mit hohen Grundwasserständen und Vernässungen beinhaltet folgende Arbeitsschritte:

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1. Erfassung von Betroffenheiten und Ursachenanalyse,

2. Zusammenstellung technischer und organisatorischer Lösungsvorschläge, 3. Prüfung der Lösungsvorschläge auf Umsetzbarkeit und Finanzierbarkeit, 4. Umsetzung von Maßnahmen.

Im Bericht werden auf Grundlage einer Ursachenanalyse, der Erarbeitung von Lösungs- und Maß-nahmenvorschlägen und der Prüfung möglicher Finanzierungselemente die nächsten Arbeitsschritte festgelegt:

1. Verbesserung der Abflussverhältnisse und der Entwässerungsfunktion von Fließgewässern, 2. Maßnahmen gegen Vernässungen land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen,

3. Verbesserung der Stadt-/Gewerbegebietsentwässerung sowie der Niederschlags-wasserentsorgung,

4. Verbesserungen der Straßenentwässerung an Infrastrukturbauwerken.

Durch die Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Sachsen-Anhalt wurden ca. 1.900 Maßnah-menvorschläge erarbeitet. Zur Unterstützung Betroffener hat die Landesregierung bisher 30 Mio. € bereitgestellt.

2.5.4 Wald/ Forstwirtschaft

Die speziellen Herausforderungen für Wald und Forstwirtschaft angesichts des Klimawandels sind vielfältig. Die Folgen des zu erwartenden Klimawandels für die Wälder in Sachsen-Anhalt wurden bislang anhand charakteristischer Größen des Wachstums und des Stoffhaushalts von Waldbestän-den für die Baumarten Fichte, Kiefer, Buche und Eiche untersucht.98 Die Ergebnisse fallen für einzelne Baumarten und Wuchsgebiete differenziert aus. Daher werden sie nachfolgend nur durch allgemeine Trendaussagen zusammengefasst.

In Bezug auf den Holzzuwachs wird tendenziell eine Produktivitätssteigerung erwartet, die allerdings im Prognosezeitraum 2071-2100 wieder zurückgeht.

Der Einfluss der angenommenen Klimaänderungen auf den Wasserhaushalt der Waldbestände, beschrieben durch die Versickerungsraten, zeigt sich regional differenziert und stark abhängig von den Niederschlagsverhältnissen. Tendenziell ist ein Rückgang der Versickerung zu erwarten.

Hinsichtlich der klimatischen Waldbrandgefahr werden steigende Risiken vor allem in den Regionen Altmark und Fläming erwartet.

Da die Veränderungen in der Forstwirtschaft eine langfristigste Planung erfordern, besteht bereits aktuell Handlungsbedarf.

98 Potsdam Institut für Klimafolgenforschung: Klimawandel in Sachsen-Anhalt. Verletzlichkeiten gegenüber den Folgen des Klimawandels. Potsdam, November 2009.

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2.5.5 Spezifische Risiken landwirtschaftlicher Betriebe

Die spezifischen Risiken der Landwirtschaft und des landwirtschaftlichen Betriebs sind u.a. durch die Nähe oder Überlagerung mit natürlichen Gebieten, wie Wald, Moore oder Flächen mit hoher biologi-scher Vielfalt gegeben. Ferner spielen technologische als auch witterungsbedingte Risiken eine we-sentliche Rolle.

Die Zunahme extremer Witterungsverhältnisse, wie Überschwemmungen, Dürreperioden, Stürme, Hagel und ähnliche Extremereignisse richten große Schäden an und ziehen entsprechende Ertrags-verluste mit sich. Es ist damit zu rechnen, dass der Trend mit dem sich veränderndem Klima in Rich-tung einer weiteren Zunahme und Verstärkung der Extremereignisse geht. Die Landwirtschaft wird damit wesentlich riskanter und bedarf daher vermehrt einer Risikovorsorge und -absicherung. Produk-tionsrisiken und eine erhöhte Gefahr des Totalausfalls von Ernten aufgrund von Witterungsextremen, Schädlingsbefall oder Tierkrankheiten soll mit Notfall-, Versorgungs- und Evakuierungsplänen sowie einer Erarbeitung von Regularien zur Risikoabsicherung und -versicherung entgegengearbeitet wer-den, um mögliche Folgen abzufedern.

Hinzuweisen ist auch auf Auswirkungen der prognostizierten Temperaturerhöhung auf die klimatische Wasserbilanz sowie auf Wechselwirkungen von klimatischer Wasserbilanz, bewirtschaftungsinduzier-ter Verdunstung und dem Wasserbedarf von Agrar- und Forstpflanzen. Dadurch könnten im Einzelfall Bewässerungssysteme erforderlich werden.

Die Landwirtschaft steht im Zuge des Klimawandels vor erheblichen Anpassungserfordernissen. Risi-ken in der Produktion (Klimaextreme, Krankheiten führen zu Ertrags- und Finanzausfällen) und der Finanzierung neuer Technologien zur Umrüstung auf eine emissionsreduzierte Landwirtschaft zeigen auf, dass es eines spezifischen Risikomanagements bedarf.

2.5.6 Katastrophenschutz

Aufgabe des Katastrophenschutzes ist es, Schäden für Menschen und Sachwerte bei größeren, ört-lich nicht mehr zu bewältigenden Schadenslagen (Katastrophen) abzuwehren und die dafür erforderli-chen Vorbereitungsmaßnahmen zu planen und zu ergreifen, aber auch an der vorläufigen Schadens-beseitigung mitzuwirken.

Auf diese Aufgabenbereiche (Prävention, Abwehr und teilweise Beseitigung) wirken sich Klimaverän-derungen und -schwankungen in vielfältiger Weise aus. Der Klimawandel wird auf lange Sicht mit einer Zunahme von Extremereignissen wie Orkanen, Waldbränden oder Hochwassern einhergehen.

Erste Einschätzungen lassen darauf schließen, dass die verschiedenen Gesellschaftsbereiche und die Regionen von den Auswirkungen des globalen Klimawandels in sehr unterschiedlichem Umfang und in sehr unterschiedlicher Art und Weise betroffen sein werden. Vor diesem Hintergrund müssen rele-vante Bereiche auf ihre mögliche Anfälligkeit gegenüber klimabedingten Schadenslagen im Rahmen vertiefender Gefährdungsanalysen untersucht werden. Auf dieser Grundlage sind Netzwerkstrukturen zur Frühwarnung und zur Bewältigung von Schadensereignissen weiter zu entwickeln.99

99 Strategie des Landes Sachsen-Anhalt zur Anpassung an den Klimawandel und dazugehöriger Aktionsplan.

Teil I Strategie. Magdeburg, April 2010.

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