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Anatomie und Physiologie des Kaninchengebisses und angrenzender Strukturen

Im Dokument Computertomographie bei Heimtieren (Seite 22-28)

B. Anatomie und Physiologie der bei der Anfertigung der Dissertation

1. Anatomie und Physiologie des Kaninchengebisses und angrenzender Strukturen

a) Makroskopische Anatomie des Kaninchengebisses

Kaninchen (oryctolagus cuniculus) haben ein heterodontes, diphyodontes Gebiß, wobei alle Zähne elodont, d. h. aradikulär hypsodont sind. Die Heterodontie wird in der Verschiedenartigkeit von Backen- und Schneidezähnen deutlich; die echte Diphyodontie bezeichnet das Vorhandensein einer laktealen Dentition und einer permanenten Dentition.

Als elodont bezeichnet man einen Zahn, der permanent wachsend ist und im Laufe der Zeit keine anatomische Wurzel ausbildet (VERSTRAETE 1999).

Das Gebiß des Kaninchens läßt sich laut CRAIGIE (1960) mit folgender Zahnformel beschreiben:

Milchgebiß: = 16 Zähne

2Id 0Cd 3Pd 1Id 0Cd 2Pd

Bleibendes Gebiß: = 28 Zähne

2I 0C 3P 3M 1I 0C 2P 3M

Die Incisivi und die Prämolaren sind als Milchzähne und als permanente Zähne angelegt, während die Molaren nur als permanente Zähne vorhanden sind (CRAIGIE 1960). FOWLER (1986) führt eine Formel an, in der die Anzahl der Molaren im Oberkiefer des permanenten Gebisses zwischen zwei und drei variiert. Diese Diskrepanz wird von LOBPRISE und WIGGS (1991) darauf zurückgeführt, daß der dritte Molar im Oberkiefer besonders klein ist und zudem aufgrund der Anatomie erhebliche Schwierigkeiten bei der Untersuchung der letzten Backenzähne bestehen, so daß er bisweilen nicht erkannt wird. Kaninchen werden nach HABERMEHL (1975) mit dem Milchgebiß geboren und wechseln die Zähne zwischen der 3. und 5. Lebenswoche, wobei zum Zeitpunkt der Geburt häufig schon die Spitzen des permanenten ersten Oberkieferincisivus zu sehen sind (SHIPP u. FAHRENKRUG 1992).

Dadurch sind zum Zeitpunkt der Geburt oft drei Incisivi sichtbar. Nach ZETNER und EISENMENGER (1982) ist ein dritter Incisivus im Oberkiefer angelegt, der aber kurz nach der Geburt ausfällt. Das Hervortreten der permanenten Zähne beginnt in Oberkiefer mit M1 und M2, gefolgt von P2, P3, P4 und schließlich M3. Im Unterkiefer erscheinen zuerst P3 und P4, gefolgt von M1, M2 und M3 (SHIPP u. FAHRENKRUG 1992). Das Milchgebiß des Kaninchens ist nicht funktionell, da der Zahnwechsel noch während der Säugeperiode erfolgt, jedoch findet auch an den Milchzähnen während ihres Vorhandenseins in geringem Maße eine Abnutzung aufgrund von Mahlbewegungen (Bruxismus) statt (SHIPP u.

FAHRENKRUG 1992).

Kontroverse Hinweise liegen über das Vorhandensein einer deciduierenden Dentition beim Kaninchen vor. SHIPP und FAHRENKRUG (1992) erklären die Unstimmigkeiten damit, daß rasseabhängig zum Zeitpunkt der Geburt die Milchzähne schon verlorengegangen sein können und außerdem eine gründliche Untersuchung des Zahnwechsels und der Entwicklung bei einigen Rassen und Arten noch aussteht. Die Oberkieferbackenzähne sind

im Processus alveolaris des Corpus maxillae gelagert, die Unterkieferbackenzähne im horizontalen Teil der Mandibel (WEISBROTH et al. 1974). Die Kronen der unteren Backenzahnreihe sind rostral länger als kaudal, so daß die Okklusionsfläche kaudal leicht abfällt. Die Prämolaren sind nach kaudal, die Molaren nach kranial gerichtet (SHIPP u.

FAHRENKRUG 1992). Die Oberkieferbackenzähne überragen die Gingiva kaum. Ihre Kronen sind deutlich kürzer als die der Unterkieferbackenzähne. Die Okklusionsfläche der Backenzähne hat einen Winkel von ca. 10° zur horizontalen, so daß die Fläche der Unterkieferbackenzähne nach bukkal leicht abfällt (CROSSLEY 1995b). Zwischen den Schneidezähnen und Prämolaren von Ober- und Unterkiefer befindet sich ein breiter zahnloser Kamm, das Diastema (CRAIGIE 1960). Canini sind nicht vorhanden. Aufgrund des Vorhandenseins zweier Schneidezahnpaare im Oberkiefer gehört das Kaninchen zu den Duplicidentata (SHIPP u. FAHRENKRUG 1992). Das im Oberkiefer gelegene zweite Paar Schneidezähne liegt direkt kaudal des ersten Paares ebenso mit seinem Zahnsockel verankert im Corpus ossis incisivi. Diese Dentes incisivi minores werden in Anlehnung an ihre Form auch Stiftzähne genannt. Sie sind rund und abgeflacht, ragen kaum über die Gingiva hinaus und besitzen keine schneidende Kante (HÄUPL u. WUNDERER 1958).

Zwischen ihnen und dem ersten Paar Schneidezähne ruhen bei geschlossenem Ober- und Unterkiefer die Spitzen der unteren Schneidezähne (CROSSLEY 1995b). Diese sitzen mit ihrem Sockel in der Pars incisiva corporis mandibulae (HÄUPL u. WUNDERER 1958). Die Sockel der I1 im Oberkiefer reichen über ein Drittel des Diastema nach distal, die der I1 im Unterkiefer reichen bis an die mesiale Fläche der ersten Prämolarensockel heran (WIGGS u.

LOBPRISE 1997).

Die tierarttypische Anatomie der Schneidezähne und die unterschiedliche Konsistenz von Zahnschmelz und Dentin und der Einfluß der die Zahnsubstanz abtragende Kaubewegung führt zu ihren scharfen stechbeitelförmigen Kanten. Die Unterkieferbackenzähne okkludieren mit jeweils zwei Oberkieferbackenzähnen, nur der erste und der letzte Oberkieferbackenzahn haben einen Gegenzahn (HÄUPL u. WUNDERER 1958). Das Temporomandibulargelenk des Kaninchens weist eine rostrokaudal gestufte temporale Gelenkfläche auf (CROSSLEY 1995b). Der kaudale Abschnitt liegt bei ebenen Mandibularkondylen dorsaler als der rostrale. Der Unterkiefer ist schmaler als der Oberkiefer.

Die medialen Einfaltungen der Haut im Bereich des Diastema engen die Mundöffnung beim Kaninchen massiv ein (LOBPRISE u. WIGGS 1990).

b) Aufbau der Zähne

Die Zähne des Kaninchens haben einen nichtpigmentierten weißen Zahnschmelz

(VERSTRAETE 1999). Keiner der Zähne hat eine anatomische Wurzel, alle Zähne sind permanent wachsend (hypsodont). Die Pulpahöhle dieser Zähne ist weit offener als die der brachyodonten, da sie nicht durch das Wachstum des Zahnes eingeengt wird (HÄUPL u.

WUNDERER 1958). Die Sharpeyschen Fasern des Zahnhalteapparates sind entweder mit dem Zement des Zahnes, oder mit der Lamina cribriformis des umgebenden Knochens verwachsen. Die Verzahnung der freien Faseranteile miteinander ermöglicht so ein kontinuierliches Wachstum und gleichzeitig eine ausreichende Stabilität (ALLEN et al. 1974).

Man unterscheidet am hypsodonten Zahn einen schmelzbedeckten Zahnkörper, dessen sichtbarer Teil auch als Krone bezeichnet wird und einen schmelzlosen Zahnsockel (BIENIEK u. BIENIEK 1993). Die am vorderen Ende des Ober- und Unterkiefer gelegenen Dentes incisivi majores bestehen aus einem breiten labialen, einem seitlichen und einem lingual sehr dünnen Schmelzanteil, Dentin und etwas Zement (WIGGS u. LOBPRISE 1997).

HÄUPL und WUNDERER (1958) verweisen auf den fehlenden Schmelzüberzug des Incisivus palatinal.

Die Backenzähne des Kaninchens weisen eine abgeflachte Oberfläche mit transversal hervortretenden Schmelzgraten auf, die eine effektive Zerkleinerung des Futters ermöglichen und die übermäßige Abnutzung der Backenzähne verhindern (SHIPP u. FAHRENKRUG 1992). Die Backenzähne des Oberkiefers bestehen aus einem im Querschnitt U-förmigen Dentingebilde, das aus zwei Platten besteht, die in der Mitte durch eine tiefe, nach palatinal sich öffnende Rinne voneinander getrennt sind. Diese Rinne ist mit interradikulärem Knochen und Schmelz ausgefüllt. Der Dentinkörper ist nur zum Teil mit Schmelz bedeckt (HÄUPL u. WUNDERER 1958). Der letzte Oberkiefermolar besteht aus einem ungeteilten Dentinkörper und hat nur an der palatinalen Seite einen Schmelzüberzug. Die Backenzähne des Unterkiefers zeigen ebenfalls einen U-förmigen Dentinkörper, dessen Rinne sich jedoch nach vestibulär öffnet. Der Stiftzahn ist insgesamt von Schmelz umhüllt, welcher an den seitlichen Rändern am stärksten ausgebildet ist (HÄUPL u. WUNDERER 1958).

c) Physiologie des Kauaktes des Kaninchens

Die Futteraufnahme des Kaninchens findet im wesentlichen nachts und am frühen Morgen statt. Die Zaekotrophie folgt etwa 3-8 Stunden nach der Futteraufnahme (CHEEKE 1987).

Eine pflanzliche Nahrung enthält zahlreiche Schleifsubstanzen, die dazu beitragen, daß die Zähne während des Kauaktes abgenutzt werden. Der physiologische Abrieb erfolgt durch Kontakt der Zähne miteinander und mit dem zu zerkleinernden Material. Um diesen Abrieb zu kompensieren und somit eine physiologische Okklusion zu gewährleisten, findet ein kontinuierliches Wachstum aller Zähne des Kaninchens statt (CROSSLEY 1995b). Die

oberen großen Incisivi wachsen mit einem durchschnittlichen Vorschub von 1,5-2,0 mm pro Woche in posterior-lateraler Richtung und die unteren mit 2,4 mm in anterior-mesialer Richtung (WEISBROTH et al. 1974). Die unterschiedliche Abriebs- bzw.

Wachstumsgeschwindigkeit der Incisivi weist auf eine unterschiedliche Zusammensetzung der Zähne hin (LOBPRISE u. WIGGS 1991). HERMANN (1953) zeigt, daß die Wachstumsgeschwindigkeit der Zähne bei in der Entwicklung stehenden Tieren größer ist, als bei adulten. WETZEL (1927) verweist darauf, daß die Wachstumsgeschwindigkeit des Nagezahns bei artifizieller Kürzung bis auf das Doppelte beschleunigt wird. Die Vordergliedmaßen der Lagomorphen werden nicht wie bei den Rodentia zum Fixieren der Nahrung beim Fressen genutzt, sondern hauptsächlich zum Laufen und zum Kampf (SHIPP u. FAHRENKRUG 1992). Vielmehr werden die Lippen zum Greifen der Pflanzenteile so eingesetzt, daß das Futter mit Hilfe der Incisivi in Stücke adäquater Größe zerteilt werden kann (BROWN u. ROSENTHAL 1997). Beim Kaninchen erfolgt die Zerteilung der Nahrung im wesentlichen in einer lateralen scherenartigen Bewegung des Unterkiefers, ermöglicht durch eine horizontal ausgerichtete ovale Fossa mandibularis des Temporomandibulargelenkes (CROSSLEY 1995b). Hierbei wird die scharfe meißelförmige Spitze des Unterkieferschneidezahnes zwischen den Reihen der Oberkieferschneidezähne hin und herbewegt. Der Anteil der Stiftzähne an der physiologischen Zahnnutzung kann vernachlässigt werden (SHIPP u. FAHRENKRUG 1992). Kaninchen zerkauen ihr Futter gründlich und zeigen dabei verschiedene hochfrequente Zungenbewegungen (CORTOPASSI u. MUHL 1990). Das freie Ende der Zunge ist dünn und beweglich. Es unterstützt die Lippen beim Greifen der Nahrung und reicht das geschnittene Futter den Backenzähnen zur weiteren Zerkleinerung. Der Zungenkörper ist kräftig und dient dem Wechseltransport zwischen beiden Kieferseiten (VERSTRAETE 1999). Dem Kaninchen ist das Zermahlen des Futters durch die Beweglichkeit der Mandibel auch einseitig möglich.

Das Zurücksetzen der Mandibel bringt die Backenzähne derselben Seite in Okklusion (CROSSLEY 1995b). Die lateralen Mahl- und vertikalen Quetschbewegungen der Backenzähne werden durch die ebene Oberfläche der mit Schmelzfalten versehenen Zähne unterstützt (WIGGS u. LOBPRISE 1997). Der Zungenkörper formt das ausreichend zerkleinerte Futter zu einem Bolus, der abgeschluckt werden kann (BROWN u.

ROSENTHAL 1997). Die vertikale Beweglichkeit des Unterkiefers des Kaninchens ist im Vergleich zu der eines Fleischfressers und Omnivoren gering. Die horizontale Beweglichkeit ist jedoch weitaus größer, um so eine Mahlbewegung des Unterkiefers zu ermöglichen (HÄUPL u. WUNDERER 1958). CORTOPASSI und MUHL (1990) beobachten bis zu 120

Kieferbewegungen pro Minute. Obwohl Kaninchen nagen können, tun sie dies nur selten.

Wenn Backenzahnerkrankungen die Ausführung der normalen lateralen Kaubewegung behindern, zeigen sie häufiger ein Zernagen der Nahrung (CROSSLEY 1995). Kaninchen sind in der Lage, durch maximales Vorschieben den Unterkiefer zu subluxieren (CROSSLEY 1995b). Dies ist möglich, weil eine Stufe in der mandibulären Gelenkfläche des Temporomandibulargelenkes beim Kaninchen bedingt, daß der Vorschub des Unterkiefers zu einem Auseinanderweichen der Backenzähne von ihrer gegenüberliegenden Reihe führt.

Dabei gelangen die Schneidezähne in Okklusion, ohne daß sich nunmehr die Backenzähne berühren (CROSSLEY 1995b). Dies entspricht der Ruheposition des Unterkiefers, in welcher er gleichzeitig seinen weitesten Aktionsradius für die seitliche Bewegung hat. Da die Kaufläche der Backenzähne um etwa 10° zur Horizontalen geneigt ist, benötigt das Kaninchen diesen Mechanismus, um zum Abschneiden der Nahrung seine Incisivi frei einsetzen zu können (CROSSLEY 1995b).

d) Die Anatomie den Zähnen benachbarter Strukturen (1) Tränennasengang

Der Tränennasengang weist nach BURLING et al. (1991) bei adulten Weißen Neuseeländern (n=10) eine durchschnittliche Gesamtlänge von ca. 58 mm auf. Der Tränenabfluß beim Kaninchen erfolgt über eine einzige Öffnung im ventralen Augenlid, dem Punctum lacrimale. Dieser Tränenpunkt liegt nasal im ventralen Fornix am Umschlag der Konjunktiva der palpebralen Seite der Membrana nictitans zum unteren Augenlid. Der hier beginnende trichterförmige Teil des Tränennasenganges führt über den Caniculus lacrimalis zum Saccus lacrimalis. Distal des Saccus lacrimalis beginnt mit dem Eintritt ins Foramen lacrimale der knöchern umhüllte röhrenförmige Abschnitt des Ductus nasolacrimalis. Er verläuft rostroventral entlang der Innenseite der Lamina cribriformis der Maxilla medial vorbei an der Apex des Dens incisivus major. Hier beginnt der umgekehrt S-förmige Teil des Tränennasenganges, der dorsomedial um die Schneidezahnwurzel herum verläuft.

Schließlich verläuft der rostrale Tränennasengangsabschnitt durch den Nasenknorpel und mündet rostromedial der Schneidezahnwurzelspitze einige mm kaudal des mukokutanen Überganges in das Vestibulum nasi. Der Ductus nasolacrimalis weist zwei wesentliche Verlaufsänderungen auf, die mit einer Verkleinerung des Ganglumens einhergehen. Es sind dies der proximale maxilläre Bogen, welcher 5-6 mm rostral des Foramen lacrimale liegt und der distale incisiväre Bogen auf Höhe der Wurzel des Incisivus. Hier verkleinert sich der Durchmesser des Tränennasenganges für wenige mm von 2 mm auf 1 mm (BURLING et al.

1991).

(2) Orbita

Die Orbita wird vom Os frontale, Corpus maxillae und Os zygomaticum gebildet. Die beiden Orbitae sind durch das Foramen opticum miteinander verbunden. Rostroventral ragt der die Zahnwurzeln der Molaren enthaltende Tuber alveolaris maxillae in die Orbita hinein. Dorsal wird die Orbita vom Processus zygomaticus ossis frontalis überdacht, lateroventral vom Arcus zygomaticus abgegrenzt. Der Processus lacrimalis sowie der Processus zygomaticus ossis temporalis grenzen die Orbita nach rostral und okzipital ab (PRINCE et al. 1960).

(3) Nasennebenhöhlen und Ethmoid

Die Conchae nasalis ventralis, mediae und dorsalis bilden gemeinsam die Turbinalia. Neben dem Meatus nasi communis gibt es einen Meatus nasi ventralis, medius und dorsalis (BARONE et al. 1973).

2. Anatomie und Physiologie des Nagergebisses

Im Dokument Computertomographie bei Heimtieren (Seite 22-28)