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7 Diskussion der Ergebnisse

7.4 Analyse der Berufsstruktur

Ihrer Berufsstruktur nach sind die Bundestagsabgeordneten weder für die Wähler noch für die Parteimitglieder repräsentativ. Unterteilt nach Tätigkeitsbereichen waren ca. 90% der Abgeordneten in Dienstleistungsberufen beschäftigt und der beruflichen Stellungen nach waren ca. 70% Beamte oder Angestellte.

Werden berufliche Stellung und Tätigkeitsbereiche miteinander verknüpft, wird deutlich, dass in allen vier Wahlperioden ca. 70% der Abgeordneten ursprünglich als Angestellte oder Beamte im Dienstleistungssektor tätig waren (vgl. Tabellen A22 bis A25 "Berufliche Stellung und Tätigkeitsbereiche der Abgeordneten" im Anhang). Ca. 14. % haben als Selbständige im Dienstleistungsbereich gearbeitet. Aus allen anderen Berufsgruppen (z.B. Angestellte in technischen Berufen oder Selbständige in der Landwirtschaft) stammen zusammen höchstens 13,5% der Abgeordneten.

Die detaillierte Übersicht zur beruflichen Stellung der Abgeordneten (vgl. Tabelle A5 bis A8 "Berufliche Stellung der Abgeordneten" im Anhang) zeigt, dass in allen vier Wahl-perioden die folgenden fünf Berufsgruppen am größten sind:

- Beamte im gehobenen Dienst - Beamte im höheren Dienst - leitende Angestellte

- führende Angestellte - akademisch freie Berufe.

Neben diesen sehr konstanten Werten können auch einige Veränderungen in der Berufs-struktur der Abgeordneten festgestellt werden (vgl. hierzu Tabellen A5 bis A8 im Anhang). In der 11. WP sind noch 19,5% der Abgeordneten Selbständige, in der 14. WP dagegen nur noch 16,5%. Der prozentuale Anteil der Landwirte und Selbständigen im Handel geht von 1987 bis 1998 konstant zurück, während in allen Wahlperioden ca. 10% der Abgeordneten einen akademisch freien Beruf ausgeübt haben.

In allen vier Wahlperioden waren ca. 38,5% der Abgeordneten als Beamte tätig. Allerdings waren in der 11. WP nur 1,3% der Abgeordneten als Beamte im einfachen oder mittleren Dienst angestellt, während es in den folgenden Legislaturperioden prozentual mehr wurden (14. WP: 4,9%). In allen Wahlperioden waren ca. 18,5% der Beamten im gehobenen Dienst beschäftigt. Beamte des höheren Dienstes ziehen nicht ganz so häufig in den Bundestag ein.

In der 13. und 14. Wahlperiode werden im Vergleich zu 1987 und 1990 mehr Angestellte in den Bundestag gewählt. Mit ca. 41% bilden die Angestellten in den beiden letzten

Wahl-perioden die größte Berufsgruppe. Von 1987 bis 1998 gelangen vor allem mehr einfache Angestellte in den Bundestag.

Die Berufsgruppe der Arbeiter stellt in keiner Wahlperiode mehr als ein Prozent der Abge-ordneten. Mit sechs Abgeordneten in der 14. WP wird der höchste Arbeiteranteil erreicht.

Seit 1987 werden sowohl bei den Beamten als auch bei den Angestellten zunehmend Kandidaten aus einfachen bis mittleren beruflichen Positionen in den Bundestag gewählt. Bei den Abgeordneten, die als Selbständige tätig waren, können nur die akademisch feien Berufe ihre Position behaupten.

Die Veränderung in der Berufsstruktur wird auch durch die Parlamentsneulinge deutlich (vgl. Tabelle A26 "Berufliche Stellung der neu gewählten Abgeordneten" im Anhang). Im Vergleich mit allen Abgeordneten sind unter den Neulingen etwa gleich viele Selbständige, aber fast keine Landwirte und Selbständige aus dem Handel. Nahezu alle Neulinge, die als Selbständige tätig waren, haben einen akademisch freien Beruf ausgeübt.

In der 13. und 14. WP sind unter den Neulingen verhältnismäßig wenig Beamte, dagegen mehr Angestellte. Von den Neulingen, die als Beamte beschäftigt waren, waren über-durchschnittlich viele im mittleren Dienst (14. WP: 7,2% Neulinge und 4,9% im gesamten Bundestag).

Die berufliche Stellung der Abgeordneten steht auch mit dem Wahlort, dem Alter und dem Geschlecht in Zusammenhang.

Von den Abgeordneten, die seit 1990 in Ostdeutschland gewählt wurden, sind relativ wenige als Selbständige oder Beamte berufstätig gewesen (vgl. Tabelle A27 "Berufliche Stellung der west- und ostdeutschen MdBs" im Anhang). Während der Anteil der Selbständigen bei den westdeutschen Abgeordneten relativ konstant bleibt, sinkt er bei den ostdeutschen von 18,1% (12. WP) auf 8,8% in der 14. WP. Von den ostdeutschen Abge-ordneten waren zudem verhältnismäßig wenige als Beamte im gehobenen oder höheren Dienst tätig. Im Vergleich mit den westdeutschen Abgeordneten waren dagegen deutlich mehr ostdeutsche Abgeordnete vor dem Wechsel in die Politik als Angestellte berufstätig (in der 14. WP 54%).

Sowohl die weiblichen als auch die jüngeren Abgeordneten (bei der erstmaligen Wahl in den Bundestag unter 40 Jahre alt) waren vor dem Wechsel in die Politik häufig in niedrigeren beruflichen Positionen als die männlichen bzw. älteren Abgeordneten.

Im Durchschnitt waren 20,2% der männlichen und nur 12,1% der weiblichen Abge-ordneten als Selbständige tätig. Fast alle Frauen dieser Gruppe waren zudem in akademisch

freien Berufen erwerbstätig (vgl. Tabelle A28 "Stellung im Beruf nach Geschlecht" im Anhang).

Von den weiblichen Abgeordneten waren deutlich weniger als Beamte im höheren Dienst oder als führende Angestellte tätig. Überdurchschnittlich viele Parlamentarierinnen waren vor dem Wechsel in die Politik nicht berufstätig (ca. 9,1% der Frauen und nur 1,2% der Männer).

Auch bei den jüngeren Abgeordneten waren die wenigen Selbständigen vor allem in akademisch freien Berufen erwerbstätig (vgl. Tabelle A29 "Stellung im Beruf nach Alter" im Anhang). Im Vergleich zu den jüngeren waren die älteren Abgeordneten häufiger als Beamte im gehobenen oder höheren Dienst bzw. als führende Angestellte beschäftigt. Nahezu alle Arbeiter unter den Abgeordneten gehören zur Altersgruppe der unter 40jährigen.

Wird sowohl die Berufsstruktur als auch das Bildungsniveau der Abgeordneten berücksichtigt, zeigt sich, dass die Gruppen der jüngeren und der weiblichen Abgeordneten ein höheres Bildungsniveau haben, während ihre berufliche Stellung relativ niedrig ist. Bei den männlichen bzw. älteren Abgeordneten ist die Konstellation genau umgekehrt. Für die Rekrutierung in den Bundestag ist demnach entweder eine hohe berufliche Position oder ein hoher Bildungsabschluss notwendig. Weibliche und jüngere Abgeordnete qualifizieren sich in erster Linie über den Bildungsabschluss, während bei männlichen und älteren Abgeordneten die berufliche Position eine größere Bedeutung hat.

Werden die Berufe aller Abgeordneten genau untersucht, können vier Erwerbstätigkeiten bestimmt werden, die von den Mandatsträgern besonders häufig ausgeübt worden sind:

ƒ Als Rechtsanwälte (angestellt oder freiberuflich) waren in der 11. WP 44 Abgeordnete tätig (8,5%). In den folgenden Legislaturperioden sind es ähnliche viele Abgeordnete, aufgrund der Vergrößerung des Bundestages geht jedoch der prozentuale Anteil zurück.10

ƒ Als Lehrer oder Hochschullehrer waren in allen Wahlperioden ca. 18% der Abgeordneten beschäftigt.11

ƒ Der Anteil der Verwaltungsangestellten liegt bei durchschnittlich 13,5%.12

ƒ Die größte Gruppe, mit durchschnittlich 19,7%, bilden die Angestellten der Parteien und Verbände (11. WP: 21,2% / 12. WP: 17,4% / 13. WP: 19,2% / 14. WP: 20,9%). Die Angestellten der Parteien sind dabei am zahlreichsten und ihr Anteil nimmt von 1987 bis 1998 zu.13

10 12: WP: 7,6% / 13. WP: 6,7% / 14. WP: 7,3%.

11 11. WP: 18,3% / 12. WP: 18,0% / 13. WP: 18,5% / 14. WP: 16,9%.

12 11.WP: 15,4% / 12. WP: 13,3% / 13. WP: 12,4% / 14. WP: 13,0%.

13 11. WP: 9,6% / 12. WP: 9,5% / 13. WP: 11,6% / 14. WP: 13,2%.

Auffallend ist, dass eine fünfte Berufsgruppe, die zunächst relativ klein ist, ab 1990 im Bundestag stärker vertreten wird. Es ist die Berufsgruppe der Ingenieure und Techniker. In der 11. WP waren nur 12 der 519 Abgeordneten (2,3%) vor dem Wechsel in die Politik in diesen Berufen tätig. In der 12. Legislaturperiode sind es mit 34 Abgeordneten (5,3%) fast dreimal so viel.14 Die zunehmende Wahl von Kandidaten aus diesen Berufsbereichen hängt mit der deutschen Wiedervereinigung zusammen. Die meisten dieser Abgeordneten wurden in Ostdeutschland gewählt.