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Archiv "Schlafmittel und Sedativa in der täglichen Praxis" (01.08.1974)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin KOMPENDIUM

Der Verbrauch von Schlafmitteln und Sedativa ist seit einigen Jahr- zehnten im Steigen begriffen. Die- se Tendenz hat verschiedene Ur- sachen. Im Einzelfall sollte jeder Arzt versuchen, vor der Verschrei- bung eines Schlafmittels oder Se- dativums zu klären, welche Ursa- che oder Ursachen für die beim Patienten vorliegende vegetative Regulationsstörung vorhanden sind. Nur auf diese Weise ist es möglich, eine angemessene Thera- pie durchzuführen. Dabei gibt es fließende Übergänge für die Thera- pie mit Schlafmitteln und Sedativa.

Deshalb sollen sie gemeinsam ab- gehandelt werden.

Ursachen der Schlafstörungen im Einzelfall erforschen

Streß, emotionelle oder äußere un- gewohnte Störung können die Ur- sache sein, wie etwa Hitze, Kälte, Lärm, Licht, harte Matratze, beson- ders bei älteren Menschen mit Ge- lenkbeschwerden, Herzinsuffizienz, gefüllter Magen, Meteorismus, ge- füllte Blase, zum Beispiel nach Diuretika, mangelhafte körperliche Bewegung, ferner Menopausen- symptome, depressive Verstim- mung, Schwierigkeiten in Beruf, Familie oder Ehe, Entziehungs- symptome nach Alkohol- oder Arz- neimittelabusus.

Koffein kann zur Steigerung der allgemeinen Erregbarkeit beitra- gen. Viele Menschen, die tagsüber sehr hohe Dosen Koffein aufnah- men, wissen oft nicht, daß schlech-

ter Schlaf und auch Spannungszu- stände durch Koffein erzeugt wer- den können. Auch in dieser Rich- tung sollte der Arzt gezielte Fragen stellen.

Viele, meist jüngere, Menschen schlafen schlecht ein, können dann aber den Rest der Nacht gut schla- fen. Sie kommen mit kurz wirken- den Mitteln aus. Bei älteren Men- schen ist zwar häufig das Ein- schlafen kein Problem; aber der Schlaf ist nur kurz, und er fehlt in der zweiten Hälfte der Nacht ganz oder zum größten Teil. Sie brau- chen Mittel mit längerer Wirkungs- dauer.

In zahlreichen Fällen von Schlaf- störungen sagen jüngere und äl- tere Menschen, sie hätten die gan- ze Nacht nicht geschlafen. Mit Hil- fe des Elektroenzephalogramms läßt sich feststellen, wann ein Mensch schläft und in welchem Stadium des Schlafes er sich be- findet. Dabei zeigt sich, daß sub- jektiv völlig Schlaflose in Wirklich- keit kurze Perioden schlafen, aber häufig aufwachen. Oft erreichen sie nicht das Stadium des Tiefschlafes.

Schlafphasen und REM-Schlaf Die moderne Schlafforschung hat gezeigt, daß man verschiedene Schlafphasen unterscheiden kann.

Bemerkenswert ist der „rapid eye movement"-(REM-)Schlaf, zumal er auch durch Schlafmittel beeinflußt wird. Während dieser Schlafphase

Der Ursache von Schlafstö- rungen muß im Einzelfall nachgegangen werden. So können beispielsweise Ein- flüsse der sozialen und physi- schen Umwelt, aber auch Herzinsuffizienz oder Phar- maka einschließlich Koffein von Bedeutung sein. In der Therapie gibt es fließende Übergänge zwischen Schlaf- mitteln und Sedativa be- ziehungsweise Tranquillan- tien. Immer ist abzuwägen, ob die Gefahr von Schlaflo- sigkeit größer ist als die durch Schlafmittel und Se- dativa. Grundsätzlich sollte der Arzt von Zeit zu Zeit sei- ne Verschreibung kritisch überprüfen.

bewegen sich die Augen hin und her, im Elektroenzephalogramm be- stehen Zeichen erhöhter Aktivität;

daher auch die Bezeichnung para- doxer Schlaf im Gegensatz zum orthodoxen Schlaf, bei dem man vier verschiedene tiefe Stadien un- terscheidet. Im paradoxen Schlaf kommt es zu Träumen. Man nimmt an, daß die regenerative Funktion des Schlafes zu einem wesentli- chen Teil mit dieser Phase ver- knüpft ist; eine längere Unter- drückung der REM-Phase, etwa durch Aufwecken, führt zu psychi- schen Störungen. Diese Erkennt- nisse über den Schlaf sind auch für die Beurteilung der Wirkung von Pharmaka von Bedeutung. So kön- nen zum Beispiel die Barbiturate und chemisch ähnlich gebaute Ver- bindungen den REM-Schlaf hem- men, während das bei Chloralhy- drat und Benzodiazepinderivaten, in mäßigen Dosen gegeben, nicht der Fall ist.

Therapie der Schlafstörungen Häufig, besonders bei chronischen Störungen, kann der ärztliche Rat zur Veränderung der Lebensweise

Schlafmittel und Sedativa in der täglichen Praxis

Gustav Kuschinsky

Aus dem Pharmakologischen Institut Mainz

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 31 vom 1. August 1974 2333

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Schlafmittel und Sedativa

beziehungsweise eine kleine Psy- chotherapie für den Patienten ent- scheidend sein. Ferner ist die je- weils notwendige medikamentöse Therapie der zugrunde liegenden Krankheit (Schmerzen, Herzinsuffi- zienz, Husten) durchzuführen. Auch wenn dies alles berücksichtigt ist, bleiben noch Indikationen für die Verschreibung von Schlafmitteln und Sedativa übrig. Bei schon län- ger dauernden Regulationsstörun- gen sollte der Arzt unbeirrt versu- chen, die Mitarbeit des Patienten zu erreichen, von der psychischen Abhängigkeit loszukommen. Häufig wird er allerdings keinen Erfolg ha- ben. Es ist stets abzuwägen, ob die Schädigung durch Schlaflosig- keit größer ist als die durch Schlaf- mittel oder Sedativa. Jedenfalls sollte der Arzt wenigstens versu- chen, den Typ des Arzneimittels zu wechseln. In dem folgenden Über- blick über die Arzneimittelgruppen werden die Sedativa mit einge- schlossen, weil sie häufig die Ver- schreibung von Schlafmitteln über- flüssig machen.

Sedativa

Mitunter wird versucht, zwischen Sedativa und Tranquillantien zu un- terscheiden. Das hat wohl vor al- lem historische Gründe. Beide Be- zeichnungen haben aber dieselbe Grundbedeutung der Erzeugung von Ruhe. Jedenfalls soll ein Se- dativum ebenso wie ein Tran- quillans den Patienten beruhigen, entspannen, bestehende Angst lö- sen, also „anxiolytisch" wirken, aber im oft nicht erreichten Ideal- fall nicht schläfrig machen. Die früher als Sedativa verwendeten Bromsalze werden in Form von eini- gen Spezialitäten trotz der Gefahr des Bromismus immer noch ver- schrieben.

Auf jeden Fall sollten Ärzte die Ver- schreibungsgewohnheiten von Zeit zu Zeit kritisch revidieren. Dabei braucht man nicht auf alte bewähr- te Mittel, deren Wirkungen und Ne- benwirkungen man genau kennt, zu verzichten. Dies gilt auch für Barbiturate, insbesondere für klei-

ne Dosen (Phenobarbital [Lumi- naletten ®]). Phenobarbital wurde lange Zeit als das wichtigste Se- dativum verordnet. Auch heute ist dagegen nichts einzuwenden, wenn einige neuere Erkenntnisse berück- sichtigt werden. Bei täglicher Zu- fuhr von Phenobarbital (Lumina) ® ) muß man, wie auch bei anderen Barbituraten, damit rechnen, daß die gewünschte Wirkung nachläßt, also eine Gewöhnung eintritt.

Nachlassen der Wirkung durch Enzyminduktion

Dies beruht auf einer Erhöhung der Aktivität mikrosomaler Enzyme in der Leber, also einer „Enzyminduk- tion". Dadurch wird der Abbau nicht nur der Barbiturate selbst, sondern auch zahlreicher weiterer Substanzen in der Leber beschleu- nigt. So können während einer Barbituratmedikation auch Anti- epileptika und Antikoagulantien schneller abgebaut werden, um nur zwei Beispiele zu nennen. Die Dosen müssen also erhöht werden.

Umgekehrt klingt nach Absetzen des Barbiturats die Enzyminduk- tion ab, und die vorher erhöhte Do- sis des anderen Pharmakons muß wieder verringert werden, um eine gefährliche Überdosierung des An-

tiepileptikums beziehungsweise An- tikoagulans zu vermeiden. Diese nach Barbituraten beobachteten Wechselwirkungen brauchen nicht von einer Verschreibung dieser Substanzen abzuhalten. In kleinen Dosen kann man Phenobarbital noch immer als ein Sedativum be- trachten, dessen Unterlegenheit ge- genüber neueren Substanzen nicht ganz erwiesen ist.

Meprobamat

Das Meprobamat (Cyrpon®, Mil- taun ®) wurde seinerzeit stark pro- pagiert und nicht als Sedativum, sondern als Tranquillans bezeich- net (englisch minor tranquilizer).

Diese Benennung wurde für die später folgenden Präparate mit ähnlicher Wirkung beibehalten. Im Gegensatz zu den alten Sedativa

erzeugen diese Substanzen oft verhältnismäßig geringere Benom-

menheit; ihre besonderen Angriffs- punkte an Rückenmark und Hirn- stamm führen zu einer Muskel- relaxierung. Es mag sein, daß diese Wirkung mit der Behebung seeli- scher Spannungs- und Angstzu- stände in Verbindung steht.

Benzodiazepine

Meprobamat ist in den letzten zehn Jahren in zunehmendem Maße von den Benzodiazepinen überholt wor- den. Der Angriffspunkt ist ähnlich wie bei Meprobamat, aber der muskelentspannende (nicht peri- pher-kurareartige) Effekt ist noch größer. Weitere Angriffspunkte sind im limbischen System. Vielleicht ist so die besonders günstige Wir- kung bei Spannungs- und Angstzu- ständen zu erklären.

Zu dieser Gruppe gehören das zu- erst eingeführte Chlordiazepoxid (Librium ®) und das heute wohl populärste Mittel Diazepam (Va- lium®). Ferner ist hier ein ähnlich wirkender Metabolit des Diazepam zu nennen: Oxazepam (Adum- bran®, Praxiten®). Qualitativ wir- ken diese Substanzen ähnlich, al- lerdings hat Diazepam die relativ stärksten antikonvulsiven Wirkun- gen, zum Beispiel bei Epilepsie und Tetanus. Die Benzodiazepine sind selbstverständlich nicht immer frei von Nebenwirkungen. Müdigkeit und Schläfrigkeit sind häufig, be- sonders nach höheren Dosen. Wei- tere unerwünschte Wirkungen sind Ataxie, Schwindel, Benommenheit, Verwirrtheit, verschiedene autono- me Reaktionen und paradoxe Er- regungszustände. Große Vorsicht ist bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka ge- boten. Auch Alkohol kann zu be- trächtlichen Verstärkungen der Ne- benwirkungen führen.

Mit den genannten Sedativa bezie- hungsweise Tranquillantien kommt man bei der Behandlung von Angst- und Spannungszuständen aus. In einfachen Fällen ist es wenig zweckmäßig, Neuroleptika oder tri-

2334 Heft 31 vom 1. August 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Schlafmittel und Sedativa

zyklische Antidepressiva zu ver- wenden, falls nicht eine Psychose vorliegt.

ß-Blocker Propranolol (Dociton ®) bei Examensangst

Auf die günstige Wirkung des ß- Blockers Propranolol (Dociton ®) bei peripheren, insbesondere kar- diovaskulären Symptomen von Examensangst und Lampenfieber sei nur hingewiesen.

In vielen Fällen ist es möglich, die vorher genannten Substanzen, zum Beispiel Barbiturate, Sedativa (Tranquillantien), abends in höherer Dosis einnehmen zu lassen. Sie wirken dann als Schlafmittel. Dies gilt vor allem für Barbiturate. Dabei wird häufig das vorher genannte lang wirkende Phenobarbital durch kürzer wirkende Barbiturate er- setzt. So ist bei Einschlafstörun- gen das kurz wirkende Hexobarbi- tal (Evipan ®) angemessen. Bei Durchschlafstörungen zum Beispiel die mittellang wirkenden Substan- zen Cyclobarbital (Phanodorm®, Pronox®) oder Pentobarbital (Nembutal ® , Neodorm®, Repo- cal®). Beim Phenobarbital wird die sehr lange Wirkung dann ausge- nutzt, wenn die sedierende Wir- kung der Substanz am nächsten Tage erwünscht ist.

Zahlreiche weitere Barbiturate wur- den nicht genannt, da alle Bar- biturate in bezug auf die hypnoge'ne Wirkung qualitativ gleich wirken.

Sie werden deshalb allein unter dem Gesichtspunkt der Pharma- kokinetik, daß heißt des Verhaltens im Körper, ausgewählt. Daraus folgt Wirkungseintritt, Wirkungsstärke, Wirkungsdauer.

Bekanntlich werden die Barbiturate oft mißbräuchlich verwendet. Man- che' Menschen nehmen sie, um einen Rauschzustand zu bekom- men. Oft wird gleichzeitig ein zen- tral erregendes Mittel, wie Koffein oder Amphetamin, eingenommen, um die hypnotische Wirkung mehr oder weniger zu kompensieren. Die Möglichkeit der psychischen und

körperlichen Abhängigkeit nach Barbituraten hat sie in Verruf ge- bracht. Aber auch die „barbiturat- freien" Mittel lassen Nebenwirkun- gen erwarten. Dies gilt etwa für Glutethimid (Doriden ®) und Me- thyprylon (Noludar ®), aber auch für die Benzodiazepine.

Reaktionen älterer Menschen Viele alte Patienten nehmen diese Schlafmittel lange Zeit ohne auf- fällige Folgen ein. Eines Tages kommt es dann langsam oder schnell zu einer Verschlechterung ihrer intellektuellen Fähigkeiten, verwaschener Sprache, unsiche- rem Gang und nächtlicher Ruhe- losigkeit. Das Bild ähnelt einer arteriosklerotischen Demenz. Eine Erhöhung der Dosen zur Beseiti- gung der nächtlichen Unruhe ver- schlimmert die Situation. Ein durch Mangeldurchblutung geschädigtes Gehirn reagiert viel empfindlicher auf zentral dämpfende Mittel.

Werden sie abgesetzt, verschwin- den häufig die Symptome. War be- reits eine körperliche Abhängigkeit vorhanden, kann schnelles Ab- setzen allerdings zu Entziehungs- symptomen führen. Bei schon be- stehender nächtlicher Ruhelosig- keit alter Menschen sollten besser Mittel aus der Benzodiazepinreihe verwendet werden. Treten in diesen Fällen psychiatrische Zustandsbil- der auf, etwa mit Agitiertheit, Hal- luzinationen oder Illusionen, kön- nen Neuroleptika einen günstigen Effekt ausüben.

Harnstoffderivate

Die Harnstoffderivate Carbromal (Adalin®) und Bromisoval (Brom- ural®) sind chemisch den Barbi- turaten verwandt. Sie sind schwach wirksam und werden als Einschlaf- mittel verordnet. Nachdem sie schon etwas unmodern geworden waren, tauchten sie in der letzten Zeit in verschiedenen Kombina- tionspräparaten wieder auf. Selten kommt es nach diesen Mitteln zu Purpura.

Aus dem Molekül dieser Substan- zen wird im Körper Brom abgespal- ten; bei längerer Zufuhr der Sub- stanz muß daher mit Bromismus gerechnet werden.

Die Ausscheidung der sich im Or- ganismus ansammelnden Ionen zieht sich über Wochen hin. Die Erscheinungen des Bromismus sind Akne, Schnupfen, Konjunktivitis und vor allem Apathie, Ataxie und Depressionen.

Methaqualon

Methaqualon (Dormigoa ® , Normi- Nox® und Revonal®) hat eine ganz andere chemische Konstitution.

Außer in dieser Monoform kommt Methaqualon in mehr als 25 teil- weise sehr viel verschriebenen Spezialitäten mit anderen Substan- zen gemischt vor. Bemerkenswert ist, daß Methaqualon in der übli- chen Dosierung den REM-Schlaf nicht wesentlich verändert. Damit hängt möglicherweise auch die Tatsache zusammen, daß bei Me- thaqualonvergiftungen nicht nur narkotische, sondern gleichzeitig auch Erregungszustände und Krämpfe vorkommen. Die Therapie der Vergiftungen ist deshalb schwierig und oft erfolglos. Bei Zufuhr von Methaqualon über Wo- chen und Monate wurden einige Fälle von Polyneuropathie mit Parästhesien sowie Schmerzen mit oder ohne leichte motorische Stö- rungen beobachtet. Der ursächli- che Zusammenhang ist noch nicht geklärt. Immerhin sollte eine Ta- gesdosis von 0,3 Gramm nicht überschritten und eine längere Zu- fuhr vermieden werden.

Methaqualonhaltige Präparate kön- nen mißbraucht werden. Bei Ju- gendlichen wurde besonders die Kombination mit Alkohol oder Heroin beobachtet. Für diesen Mißbrauch mag auch die dem Me- thaqualon innewohnende erregen- de Wirkung bedeutungsvoll sein.

Jedenfalls ist die Entstehung einer Abhängigkeit möglich; nach Abset- zen der Medikation kann es zu Ent- ziehungssymptomen und mögli- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 31 vom 1. August 1974 2335

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Schlafmittel und Sedativa

cherweise auch zum Delirium tre- mens kommen.

Bei Verordnungen von Schlafmit- teln sollte der Arzt sich davon über- zeugen, welche Inhaltsstoffe sich hinter einem Handelsnamen ver- bergen. Auf unbekannte und nicht genügend erprobte Substanzen und Kombinationen sollte er verzichten.

Nitrazepam

Nitrazepam (Mogadan ® , Moga- don®) ist ein sehr wichtiges und häufig verwendetes Schlafmittel. Es gehört zu den Benzodiazepinen.

Dabei hat es die vorher schon ge- schilderten Angriffspunkte, aber eine relativ kürzere Wirkungsdauer.

In den üblichen Dosen beeinträch- tigt es den REM-Schlaf nicht. Bei Vergiftungen kommt es im Gegen- satz zu Methaqualon nicht zu Er- regungszuständen. Es ist wohl kaum möglich, sich akut mit Nitra- zepam zu vergiften, denn 400 Mil- ligramm = 80 Tabletten wurden überlebt. Im Gegensatz zu Barbi- turaten wird am nächsten Morgen kaum über „Kater" geklagt. Aber auch wenn er nicht bemerkt wird, muß man doch mit einer gewissen Wirkung rechnen. 13 Stunden nach der Einnahme von fünf bis zehn Milligramm (ein bis zwei Tabletten) Nitrazepam war im psychologi- schen Test die Leistung noch be- einträchtigt; im Elektroenzephalo- gramm hielten die Veränderungen sogar noch länger an. Im ganzen gesehen, ist Nitrazepam als ein gut brauchbares Hypnotikum zu be- zeichnen.

Eine Kontraindikation ist die chro- nische obstruktive Bronchitis, bei der es nach zehn Milligramm (= zwei Tabletten) Nitrazepam in- folge der Beeinträchtigung des Atemzentrums zu einer Zunahme von CO2 bei Abnahme der 02- Konzentration im Blut kommen kann; dieser Effekt wird normaler- weise nicht beobachtet. Ob diese Atemhemmung stärker ist als mit einem anderen Hypnotikum, ist wohl bisher nicht untersucht wor- den.

Chloralhydrat

Chloralhydrat ist das älteste Schlafmittel überhaupt. Es war lan- ge Zeit mit Recht in Verruf gera- ten, weil es in den damals ange- wendeten Dosen zu Herzschädi- gungen geführt hat. In Dosen von 0,5 bis 1,0 Gramm ist dagegen kaum mit Schädigungen zu rech- nen. Allerdings ist es in diesen Do- sen nicht bei jedem Menschen wirksam. Der REM-Schlaf wird durch Chloralhydrat gleichfalls nicht beeinträchtigt; seine Wirkung läßt aber nach einigen Tagen nach.

Es tritt also Gewöhnung ein. Unter dieser Einschränkung kann die Substanz zur vorübergehenden Therapie eingesetzt werden.

Kombinationspräparate

Die zahlreichen Kombinationsprä- parate von Sedativa und Schlaf- mitteln lassen die Frage aufkom- men, ob sie für die Therapie ein Gewinn sind. Diese Frage ist zu verneinen. Man kommt mit wenigen Einzelsubstanzen aus, deren Wir- kungen und Nebenwirkungen man genau kennen sollte. Sonst wird die Therapie unübersichtlich, weil die Gefahr der Allergisierung erhöht und das Auftreten von Wechselwir- kungen möglich wird. Präparate mit starren Kombinationen müssen gut erprobt und sinnvoll sein. Diese Forderung ist bisher nur selten, zum Beispiel bei Antihypertonika, erfüllt worden.

In allen anderen Fällen wäre viel gewonnen, wenn man von der ver- schwommenen Therapie mit Kom- binationspräparaten wieder zur übersichtlichen Behandlung mit Einzelsubstanzen zurückfinden würde.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. G. Kuschinsky 65 Mainz

Obere Zahlbacher Straße 67

IN KÜRZE

Diagnostik

Eine Bronchoskopie ist bereits dann indiziert, wenn auch nur der geringste Verdacht auf Aspiration eines Fremdkörpers besteht. Vor dieser Prozedur müssen allerdings Rachen- und Kehlkopfregion pein- lich genau inspiziert werden. Erst danach sollte man endoskopisch vorgehen, vorausgesetzt, daß es sich nicht um einen akuten Fall handelt. Zur Bronchoskopie ist All- gemeinnarkose erforderlich. Lie- gen entzündliche Prozesse vor, muß dem Eingriff eine antibiotische Behandlung vorausgehen. Auch wenn aspirierte Fremdkörper be- reits sicher diagnostiziert worden sind, ist bronchoskopisches Vorge- hen auch dann indiziert, wenn es zu bronchopulmonalen Reaktionen kommt oder der Patient mehrere Fremdkörper verschluckt hat. cb (Zeidler, D.; Hornberger, R.: Med.

Klin. 69 [1974] 195-199)

Postrenale Abflußstörungen lassen sich mit transrenaler Nierenfiste- lung optimal beheben. Das Opera- tionsverfahren ist parenchymscho- nend, komplikationsarm und pfle- gerisch anspruchslos. Septische Komplikationen werden vermieden.

Innerhalb von vier Jahren wurden an einer urologischen Klinik mit dieser Technik 247 transrenale Ne- phrostomien als Noteingriff vorge- nommen; vorwiegend handelte es sich um postrenale Anurien mit Azotämie, Urolithiasis, malignen Tumoren und iatrogenen Harnleiter- läsionen. Haben sich wieder befrie- digende Abflußverhältnisse einge- stellt, kann der Katheter entfernt werden; der Nephrostomiekanal schließt sich dann innerhalb von 24 Stunden spontan. Harninfektionen sind meist reversibel. Nach der Nierenfistelung zeigt das Infusions- urogramm keine strukturellen und funktionellen Veränderungen am Nierenkelchsystem. he (Eisenberger, F., Carl, P., Steehler, G.: Münch. med. Wschr. 116 [1974]

7-10) 2336 Heft 31 vom 1. August 1974 DEUTSCHES .ÄRZTEBLATT

Referenzen

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