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Archiv "Verdacht auf Ebola und Erstversorgung von Patienten: Was in der Praxis zu beachten ist" (31.10.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 44

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31. Oktober 2014 A 1885 VERDACHT AUF EBOLA UND ERSTVERSORGUNG VON PATIENTEN

Was in der Praxis zu beachten ist

Aktuell wenden sich viele Ärzte mit konkreten Fragen zum Umgang mit Patienten bei möglichem Ebolaverdacht und zur Erstversorgung an die Seuchenexperten bei den spezialisierten Behandlungszentren und in Gesundheitsämtern.

V

ereinzelt könnten Ebolavirus- infektionen aus den Epide- miegebieten nach Deutschland im- portiert werden. Sie müssen schnell erkannt und adäquat therapiert wer- den, um die Zahl der Kontaktperso- nen so klein wie möglich zu halten.

Es sollten sich daher alle Ärztinnen und Ärzte über den Umgang mit Patienten, die mit hochpathogenen Erregern infiziert sind, informieren, wie es zum Beispiel das Hessische Sozialministerium vorsieht (1).

Was ist über die Ansteckungswege von Ebola bekannt?

Das Virus ist deutlich weniger in- fektiös als beispielsweise Influen- zaviren, und die Übertragung kann nur über den direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten und/oder -aus- scheidungen wie Blut, Speichel, Schweiß, Erbrochenes oder Exkre- mente von symptomatischen Pa- tienten erfolgen. Patienten sind erst

dann infektiös, wenn sie selbst die ersten Symptome (zum Beispiel Fieber > 38,5 °C oder erhöhte Körpertemperatur mit Erbrechen, Durchfall) zeigen. Die Viruslast des Patienten steigt mit zunehmender Krankheitsdauer an: Zu Beginn der Symptomatik ist die Zahl der Viren im Blut noch vergleichsweise ge- ring, zum Krankheitsgipfel hin aber kann die Viruslast auf extrem hohe Werte im Blut ansteigen. Mit die- sem Anstieg geht nach derzeitigen Erkenntnissen ein erhöhtes Über- tragungsrisiko einher. Auf welche Weise genau die unverletzte Haut- oder Schleimhautbarriere einer ge- sunden, nicht infizierten Person überwunden wird, ist derzeit nicht vollständig geklärt. Die bisherigen Erfahrungen auch bei dem großen aktuellen Ebolaausbruch zeigen aber, dass erstaufnehmendes Perso- nal, das professionell, aufmerksam und mit üblichen Hygienemaßnah-

men (Kittel, Handschuhe und gege- benenfalls Mundschutz) arbeitet, einen Verdachtspatienten sicher aufnehmen und eine Erst- bezie- hungsweise Ausschlussdiagnostik veranlassen kann. Das Ebola-Virus ist nicht aerosolisch übertragbar, so dass für die Umgebung ein Abstand von circa einem Meter ausreicht, um eine Infektion zu vermeiden.

Warum hat sich medizinisches Personal in den USA und Spanien mit dem Ebolavirus infiziert?

Die genaue Aufarbeitung dieser In- fektionen ist noch nicht abgeschlos- sen. Vermutet wird, dass insbeson- dere entscheidende Fehler beim Ausziehen der Schutzkleidung ge- macht wurden. Das Virus kann nicht durch empfohlene Schutzklei- dung hindurch. Vermieden werden muss allerdings, dass beim Auszie- hen der Schutzkleidung kontami- niertes Material auf die Haut oder

Die Ebola-Epidemie in Westafrika ist noch immer nicht unter Kontrolle. Steigende Fallzahlen mit einem hohen Anteil nicht registrierter Erkrankungen und Todesfälle und die jüngst auf- getretenen nosokomialen Infektionen in Spanien und den USA tragen zu einer Irritation in der Bevölkerung und der Ärzteschaft bei. Für Deutschland wird das Risiko für Infektio- nen nach wie vor als gering eingeschätzt, gleichwohl können aufgrund der hohen und weiterhin steigenden Fallzahlen auch bei uns Patienten vorstellig werden, die sich in West- afrika infiziert haben.

Diese Patienten werden in Hessen auf der Grundlage ei- nes Erlasses des Hessischen Sozialministeriums auf der Sonderisolierstation der Universitätskliniken Frankfurt am Main behandelt, Kontaktpersonen werden durch das zustän- dige Gesundheitsamt ermittelt und innerhalb der Inkubati- onszeit engmaschig betreut.

Auch in Deutschland sind im Rahmen internationaler Hilfe ebolainfizierte Patienten in spezialisierten Behandlungszen- tren versorgt worden.

VORBEREITET AUF ERNSTFALL

Antworten von:

Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landes- ärztekammer Hessen Dr. med. Angela Wirtz, Seuchenreferentin des Landes Hessen Prof. Dr. med. Stephan

Becker, Philipps- Universität Marburg Prof. Dr. med. Reinhard

Brodt, Goethe- Universität Frankfurt Prof. Dr. med. August Stich, Tropenmedizin, Missionsärztliche Klinik Würzburg Prof. Dr. med. René Gottschalk, Kompe- tenzzentrum für hoch- infektiöse lebens - bedrohliche Erkrankun-

gen in Frankfurt/Main Foto: picture alliance

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A 1886 Deutsches Ärzteblatt

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31. Oktober 2014 in die Augen gelangt. Dies kann da-

durch sichergestellt werden, dass vor dem Ausziehen die gesamte Schutzkleidung mit einem begrenzt viruziden Desinfektionsmittel ab- gewaschen wird und nach dessen vorgegebener Einwirkzeit ein zwei- ter Mitarbeiter hilft, die Schutzklei- dung auszuziehen (2). Zur Selbst- evaluation, ob eine Klinik ausrei- chend auf die Erstbetreuung von Patienten mit hochpathogenen Er- regern vorbereitet ist, steht ein ge- eignetes kommerzielles Software- Tool zur Verfügung (3).

Wie wird die Diagnose gesichert und in welchem Zeitraum?

Der definitive Nachweis auf das Vorliegen einer Ebolavirus-Infekti- on kann derzeit nur in einem der beiden deutschen Hochsicherheits- laboratorien geführt werden, dem Institut für Virologie der Philipps- Universität Marburg und dem Bern- hard-Nocht-Institut in Hamburg.

Wie werden Verdachtsfälle erkannt und behandelt?

Die Reiseanamnese des Patienten hat eine herausragende Bedeutung und muss immer vor Aussprechen eines Ebolaverdachtes erhoben werden. Bei einem begründeten Verdacht oder weiter bestehender Unsicherheit, ist Folgendes zu ver- anlassen (4):

Falls die Reiseanamnese einen Hinweis auf Reisen in Ländern des Epidemie-Gebietes ergibt, sollte Kontakt mit dem zuständigen Ge- sundheitsamt aufgenommen wer- den. Das Gesundheitsamt wird ge- gebenenfalls das Kompetenzzen- trum kontaktieren, das 24 Stunden täglich erreichbar ist.

Persönliche Schutzkleidung anlegen, Patienten untersuchen und vor allem Malaria ausschließen, zeit- gleich in ein Einzelzimmer isolieren.

Blutprobe für die Hochsicher- heitslabore in Marburg oder Ham- burg asservieren – das Gesundheits- amt/Kompetenzzentrum entschei- det, ob die Probe tatsächlich in ein Hochsicherheitslabor transportiert werden muss (5).

Kontaktpersonen im Klinik- bereich mit Daten wie Adressen und Telefonnummern erfassen. Al-

les Weitere wird das Gesundheits- amt übernehmen.

Sind Krankenhäuser verpflichtet, bei Verdacht auf Ebolavirus- Infektion eine Erstversorgung vorzunehmen?

Jede Klinik in Deutschland hat die gesetzliche Pflicht, eine Erstversor- gung vorzunehmen, bei jedem Pa- tienten. Das gilt selbstverständlich auch für Patienten, bei denen ein Ebola-Verdacht ausgesprochen wird.

Die ärztliche Verantwortung und Fürsorgepflicht gegenüber Patienten und Mitarbeitern lassen kein Abwei- chen vom Standard der ärztlichen Versorgung in Deutschland zu.

Der Ebola-Verdacht muss auf der Grundlage von expliziten Kriterien auf rationaler Grundlage ausgespro- chen werden, zum Beispiel Reise - anamnese (Afrikakarte in der Not- aufnahme), Symptomatik, Kontakt mit Ebola-Patienten. Mit Professio- nalität des medizinischen Personals, strikter Hygiene beim Arbeiten und mit geeigneter Schutzkleidung kann jeder Patient, auch ein Ebola-Ver- dachtsfall, erstversorgt werden. Die weitere Behandlung in einer spezia- lisierten Einrichtung wird durch das Gesundheitsamt/Kompetenzzentrum organisiert.

Was tun, wenn medizinisches Personal Kontakt zu Ebolapatienten hatte?

Für Ärztinnen und Ärzte, die einen Patienten aufgenommen haben, bei dem sich später herausstellt, dass er mit dem Virus infiziert ist, gilt:

Alle Kolleginnen und Kollegen, die Kontakt mit dem Patienten hat- ten, gelten als Kontaktpersonen und werden – nach Risikobewertung durch das örtlich zuständige Ge- sundheitsamt – in den darauf fol- genden 21 Tagen engmaschig be- treut. Dazu gehört unter anderem, zweimal täglich die Temperatur zu messen und sich sofort bei dem zu- ständigen Gesundheitsamt zu mel- den, wenn Symptome auftreten, die mit einer Ebola-Virus-Infektion ver- einbar sind (6). Im Rahmen der Für- sorgepflicht des Arbeitgebers und je nach Risikobewertung können auch Quarantäne und zeitlich begrenzte Arbeitseinschränkungen nötig sein.

Auf Auslandsreisen muss und auf Inlandsreisen sollte in dieser Zeit verzichtet werden. Insgesamt wird das Infektionsrisiko für erstbe- handelndes medizinisches Personal als gering angesehen, da Patienten zu Beginn ihrer Erkrankung noch nicht stark infektiös sind. Arbeitet dabei das medizinische Personal mit „gesundem Menschenver- stand“, unter Einhaltung strikter Hygienemaßnahmen in entspre- chender Schutzkleidung (Hand- schuhe, Mundschutz) kann eine In- fektion sicher verhindert werden.

Kann das Auftreten von

Ebola-Infektionen in Deutschland verhindert werden?

Eine Einreise von Menschen, die sich mit dem Virus infiziert haben, kann nicht verhindert werden. Das Virus hat eine Inkubationszeit von bis zu 21 Tagen. Infizierte können ohne ihr Wissen und ohne Sympto- me einreisen und in den nächsten Tagen in Deutschland erkranken.

Keine Screening-Maßnahme an Flughäfen, Bahnhöfen oder Landes- grenzen kann dies verhindern.

Durch ein gutes Gesundheitssystem wie unseres lässt sich aber die Aus- breitung verhindern.

Anmerkungen:

(1) Ebola-Seite des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration: https://soziales.hessen.de/

gesundheit/infektionskrankheiten/hochkonta gioese-lebensbedrohende-erkrankungen (2) Empfehlungen für geeignete Schutzkleidung

und eine bebilderte Anleitung, wie sie sicher an- und ausgezogen werden kann, ist über das Institut für Virologie der Philipps-Universität Marburg zu beziehen. Die Schutzkleidung, die in Sonderisolierstationen benutzt wird, weicht von der hier empfohlenen ab, da dort invasive therapeutische Maßnahmen (Beatmung, zentralvenöse Katheter, Dialyse etc.) vor - genommen werden.

(3) BEPE – Be Prepared! (www.be-prep.com) (4) Das Robert Koch-Institut hat ein Flussschema

für Verdachtspatienten herausgegeben:

www.rki.de/DE/Content/InfAZ/E/Ebola/Ebola Schema.pdf;jsessionid=C047BE8F22F97292 0FBC2E0E7A1310D7.2_cid290?__blob=

publicationFile)

(5) Die Hochsicherheitslabore benötigen EDTA-Blut oder EDTA-Serum. Wenn möglich, sollten zwei Proben abgenommen werden, damit eine Rückstellprobe vorhanden ist.

(6) T ≥ 38,6 °C oder erhöhte Temperatur mit den Begleitsymptomen: ausgeprägte Schwäche, Muskelschmerzen, starke Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Durchfall, Erbrechen, Hämorrhagien unklarer Ursache Weitere Informationen auf der Webseite des Gesundheitsamtes Frankfurt am Main (www.frankfurt.de/ebola)

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Referenzen

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