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Archiv "Ein „besonderes politisches Mandat“ der Ärztekammern" (26.02.1982)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

Heft 8 vom 26. Februar 1982

Ein „besonderes politisches Mandat" der Ärztekammern

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zum Mandat der Kammern

und der von ihnen herausgegebenen Zeitschriften

Das Urteil des Bundesverwal- tungsgerichtes vom 17. De- zember 1981 die Aufgaben der Ärztekammern und der von ihnen herausgegebenen Zeitschriften betreffend — hat innerärztlich wie auch außerhalb der Ärzteschaft zu heftigen Reaktionen geführt.

Aufgrund einer Pressemittei- lung des Gerichtes sowie der eigenwilligen Interpretation eines Magazins kam es zum Teil zu weitgehenden Speku- lationen. Das Urteil und des- sen Begründung liegen nun im Wortlaut vor. Die voreili- gen Interpretationen werden durch den Text nicht bestä- tigt.

Damit jeder Leser sich selbst seine Meinung bilden kann, wird das Bundesverwal- tungsgerichts-Urteil auf den nächsten Seiten im Wortlaut dokumentiert — auch des- halb, weil das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT davon in be- sonderer Weise angespro- chen ist. Dem Wortlaut ist ei- ne erläuternde Anmerkung des Justitiars der Bundes- ärztekammer und der Kas- senärztlichen Bundesver- einigung vorausgestellt. DÄ

Das Bundesverwaltungsgericht bleibt sich in Konsequenz seiner bisherigen Rechtsprechung selbst treu. Es untersagt den öffentlich- rechtlichen mit Pflichtmitglied- schaft organisierten Verbänden die Inanspruchnahme eines allge- mein-politischen Mandats. Es un- tersagt hingegen nicht — ja es be- zweifelt nicht einmal —, daß eine berufsständische Körperschaft im Rahmen ihres gesetzlichen Aufga- benkreises das so formulierte be- sondere, an ihrer Aufgabenstel- lung zu messende politische Man- dat wahrzunehmen hat. Nichts an- deres als dies war und ist auch die Auffassung der Ärztekammern in ihrer Gesamtheit, so wie sie auch vom Bundeszusammenschluß die- ser Kammern in der Organisa- tionsform der Bundesärztekam- mer vertreten und formuliert wird.

Bemerkenswert an der Entschei- dung ist besonders die Zurückhal- tung, mit welcher das Bundesver- waltungsgericht sich als Revi- sionsgericht zu allen Fragen ver- hält, welche es entweder zu den nicht angreifbaren tatsächlichen Feststellungen des Oberverwal- tungsgerichts oder zu den nicht im Revisionsverfahren in seiner Auslegung zu überprüfenden Nor- men des Landesrechts zählt. Mit der Zurückweisung dieser hierauf gerichteten Angriffe der Revision gewinnen die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts als Be- rufungsinstanz ihre in diesem Rahmen nicht mehr in Frage zu stellende Bedeutung. Das Bundes-

verwaltungsgericht beschränkt sich demgemäß bei eigenen Ent- scheidungsaussagen auf diejeni- ge Rechtsfrage, welche durch den Revisionszulassungsbeschluß für eine höchstrichterliche Entschei- dung eröffnet worden ist. Dabei ging es überhaupt nicht um die Grundsatzfrage, ob etwa einer Ärztekammer ein „allgemein-poli- tisches" Mandat zustünde. Diese Frage war in der Rechtsprechung längst und abschließend geklärt.

Es kann keine — denkbare — Aufga- be einer Ärztekammer sein, sich zum allgemein-politischen Spre- cher der in ihr pflichtgemäß zu- sammengeschlossenen Ärzte- schaft herauszustellen. Das Bun- desverwaltungsgericht geht viel- mehr zutreffend vom Axiom des ärztlichen Berufes aus, wenn es feststellt, daß es dem Wesen eines freien Berufes entspricht, „daß seine Ausübung eigenverantwort- lich und ohne sachlich nicht ge- rechtfertigte staatliche Bevormun- dung erfolgt". In diesem Zusam- menhang ist auch mit dem Bun- desverwaltungsgericht zu unter- streichen, daß es nicht die Aufga- be einer berufsständischen Kam- mer sein kann, sich zu politischen Fragen zu äußern, die nicht mehr im Zusammenhang mit der wahr- zunehmenden gesetzlichen Auf- gabe stehen, sondern die das

„einzelne Mitglied in seiner Eigen- schaft als Staatsbürger betreffen".

Soweit das Bundesverwaltungsge- richt den gesetzlichen Aufgaben- Ausgabe A/B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 8 vom 26. Februar 1982 65

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

Mandat der Ärztekammern

kreis der beklagten Ärztekammer aus § 2 Abs. 1 Ärztekammer-Ge- setz zitiert, geht es allerdings vom Ärztekammer-Gesetz in Schles- wig-Holstein vom 16. November 1967 aus und läßt die inzwischen in Kraft getretene Fassung des Ge- setzes über die Ärztekammer Schleswig-Holstein vom 20. März 1978 außer acht. Durch diese Fas- sung hat § 2 Abs. 1 in Ergänzung der bisherigen Aufgaben eine neue Nr. 4 erhalten, wonach es auch Recht und Pflicht der Ärzte- kammer ist, „die beruflichen Be- lange der Ärzte wahrzunehmen".

Nur unter Heranziehung dieser jetzt geltenden erweiterten Aufga- benstellung der Ärztekammer ist auch der Urteilsausspruch auszu- legen, nach dem es untersagt wird, „politische" Stellungnah- men abzugeben, die außerhalb des gesetzlichen Aufgabenbe- reichs liegen.

Soweit der Kläger sich auch gegen eine Mitgliedschaft der Ärztekam- mer Schleswig-Holstein in der

In der Verwaltungsstreitsache des Arztes Werner Jeckström gegen die Ärztekammer Schleswig-Hol- stein (Beklagte) . . Beigeladene:

Bundesärztekammer ... Beteilig- ter: Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht, hat der 5. Senat des Bundesverwal- tungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 1981 ... für Recht erkannt:

Das aufgrund der mündlichen Ver- handlung vom 29. November 1977 ergangene Urteil des Oberverwal- tungsgerichts für die Länder Nie- dersachsen und Schleswig-Hol- stein wird aufgehoben.

Das Urteil des Schleswig-Holstei- nischen Verwaltungsgerichts vom 12. März 1975 wird wie folgt neu gefaßt:

„Die Beklagte wird verurteilt, für die Dauer der Mitgliedschaft des Klä- gers es zu unterlassen

Bundesärztekammer, zur Veran- staltung eines Deutschen Ärzteta- ges und zu den übrigen von der Bundesärztekammer wahrzuneh- menden Aufgaben und den von ihr entfalteten Aktivitäten gewendet hat, nimmt das Bundesverwal- tungsgericht nur summarisch da- hingehend Stellung, daß es sich an die hierzu vom Oberverwal- tungsgericht bereits getroffenen Feststellungen tatsächlicher Art und an die Auslegung des Ärzte- kammer-Gesetzes gebunden sieht. Somit darf auch zu diesem immer wieder von außenstehender Seite beigetragenen Zweifel ab- schließend davon ausgegangen werden, daß sich die Errichtung der Bundesärztekammer durch die Landesärztekammern auf gesi- chertem Rechtsboden befindet und die Tätigkeit der Bundesärzte- kammer, wie sie seit Jahrzehnten ausgeübt wird, vom gesetzlichen Aufgabenbereich der Landesärz- tekammern (mit)getragen wird.

Dr. jur. Jürgen W. Bösche

1. sowohl allein als auch gemeinsam mit anderen Einrichtungen politi- sche Stellungnahmen abzugeben, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs liegen,

2. bei der Willensbildung in der Bei- geladenen die Wahrnehmung von Aufgaben zu unterstützen, die nicht durch den gesetzlichen Aufgaben- bereich der Beklagten gedeckt sind.

Im übrigen wird die Klage abge- wiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 'A, die Beklagte zu 1/3;

die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger."

Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil wird zurückge- wiesen.

Von den Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens tra- gen die Beklagte und die Beigela-

dene die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers zur Hälfte; ihre außerge- richtlichen Kosten tragen die Be- klagte und die Beigeladene selbst.

Gründe

Der Kläger ist als frei praktizieren- der Arzt Mitglied der beklagten Ärztekammer. Er verlangt von der Beklagten die Unterlassung jegli- cher politischer Betätigung, so- weit sie den ihr gesetzlich zuge- wiesenen Aufgabenkreis über- schreitet. Die Beklagte gibt zu- sammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein das „Schleswig-Holsteinische Ärz- teblatt" heraus. Sie ist, wie die Ärztekammern anderer Bundes- länder, Mitglied der beigeladenen Bundesärztekammer, eines privat- rechtlichen Vereins, in deren Hauptversammlung, dem Deut- schen Ärztetag, sie durch Dele- gierte und in deren Vorstand sie durch ihren Präsidenten vertreten ist. An der Finanzierung der Tätig- keit der Beigeladenen beteiligt sie sich mit einem Jahresbeitrag von 18 DM je Mitglied. Die Beigelade- ne ist zusammen mit der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung Herausgeber der Zeitschrift DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT. In ihrem Auftrag gibt ferner der Deutsche Ärzteverlag die Zeitschrift „medi- zin heute" heraus.

Der Kläger hat im ersten Rechts- zug vorgetragen: Die gesetzlich angeordnete Mitgliedschaft in der Beklagten verpflichte diese, nur die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen und sich nicht an der Meinungs- und Willensbildung über allgemeinpo- litische Fragen zu beteiligen. Im Widerspruch hierzu stünden je- doch die näher bezeichneten Ver- öffentlichungen in dem „Schles- wig-Holsteinischen Ärzteblatt" so- wie in dem DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT. Insbesondere die Betrach- tungen über die Zukunftsaussich- ten der Bundesrepublik Deutsch-

Der Wortlaut des Urteils

66 Heft 8 vom 26. Februar 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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