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Archiv "Diagnostik des Schilddrüsenknotens: Feinnadelbiopsie streichen" (05.04.2002)

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Diagnostikschema nicht den Leitlinien entsprechend?

Der im Artikel von Führer et al. in Gra- fik 2 empfohlene Algorithmus zur Dia- gnostik von Schilddrüsenknoten ent- spricht nicht dem allgemeinen Vorgehen an der Universität Leipzig. Den diesem Algorithmus zugrunde liegenden Be- hauptungen, dass 5 Prozent aller Schild- drüsenknoten szintigraphisch heiß und 85 Prozent kalt seien, muss für den deutschen Raum eindeutig widerspro- chen werden. Bekanntermaßen wird die Prävalenz der thyreoidalen Autono- mie entscheidend von der regionalen Jodversorgung beeinflusst. Als Folge des eingeschränkten Jodangebots stel- len sich in Deutschland und anderen Ländern mit grenzwertigem Jodmangel nicht 5 Prozent, sondern etwa 60 bis 80 Prozent der Schilddrüsenknoten szinti- graphisch als „heiß“ dar (1, 2). Der Empfehlung, eine Szintigraphie nur bei einem supprimierten TSH-Spiegel (< 0,05 mU/L) durchzuführen, kann auch deshalb nicht zugestimmt werden, weil autonome Adenome gerade unter der Bedingung des Jodmangels in etwa der Hälfte der Fälle keine pathologi- sche Erniedrigung des TSH-Spiegels bewirken (3).

Ein für die epidemiologischen Ver- hältnisse in Deutschland angemessener Algorithmus wird durch die von der Deutschen Gesellschaft für Nuklear- medizin mit den Deutschen Gesell- schaften für Endokrinologie (Sektion Schilddrüse) und Chirurgie (Chirurgi- sche Arbeitsgemeinschaft Endokrino- logie) abgestimmte Leitlinie zur Schild- drüsendiagnostik (4) vorgegeben. Hin- gegen stellt das in diesem Beitrag dar- gestellte Vorgehen offenbar nur die Meinung einzelner Autoren und kein begründetes rationelles Diagnostik- schema dar. An der Universität Leipzig stellt deshalb auch heute die Schilddrü- senszintigraphie neben der Bestim- mung der Schilddrüsenfunktionspara- meter das wesentliche Instrument zur Beurteilung der funktionellen Aktivität eines Schilddrüsenknotens dar.

In dem Algorithmus wird die zwar im Text aufgeführte Aussage, dass die Radiojodtherapie eine nebenwirkungs- arme und effiziente kurative Therapie-

option für benigne Schilddrüsenerkran- kungen darstellt, leider nicht deutlich.

Hierdurch muss der Eindruck entste- hen, dass das chirurgische Vorgehen Methode der ersten Wahl sei. Hierzu ist anzumerken, dass bei dem in Deutsch- land obligaten dosimetrischen Thera- pieansatz Heilungsraten bei der Radio- jodtherapie benigner Schilddrüsener- krankungen von deutlich über 90 Pro- zent erreicht werden, die denen von chirurgischen Verfahren nicht nachste- hen (5, 6, 7). Daher sollte diesem ne- benwirkungsarmen Therapieverfahren, das den Vorteil der Nichtinvasivität auf- weist, auch in diesem Schema der ge- bührende Platz eingeräumt werden.

Literatur

1. Pickardt CR: Jodexposition und Schilddrüsenautono- mie. Nuklearmediziner 1989; 12: 205–212.

2. Knudsen N, Perrild H, Christiansen E, Rasmussen S, Di- ge-Petersen H, Jorgensen T: Thyroid structure and size and two-year follow-up of solitary cold thyroid nodules in an unselected population with borderline iodine defi- ciency. Eur J Endocrinol 2000; 142: 224–230.

3. Guhlmann CA, Seybold S, Rendl J, Börner W: Epidemio- logie und Diagnostik der funktionellen thyreoidalen Au- tonomie. Nuklearmediziner 1995; 18: 251–

256.

4. Dietlein M, Dressler J, Joseph K, Leisner B, Moser E, Rei- ners C, Rendl J, Schicha H, Schober O: Leitlinien zur Schilddrüsendiagnostik. www.awmf-leitlinien.de. Nu- klearmedizin 1999; 38: 215–218.

5. Sabri O, Zimny M, Schulz G, Schreckenberger M, Rei- nartz P, Willmes K et al: Success rate of radioiodine therapy in Graves’ disease: The influence of thyrostatic medication. J Clin Endocrinol Metab 1999; 84:

1229–1233.

6. Moser E, Pickardt CR, Mann K, Engelhardt D, Kirsch CM, Knesewitsch P et al: Ergebnisse der Radiojodbehand- lung von Patienten mit immunogener und nicht-immu- nogener Hyperthyreose bei Anwendung unterschiedli- cher Herddosen. Nuklearmedizin 1988; 27: 98–104.

7. Oexle C, Reinhardt M, Moser E: Erste Ergebnisse der Ra- dioiodtherapie bei multifokaler und disseminierter Au- tonomie der Schilddrüse unter Verwendung eines Tc- TUs-adaptierten Dosiskonzepts. Nuklearmedizin 1998;

37:192–196.

Prof. Dr. med. Regine Kluge Prof. Dr. med. Osama Sabri Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin Universität Leipzig

Liebigstraße 20 a 04103 Leipzig

E-Mail: sabri@medizin.uni-leipzig.de

Feinnadelbiopsie streichen

Die Feinnadelbiopsie ist behaftet mit nicht aussagefähigen Ausstrichen, mit falschpositiven, mit falschnegativen Resultaten, die Methode wiegt den

Untersucher und den Patienten in ei- ne falsche Sicherheit. Zur Diagnostik nach Anamnese, klinischer Untersu- chung, Sonographie, Szintigraphie und Laboruntersuchungen trägt die Fein- nadelbiopsie nichts bei.

Die Feinnadelbiopsie gehört aus dem Leistungskatalog der GKV er- satzlos gestrichen, da unnötig und ko- stenintensiv. In 20 Jahren Berufserfah- rung wurde kein einziges Schilddrü- senkarzinom durch eine Feinnadel- biopsie allein gesichert, die Forderung jeden Knoten zu biopsieren ist absurd und überflüssig wie ein Kropf!

Dr. med. Rainer Hettenbach Pielmühler Straße 3 93138 Lappersdorf

Ergänzungen notwendig

Bezüglich der bildgebenden Verfah- ren sind einige Ergänzungen bezie- hungsweise Richtigstellungen notwen- dig, um in diesem Beitrag auch den Anforderungen an eine Übersicht mit entsprechender klinischer Bedeutung gerecht zu werden. Die Autoren rich- ten ihre Empfehlungen sehr stark an den entsprechenden Vorgaben aus den Vereinigten Staaten aus, wo die Feinnadelbiopsie gegenüber insbe- sondere der Sonographie einen we- sentlich breiteren Raum einnimmt.

Diese Vorgaben können aber nicht oh- ne weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragen werden, vorwiegend des- wegen nicht, weil Deutschland im Ge- gensatz zu den USA immer noch ein Jodmangelgebiet darstellt. Dies be- deutet, dass die Inzidenz der nodösen Jodmangelstruma dort deutlich gerin- ger ist. Aber auch andere Unterschie- de sind zu berücksichtigen, so zum Beispiel die wesentlich häufigere Durchführung der Radiojodtherapie (im Vergleich zur Operation) bei be- nignen Schilddrüsenerkrankungen in den USA.

In Deutschland werden Schilddrü- senknoten heute am häufigsten durch die Sonographie und nicht durch die Palpation entdeckt. Bei Knoten, die durch Palpation entdeckt werden, ist die Durchführung einer Sonographie der gesamten Schilddrüse und der zer- M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 99½½Heft 14½½5. April 2002 AA947

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vikalen Lymphknoten obligat. Natür- lich ist eine „. . . Dignitätsbeurteilung eines Schilddrüsenknotens sonogra- phisch nicht sicher möglich . . .“, trotz- dem ist der Ultraschall in der Hand ei- nes erfahrenen Untersuchers ein wich- tiges Instrument, um das Malignitäts- risiko einzuschätzen. Eine 100 Prozent

„sichere“ Beurteilung ist auch mittels Feinnadelbiopsie nicht möglich.

Bei allen Knoten (seien sie palpato- risch oder sonographisch nachgewie- sen), die einen Durchmesser von min- destens einem Zentimeter haben, er- gibt sich die Indikation zur Szintigra- phie. Zum Vorgehen bei Knoten, die in der Schilddrüse neu entdeckt wer- den, gibt es in Leitlinien, die unter den wissenschaftlichen Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für Nuklear- medizin, Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie [Sektion Schilddrü- se], Deutsche Gesellschaft für Chi- rurgie [Chirurgische Arbeitsgemein- schaft Endokrinologie]) im Konsens abgestimmt wurden, eine entsprechen- de eindeutige Empfehlung (1, 2; siehe auch: http://www.uni-duesseldorf.de/

AWMF/LL).

Auch angesichts des zitierten nied- rigen positiven prädiktiven Wertes (ein kalter Knoten schließt eine benig- ne Veränderung nicht aus), liefert die Szintigraphie entscheidende Informa- tionen zur Dignität aufgrund der ho- hen Sensitivität (über 90 Prozent aller Malignome stellen sich als kalte Kno- ten dar).

Die Autoren empfehlen die Szinti- graphie nur bei vollständiger TSH- Suppression zur Lokalisation der funk- tionellen Autonomie. Unabhängig von der Dignitätsbeurteilung ist die Szinti- graphie bei der Diagnostik von Schild- drüsenknoten notwendig, auch wenn keine TSH-Suppression vorliegt. Nur so lassen sich kleinere Bezirke funktio- neller Autonomie (autonome Adeno- me) erkennen, die noch nicht zu einer latenten oder manifesten hyperthyreo- ten Stoffwechsellage geführt haben.

Dies ist sowohl für die Planung der weiteren Therapie als auch für die Be- achtung der Kontraindikation gegen eine Applikation größerer Jodmengen (zumBeispiel jodhaltige Röntgenkon- trastmittel, Amiodaron) von Bedeu- tung.

Sonographie und Szintigraphie sind somit als nichtinvasive bildgebende Verfahren fester Bestandteil der Ab- klärung von Schilddrüsenknoten. Sie sind sowohl zur Einschätzung der Dig- nität als auch für die Beurteilung der funktionellen Bedeutung notwendig.

Literatur

1. Dietlein M, Dressler J, Joseph K, Leisner B, Moser E, Reiners Chr, Rendl J, Schicha H, Schober O: Leitlini- en zur Schilddrüsendiagnostik, Nuklearmedizin 1999; 38: 215–218.

2. Mann K: Diagnostik und Therapie von Schilddrüsen- krankheiten. Empfehlungen zur Qualitätssicherung.

Der Internist 1997; 38: 177–185.

Für den Arbeitsausschuss

„Klinisches Qualitätsmanagement“ der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin:

Prof. Dr. med. Frank Grünwald Johann Wolfgang Goethe-Universität Klinik für Nuklearmedizin

Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt am Main

Voreiliger Optimismus

Die Autoren geben am Ende prakti- sche Empfehlungen für die Differenzi- aldiagnostik von Schilddrüsenknoten und beziehen sich in erster Linie auf Umfragen, die von amerikanischen oder nichtdeutschen europäischen Fachgesellschaften durchgeführt wor- den sind. Es wäre angemessen gewe- sen, wenn hier auf die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaften für En- dokrinologie und Nuklearmedizin (1, 2) eingegangen worden wäre. Danach ist in Deutschland, wo die Struma im Gegensatz zum Ausland immer noch endemisch ist, von anderen Verhält- nissen auszugehen. Dies betrifft in er- ster Linie die sehr viel größere Häufig- keit von funktionell autonomen

„heißen Knoten“ und das Vorkommen von multinodulären Strumen. Aus die- sem Grunde wird in Deutschland empfohlen, vor einer Feinnadelpunk- tion bei Schilddrüsen mit tastbaren und/oder sonographisch abgrenzbaren Herdbefunden mit einem Durchmes- ser > 1 cm eine Szintigraphie durchzu- führen, um die funktionelle endokrine Aktivität des sonographisch entdeck- ten Herdbefundes und der restlichen Schilddrüse beurteilen zu können.

Hieraus leiten sich direkte therapeuti- sche Konsequenzen ab, da imFalle

der fokalen oder multifokalen funk- tionellen Autonomie eine medika- mentöse Therapie auf Dauer nicht er- folgreich sein kann. Würde man dem von Führer vorgeschlagenen diagno- stischen Algorithmus folgen und eine Szintigraphie nur bei einem suppri- mierten TSH < 0,05 mU/L durch- führen, wäre man nicht in der Lage, die gerade in Deutschland sehr häufi- gen Fälle von funktioneller Autono- mie mit latenter Hyperthyreose und nicht komplett supprimiertem TSH- Spiegel zu erkennen. Bekanntlich fin- den sich in dieser Gruppe nicht wenige Patienten, die auch wegen kardialer Beschwerden einer definitiven Schild- drüsentherapie bedürfen (3, 4).

Dringend zu warnen ist vor einem voreiligen Optimismus zur Marker- diagnostik beim zytologischen Pro- blemfall der follikulären Neoplasie.

Bei der aktuellen Datenlage kann in diesen Fällen nicht auf eine histologi- sche Sicherung verzichtet werden.

Unter dem Strich: Die zur Diskussi- on stehende Arbeit stellt eine schöne Übersicht über moderne Aspekte der Immunzytologie und Molekulargene- tik von Schilddrüsenknoten dar. Als Grundlage für diagnostische oder the- rapeutische Entscheidungen ist sie zu- mindest für deutsche Schilddrüsen- patienten und dafür verantwortliche Ärzte nicht zu empfehlen.

Literatur

1. Ziegler R, Pickert CR, Willig RP: Rationelle Diagno- stik in der Endokrinologie. Stuttgart–New York: Ge- org-Thieme-Verlag

2. Dietlein M, Dressler J, Josef K et al.: Leitlinien zur Schilddrüsendiagnostik. Nuklearmedizin 1999; 38:

215–218.

3. Sawin CT, Geller A, Wolf PA, Belanger AJ, Baker E, Bacharach P, d’Agostino RB: Low serum thyrotropin concentrations as a risk factor for older persons. N Engl J Med 1994; 331: 1249–1252.

4. Parle JV, Maisonneuve P, Sheppard MC, Boyle, P, Franklyn JA: Prediction of all-cause and cardiovascu- lar mortality in elderly people from one low serum thyrotropin result: a 10-year cohort study. Lancet 2001; 358: 861–865.

Für die Arbeitsgemeinschaften Schilddrüse und Thera- pie der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin:

Prof. Dr. med. Christoph Reiners Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität Würzburg

Universitätsklinikum Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg M E D I Z I N

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A948 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 99½½Heft 14½½5. April 2002

Referenzen

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