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Archiv "Sportschäden und -verletzungen am Schultergelenk" (21.02.1980)

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Besonders anfällig:

Das Schuiterge ±k

DEUTSCHE S

ÄRZTE BLATT Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Heft 8 vom 21. Februar 1980

Sportschäden und -verletzungen am Schultergelenk

Klaus Steinbrück und Gerhard Rompe

Aus der Orthopädischen Klinik und Poliklinik (Direktor: Professor Dr. med. Horst Cotta) der Universität Heidelberg

Das Schultergelenk hat aufgrund seiner anatomischen Struktur den größten Aktionsradius und ist deshalb besonders verletzungsanfällig.

Es ist einerseits akuten Traumatisierungen bei allen mit der Hand betriebenen Ballspielen wie Volleyball, Faustball, Basketball und Handball, beim Skilaufen und bei allen Kampfsportarten ausgesetzt;

andererseits sind Überbeanspruchungen in vielen Wurfdisziplinen durch die häufige Wiederholung stereotyper. extremer Bewegungs- muster zu erwarten. Neben einer gezielten und frühzeitigen, am Sport- alltag orientierten, Differentialtherapie sind die aus der Analyse des Befundes abzuleitenden prophylaktischen Maßnahmen besonders wichtig. Diese müssen im Gespräch mit Athlet und Trainer in die sportartspezifische Situation umgesetzt werden.

Das Schultergelenk ist besonders im Leistungssport extremen Belastun- gen ausgesetzt — Speerwerfer errei- chen annähernd 100 Meter (Abbil- dung 1), der Diskus wird über 70 Meter geschleudert, und wöchentli- che Trainingszeiten von 30 bis 40 Stunden sind keine Seltenheit. For- cierte Schläge beim Tennis oder so- gar beim Golf mögen ähnlich un- günstige Auswirkungen haben.

Die mit zunehmend größerem kör- perlichem Einsatz ausgeübten Ball- spiele wie Rugby oder Handball kön- nen ebenso häufig Verletzungen nach sich ziehen wie die Kampf- sportarten Judo oder Ringen mit im- mer ausgefalleneren Grifftechniken.

Bei unkontrollierten Stürzen von Reitern oder Skiläufern ist das Ge-

lenk vielfach betroffen. Insgesamt ist das Schultergelenk durch seinen großen Bewegungsradius bei vor- wiegend muskulärer Führung sehr verletzu ngsanfäl I ig.

Die Kenntnisse der funktionellen Anatomie kommen daher dem Sportler in Grenzbereichen von Trai- ning und Wettkampf als Prophylaxe von Verletzungen genauso zugute, wie sie dem Arzt die Diagnose sport- arttypischer Schädigungsmuster er- leichtern.

Da die oft schwierig zu diagnostizie- renden Schädigungen der Weichtei- le am Schultergelenk überwiegen, ist gerade hier eine gewissenhafte und individuell ausgerichtete Thera- pie erforderlich. Diese darf die moto-

443

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m. teres minor m. infraspinatus

4

m. supraspinatus t coram-acromiate

it

acromion

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7 '-'---

/I N

(V2 Y

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capsula /articularis

c.t. m. tricipilis brachii corpus humeri

davicuta

Orth.. lerettbag

5504 Sportvertetmungen ( 1972 -1978 ) ( Orthop.Univ Heidelberg )

22,1 % Judo I. Ringen 14,4 % Rugby 9,z • Handball 8,e % Trimm-dich

Reiten 7,4 % Schwimmen

% Skilauf 291

Gesamt 1498

= 27,2%

Abbildung 0 (links): Speerwerfer in Bogenspannung (aus Rieder'Wolfermann)

0 (links unten): Anatomie des Schultergelenks. links von ventral - rechts von dorsal

® (unten): Analyse von 5504 Sportverletzungen. Obere Extremität insgesamt 1498 (27,2%), davon 291 (19,4%) Schulterverletzungen. Sportartspezifische Häufigkeit rischen Grundeigenschaften (Koor-

dination, Gelenkigkeit, Kraft und Schnelligkeit) beim Sportler weder durch zu kurze Immobilisierung ge- fährden noch durch zu lange Ruhig- stellung unnötig reduzieren.

Anatomie und Funktion

Das Schulterblatt bildet eine kleine, eiförmige, nach außen gerichtete Gelenkpfanne. Diese wird durch ei- ne schmale, faserknorpelige Pfan- nenlippe (Labrum glenoidale) gering vergrößert.

Die Sehnen des Caput longum von Bizeps- und Trizepsmuskel strahlen in das Labrum ein.

Der kugelförmige Oberarmkopf wird nur knapp zu einem Drittel von der Pfanne umfaßt.

Das Gelenk umhüllt eine weite, schlaffe und besonders ventral sehr dünne Kapsel. Diese hat einige Ver- stärkungsbänder, das Ligamentum coraco-humerale und die Ligamenta gleno-humeralia. Die Rotatorenman- schette - bestehend aus Sehnenpor- tionen der Musculi supraspinatus, infraspinatus, teres minor und sub- scapularis - bildet haubenartig das Dach über dem Oberarmkopf und damit eine aktive Stabilisierung.

Zwischen ihr und der knöchernen Überdachung durch Processus co- radoides und Acromion liegt als Pol- ster die große Bursa subacromialis.

Dank dieser minimalen Knochen- und Bandführung ist das Schulter- gelenk das freieste und beweglich- ste unseres Körpers und wird in sei- ner Funktion fast ausschließlich durch Muskulatur gesichert (Abbil- dung 2).

Analyse der Sportambulanz Bei der Analyse von 5504 zwischen 1972 und 1978 behandelten Patien- ten unserer Sportambulanz war die obere Extremität insgesamt 1498mal (27,2 Prozent) betroffen. 291 (19,4 Prozent) dieser Traumen entfallen auf die Schulterregion (Abbildung 3). Zwar kamen Schulterläsionen beim Fußball (91), Handball (35) und Skilauf (30) am häufigsten vor.

Setzt man jedoch die Schulterbefun- de für jede einzelne Sportart in Be- ziehung zu den anderen Verletzun- gen, so ergibt sich eine relativ hohe Verletzungsanfälligkeit des Schul- tergelenks für Judo, Ringen, Rugby, Handball und auffälligerweise auch Trimmsport. Bei der Aufschlüsse- lung nach Verletzungsarten werden Kontusionen (31 Prozent) von Frak- turen (26 Prozent), Distorsionen (18

444 Heft 8 vom 21. Februar 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Kontusion

— Distorsion Degeneration 1,7 Myo-Tendopathie

Luxation Fraktur

LATISSIMUS

TRIZEPS LATISSIMUS

TERES MINOR•

INFRASPINATUS 6. DELTOIDEUS DORS.

HINTERE KAPSEL LEVATOR

TRAPEZIUS RHOMBOIDE'

SERRATUS 1. BURSA

2. SUPRASPINATUS

3. SUBSCAPULARIS

4. BIZEPS

5. TRIZEPS

VORDERE KAPSEL

Abbildung ® (links oben): Dia- gnosen der 291 Schulterverlet- zungen (Orthopädie Heidelberg)

(Mitte oben): Extreme Griff- techniken beim Ringen - (7) (rechts oben): Schultergelenkslu- xation rechts beim Judosport - (links): Extremposition beim Ku- gelstoßen, Stauung des venösen Abflusses -

®

(rechts): Trigger- Points rechte Schulter. Oben von ventral - unten von dorsal - (links unten): Schultereckge- lenkssprengung. Belastungshäu- figkeit des Ligamentum acromio- claviculare (40 kp), Ligamentum coraco-claviculare (80 kp).

Schweregrade 1-111 nach Tossy. - 0 (rechts unten): Schmerzhafter Bogen - Ausweichbewegungen bei Abduktion durch Dorsalfüh- rung in Außenrotation

Schulterverletzungen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 8 vom 21. Februar 1980 445

(4)

Prozent) und Luxationen (17 Pro- zent) gefolgt (Abbildung 4). Mehr als Dreiviertel der Schulterverletzungen finden sich bei Sportlern jenseits des 20. Lebensjahres, was in Rela- tion zur Gesamtaltersstruktur unse- rer Sportambulanz eine erhebliche Rechtsverschiebung bedeutet. Frau- en sind bezüglich der Schulterver- letzungen mit 18 Prozent nur gering repräsentiert.

2.1. Kontusionen

Prellungen sind Folge eines Sturzes auf den Arm, vor allem beim Judo, Ringen, Skilauf und Reiten oder können durch ein direktes Trauma besonders beim Rugby, Eishockey und Football hervorgerufen werden.

Die Kontusion ist anfangs äußerst schmerzhaft, die starken Beschwer- den dauern jedoch nur kurze Zeit an.

Betroffen sind meist Kapuzenmus- kel, Deltamuskel oder Schulter- höheneckgelenk.

Therapie: Man behandelt sofort mit Eis oder kühlen Umschlägen. Re- sorptionsfördernde Salben sollen erst nach ein bis zwei Tagen, jeden- falls nach Stillstand einer eventuel- len Blutung eingesetzt werden.

2.2. Distorsionen

Zur akuten Zerrung kommt es beim Handball durch Gegnereinwirkung, im Kampfsport wie Ringen oder Ju- do durch bestimmte Griffe (Abbil- dung 5); beim Speerwerfen oder Tennis durch plötzlich forcierte Be- wegungsabläufe. Gelegentlich ent- stehen dabei auch Risse der Rotato- renmanschette, meist im Supraspi- natusbereich.

Therapie: Die Behandlung ent- spricht der einer Kontusion. Anfäng- liche kurze Ruhigstellung beschleu- nigt den Heilungsablauf. Bei einer Ruptur der Rotatoren mit plötzlich eintretender und anhaltender erheb- licher Beeinträchtigung der aktiven Abduktion ist vor allem beim jünge- ren Sportler durch Arthrographie die Indikation zur operativen Behand- lung abzuklären.

2.3. Schultereckgelenkssprengung Die Luxation im Akromioklavikular- gelenk ist beim Sportler sehr häufig.

Bei Boxern, Judokas, Fußballern, Reitern, Ringern und Rugbyspielern tritt sie bevorzugt auf. Das direkte Trauma 'durch Schlag oder Fall auf die Schulterrückseite ist die häufig- ste Ursache.

Nach Tossy (Abbildung 9) unter- scheiden wir drei Schweregrade.

Während Grad I nur eine Bänder- dehnung bedeutet, kommt es bei Grad II zum Riß des Ligamentum acromio-claviculare mit federnder Lockerung. Die schwerste Form (Grad III) ist die komplette Luxation durch zusätzlichen Riß des Liga- mentum coraco-claviculare. Klinisch zeigt sich nun ein Klavier- tastenphänomen (das laterale Schlüsselbeinende kann herabge- drückt werden und federt wieder nach oben). Die gleichzeitige Rönt- genaufnahme beider Schultergelen- ke anterior-posterior unter Bela- stung der hängenden Hände mit mindestens je fünf Kilogramm doku- mentiert den Befund.

Therapie: Grad I und II sind die Do- mäne der konservativen Therapie mit vier- bis sechswöchiger Ruhig- stellung im gezielt zügelnden Ver- band (Rucksackverband, Tape).

Bei kompletter Bandzerreißung ist eine möglichst frühzeitige operative Rekonstruktion mit primärer Band- naht und Draht- oder Schraubenfi- xierung anzustreben, da alle sekun- dären Bandplastiken eine wesent- lich ungünstigere Prognose haben.

2.4. Luxationen

49 (16,8 Prozent) sportbedingte Lu- xationen wurden beobachtet. Durch Sturz auf den ausgestreckten, abdu- zierten oder außenrotierten Arm kann es beim Skilaufen, Fußballspie- len oder Judo ebenso zu einer trau- matischen Verrenkung kommen wie durch übermäßige Hyperextension mit Rotation beim Schwimmen, Rin- gen oder beim Führen eines Pfer- des. Häufig sind junge, kräftige

Sportler betroffen. Schmerzen, Fehl- stellung und federnde Fixation füh- ren zur eindeutigen Diagnose, die röntgenologisch dokumentiert wird (Abbildung 6).

Therapie: Nach möglichst rascher Reposition mittels der bekannten Verfahren von Hippokrates oder Arlt sollte bei einer ersten traumatischen Luxation drei bis vier Wochen ruhig- gestellt werden. Nur so kann man eine übungsstabile Heilung der Kap- selwunde erreichen und die Ent- wicklung über Rezidive zur habituel- len Luxation vermeiden.

Die habituelle Schulterluxation, die sich zunächst noch bei unplanmäßi- gen Bewegungsabläufen (Bagatell- verletzung), später dann aber auch bei physiologischen Bewegungen einstellt, bedeutet eine erhebliche Behinderung in fast allen Sportdiszi- plinen.

Therapie: Die gewohnheitsmäßige Verrenkung sollte, wenn gezieltes Ausbildungstraining und Kranken- gymnastik keine bessere Führung schaffen, operativ behandelt wer- den. Unter der Vielzahl der Verfah- ren hat sich die Operation nach Eden-Hybinette in der Modifikation nach M. Lange (extraartikulär am vorderen unteren Pfannenrand ein- gebolzter Knochenspan und Raf- fung des Musculus subscapularis) mit anschließender dreiwöchiger Ruhigstellung im Thorax-Arm-Gips bewährt. Weitere Verfahren sind die Operation nach Putti-Platt, ein rei- ner Weichteileingriff sowie die Humerus-Rotationsosteotomie nach Weber. Durch gezielte krankengym- nastische Nachbehandlung wird nach spätestens sechs Monaten wie- der volle Sporttauglichkeit erreicht.

2.5. Frakturen

Therapie: Frakturen im Schulterbe- reich —subcapital, clavicular, scapu- lar — werden nach den allgemeinen traumatologischen Richtlinien be- handelt, wobei für den Bereich des Sports einer frühfunktionellen Be- handlung besondere Bedeutung zu- kommt.

446 Heft 8 vom 21. Februar 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Schulterverletzungen

2.6. Phlebothrombose der

Vena axillaris oder Vena subclavia Diese auch als thrombose par effort oder Paget-v.-Sc h roetter-Synd rom beschriebene akute Stauung der Subclavia- oder Axillarisvene tritt gelegentlich nach plötzlicher, kräfti- ger Hyperextension des Schulterge- lenks auf. Beim Kugelstoßen (Abbil- dung 7), aber auch beim Tennis, Ke- geln oder Delphinschwimmen wur- de sie beobachtet.

Durch eine unvermittelte starke Muskelanspannung kann der bereits sehr enge Durchtritt der Vene im ko- stoklavikulären Raum weiter einge- engt werden, eine Venenwandschä- digung mit Ausbildung einer Phle- bothrombose entstehen.

Eine akute Anschwellung des Arms mit livider Hautverfärbung und Kraft- losigkeit ist die Folge. Die Diagnose wird im Phlebogramm gesichert.

Therapie: Je nach Ausmaß des Be- fundes kommen konservative oder operative Maßnahmen — eventuell mit transaxillärer Resektion der er- sten Rippe — in Betracht.

Q

Sportschäden

Stereotype, extreme Bewegungsab- läufe in einigen Sportdisziplinen können zur Mikrotraumatisierung der Weichteilstrukturen des Schul- tereckgelenks führen.

Große Druck- oder Zugkräfte auf kleinem Areal, punktförmige intensi- ve Gelenkberührungen führen dabei zu ganz typischen Schmerzlokalisa- tionen. Solche Trigger-Points nach P. G. Schneider (Abbildung 8) sind:

Bursa subacromialis und Liga- mentum coraco-acromiale im Schul- ternebengelenk

Q2 Musculus supraspinatus-Inser- tion am Tuberculum majus

® Musculus subscapularis-lnsertion am Tuberculum minus

® Lange Bizepssehne in ihrer Rinne

®

Lange Trizepssehnen-Insertion am unteren Pfannenrand

0

Hinterer Pfannenrand, hintere Kapsel und Musculus deltoideus.

Die verschiedenen Areale des Schul- tergelenks werden in den einzelnen Sportdisziplinen unterschiedlich be- ansprucht.

Supraspinatussehnensyndromewer- den vorwiegend bei Handballspie- lern, Tennis- und Golfspielern sowie bei Turnern und im Volleyball ge- funden.

Die Abgrenzung einer reinen Inser- tions-Tendopathie des Musculus su- praspinatus von Rissen der Rotato- renmanschette ist dabei wichtig.

Die ventralen Anteile der Rotatoren können beim Abblocken eines Wur- fes im Hand- und Wasserball ge- schädigt werden. Turner und Ge- wichtheber haben hier häufig Be- schwerden bei einem zu breiten Griff.

Reizzustände oder Rupturen der Bi- zepssehne finden sich besonders bei Sportarten mit gleichzeitiger Be- lastung von Schulter- und Ellbogen- gelenk, wie Turnen, Tennis und Golfspielen sowie beim Bowling.

Therapie: Bei Reizzuständen sollte zunächst eine Elektrotherapie mit Diadynamik sowie Infiltration mit ei- nem Lokalanästhetikum versucht werden, während operative Maßnah- men erst sekundär und nur beim jungen Leistungssportler in Be- tracht kommen. Proximale Rupturen der Bizepssehne sollten bei Jünge- ren operiert werden, während bei Äl- teren das Vorgehen von der funktio- nellen Beanspruchung abhängig zu machen ist.

Bei Wurfdisziplinen werden in der Ausholphase besonders die dorsa- len Anteile des Musculus deltoideus, der Rotatorenmanschette und der skapularen Muskeln beansprucht.

Gleichzeitig kommt es nach Bate- man in dieser Phase zu einer unzu- reichenden Synoviaschmierung, da

sich die Flüssigkeit nicht im belaste- ten Bezirk, sondern in den kaudalen Gelenkanteilen befindet. In der Pha- se des Abwurfs treten dann die ven- tralen Anteile des Deltamuskels, der Rotatoren und des großen Brust- muskels sowie die langen Köpfe der Trizeps- und Bizepssehnenmuskula- tur in Aktion.

Bei forcierter Adduktion (Auswring- phänomen nach Kennedy) kann auch beim Schwimmen im Schmet- terlings- oder Kraulstil durch Druck des Humeruskopfes die Durchblu- tung am Ansatz des Musculus supra- spinatus und Musculus biceps be- einträchtigt werden. Hierdurch wird die Ausbildung degenerativer Verän- derungen begünstigt.

Schädigungen des Nervus thoraci- cus longus mit Paresen des Muscu- lus serratus anterior werden bei aus- giebigen Bewegungen im Schulter- gürtel beobachtet (Basketball, Kunstspringen) oder können Folge eines Dauerdrucks (Klimmzugläh- mung bei Turnern) sein.

Sowohl beim Sportler als auch beim Alltagspatienten kann man nach Art und Ausmaß der Bewegungsein- schränkung und der beteiligten Strukturen am Schultergelenk die folgenden klinischen Bilder unter- scheiden:

3.1. Schultersteife mit passiver und aktiver Bewegungseinschränkung vom Kapselmuster

Die frozen shoulder entsteht durch Schrumpfung der Gelenkkapsel bei älteren Sportlern meist nach einem Trauma.

Im Vordergrund steht die Einschrän- kung der Außenrotation, weniger der Innenrotation und Abduktion.

Therapie: Therapeutisch empfehlen sich manuelle Mobilisation, funktio- nelle Krankengymnastik und eine bis zwei intraartikuläre Kortikoidin- jektionen. In schweren Fällen hat das Brisement forcä in Narkose in der Hand des Erfahrenen auch heute noch seine Berechtigung.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 8 vom 21. Februar 1980 447

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3.2. Periarthritis humero-scapularis

Dieser von Duplay 1872 geschaffene Oberbegriff beinhaltet heute eine Reihe unterschiedlicher Symptome verschiedener Genese. Er sollte da- her zugunsten einer differenzierte- ren Diagnose verlassen werden.

3.2.1. Passive Bewegungsein- schränkung ohne Kapselmuster Extreme einseitige sportliche Bean- spruchung kann bereits zur Ein- schränkung der passiven Armseithe- bung führen. Es kann sich hier um eine Bursitis subdeltoidea handeln, für die in den Arm ausstrahlende Schmerzen in der akuten Phase kennzeichnend sind.

Bei der chronischen Form kommt es zur Ausbildung eines schmerzhaften

Bogens bei frei beweglichem Ge- lenk. Isometrische Muskelanspan- nungen bereiten dabei meist keine Beschwerden

Therapie: Lokale Steroidinfiltratio- nen sind sowohl von diagnosti- schem als auch von therapeuti- schem Wert.

3.2.2. Supraspinatussyndrom Diese wohl häufigste Form der Pe- riarthritis humero-scapularis wird durch die besondere anatomische Struktur des Schultergelenks be- dingt.

Die gemeinsame Sehnenansatzplat- te der Rotatoren am Tuberculum majus, die Einengung der Supraspi- natussehne durch Acromion und Li- gamentum coraco-acromiale einer- seits und Humeruskopf andererseits sind die Gründe.

Dieser räumliche Engpaß wird bei der Abduktion, wenn das Tubercu- lum majus unter das Acromion ge- langt, noch verstärkt, zumal die Bur- sa subacromialis mit der Sehnen- platte verwachsen ist. Ein isolierter Druckschmerz am Ansatz der Supra- spinatussehne, ein painful arc, wo-

bei die reine Abduktion zwischen 60 und 110 Grad als schmerzhaft emp- funden und durch Außenrotation umgangen wird. sind charakteri- stisch (Abbildung 10).

Sportliche Betätigungen können diese Beschwerden akut auslösen.

Bei ungünstiger Lagerung des Arms kann es nachts zur Schmerzverstär- kung kommen. Im Röntgenbild fin- den sich gelegentlich Kalkeinlage- rungen im Bereich der Supraspina- tussehne oder Rotatorenmanschette sowie Umbauprozesse am Tubercu- lum majus humeri.

Therapie: Im akuten Stadium ist eine Eisbehandlung und primäre Ruhig- stellung in Abduktion günstig. Loka- le Infiltrationen des Paratendineums und der Bursa subacromialis mit ei- nem Kortikosteroid und Lokalanäs- thetikum schaffen oft überraschend schnell Linderung. Massage ist kontraindiziert.

Bewegungsübungen sollten unter krankengymnastischer Aufsicht erst nach einigen Tagen eingeleitet wer- den, von einer sportlichen Betäti- gung ist in dieser Phase völlig Ab- stand zu nehmen.

Beim chronischen Prozeß kommen Antiphlogistika und Wärme in jegli- cher Form in Betracht. Elektrothera- pie mit lontophorese, Diadynamik oder Ultraschall sind günstig.

Jetzt sind auch Chirotherapie, Lok- kerungsmassagen oder eine kom- plexe krankengymnastische Be- handlung (deep friction, PNF oder Schlingentisch) indiziert.

In schweren Fällen kann auch eine Mobilisation in Narkose erforderlich werden. Bei therapieresistenten For- men wird eine Röntgenbestrahlung in etwa zehn Sitzungen mit einer Ge- samtdosis von 400 bis 600 r emp- fohlen.

Eine operative Entfernung der Ver- kalkungen ist nur in seltenen Fällen sinnvoll. Häufig verschwinden die Kalkablagerungen, ohne daß ein Be- zug zur Behandlung erkennbar wäre.

3.2.3. Pseudolähmung der Schulter Die Ruptur der Rotatorenmanschet- te führt bei voll erhaltener passiver Beweglichkeit zu einer erheblichen Schwächung der aktiven Abduktion oder Rotation.

Therapie: Vor allem beim Sportler ist bei gesicherter Diagnose an die ope- rative Behandlung zu denken. Hier- von sind echte Lähmungen, zum Beispiel des Nervus axillaris oder der Nervi subscapulares, abzu- grenzen.

Die Chancen einer Spontanheilung der Paresen sind gut, und ein gele- gentlich verbleibender Ausfall der Einwärtsdrehfähigkeit kann meist gut durch andere Muskeln kompen- siert werden.

Literatur

Bateman, J. E.: The shoulder and neck, Saun- ders Comp. Philadelphia 1972 — Becker, W., Krahl, G.: Die Tendopathien, Thieme Verlag.

Stuttgart 1978 — Blauth. W., Helbig. B.: Klinik und Diagnostik der sog. Periarthritis humero- scapularis, Orthop. Praxis XII (1976) 869 — Cot- ta, H.: Orthopädie, Thieme Verlag, Stuttgart 1978 — Dunant, J. H.: Die primäre akute Throm- bose der V. subclavia, Vasa 3 (1974) 461 — Franke, K.: Traumatologie des Sports, VEB Verlag, Berlin 1977 — Gschwend, N., Zippel, J.:

Die Therapie der Rotatorenmanschettenruptur an der Schulter, Arch. orthop. Unfall-Chir. 83 (1975) 129 — Jäger, M., Wirth, C. J.: Kapsel- bandläsionen, Thieme-Verlag, Stuttgart 1978 — Kennedy, J. C., Hawkins, R. J.: Swimmers • shoulder, Sportmedicine 2 (1974) 35 — Lewit, K.: Manuelle Medizin, Urban Schwarzenberg, München/VVieniBaltimore 1977 — Rössler, H.:

Die Pathologie der Rotatorensehnenplatte, Or- thop. Praxis XI (1975) 291

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Klaus Steinbrück Professor Dr. med.

Gerhard Rompe Orthopädische Klinik und Poliklinik

der Universität Heidelberg Schlierbacher Landstraße 200a 6900 Heidelberg-Schlierbach

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