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Archiv "Akute trauma-assoziierte Gerinnungsstörung beim Schwerverletzten" (09.12.2011)

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(1)

ÜBERSICHTSARBEIT

Akute trauma-assoziierte

Gerinnungsstörung beim Schwerverletzten

Inzidenz, Risikostratifizierung und aktuelle Therapieansätze Marc Maegele, Thomas Paffrath, Bertil Bouillon

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Klinische Beobachtungen und aktuelle Forschungsergebnisse unterstreichen die Schlüsselrolle der akuten trauma-assoziierten Gerinnungs- störung bei der Schwerverletztenversorgung. In dieser Synopse werden Inzidenz, Ursachen/Trigger sowie Möglichkeiten der frühen Risikostratifizierung und daraus resultierende Empfehlungen für eine differenzierte Gerinnungs - therapie diskutiert.

Methode: Selektive Literaturanalyse, ergänzt durch eigene retrospektive Unter- suchungen anhand von Datensätzen aus dem TraumaRegister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (TR-DGU) zu Inzidenz, Triggern und Outcome von Patienten mit akuter trauma-assoziierter Gerinnungsstörung. Zu einer Übersicht von aktuellen Therapiempfehlungen werden Analysen zum Transfusi- onsverhältnis zwischen Erythrozytenkonzentraten (EKs) und gefrorenen Frisch- plasmakonzentraten (FFPs) sowie zur Faktoren-basierten Gerinnungstherapie in der Akutphase nach Trauma vorgestellt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Jeder vierte Schwerverletzte zeigt zum Zeitpunkt der Schockraumaufnahme eine akute trauma-assoziierte Gerinnungs - störung, die mit einer signifikant erhöhten Morbidität und Letalität einher geht.

Hauptinitiatoren dieser Störung sind Gewebeschädigung, Hypoperfusion, Hämo dilution, Hypothermie, Azidose und Inflammation. Rasch verfügbare Scoring systeme (McLaughlin-Score, TASH, ABC) können neben gängigen Laborparametern und Bildgebung (FAST und CT) zur frühen Identifizierung von Risikopatienten beitragen. Eckpfeiler der Akuttherapie sind Blutungskontrolle und die leitliniengerechte Unterstützung der Gerinnungsfunktion. Hochrisikopa- tienten können von einem ausgewogenen Transfusionsverhältnis von EKs/FFPs im Sinne eines Überlebensvorteils profitieren. Innovative Strategien wie beispielsweise „point-of-care“-gesteuerte und Faktorenkonzentrat-basierte Therapien werden derzeit geprüft.

►Zitierweise

Maegele M, Paffrath T, Bouillon B: Acute traumatic coagulopathy in severe injury—incidence, risk stratification, and treatment options. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(49): 827–35. DOI: 10.3238/arztebl.2011.0827

W

eltweit werden zehn Prozent aller Todesfälle durch Traumen verursacht (1). Allein in Europa sterben jährlich fast eine Million Menschen an den Folgen eines Traumas (1). Die häufigste To- desursache in der Akutphase nach Trauma ist, neben dem Schädel-Hirn-Trauma, die nicht-kontrollierte Blutung, 30 bis 40 % aller Patienten, die in der Akut- phase nach Trauma versterben, verbluten (2).

Klinische Beobachtungen und aktuelle For- schungsergebnisse unterstreichen die Schlüsselrolle der akuten trauma-assoziierten Gerinnungsstörung im Rahmen der Schwerverletztenversorgung. In - zwischen wird diese Störung als eigenständige Entität und als Problem „der ersten Stunde“ ver - standen (3). Ihre Genese ist multifaktoriell. Der - zeitig werden sechs Initiatoren diskutiert: Gewebe- schädigung/-trauma, Hypoperfusion, Hämodilution, Hypothermie, Azidose und Inflammation (3, 4) (Grafik 1). Vor allem die Kombination aus Hypoten- sion, Azidose und Hypothermie resultiert in einem Circulus vitiosus, der zu einer Exazerbation der Ge- rinnungsstörung führt (5). Durch Früherkennung und aggressives Management kann die Letalität gesenkt werden (6, 7). Die Grundlage hierfür sind eine frühe Risikoeinschätzung und einheitliche Therapieproto- kolle.

Methode

Die vorliegende Übersicht basiert auf einer selekti- ven Durchsicht der aktuellen Literatur, ergänzt durch eigene retrospektive Untersuchungen anhand von Datensätzen schwerverletzter Patienten aus dem TraumaRegister der Deutschen Gesellschaft für Un- fallchirurgie (TR-DGU).

Zur selektiven Literaturdurchsicht dienten Re- cherchen in den Datenbanken Medline (PubMed) und Cochrane mit verschiedenen Kombinationen der einschlägigen Stichwörter (unter anderem

„bleed ing/hemorrhage“, „coagulopathy“, „manage- ment“, „mortality“, „outcome“, „transfusion“, „trauma“). Auf Grund der Aktualität des Themas wurden ausschließlich Veröffentlichungen der letz- ten zehn Jahre berücksichtigt. Zusätzlich wurden die aktuellen und jüngst überarbeitet publizierten euro- päischen Leitlinien einbezogen.

Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sporttraumatologie, Kliniken der Stadt Köln gGmbH;

Krankenhaus Köln-Merheim, Universitätsklinikum Witten/Herdecke mit Sitz in Köln: Prof. Dr. med. Maegele, Dr. med. Paffrath, Prof. Dr. med. Bouillon

Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit: Prof. Dr. med. Maegele

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Klinische Häufigkeit

Im Mittel weist jeder vierte Schwerverletzte bereits zum Zeitpunkt der Schockraumaufnahme eine akute trauma-assoziierte Störung der Gerinnungsfunktion auf (8–10, 12) (Grafik 2). Definitionsabhängig wer- den Häufigkeiten bis zu 60 % beschrieben (11). In einer eigenen retrospektiven Untersuchung anhand von 8 724 TR-DGU-Datensätzen lag die Häufigkeit bei 34,2 % (12). Definiert wurde die Gerinnungsstö- rung hier über klinische Zeichen der aktiven Blutung (sichtbare Blutung, Puls ↑ oder/und Blutdruck ↓;

siehe „ACS-ATLS classification of blood loss based on initial patient presentation“ [13]) sowie Quickwert

< 70 % und/oder Thrombozytenzahl < 100 000/µL.

Die Störung der Gerinnung beginnt bereits mit Eintritt der Verletzung (11) und nimmt mit steigender Verlet- zungsschwere zu (8, 12). In der Analyse der Autoren hatten 84 % der Patienten mit Gerinnungsstörung zum Zeitpunkt der Aufnahme einen ISS (Injury Se- verity Score) ≥ 16 (12). Der ISS ist ein Bewertungs- system zur Abschätzung der Gesamtschwere der er- littenen Verletzungen auf Grundlage der Überlebens- wahrscheinlichkeiten der Einzelverletzungen.

Steigende Inzidenz mit erhöhter prähospitaler Volumengabe Laut TR-DGU Daten sind Ausmaß und Häufigkeit der akuten trauma-assoziierten Gerinnungsstörung mit steigender Volumenzufuhr während der prähos- pitalen Versorgungsphase vergesellschaftet. Bei ei-

ner Flüssigkeitsgabe von zwei Litern wurde bei über 40 % der Schwerverletzten eine Gerinnungsstörung beobachtet, bei einer Applikation von drei Litern bei über 50 %, bei vier Litern bei über 70 % (12).

Wafaisade et al. (4) identifizierten jüngst prähospita- le Flüssigkeitsgaben ≥ 3 000 mL und ein Kolloid- Kristalloid-Verhältniss ≥ 1 : 2 im Rahmen der frühen Volumenzufuhr als unabhängige Risikofaktoren für die frühe Gerinnungsstörung nach Trauma.

Gerinnungsstörung in Kombination mit Schock

Der Hypotension und der daraus resultierenden Ge- webehypoperfusion werden inzwischen eine zentrale Rolle bei der Entstehung der akuten trauma-assozi- ierten Gerinnungsstörung zugeschrieben (3, 14). Die Basenabweichung („base excess“; BE) und das Ser- umlaktat werden als Parameter für eine Hypoperfusi- on im Rahmen eines Schockgeschehens und für das Ausmaß einer Blutung bei Schwerverletzten heran- gezogen (Evidenzgrad 1B [13]). So hatten in einer Untersuchung 2 % der Schwerverletzten bei einem BE > −6 mmol/L eine Gerinnungsstörung, bei einem BE < −6 mEq/L insgesamt 20 % (14). Niles et al. (15) berichteten über einen Anstieg der Gerinnungsstö- rung bei zunehmender Verletzungsschwere nur bei deutlich erniedrigter Basenabweichung. Anhand der TR-DGU-Datensätze konnte mit einer Abnahme der Basenabweichung eine prozentuale Zunahme der GRAFIK 1

Mögliche Mechanismen der akuten trauma-assoziierten Gerinnungsstörung.

Neben der Verdünnungskoagulopathie induziert die Blutung Schock, gefolgt von Azidose und Hypothermie, die in ihrer Kombination als sogenannte „Letale Triade“ die Gerinnungsstörung weiter verstärken. Der traumatische Schock induziert ferner Hypoperfusion und Hypoxie und triggert die Gerinnungsstörung weiter via Verbrauch und Hyperfibrinolyse. Die Rolle der In- flammation bei der Entwicklung der akuten traumatischen Gerinnungsstörung ist noch nicht vollständig geklärt (modifiziert nach [3]). In den zusammengefassten Daten aus dem TR-DGU war die akute trauma-assoziierte Gerinnungsstörung mit dem Ausmaß der Verletzungs- schwere (ISS), der prä-hospital verabreichten Volumentherapie, der Körpertemperatur

≤ 35 °C und dem Schockzustand unabhängig vergesellschaftet (4).

GRAFIK 2

Inzidenzraten für die akute trauma-assoziierte Gerinnungsstö- rung in mehreren Großstudien (8–10, 12). Im Mittel weist jeder vierte Schwerverletzte bereits zum Zeitpunkt der Schockraumauf- nahme eine akute trauma-assoziierte Störung der Gerinnungsfunkti- on auf.

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akuten Gerinnungsstörung bestätigt werden. Bei er- höhten Laktatwerten (> 2,2 mmol/L) wiesen 41 % der Patienten eine Gerinnungsstörung auf versus 25 % mit normwertigen Laktatwerten.

Letalität und Morbidität

MacLeod et al. (9) beschrieben die akute Gerin- nungsstörung als einen unabhängigen Risikofaktor für die Sterblichkeit nach schwerem Trauma. Die Ar- beitsgruppe der Autoren hat bereits frühzeitig auf die prognostische Wertigkeit des Quickwerts für das Überleben nach Trauma hingewiesen. Insbesondere in der Frühphase (< 48 h) versterben, neben den Fol- gen eines Schädel-Hirn-Traumas, die meisten Patien- ten an einer nicht-beherrschbaren Blutungssituation (2). Die Grafik 3 fasst die Sterblichkeitsraten von Traumapatienten mit und ohne Gerinnungsstörung bei Schockraumaufnahme aus vier Beobachtungsstu- dien zusammen. Im Gegensatz zu Patienten ohne Ge- rinnungsstörung erhöht sich das relative Risiko (RR), zu versterben bei Schwerverletzten mit akuter Gerin- nungsstörung um den Faktor 4,6, das absolute Risiko dieser Patienten, zu versterben liegt bei 37,7 %.

Überlebende Patienten mit früher Gerinnungsstörung entwickelten im weiteren Verlauf fast dreimal häufi- ger ein Multiorganversagen als Patienten ohne Gerin- nungsstörung (30 % versus 12 % ) (12).

Früherkennung

Die Grundvoraussetzung für ein adäquates Gerin- nungsmanagement in der Akutphase nach Trauma ist die frühe Erkennung einer Blutungs- und Gerin- nungsproblematik (13). Dazu werden derzeit die gängigen Laborparameter (Quick/PT/INR, aPTT, Fi- brinogen und Thrombozyten) herangezogen, ergänzt durch die Thrombelastometrie zur Charakterisierung der Gerinnungsstörung und zur Therapiesteuerung (Evidenzgrad 2C) (13). Nachteilig ist jedoch, dass die gängigen Globalparameter der Gerinnung häufig nicht vor 30 bis 40 Minuten nach Schockraumauf- nahme verfügbar sind und zum Teil schwer zu inter- pretieren sind. Das Blutungsausmaß wird über die Zusammenschau von Verletzungsmechanismus, ak- tueller Physiologie, anatomischer Verletzung und dem Ansprechen auf initiale Volumengaben einge- schätzt (1C) (13). Bei Torsoverletzung erfolgt der Nachweis von freier intraabdominaler Flüssigkeit zügig über bildgebende Verfahren (FAST und/oder CT) in Abhängigkeit der hämodynamischen Stabili- tät (1B) (13).

Prädiktive Scoringsysteme zur Früherkennung und Risikostratifizierung

Eine wertvolle Unterstützung zur frühen Identifizie- rung von Risikopatienten mit trauma-assoziierter Blutungs- und Gerinnungsproblematik bieten prä- diktive Scoringsysteme (16–18). Diese Modelle wur- den anhand militärischer (16) oder ziviler Datensätze (17, 18) entwickelt. Auf Grundlage von > 6 000 Da- tensätzen aus dem TR-DGU wurde von der Arbeits-

gruppe der Autoren der Trauma Associated Severe Haemorrhage-(TASH)-Score vorgestellt (17). Hier wird die Wahrscheinlichkeit für eine Massentransfu- sion als Surrogat für eine anhaltende Blutungspro- blematik genutzt (Grafik 4). Die einzuschließenden Variablen beziehen sich auf Verletzungsmuster und Physiologie und wurden mit Hilfe uni- und multiva- riater Regressionsanalysen aus dem TR-DGU extra- hiert. Die frühe und individuelle Risikostratifizie- rung anhand ansteigender Scorewerte kann dazu bei- tragen, frühzeitig die akute Gerinnungsstörung in den Mittelpunkt der Therapie zu setzen, ein aggressi- ves Gerinnungsmanagement nach den unten genann- ten Empfehlungen zu initiieren, rechtzeitig Blut- bankressourcen zu aktivieren und, sofern die Be- handlung im eigenen Hause nicht möglich ist, den Transfer in ein Traumazentrum zu bahnen.

Nunez et al. (18) haben jüngst die drei bekanntes- ten Prädiktionsmodelle (McLaughlin-Score [16], TASH [17] und ABC-Score [18]) anhand ihres loka- len Traumadatensatzes verglichen und allen Dreien eine vergleichbar gute Voraussagekraft hinsichtlich einer Massentransfusion bescheinigt (McLaughlin:

Fläche unter der ROC-Kurve [AUROC] als Maß für die Testqualität = 0,846; TASH: AUROC = 0,842;

ABC: AUROC = 0,842). Durch diese Untersuchung wurde der TASH-Score, der bislang ausschließlich intern validiert war (AUROC = 0,905), auch extern validiert. Einschränkend gilt, dass der TASH-Score

GRAFIK 3

Das relative Risiko (RR) zu versterben erhöht sich bei Vorlie- gen einer akuten trauma-assoziierten Störung der Gerinnungs- funktion zum Zeitpunkt der Schockraum aufnahme um den Faktor 4,6 (8–10, 12).

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an Patienten mit stumpfem Trauma (> 90 %) entwi- ckelt wurde und lediglich ein Surrogat für eine an- haltende Blutung ist und kein direkter Nachweis. Da- rüber hinaus ist der TASH-Score retrospektiv entwi- ckelt worden, so dass unklar ist, ob die vermerkten Transfusionen eine proaktive oder eine reaktive In- tervention waren.

Aktuelle Empfehlungen

In der jüngeren Vergangenheit wurden verschiedene Empfehlungen zur Kontrolle der akuten trauma-as- soziierten Blutung publiziert. Die europäischen Kon- sensusempfehlungen wurden gerade überarbeitet (13). Chirurgisch-operative Maßnahmen zur akuten Blutungskontrolle schließen ein:

Beckenringstabilisierung/-verschluss (in der Akutphase u.a. auch mit Tuchzwingen/„pelvic binder“ oder Beckenzwingen zur temporären Versorgung) (1B),

intraabdominelle chirurgische Blutstillung mit Abdomenpacking und Gefäßembolisation (1B/C),

„damage control“-Verfahren (u. a. zur frühzeiti- gen Reposition und Frakturstabilisierung von langen Röhrenknochen sowie Kontrolle innerer Organverletzungen/-blutungen) (1C) und

lokale Hämostase kombiniert mit anderen chi- rurgischen Verfahren oder Packing bei venösen oder moderaten arteriellen Blutungen mit Pa- renchymverletzung (1B).

Dabei sollte das Zeitfenster zwischen Unfaller - eignis/Verletzung und notwendiger Operation kurz gehalten werden (1A). Patienten mit signifikantem intraabdominellem Flüssigkeitsnachweis und hämo- dynamischer Instabilität sollten sofort der Notfallin- tervention zugeführt werden (1A). Zur Kontrolle of- fener und stark blutender Extremitätenverletzungen können bis zur operativen Versorgung Tourniquets benutzt werden (1C). Die aktuellen Empfehlungen zur akuten Unterstützung der Gerinnungsfunktion sind in Grafik 5 zusammengefasst. Die Maßnahmen zur Gerinnungsstützung sollten so frühzeitig wie möglich eingeleitet und überwacht werden (1C).

Ergebnisse von CONTROL und CRASH-2 Im Jahre 2010 wurden die Ergebnisse der beiden bis- lang größten randomisierten Therapiestudien zur trauma-assoziierten Blutung publiziert. Während die CONTROL-Studie zum Einsatz von rekombinantem Faktor VIIa (rFVIIa) als Ergänzung zur Standardthe- rapie bei refraktären Traumapatienten mit aktiver Blutung ohne Überlebensvorteil für den Verumarm nach einer Zwischenanalyse abgebrochen wurde (19), konnte die CRASH-2-Studie („Clinical Randomisati- on of an Antifibrinolytic in Significant Haemorrhage 2“) einen Vorteil zugunsten des frühzeitigen Einsat- zes des Antifibrinolytikums Tranexamsäure aufzei- gen (20). Insgesamt wurden 20 211 Patienten an 274 Krankenhäusern in 40 Ländern (ohne deutsche Betei- GRAFIK 4

TASH-Score:

Trauma Associated Severe Haemor - rhage-Score (nach [17]). Alle

zur Kalkulation benötigten Werte können innerhalb von 15 Minuten nach Schockraum- aufnahme erhoben werden.

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GRAFIK 5

Aktuelle Empfehlungen nach (13) zur Unterstützung der Gerinnungsfunktion in der Frühphase nach Trauma.

Zusätzliche Maßnahmen schließen ein: Normothermie (Evidenzgrad 1C), Überwachung des ionisierten Ca2+-Spiegels bei Massentrans- fusion (1C) und ggf. Substitution bei erniedrigten Werten und/oder EKG-Veränderungen (2C).

*1 Zielblutdruck 80–100 mmHg bis zum Sistieren der Blutung in der Initialphase nach Trauma ohne Schädel-Hirn-Verletzung (1C)/Kristalloide zur Initialtherapie beim blutenden Patienten (1B)/hypertone Lösungen können ebenfalls in der Initialtherapie erwo- gen werden (2B);

*2 Gabe innerhalb der empfohlenen Limitierung für jede Einzelsubstanz bei hämodynamischer Instabilität (2C);

*3 Gabe von Erythrozytenkonzentraten mit Ziel-Hb 7–9 g/dL (1C);

*4 frühzeitige Gabe von gefrorenen Frischplasmakonzentraten bei Patienten mit massiver Blutung in der initialen Dosierung von 10–15 mL/kg, dann nach Bedarf (1C);

*5 Gabe von Fibrinogen bei schwerer Blutung und gleichzeitigen Zeichen eines funktionellen Fibrinogendefizits in der Thrombelastome- trie (ROTEM) oder Fibrinogenspiegeln ≤ 1,5 g/L, initiale Fibrinogendosis 3–4 g, danach Monitoring via Thrombelastometrie und Fi- brinogenspiegel (2C);

*6 Gabe von Thrombozytenkonzentraten zur Aufrechterhaltung von Thrombozytenspiegeln > 50 × 109/L (1C) und > 100 x 109/L bei schwer blutender Mehrfachverletzung und SHT (2C), initiale Gabe von 4–8 Thrombozytenkonzentraten oder 1 Apharesepack (2C);

*7 Gabe von Antifibrinolytika kann bei blutenden Traumapatienten erwogen werden (2C; siehe auch CRASH-2-Studie [20]), Monitoring der Fibrinolyse via Thrombelastometrie bei allen Patienten empfohlen, bei Hyperfibrinolyse Gabe von Antifibrinolytika (1B), initial Tra- nexamsäure 10–15 mg/kg gefolgt von Infusion 1–5 mg/kg/h oder e-Aminocapronsäure 100–150 mg/kg gefolgt von 15 mg/kg/h bis Blutung kontrolliert (2C);

*8 rFVIIa kann bei persistierender Blutung trotz aller Versuche der Blutungskontrolle und optimalem Einsatz von Blut-/Gerinnungs - komponenten erwogen werden (2C), vor Gabe von rFVIIa: Thrombozyten > 50 × 109, Fibrinogen > 1 g/L, Hämatokrit > 24 und pH > 7,2.

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ligung) mit schwerem Blutverlust (RRsytol < 90 mmHg oder Frequenz > 110/min oder beides) oder Risiko für eine schwere Blutung randomisiert und er- hielten eine frühe Infusion (innerhalb 8 Stunden nach Trauma) mit Tranexamsäure (Bolus 1 g über 10 Mi- nuten, danach eine Infusion von 1 g über 8 Stunden) oder Placebo. Im Ergebnis reduzierte Tranexamsäure die Gesamtsterblichkeit signifikant; im Placebover- gleich konnte das relative Risiko, zu sterben um 10 % reduziert werden. Das relative Risiko, zu verbluten wurde um 15 % verringert. Beide Gruppen wurden vergleichbar häufig transfundiert und operiert. Uner- wünschte/schwere Nebenwirkungen wurden nicht be- obachtet, die Frequenz nicht-tödlicher Gefäßver- schlüsse war in beiden Gruppen vergleichbar. Ob- gleich CRASH-2 für viele Kritiker methodologische Schwächen aufweist, konnte hier in einem breiten Ansatz für ein nachweislich risikoarmes und vor al- lem preiswertes Medikament ein therapeutischer Vor- teil beschrieben werden.

Gabe von Blutprodukten

Erfahrungen der US-Streitkräfte zufolge ist ein mehr ausgewogenes Transfusionsverhältnis zwischen Ery- throzytenkonzentraten (EKs) und der frühen Gabe von gefrorenen Frischplasmakonzentraten (FFPs) mit einer Letalitätsreduktion bei Schwerverletzten mit Massentransfusion assoziiert (6). Während eini- ge Untersuchungen inzwischen einen Überlebens- vorteil für die direkte Transfusion von FFP:EK im Verhältnis 1:1 aufzeigen, deuten andere Studien auf ein kritisches Verhältnis zwischen 1:2 und 1:3 hin (21). Die Ergebnisse einer großen Multicenterstudie

haben nochmals die Relevanz der frühen Gabe von FFP und Thrombozytenkonzentraten in hohen Ver- hältnissen hinsichtlich Überleben und EK-Gesamt- verbrauch im Rahmen der Massentransfusion unter- strichen (22). Eine der wenigen prospektiven Unter- suchungen zu diesem Konzept konnte hingegen kei- nen Vorteil zugunsten der frühen und aggressiven FFP-Gabe aufzeigen (23), so dass die Studienlage insgesamt noch unbefriedigend ist. Die Kritik an den bislang publizierten Studien bezieht sich einerseits auf ihren, in der Regel, retrospektiven Ansatz, ande- rerseits auf die Zeitfenster, in denen die Blutproduk- te verabreicht worden waren. Spekuliert wird hier insbesondere darüber, ob der unter FFP:EK = 1:1-Gabe beobachtete Überlebensvorteil nicht ein- fach die Tatsache reflektiert, dass die 1:1-Patienten länger oder lang genug überlebt haben um dieses Verhältnis zu erhalten („survival bias“).

In einer retrospektiven Untersuchung der Autoren anhand von 713 TR-DGU-Datensätzen wurde über- prüft, ob eine frühe, aggressive Transfusionsstrategie mit Gabe von EKs:FFPs im Verhältnis 1:1 zwischen Schockraum und Intensivstation mit einem Überle- bensvorteil assoziiert war (7). Die Patienten wurden in drei Gruppen aufgeteilt:

Gruppe 1: EKs:FFPs > 1,1,

Gruppe 2: EKs:FFPs = 0,9–1,1,

Gruppe 3: EKs:FFPs < 0,9.

Es gab keine Gruppenunterschiede bezüglich Ver- letzungsschwere, Physiologie, Laborbefunden, Art und Umfang von Interventionen im Schockraum und Volumengaben. Das mittlere Zeitfenster zwischen Schockraum und Aufnahme auf die Intensivstation betrug über alle Gruppen 4,5 Stunden. Die Akutleta- lität (< 24 h) und die 30-Tageletalität war niedriger bei Patienten mit EKs:FFPs = 0,9–1,1 (1:1) als bei Patienten mit EKs:FFPs > 1,1 und am niedrigsten unter EKs:FFPs < 0,9. Die beiden Mortaliätsraten in dieser Gruppe betrugen 11,3 % und 24,3 %. Die Sterblichkeit innerhalb der ersten sechs Stunden nach Aufnahme wurde für die drei Gruppen mit 24,6 %, 9,6 % und 3,5 % (p < 0,0001) berechnet. Die Häufigkeit von septischen Komplikationen und Or- ganversagen war unter EKs:FFPs von 0,9–1,1 (1:1) höher als unter EKs:FFPs < 0,9. Die Beatmungsdau- er war bei Patienten mit einem Transfusionsverhält- nis von EKs:FFPs < 0,9 am längsten, ebenso wie die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation und im Krankenhaus insgesamt.

Die Ergebnisse der Studie der Autoren legen nahe, dass möglicherweise nicht alle Schwerstverletzten in gleichem Maße von diesem Transfusionsregime pro- fitieren. Andererseits könnte hier diskutiert werden, dass bei abnehmender Sterblichkeit im Vergleich zur

„Kontrollgruppe“ möglicherweise Patienten zusätz- lich überleben, deren initiales Trauma prognostisch ungünstiger ist, als das der „Kontrollgruppe“ überle- bender Patienten. Prospektive Untersuchungen sind nach wie vor notwendig um die Frage nach dem opti- malen Blutprodukteverhältnis und dem idealen Zeit- GRAFIK 6

Krankenhausletalität in Abhängigkeit des Transfusionsverhältnisses von FFPs:EKs > 1:2 („high ratio“) und FFPs:EKs ≤ 1:2 („low ratio“) innerhalb verschiedener TASH-Risikogruppen.

Im Rahmen dieser retrospektiven Beobachtung zeigte sich eine absolute Reduktion der Kran- kenhaussterblichkeit um 17 % zugunsten der FFPs:EKs > 1:2 („high ratio“)-Gruppe.

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punkt ihrer Gabe zu beantworten (zur Zeit zum Bei- spiel PROPPR-Studie/Prospective Randomized Op- timum Platelet and Plasma Ratios zur Untersuchung unterschiedlicher Blutprodukte-Ratios bei Trauma - patienten mit Risiko einer Massentransfusion).

Überlebensvorteil für 1:1-Transfusionen ab TASH ≥ 15 Die vermehrte Gabe von FFPs kann zu Volumenüber- ladung, Infektionskrankheiten, allergischen Reaktio- nen und transfusionsbedingtem, akutem Lungenver- sagen (TRALI; „transfusion related acute lung inju- ry“) führen. In einem nächsten Schritt wurde der Ver- such unternommen, spezifische Patientenpopulatio- nen mit Hilfe des TASH-Scores zu identifizieren, die von einem aggressiven Gerinnungsmanagement mit 1:1-Transfusion profitieren können, und diese abzu- grenzen von solchen, denen eine 1:1-Transfusion eher schadet. Die Schwerverletzten wurden retrospektiv unterteilt in Massentransfusion mit FFPs:EKs > 1:2 (Median FFPs:EKs liegt bei 1:1) und FFPs:EKs ≤ 1:2.

Der TASH-Score wurde für die einzelnen Patienten berechnet und gegen die Letalität aufgetragen. Ab ei- nem TASH-Score ≥ 15 wurde ein signifikanter Über- lebensvorteil zugunsten von FFPs:EKs > 1:2 beob- achtet (Grafik 6). Der TASH-Scorewert = 15 wurde als Cut-Off-Wert verwendet und die Patienten mit TASH ≥ 15 wurden als Hochrisikopatienten definiert.

Die Gesamtletalität im Krankenhaus für FFPs:EKs

> 1:2 betrug 34,8% versus 47,7% für Patienten mit FFPs:EKs ≤ 1:2. Betrachtete man die Niedrigrisiko- patienten (TASH-Score < 15), so war die Letalitätsra- te in beiden Transfusionsgruppen vergleichbar. Die Morbidität unter FFPs:EKs > 1:2 war jedoch erhöht;

die Gesamtliegedauer für Krankenhaus und Intensiv- station und die Inzidenz von Multiorganversagen waren erhöht und mehr Beatmungstage wurden dokumen- tiert als unter FFPs:EKs ≤ 1:2. Auf Grund der Risiko- stratifizierung via TASH-Score zeigte sich, dass vor allem Hochrisikopatienten mit einem TASH-Score

≥ 15 von FFPs:EKs > 1:2 profitieren können.

GRAFIK 7

Beispiel für ein „point-of-care“- gesteuertes und Faktorenkonzentrat-basiertes Gerinnungsmanagement bei einem blutenden polytraumatisierten Patienten. Thrombelastometrie/ROTEM-Analyse (EXTEM [a und c] und FIBTEM

[c und d]) vor (a und b) und nach Gabe von 10 g Fibrinogenkonzentrat, 1800 Einheiten Prothrombinkonzentrat (Faktoren II, VII, IX, X, Protein C und S) und 2 g Tranexamsäure. Nach dieser Therapie zeigte sich rasch eine deutlich beschleunigte Gerinnungszeit (EXTEM CT [Clotting time] 117 Sekunden versus 174 Sekunden; FIBTEM CT 120 Sekunden versus initial nicht messbar) sowie eine deutlich verbesserte Gerinn- selfestigkeit (EXTEM MCF [Maximum Clot Firmness] 54 mm versus 33 mm; FIBTEM MCF 15 mm versus initial nicht messbar). EXTEM erfasst die Aktivierung der Gerinnung durch Thromboplastin (Tissue Factor) mit den Faktoren VII, X, V, II, I, Thrombozyten und die Fibrinolyse.

FIBTEM erfasst die Aktivierung wie im EXTEM unter Zusatz des Thrombozytenblockers Cytochalasin. Das entstehende Gerinnsel ist dabei ausschließlich von der Fibrinbildung und Fibrinpolymerisation abhängig; es können somit Fibrinogenspiegel und Fibrinpolymerisation beur- teilt werden (mit freundlicher Genehmigung von H. Schoechl, Salzburg).

(8)

Faktorenkonzentrat-basiertes Gerinnungsmanagement Ein alternatives Konzept basiert auf der Substitution von Gerinnungsfaktorenkonzentraten zielgesteuert über „point-of-care“-Systeme (24). Mit Hilfe der Thrombelastometrie/ROTEM können Faktorenmän- gel detektiert und behandelt werden, so dass in man- chen Fällen auf die Gabe von Frischplasma verzichtet werden kann (Grafik 7). Gegenüber FFP sind Gerin- nungsfaktorenkonzentrate sofort verfügbar. Im Rah- men einer Verdünnungskoagulopathie erreicht Fibri- nogen vor allen anderen Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten kritische Werte, die substitutions- pflichtig erscheinen. Retrospektiv konnten Schöchl et al. (24) gegenüber der prognostizierten Letalität mit ROTEM-gesteuerter Gerinnungstherapie und Fakto- rensubstitution via Fibrinogenkonzentrat als „first li- ne“, ergänzt durch Prothrombinkonzentrat (Faktoren II, VII, IX, X, Protein C und S), einen Überlebens- vorteil aufzeigen. Hier wurde jedoch nicht hinsicht- lich konfundierender Variablen korrigiert. Eine jüngst an Datensätzen des TR-DGU retrospektiv durchgeführte Matched-Pairs-Analyse unter stren- gem Einschluss von schwersttraumatisierten und blu- tenden Patienten, die einerseits nach 1:1-Konzept, andererseits ROTEM-unterstützt Faktorenkonzen- trat-basiert therapiert worden waren, zeigte auf Grund der niedrigen Fallzahl keinen Überlebensvor- teil für das eine oder andere Konzept, jedoch einen deutlich niedrigeren Verbrauch allogener Blutpro- dukte einhergehend mit einer niedrigeren Rate an Komplikationen und kürzere Intensivaufenthalte zu- gunsten des Faktorenkonzentrat-basierten Konzepts (25). Diese Ergebnisse müssen durch kontrollierte prospektive Untersuchungen bestätigt werden.

Interessenkonflikt

Prof. Maegele erhielt Erstattungen von Pfizer, CSL Behring, Novo Nordisk und Vortragshonorare von Roche Pharma, Honorarae für klinische Auf- tragsstudien von Novo Nordisk und Pfizer sowie Gelder von Novo Nordisk, Siemens und Pentapharm.

Prof. Bouillon erhielt Beraterhonorare von Novo Nordisk, De Puy Trauma, Biomet und Behring. Dr. Paffrath erhielt Beraterhonorare von EKK eG und Vortragshonorare von De Puy Trauma, J&J Ethicon und ATLS.

Manuskriptdaten

eingereicht: 20. 12. 2010, revidierte Fassung angenommen: 18. 5. 2011

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KERNAUSSAGEN

Bei jedem vierten Schwerverletzten liegt bereits zum Zeitpunkt der Schock- raumaufnahme eine akute trauma-assoziierte Störung des Gerinnungssys- tems vor, die mit erhöhter Morbidität und Letalität einhergeht.

Als Initiatoren der akuten trauma-assoziierten Gerinnungsstörung werden Ge- webeschädigung, Hypoperfusion, Hämodilution, Hypothermie, Azidose und In- flammation diskutiert.

Neben den gängigen Laborparametern, der Thrombelastometrie zur Charakte- risierung der Gerinnungsstörung und zur Therapiesteuerung sowie bildgeben- den Verfahren (FAST und CT) können Scoringsysteme die Früherkennung und Risikostratifizierung unterstützen.

Die wesentlichen Therapieprinzipien sind in den jüngst überarbeiteten europäi- schen Leitlinien zusammengefasst. Hochrisikopatienten können von einem ag- gressiven Gerinnungsmanagement mit ausgewogener Transfusion in einem Verhältnis von FFPs:EKs 1:1 profitieren.

Ein neues Konzept zur Kontrolle der akuten trauma-

assoziierten Gerinnungsstörung sieht die zurzeit in Evaluation begriffene

„point-of-care“-gesteuerte und somit mehr zielgerichtete Substitution mit Gerin- nungsfaktorenkonzentraten vor.

(9)

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Marc Maegele

Klinik für Unfallchirugie, Orthopädie und Sporttraumatologie Kliniken der Stadt Köln gGmbH

Krankenhaus Köln-Merheim Universität Witten/Herdecke

Universitätsklinikum Witten/Herdecke mit Sitz in Köln Ostmerheimer Straße 200

51109 Köln

Marc.Maegele@t-online.de

SUMMARY

Acute Traumatic Coagulopathy in Severe Injury—

Incidence, Risk Stratification, and Treatment Options Background: Clinical observation and research findings show that acute traumatic coagulopathy (ATC) is a major factor that must be addressed in the care of severely injured patients. In this review article, we discuss the incidence and causes of ATC, the potential means of early risk stratification for it, and recommendations for its treatment.

Methods: We selectively reviewed the pertinent literature and retro- spectively analyzed data from the Trauma Registry of the German Trauma Society (Traumaregister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, TR-DGU) relating to the incidence, causes, and out - come of ATC. We provide an overview of current treatment recom- mendations, supplemented by our own findings regarding the ratio of erythrocyte concentrate (EC) to fresh-frozen plasma (FFP) trans- fusion and regarding coagulation-factor-based treatments for coa- gulopathy in the acute phase after trauma.

Results and conclusion: ATC, a condition associated with increased morbidity and mortality, is seen on admission in one out of four pa- tients with major trauma. The main causes of ATC are tissue damage, hypoperfusion, hemodilution, hypothermia, acidosis, and inflam - mation. It may be possible to identify patients at risk for ATC early on through the use of rapidly calculable, predictive numerical scales (McLaughlinScore, TASH, and ABC), laboratory tests, and imaging studies (FAST and CT). Acute treatment is focused on the control of bleeding and support of the coagulation system according to the current guidelines. Patients at high risk may benefit from a balanced transfusion strategy. Innovative strategies currently under study include point-of-care-guided treatment and coagulation-factor-con- centrate-based treatment.

Zitierweise

Maegele M, Paffrath T, Bouillon B: Acute traumatic coagulopathy in severe injury—incidence, risk stratification, and treatment options.

Dtsch Arztebl Int 2011; 108(49): 827–35. DOI: 10.3238/arztebl.2011.0827

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The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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