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Infektionsprävention bei der Narkosebeatmung durch Einsatz von Atemsystemfiltern

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Briefe an die Herausgeber

720 Mitteilungen

Communications Letters to the Editor

© Anästh Intensivmed 2011;52:720-722 Aktiv Druck & Verlag GmbH

Leserbrief zu:

Infektionsprävention bei der Narkosebeatmung durch Einsatz von Atemsystemfiltern

Gemeinsame Empfehlung der DGKH und DGAI (Anästh Intensivmed 2010;51(Suppl.):S831-S838)

Umgang mit Beatmungsschläuchen an Anästhesiebeatmungsgeräten im OP und an Transportbeatmungs­

geräten auf der Intensivstation

In einer gemeinsamen Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaus- hygiene e.V. (DGKH) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) nehmen diese Fachgesellschaften Stellung zur Frage der „Infektionsprävention bei der Narkosebeatmung durch Einsatz von Atemsystemfiltern“ [1]. Wie bereits im Titel angedeutet, geht es dabei in erster Linie um die Verhinderung nosokomialer Pneumonien durch Übertragung von Keimen durch das Atemgas. Hierzu wird der Einsatz von patientennahen Atemsys - temfiltern (ASF) empfohlen, deren Wirk- samkeit in der Literatur gut belegt ist. Für die Abscheideleistung werden für luftge- tragene Partikel Filtrationswerte >99%

und für Flüssigkeiten Retentionswerte bis zu Drücken von mindestens 60 mbar bzw. 20 mbar oberhalb des gewählten maximalen Beatmungsdruckes empfoh- len. Der ASF ist nach jedem Patienten zu wechseln. Die Autoren weisen darauf hin, dass bei längerer Nachbeatmung ein alleiniger ASF nicht ausreichend für die Atemgasklimatisierung sein kann, und empfehlen dann den Umstieg auf einen Heat-Moisture-Exchange-(HME)-Filter, wie er vielerorts auch bereits für die normale Narkosebeatmung verwendet wird [2].

Für den Umgang mit dem Schlauch- system ergeben sich jedoch nach wie

vor Unsicherheiten. So heißt es in den Empfehlungen an einer Stelle, „Das Schlauchsystem und der Handbeat- mungsbeutel werden sofort im Anschluss an die jeweilige Narkose gewechselt, wenn folgende Situation einschließlich des Verdachts darauf vorliegen: Melde- pflichtige Infektionskrankheit nach § 6 IfSG mit Übertragungsmöglichkeit durch das Schlauchsystem und den Handbeat- mungsbeutel (…), Infektionen und/oder Kolonisation mit einem dokumentations- pflichtigen multiresistenten Erreger nach

§ 23 IfSG (…), Infektionen der oberen bzw. tiefen Atemwege“ und weiter „Bei Einhaltung dieser Maßnahmen kann das Narkoseschlauchsystem beim aktuellen Wissensstand bis zu 7 Tagen eingesetzt werden, sofern seine übrige Funktiona- lität, z.B. Dichtigkeit weiterhin erfüllt ist und es der Hersteller in der Gebrauchs- anleitung gestattet.“

An anderer Stellen weisen die Empfeh- lungen darauf hin, dass die Narkosebeat- mung durch die hohe Wechselfrequenz der Patienten an den Narkosegeräten mit dem Risiko der Kreuzkontamination und nachfolgenden Infektion gekennzeich- net sei und alle Handkontaktflächen an der Narkosegerätschaft gemäß den Anforderungen an die Aufbereitung von Medizinprodukten „der semikritischen Einstufung A desinfizierend aufzuberei- ten“ seien.

In der jüngeren und älteren Literatur gibt es zahlreiche Hinweise für die Kontamination von Flächen [3,4], Mobiltelefonen [5], Computertastaturen [6] und Stethoskopen [7] nicht zuletzt

durch die Hände von Ärzten. Erstaun- licherweise wurden die Außenflächen der Beatmungsschläuche noch nicht untersucht, aber ein ähnliches Ergebnis wie bei Handbeatmungsbeuteln [8] auf der Intensivstation ist anzunehmen.

Die Kreuzübertragung auf die Dreiwege- hähne von Infusionsleitungen durch die Hände des Anästhesisten wurde gerade erst von Loftus [9] erneut beschrieben.

Was bedeutet dies nun für die Praxis?

1. Besonders wichtig ist die Händedes- infektion bei Wechsel von „unreinen“

zu „reinen“ Tätigkeiten während der Narkose und vor und nach jedem direkten Patientenkontakt, welche durch die unmittelbare Verfügbarkeit von Händedesinfektionsmittel [10]

deutlich verbessert werden kann.

2. Handkontaktflächen wie Touch- screen, Regler und Ablagefläche des Narkosebeatmungsgerätes kommen in der Regel nicht direkt mit dem Patienten in Kontakt und sind daher nicht als semikritisch anzusehen [11], aber aufgrund der von Loftus gezeigten hohen Kontaminationsrate nach jedem Patienten einer Wisch- desinfektion zu unterziehen.

3. Die Beatmungsschläuche hingegen werden zwangsläufig im Verlauf der Narkose im patientennahen Anteil mehrfach mit möglicherweise sekretkontaminierten Handschuhen (z.B. beim Anschluss nach Intubation und im Rahmen der Extubation) an- gefasst und befinden sich häufig in unmittelbarer Nähe zum Gesicht des

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Briefe an die Herausgeber

722 Mitteilungen

Communications Letters to the Editor

© Anästh Intensivmed 2011;52:720-722 Aktiv Druck & Verlag GmbH Patienten. Die mittleren Anteile der

Beatmungsschläuche schleifen nicht selten auf dem Boden. Eine Kon- taminationswahrscheinlichkeit der Außenflächen ist damit als gegeben anzusehen und damit auch die Not- wendigkeit einer Wischdesinfektion nach jedem Patienten.

4. Bei sachgerechter Wischdesinfektion nach jedem Patienten und regel- rechtem Gebrauch der ASF ist eine Verwendung der Schlauchsysteme über 7 Tage denkbar. Allerdings legen die meisten Hersteller in ihren Gebrauchsanleitungen ein Wechsel- intervall alle 24 Stunden fest. Dieses Intervall erscheint sinnvoll, da auf- grund der Spiralbauart der gängigen Systeme die Wischdesinfektion erschwert ist.

5. Da gerade der Kolonisationsgrad von Patienten, auch mit den in der Empfehlung beschriebenen multi- resistenten Erregern (MRE), häufig zum Zeitpunkt einer Operation nicht bekannt ist, müssen grundsätzlich für alle Patienten sichere, hygienische Bedingungen geschaffen werden.

Hierbei ist auch zu bedenken, dass eine temporäre nasale Besiedlung mit Staphylococcus aureus nicht selten ist und eine Übertragung nicht nur von MRE auf den nächsten Patienten vermieden werden muss.

6. Auf der Intensivstation werden Beat- mungsschläuche patientenbezogen verwendet und Wechselintervalle von 7 Tagen sind in Deutschland (noch) die Regel, wobei die CDC in ihren Guidelines seit 2003 auch den völligen Verzicht auf einen Wechsel zulässt. Dies gilt jedoch unserer Meinung nach nicht für Transportbeatmungsgeräte, die der gleichen Problematik des häufigen Patientenwechsels unterliegen und daher nach Gebrauch wischdesin- fiziert werden müssen. So konnten wir unlängst die Übertragung einer ESBL-Klebsielle über das Ansatzstück eines nicht desinfizierten Transport- beatmungsgerätes nachweisen [12].

Interessenkonflikte: Keine

Literatur

1. Kramer A et al. Infektionsprävention bei der Narkosebeatmung durch Einsatz von Atemfiltern. Anästh Intensivmed 2010;51:S831-8.

2. Rathgeber J, Kietzmann D, Mergeryan H, Hub R, Züchner K, Kettler D. Prevention of patient bacterial contamination of anesthesia-circle-systems: a clinical study of the contamination risk and per- formance of different heat and moisture exhangers with electret filter (HMEF).

Eur J Anesthesiol 1997;14:368-73.

3. Hall JR. Blood contamination of anesthesia equipment and monitoring equipment. Anesth Analg 1994;78:

1136-9.

4. Loftus RW, Koff MD; Burchman CC, Schwartzman JD, Thorum V, Read ME, Wood RA, Beach ML. Transmission of pathogenic bacterial organisms in the anesthesia work area. Anesthesiology 2008;109:399-407.

5. Jeske HC, Tiefenthaler W, Hohlrieder M, Hinterberger G, Benzer A. Bacterial contamination of anaesthetists‘ hands by personal mobile phone and fixed phone use in the operating theatre. Anaesthesia 2007;62:904-6.

6. Fukada T, Iwakiri H, Ozaki M.

Anaesthetists‘ role in computer keyboard contamination in an operating room.

J Hosp Infect 2008;70:148-53.

7. Whittington AM, Whitlow G, Hewson D, Thomas C, Brett SJ. Bacterial contamina- tion of stethoscopes on the intensive care unit. Anaesthesia 2009;64:620-4.

8. Weber DJ, Wilson MB, Rutala WA, Thomann CA. Manual ventilation bags as a source of bacterial colonization of intubated patients. Am Rev Respir Dis 1990;142:892-4.

9. Loftus RW, Muffly MK, Brown JR, Beach ML, Koff MD, Corwin DL, Surgenor SD, Kirkland KB, Yeager MP. Hand contami - nation of anesthesia providers is an i mportant risk factor for intraoperative bacterial transmission. Anesth Analg 2010; Epub ahead of print

10. Koff MD, Loftus RW, Burchman CC, Schwartzman JD, Read ME, Henry ES, Beach ML. Reduction of intraoperative bacterial contamination of peripheral intravenous tubing through the use of a novel device. Anesthesiology 2009;110:978-85.

11. Schulz-Stübner S, Hauer T, Dettenkofer M. Aufbereitung von Medizinprodukten in der Anästhesie und in der Intensiv- medizin: Sinnvolle Integration in ein Qualitätsmanagementsystem. Anästh Intensivmed 2003;44:442-6.

12. Schulz-Stübner S, Kniehl E. Nosokomiale Übertragung einer ESBLbildenden Klebsielle durch den Beatmungsschlauch eines Transportbeatmungsgerätes als Vektor. Abstract Berliner Workshop Krankenhaushygiene 2011.

Stellungnahme zum Leserbrief von PD Dr. S. Schulz­Stübner

Das Redaktionsteam dankt sehr herzlich für diese Zuschrift zur gemeinsamen Empfehlung der DGKH und DGAI. Sie verdeutlicht unsere Auffassung, dass der Außenkontamination große Auf- merksamkeit geschenkt werden muss.

Des Weiteren freuen wir uns über den Hinweis auf den Aspekt der Transport- beatmung. Wir werden die Anregungen in der kommenden Überarbeitung der Empfehlungen aufgreifen und sie an den entsprechenden Stellen in den Text einarbeiten.

Für das Redaktionsteam

Korrespondenzadresse

Priv.­Doz. Dr. med.

Sebastian Schulz­Stübner Deutsches Beratungszentrum für Hygiene (BZH GmbH)

Schnewlinstraße 10

79098 Freiburg im Breisgau, Deutschland

E-Mail: schust@t-online.de

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Axel Kramer Institut für Hygiene und Umweltmedizin

Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

Walther-Rathenau-Straße 49a 17489 Greifswald, Deutschland E-Mail: kramer@uni-greifswald.de

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