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Archiv "Molekularbiologie: Wie Polio- und Rhinoviren in die Zelle gelangen" (18.02.2000)

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A-358

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 7, 18. Februar 2000 generalisierte Ermüdung als mögliche

Ursache der Beschwerden ebenso be- rücksichtigen wie eigenständige neu- romuskuläre Erkrankungen (Polyneu- ropathien, Myasthenie, Polymyositis, Muskeldystrophien).

Hinter der Müdigkeit kann sich bei den häufig bereits über 60-Jähri- gen und damit tendenziell multimor- biden Patienten letztlich jede schwere Allgemeinerkrankung (Hypothyreo- se, Anämie, Herzinsuffizienz, Diabe- tes mellitus) verbergen. Die meisten Patienten dürften deshalb in neurolo- gischer, orthopädischer oder interni- stischer Behandlung sein, ohne dass ein PPS in Betracht gezogen wird.

Natürlich würden die Patienten von der richtigen Diagnose profitieren, auch wenn es zurzeit keine gesicherten Erkenntnisse über spezifische Behand- lungsmöglichkeiten gibt.

Es wird zwar berichtet, dass L-Carnitin die Muskelkraft steigere, Pyridostigmin eine rasche Ermüdbar- keit der Muskulatur verhindern könne und Amitryptilin chronische Schmerz- syndrome günstig beeinflusse. Keines dieser Medikamente wurde jedoch bis- her in kontrollierten Studien gegen Plazebo getestet. Und wenn dies ge- schah wie bei Amantadin, das die Er- schöpfung verhindern soll, so war kei- ne Wirkung nachweisbar (Ann N Y Acad Sci 1995; 753: 296–302). Auch für Selegilin, das ebenfalls die starke Er- müdbarkeit günstig beeinflussen soll, fehlt noch der Beweis aus einer kon- trollierten Studie.

Bleibt die physikalische Thera- pie. Sie ist aufgrund der derzeitigen pathophysiologischen Konzepte nicht unproblematisch. Danach könnte ein unkritisches Krafttraining der betrof- fenen Muskulatur die Überlastung der Motoneuronen noch verstärken.

Dengler und Tröger halten eine scho- nende, der jeweiligen Leistungsfähig- keit angepasste Krankengymnastik jedoch für vorteilhaft. Sie berufen sich dabei auf Studien, in denen durch langsam aufbauende, nicht ermüden- de Übungen die Kraft einzelner Mus- kelgruppen und die kardio-respira- torische Leistungsfähigkeit ohne un- mittelbare negative Effekte gesteigert werden konnte. Allerdings fehlen bis- her Langzeituntersuchungen, die über eventuelle Spätwirkungen Aufschluss geben könnten. Rüdiger Meyer

Das Poliovirus bleibt für die For- schung nach wie vor interessant. Die genaue Kenntnis seiner Struktur könnte zur Entwicklung von neuen Medikamenten und Impfstoffen führen – nicht gegen die Polio, die es hoffentlich bald nicht mehr geben wird, sondern gegen Schnupfener- krankungen. Denn das Poliovirus gehört wie die Rhinoviren zu den Pi- cornaviren. Eine Besonderheit dieser Viren ist der Eintritt in die Zielzelle.

Alle Viren gelangen in die Zielzel- le, indem sie sich zunächst an ein Oberflächenmolekül binden. Dieser Rezeptor wird von den meisten Viren einfach als „Haken“ benutzt. Bei an- deren Viren, und dazu gehören auch die Picornaviren, übernimmt der Re- zeptor eine aktivere Rolle. Er dient den Viren als „Reißverschluss“, der beim Virus noch vor seinem Eintritt in die Zelle zu einer strukturellen Veränderung führt. Für die Entwick- ler von Medikamenten und Impfstof- fen ist dies eine attraktive Eigen- schaft.

Andockstelle liegt in einem „Canyon“

David Belnap vom National Insti- tute of Arthritis, Musculoskeletal and Skin Diseases (Bethesda, USA) und Mitarbeiter an anderen Zentren ist es gelungen, die dreidimensionale Struk- tur der Virus-Zell-Interaktion aufzu- klären (PNAS 2000; 97: 73–78). Dabei wurde ein Erfolgsrezept des Virus sichtbar. Auf den elektronenmikro- skopischen Bildern ist zu erkennen, dass die Andockstelle sich in einer als „Canyon“ bezeichneten Vertiefung der Virusoberfläche befindet, wo das Virus möglicherweise vor dem Angriff von neutralisierenden Antikörpern ge- schützt ist.

Eine Bindung mit der Zielzelle ist natürlich nur dann möglich, wenn es sich bei dem Rezeptor um ein lang gestrecktes Molekül handelt. Dies ist tatsächlich der Fall. Die Bilder zei-

gen ein fingerförmiges Molekül, das in die Tiefe der Canyons reicht.

Yongning He von der Purdue Univer- sity in West Lafayette (Indiana, USA) hat die Interaktion zwischen Poliovi- rus und seinem Rezeptor mit der des Rhinovirus, Erreger der meisten Er- kältungserkrankungen, mit dessen Rezeptor verglichen (PNAS 2000; 97:

79–84). Dabei ergaben sich Gemein- samkeiten und Unterschiede. Beide Rezeptoren sind lange dünne Mo- leküle und beide binden in Canyons der Virusoberfläche.

Die Hauptandockstelle befindet sich bei beiden Viren an der gleichen Stelle im Canyon, einem offenbar wichtigen und sehr sensitiven Be- standteil des Virus. Den Forschern ist es auch gelungen, „Fußabdrücke“

des Rezeptors auf dem Virus zu neh- men. Von deren Studium wird es ab- hängen, ob sich hier Möglichkeiten für eine therapeutische Intervention bieten.

Aber auch die Unterschiede zwi- schen den Viren werden jetzt deutlich.

Während die Schnupfenviren an ei- nem Zelladhäsionsmolekül binden, ist die Funktion des Rezeptors CD 155 auf der Oberfläche von Nervenzellen nicht klar. Auch hinsichtlich der ge- nauen Lage des Rezeptors im Canyon scheint es Unterschiede zu geben.

Dies ist nicht weiter verwunderlich, da die Rezeptor-Virus-Bindung darüber entscheidet, welche Zellen das Virus befällt, und nach einer normalen Er- kältung kommt es ja glücklicherweise nicht zu Lähmungserscheinungen.

Noch ist unklar, ob die Forschung am Poliovirus einmal zu Medika- menten gegen den Schnupfen führt.

Der nächste Schritt für die Forscher besteht nun darin, das „uncoating“

des Virus zu untersuchen. Dabei kommt es zum Abstreifen der Hülle und zur Freisetzung seiner Erb- information. Wie diese dann in die Zelle gelangt, dürfte ein weiterer interessanter Aspekt der Erfor- schung von Schnupfen- und Poliovi- ren sein. Rüdiger Meyer

Molekularbiologie

Wie Polio- und Rhinoviren

in die Zelle gelangen

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