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Archiv "Umweltthema im Februar – Luftqualität: 1995 im Überblick" (16.02.1996)

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ehabilitationskompetenz wur- de in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung jahrelang nur unzureichend vermittelt. Die- ser Mangel stand in immer schärferem Gegensatz dazu, daß die Anzahl von Patienten mit chronischen Krankhei- ten zunimmt. Letzteres ist bekannter- maßen bedingt durch die demographi- sche Entwicklung wie auch durch die steigende Zahl an sogenannten De- fektheilungen aufgrund der Fortschrit- te der Medizin. Die mangelhafte Vor- bereitung der Ärzteschaft auf die Be- wältigung der Probleme von Patienten mit chronischen Krankheiten respekti- ve von Behinderten war insbesondere von Mitglieder-Institutionen der Bun- desarbeitsgemeinschaft für Rehabilita- tion kritisiert worden, namentlich von der Deutschen Vereinigung für die Re- habilitation Behinderter unter ihrem Vorsitzenden Prof. Dr. Kurt-Alphons Jochheim. Nicht zuletzt dank der In- itiative des ehemaligen Präsidenten der Ärztekammer Nordrhein, Prof. Dr.

Horst Bourmer, hatte die Ärztekam- mer Nordrhein eine Vorreiterrolle bei der Ausrichtung qualifizierender Kur- se übernommen, so daß mit dem ersten Grundkurs im November 1993 begon- nen werden konnte.

Die Kurse standen unter der wis- senschaftlichen Leitung von Prof. Dr.

Hermann Delbrück, Hämatologe und internistischer Onkologe. Sein beson-

deres Engagement gilt seit langem der wissenschaftlichen Ausrichtung und der universitären Etablierung der Re- habilitationsmedizin. Delbrück hatte unter Berücksichtigung der Empfeh- lungen der Bundesarbeitsgemein- schaft für Rehabilitation das Curricu- lum zusammen mit der ärztlichen Lei- tung der LVA Rheinprovinz und des

Medizinischen Dienstes der Kranken- versicherung Nordrhein erstellt.

Mit der inhaltlichen Ausgestal- tung der Kurse sollte zugleich ein Bei- trag zur Standortbestimmung der Re- habilitation in Deutschland geleistet werden. Denn der Umstand, daß das Wort „Rehabilitation“ zunehmend Eingang in das medizinische Alltags- vokabular findet, hat bislang eher zu

Verwirrung denn zu Klärung dessen geführt, was unter Rehabilitation zu verstehen ist. Als Kursteilnehmer und Koordinator erlebte der Autor, wie im Verlauf von circa 70 Vorträgen und zahlreichen Exkursionen ein eigen- ständiges Profil der Rehabilitations- medizin entstand, das die Abgrenzung von anderen mit der Rehabilitations- medizin häufig verwechselten Berei- chen erlaubte, insbesondere der So- zialmedizin und der Kurmedizin.

In entscheidendem Maß prägt dieses Profil ein Paradigmenwechsel hinsichtlich des zugrundeliegenden Krankheitsmodells. Das in Lehre und Klinik dominierende sogenannte bio- medizinische Krankheitsmodell, so wurde dem Kurs vermittelt, bedarf für den Bereich der Rehabilitation einer Ergänzung beziehungsweise Fortent- wicklung. Denn es ist mit seinem line- ar-kausalen Denkansatz weit mehr auf „cure“ als auf „care“ ausgerichtet, mit großartigen Erfolgen bei der The- rapie akuter Erkrankungen, aber oh- ne wesentliche Perspektiven über den Entlassungstag hinaus. Es bietet keine ausreichenden Hilfen beim Manage- ment der komplexen Probleme während der langwierigen Be- treuung chronisch kranker Menschen.

Als Instrument zur Bewältigung dieser rehabilitativen Auf- gaben wurde den Kursteilnehmern die

„Internationale Klas- sifikation der Schädi- gungen, Fähigkeits- störungen und Beein- trächtigungen“ (In- ternational Classifica- tion of Impairments, Disabilities and Han- dicaps, ICIDH) vor- gestellt. Sie ergänzt die ICD, die im Sinne des biomedizinischen Krankheitsmo- dells Gesundheitsstörungen definiert, durch Ätiologie, Pathogenese und Manifestation.

Das Klassifizierungssystem der ICIDH bietet mit seiner dreigliedrigen Taxonomie erstmals einen umfassen- den theoretischen Rahmen für die Be- treuung Behinderter, das heißt chro- nisch kranker beziehungsweise ge- A-368

P O L I T I K AKTUELL

(24) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 7, 16. Februar 1996

Zusatzbezeichnung „Rehabilitationswesen“

Zeitgemäße Lösungen für komplexe Reha-Probleme

Erstmals in Deutschland wurden im Mai letzten Jahres

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) die insgesamt achtwöchigen Grund- und Aufbaukurse zur Erlangung der Zusatzbezeichnung „Rehabilitationswesen“ abge- schlossen. Sie wurden veranstaltet von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung. Die vierundzwanzig Absolventen der Kurse erfüllen damit eine wichtige Voraussetzung zur Erlangung der in der Ärzteschaft noch weitgehend unbekannten Zusatz- bezeichnung. Ihre Einführung wie auch die Einführung der Gebietsbezeichnung „Physi- kalische und Rehabilitative Medizin“ gehen zurück auf entsprechende Beschlüsse des 95. Deutschen Ärztetages im Mai 1992 in Köln. Im folgenden berichtet ein Teilnehmer.

Viele Ärzte sind mangelhaft darauf vorbereitet, Kranke in der Rehabilitation umfassend zu betreuen. Abhilfe soll mit dem Angebot geschaffen werden, sich die Zusatzbezeichnung „Rehabilitationswesen“ zu erarbeiten. Das Foto zeigt eine Gruppe von Schlaganfall-Patienten, die in Weimar an einem neu- artigen Bewegungstherapie-Programm teilnehmen.

Foto: Initiative Zweite Lebenshälfte, Boehringer Ingelheim KG

1) Die nächste Kursreihe findet vom 15. bis 26. April 1996 in der Nordrheinischen Akade- mie für ärztliche Fort- und Weiterbildung in Düsseldorf statt.

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1995 war ein Jahr, in dem einzel- ne Industriekonzerne durch Negativ- schlagzeilen im Umweltbereich von sich reden machten. Gerade deswe- gen sollen an dieser Stelle auch einmal

die sehr positiv zu bewertenden Bemühungen der deutschen Industrie im Bereich der Umwelttechnik her- vorgehoben werden.

In einer Zeit, in der das Span- nungsfeld Ökologie-Ökonomie eine große Rolle spielt, wurden durch ver-

stärkte Investitionen in der Umwelt- technik weitere Verringerungen der durch die Industrie verursachten Emissionen erreicht. Gerade in Ostdeutschland konnten durch die Umsetzung der neuesten techni- schen Standards große Fortschritte in der Luftreinhal- tung erzielt wer- den. Nicht die privaten Verbrau- cher, eingeschlos- sen die Autofah- rer, sind an ei- ner fortschreiten- den Luftverbesse- rung beteiligt, son- dern in erster Li- nie die Industrie- betriebe. Verbes- serungen im Be- reich der Kraft- fahrzeugemissio- nen sind in den nächsten Jahren durch die Senkung des Schwefel- und des Benzolgehal- tes im Treibstoff zu erwarten, so daß die erheb- lichen Belastun- gen durch Benzol in den Städten be- ziehungsweise an verkehrsreichen Straßen zurück- gehen werden.

Auffallend ist nach wie vor die sehr starke Dif- ferenzierung der Luftschadstoffbelastung bei den konventionellen Schadstoffen (NO2, Schwebstaub, SO2, CO und O3). Ge- rade bei Stickstoffdioxid kann man dies sehr genau betrachten (vgl. dazu Karten). Vor allem in Städten und an typischen Verkehrsstationen sind im schädigter Menschen Bei dieser Be-

treuung ergibt sich für die Ärzte die Notwendigkeit, mit anderen an der Rehabilitation beteiligten Berufsgrup- pen zu kooperieren, unter ihnen Phy- siotherapeuten, Ergotherapeuten, So- zialarbeiter, Pädagogen sowie Psycho- logen und Seelsorger. Je mehr der Arzt sich einer Zusammenarbeit öffnet und je mehr es ihm dabei gelingt, auf ledig- lich formal begründete Autorität zu verzichten zugunsten von funktionaler Kompetenz auf abgeflachtem Hierar- chie-Niveau, desto eher wird er in dem zu fordernden Reha-Team die Aufga- be des behandlungsleitenden Arztes übernehmen können. Diese Arbeit im Reha-Team wird im klinischen Bereich leichter zu realisieren sein als im nie- dergelassenen Bereich. Doch gerade hier besteht für den Arzt eine besonde- re inhaltliche wie auch gesetzlich for- mulierte Aufforderung, sich rehabilita- tiv zu betätigen. Im Verlauf des oft wechselvollen Prozesses von Krank- heitsbewältigung und Reintegration hat er die Chance, diesen Prozeß durch die Aufstellung eines Reha-Plans ent- scheidend zu beeinflussen.

Im Rahmen einer Exkursion in das Rehazentrum Het Roessingh in Enschede erlebten die Kursteilnehmer, wie vorbildlich die niederländischen Kollegen Rehabilitation im Team prak- tizieren. Unbelastet von einer „Kur- Vergangenheit“ konnte sich in den Nie- derlanden eine Rehabilitationsmedi- zin entwickeln, die heute circa 150 Fachärzte umfaßt und eine annähernd 50jährige Tradition hat. Die Realität in Deutschland, die die Ärzte im absch- ließenden praktischen Teil des Kurses erlebten, war damit nicht vergleichbar.

Noch konsultiert der Patient auch bei Problemen im Bereich der Rehabilitation ganz überwiegend zunächst den Arzt. Wird – so das Fazit des Kurses – die Ärzteschaft in Deutschland nicht lernen, dem Pati- enten für diese komplexen Probleme zeitgemäße Lösungen anzubieten, werden andere Berufsgruppen Reha- bilitation ohne Ärzte betreiben.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Klaus Leemhuis Arzt für Allgemeinmedizin Rehabilitationswesen Lederstraße 12 42105 Wuppertal A-370

P O L I T I K AKTUELL

(26) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 7, 16. Februar 1996

Umweltthema im Februar

Luftqualität:

1995 im Überblick

Karte 1

Stickstoffdioxidbelastung in Deutschland

(Jahresmittelwerte 1995)

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allgemeinen noch keine Rückgänge bei der Stickstoffdioxidbelastung zu erkennen. Aber auch hier gibt es Aus- nahmen von der Regel.

So wurden in einer Langzeitstudie einige „Stickstoffdioxidstationen“ in Niedersachsen durch das Landesamt für Ökologie untersucht (bei Nachfra- gen: Dr. Heits). Im Vergleich von 1995 zu 1990 stellte man hier bei

der Hintergrundbelastung ei- nen Rückgang von 40 auf 30 Mikrogramm/m3Stickstoffdi- oxid fest. An typischen Ver- kehrsstationen (Autobahnzu- bringer, Straßenschluchten etc.) wurden Rückgänge von etwa 20 Prozent gemessen.

Insgesamt wurden in Deutschland im Vorjahr an keiner Station mehr als 80 Mi- krogramm/m3 Jahresdurch- schnittsbelastung (Grenzwert der TA-Luft) gemessen und damit kein Grenzwert über- schritten (vgl. Karte 1). Wür- de man aber den wesentlich strengeren Maßstab der Schweizer Luftreinhaltever- ordnung (SLRV) anlegen, die einen Jahresmittelwert von 30 Mikrogramm/m3 beinhal- tet, erhielte man 255 Über- schreitungen dieses Grenz- wertes im Jahr 1995 – somit fast an jeder der aufgeführten Stationen (vgl. Karte 2). Bei der Betrachtung der Wochen- mittelwerte fallen allerdings 28 Überschreitungen des (deutschen) TA-Luft-Wertes auf und etwa 6 400 Über- schreitungen des Schweizer Wertes. Da es keinen Grenz- wert für Wochendurch- schnittsbelastungen gibt, ist die Gleichsetzung dieses Wertes mit den Jahresdurch-

schnittswerten wissenschaftlich nicht korrekt, aber als Vergleich der Luft- güte durchaus interessant.

Wieso weichen die Werte beider Länder überhaupt so stark voneinan- der ab? Im Gegensatz zu den deut- schen TA-Luft-Werten, die anlagebe- zogene Grenzwerte darstellen, sind die Werte der SLRV an Wirkungs- schwellen orientiert, die man aus epi- demiologischen und toxikologischen Untersuchungen hergeleitet hat. Sie

tragen damit sowohl der Expositions- dauer als auch der Höhe der Bela- stung Rechnung. Demzufolge sind sie nach strengen wissenschaftlichen Kri- terien ein Maß für die Schadstoffdo- sis, die zu der Vermeidung von Schä- den nicht überschritten werden sollte.

Bei Überschreitungen der Grenzwerte ist kein zwingender Ein-

tritt eines „Schadensereignisses“ (Ge- sundheitsbeeinträchtigung) gegeben, aber es besteht ein zunehmend erhöh- tes Risiko schädlicher Auswirkungen auf die Gesundheit. In diesem Zu- sammenhang sei erneut darauf ver- wiesen, daß Grenzwerte nicht nur von der Wissenschaft gesetzt werden, son- dern auch politischen Erwägungen standhalten müssen.

Was zeigt der Rückblick auf 1995 noch? Für den Schadstoff Schwefel-

dioxid läßt sich in den letzten Jahren eine erfreulich starke Abnahme fest- stellen. Das ist in erster Linie auf um- welttechnische Maßnahmen der Indu- strie zurückzuführen. Besonders im Westen Deutschlands sind die Jahres- mittelwerte der Schwefeldioxidbela- stung auf ein Niveau von unter 25 Mikrogramm/m3gesunken. Gelegent- lich liegen die Mittelwerte noch zwischen 50 und 100 Mikrogramm/m3. Lediglich örtliche Emittenten können zu einer zeitweise höheren Belastung durch Schwefel- dioxid führen. Einige beson- ders hoch gelegene und da- mit frei anströmbare Meß- stationen registrieren denn auch häufig Kurzzeitbela- stungen durch Schwefel- dioxid in nicht unerheb- licher Höhe (> 1 500 Mikro- gramm/m3).

Was die Zukunft anbe- langt, so werden sich die Landesämter bei Luftqua- litätsuntersuchungen zu- nehmend mit Kohlenwas- serstoffen, Schwebstäuben sowie mit der Frage der Luftbelastung in ländlichen Gebieten und Erholungs- räumen beschäftigen müs- sen. Es sollten vor allem sinnvolle Konzeptionen er- arbeitet werden, um die Luftqualität an Orten zu messen, die saisonal bedingt hohe Verkehrsströme auf sich ziehen, aber außerhalb der vorgeschriebenen Meß- netze liegen. Vor allem das Alpenvorland, einige Mittel- gebirgsregionen und die deutsche Küste mußten bis- her mit wenigen Meßstatio- nen auskommen. Eine seriö- se Beurteilung der Luftqualität dieser Regionen in bezug auf bestimmte Be- lastungszyklen ist deshalb schwierig.

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P O L I T I K AKTUELL

(28) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 7, 16. Februar 1996 Karte 2

Stickstoffdioxidbelastung in Deutschland Jahresmittelwerte 1995

(Klassifizierung nach Schweizer Grenzwert)

Prof. Dr. med. Heyo Eckel, Prof. Dr. med. Ulrich Hüttemann, Dr. rer. nat. Claus Rink

Rückfragen: Dr. Claus Rink, c/o Georisk GmbH, Schloß Türnich, 50169 Kerpen, Tel 0 22 37/6 12 22, oder e-mail: Internet: 100526.2351

@compuserve. com

e-mail: Compuserve: 100526,2351 e-mail: T-Online: Rink.UDS.

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