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Archiv "Arzneimittel-Hersteller/Selbstmedikation: Komplettangebot als Grundversorgung" (24.02.1995)

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Wer stellt die Rezepte aus?

2230 0 Globus Duellei WIdO Stand 1993

Die 11 5469 Kassenärzte in Deutschland stellten im Jahr 1993 rund 944,3 Millio nen Rezepte aus. Auf jeden Arzt entfielen damit im Durchschnitt 8 178 Verord nungen. Die Zahl der verschriebenen Medikamente hängt jedoch vom Fachgebiet des Arztes ab. Weit über dem Durchschnitt lagen die Allgemeinmediziner und Praktischen Ärzte mit 11 375 Rezepten je Arzt. Ebenfalls überdurchschnittlich vie- le Rezepte wurden von Internisten ausgestellt. Die wenigsten Verordnungen ka- men von Chirurgen. Globus/Arzneiverordnungs-Report '94 des WIdO, Bonn

POLITIK

D

er Arzneimittelherstellerver- band (BAH), der in erster Li- nie die Selbstmedikationsin- dustrie repräsentiert, baut auf das Versprechen von Bundesgesund- heitsminister Horst Seehofer, künftig der Selbstgestaltungskraft der Selbst- verwaltung und der Eigenverantwor- tung der Versicherten weitgehend Vorrang vor kollektivistischen, staatsdirigierten Regelun-

gen einzuräumen. Aller- dings, so der Hauptge- schäftsführer des BAH, Dr.

jur. Mark Seidscheck, vor der Presse in Bonn, könne der Staat von seiner Ver- pflichtung, Rahmenbedin- gungen vorzugeben und der Aufsichtspflicht im Ge- sundheitswesen zu genü- gen, nicht entbunden wer- den. Auch die Entwicklung der Selbstmedikation kön- ne nicht völlig auf staatliche Vorgaben verzichten — bei aller Bejahung der beab- sichtigten Deregulierung und der Vorrangigkeit der Selbstverwaltung. Schließ- lich könne nicht die gesam- te gesetzliche Krankenver- sicherung der freien Ge- staltbarkeit überantwortet werden, so Seidscheck. Ziel

AKTUELL

des Verbandes ist es allerdings, die Eigeninitiative und Eigenverant- wortlichkeit des einzelnen auch auf dem Gesamtarzneimittelmarkt durch Anreize zu verstärken. Auch bei ei- nem forcierten Wettbewerb der Krankenkassen um die Gunst der Mitglieder und einer Flexibilisierung der Vertragspolitik müßten die Kran- kenkassen ein sogenanntes Korn-

plettangebot kostenübernahme- pflichtiger und erstattungsfähiger Arzneimittel im Grundversorgungs- bereich garantieren. Darüber hinaus könnten ein frei gestaltbares Teilan- gebot zur Erstattung von Arzneimit- teln aufgebaut und entsprechend un- terschiedliche Beitragssätze berech- net werden. Wer die Erstattung soge- nannter chinesischer Medizin oder Ayurveda beanspruche, müsse dafür einen höheren Beitrag oder einen Di- rekt-Obolus entrichten, so der BAH.

Der Interessenvertreter der Selbstmedikationsindustrie sieht sich sowohl bei den Gesundheitspoliti- kern der Regierungskoalition als auch bei der Opposition auf einer Linie, künftig einen einheitlichen Grundlei- stungskatalog der gesetzlichen Kran- kenkassen zu verankern und insoweit den jetzigen Status quo durch den Staat festzuschreiben. Dies wäre auch die Konsequenz aus der Überlegung aus Kreisen der Koalitionsfraktion, die Vorgabe des Gesundheitsstruk- turgesetzes für die „Liste der verord- nungsfähigen Fertigarzneimittel" (so- genannte Positivliste) nicht ab 1996 umzusetzen (mit Hilfe einer speziel- len Verordnung).

Im übrigen seien die auf Selbst- medikation setzenden Arzneimittel- hersteller nicht darauf bedacht, Profi- te aus der Arzneimittelbegrenzung

via Positivliste zu erzielen.

Denn schließlich gebe es Wechselwirkungen zwi- schen dem Sektor der vom Positivlistenkatalog erfaß- ten Arzneimittel und der jenseits dieser Liste auf dem Markt befindlichen Präpa- rate. Schließlich könne den Apothekern nicht plausibel gemacht werden, daß dieje- nigen Präparate, die für die strengen Anforderungen der Positivliste nichts taug- ten, gerade noch gut genug seien, um auf den Selbstme- dikationsmarkt geworfen zu werden, so Seidscheck. Falls die Positivliste tatsächlich gestoppt oder erster Klasse beerdigt wird, dürften nicht der gleiche Fehler von der Selbstverwaltung wieder- holt und andere, „kongenia- le" Regulative in Kraft ge-

Arznei mittel-Hersteller/Selbstmed i kation

Komplettangebot

als Grundversorgung

Die Verbände der Arzneimittelindustrie liegen nach den ersten Gesprächen zur Vorberei- tung

der nächsten Stufe zur Strukturreform im Gesundheitswesen mit ihren Strategien un- verändert meilenweit auseinander. Während die forschende Industrie das sogenannte In- dikationsmodell mit einem dreigesplitteten Arzneimittelmarkt unverdrossen verficht, plä- diert der die mittelständische Arzneimittelindustrie in erster

Linie

repräsentierende

Bun- desverband

der Pharmazeutischen Industrie e.V.

(BPI)

für eine durchgehende prozentua- le Selbstbeteiligung der gesetzlich Versicherten an den Arzneimittelkosten in Höhe von et- wa 10 Prozent. Der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH) will das

Leistungsangebot der Krankenkassen auf ein sogenanntes Komplettangebot für erstat- tungs- und kostenübernahmepflichtige Arzneimittel im Rahmen des Pflichtleistungskata- logs festlegen. Darüber hinaus soll ein individuell gestaltbares und direkt bezahlbares Teilangebot der Krankenkassen zur Erstattung von Arzneimitteln zugelassen werden.

A-492 (26) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 8, 24. Februar 1995

(2)

POLITIK

setzt werden, so der Wunsch der Branche.

Allgemeine gesetzliche Rahmen- bedingungen müßten in erster Linie eine qualitative Förderung der Selbst- medikation initiieren. Nur bei einer qualitativen Förderung des Segments der Selbstmedikation seien auch quantitative Schübe und Umsatzstei- gerungen zu erwarten. Die Branche rechnet damit, daß sich der Anteil der Selbstmedikation, der heute bei rund 20 Prozent am Gesamtumsatz der Apotheken liegen dürfte, künftig auf rund 25 Prozent ausweiten könnte.

Vieles hänge allerdings von den Risi- ko-Einschätzungen der Firmen, aber auch von der Kaufkraft und von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung ab.

Preisverordnung beibehalten

Kompromißlos spricht sich der Bundesfachverband der Arzneimit- tel-Hersteller dafür aus, die geltende Arzneimittel-Preisverordnung beizu- behalten. In erster Linie müsse die freie Festsetzung des Hersteller-Ab- gabepreises und des einheitlichen Ab- gabepreises in Apotheken im Gesetz verankert bleiben. Nur so könne im Selbstmedikationssektor sicherge- stellt werden, daß Arzneimittel als

„Waren besonderer Art" in allen Apotheken auf breiter Angebotsebe- ne unmittelbar und durch den Großhandel zu gleichen Preisen ver- fügbar sind. Dadurch könne verhin- dert werden, daß die Apotheken in erster Linie das Arzneimittelangebot nach ökonomischen Gesichtspunkten selektierten und ausfilterten.

Mit der Festschreibung der ein- heitlichen Arzneimittel-Grundver- sorgung für alle Krankenkassen wären individuelle Preisverhandlun- gen zwischen den Krankenkassen und den Arzneimittelherstellern und -an- bietern auch nicht vereinbar. In die- sem Zusammenhang könne es keinen Kontrahierungszwang geben. Falls sich die Kontrahenten über einen be- stimmten Preis nicht einigen könnten, würde das einheitliche Arzneimittel- Grundangebot relativiert und zum Nachteil der Patienten ausgedünnt werden. Dr. Harald Clade

AKTUELL

Pflegeversicherung

S

eit Inkrafttreten des Pflegeversi- cherungsgesetzes am 1. Januar haben schon rund eine halbe Mil- lion Menschen in Deutschland einen Antrag auf Pflegeleistungen gestellt.

Der MDK habe bereits ein Viertel der Anträge bearbeitet, teilte der Medizi- nische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen anläßlich der er- sten Bundespflegekonferenz mit.

An der Konferenz nahmen Ver- treter von 52 Organsationen teil, die den neuen „Ausschuß für Fragen der Pflegeversicherung", kurz „Bundes- Pflegeausschuß" bilden. „Der Aus- schuß soll das Anlaufen der sozialen und privaten Pflegeversicherung be- gleiten und die Bundesregierung in al- len Fragen der Versorgung Pflegebe- dürftiger beraten", legte Bundesar- beitsminister Norbert Blüm dar.

Die bereits ausgesprochenen Empfehlungen des MDK zur Pflegebe- dürftigkeit verteilen sich wie folgt: 34,3 Prozent der Antragsteller erhalten ab 1. April Leistungen der Pflegestufe II, also ein monatliches Pflegegeld von 800 DM oder Sachleistungen bis zu 1 800 DM. Knapp 15 Prozent wurden Leistungen der Stufe III gewährt, das sind 1 300 DM Pflegegeld oder Sachlei- stungen bis zu 2 800 DM. Weitere 30,5 Prozent der Pflegebedürftigen sollen 400 DM oder Sachleistungen im Wert von bis zu 750 DM nach der Pflegestu- fe I erhalten. Nur rund ein Fünftel der Anträge wurde nach Aussagen des stellvertretenden Geschäftsführers des MDS, Peter Pick, negativ beschieden.

Dabei zeichnet sich ab, daß An- gehörige, Freunde und Bekannte die Betreuung von Pflegebedürftigen überwiegend selbst in die Hand neh- men wollen. Die Zahl derer, die die Übernahme der Pflege durch ambu-

lante Pflegedienste beantragt haben, liegt unter 20 Prozent.

Der Bundesarbeitsminister ap- pellierte an den MDK, Pflegeleistun- gen nur dem vom Gesetzgeber begün- stigten Personenkreis zu gewähren.

„Eine Begutachtungspraxis ,mit leich- ter Hand' wäre wegen der finanziellen Konsequenzen für die Leistungsfähig- keit der Pflegeversicherung fatal", be- tonte der Minister.

Für eine Anhebung des Beitrags- satzes sieht Blüm keine politischen Mehrheiten mehr. Eher kämen zum Ausgleich eines Finanzdefizits Lei- stungskürzungen in Betracht.

Probleme zeichnen sich auch bei der Finanzierung der Investitionskosten von Pflegeeinrichtungen ab. Im Vermitt- lungsverfahren war erwirkt worden, daß die Länder die Finanzierung der Investi- tionskosten für Pflegeeinrichtungen übernehmen sollen. Bislang sei jedoch keine Bereitschaft zu erkennen, daß die- se Forderung auch konsequent umge- setzt würde, warf Blüm den Ländern vor. Der Bundesarbeitsminister be- fürchtet, daß die Länder die Einsparun- gen in der Sozialhilfe von schätzungs- weise acht bis neun Milliarden DM pro Jahr zur finanziellen Entlastung der Kommunen nutzen könnten. „Die Kon- sequenzen wären zusätzliche Belastun- gen der Pflegebedürftigen in den Hei- men mit der Folge, daß ein Großteil der Heimbewohner weiterhin von der So- zialhilfe abhängig bliebe", äußerte er.

Seinen Optimismus will Blüm sich jedoch nicht nehmen lassen. Er baut darauf, daß alle Beteiligten ihren Bei- trag zum Erfolg der Pflegeversiche- rung leisten werden. Dabei sollte das avisierte Ziel, nämlich „Rehabilitation vor Pflege", nicht vergessen werden, betonte Blüm. Petra Spielberg

Harte Bewährungsprobe

Mit rund 1,4 Millionen Anträgen auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit rechnet Bundesar- beitsminister Norbert Blüm. Etwa 500 000 Anträge liegen den Medizinischen Diensten der Krankenkassen (MDK) knapp sechs Wochen vor Beginn der Leistungspflicht zur Begutach- tung vor; ein Fünftel davon wurde bereits bearbeitet. Die Zahlen stellte der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) bei einer ersten Bundespflegekonfe- renz in Bonn vor. Blüm appellierte an die Ärzte, bei der Begutachtung kritisch vorzugehen.

A-494 (28) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 8, 24. Februar 1995

Referenzen

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