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Archiv "Pankreasfunktionstests: Ist der Beste gerade gut genug?" (12.02.1999)

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A-344

M E D I Z I N EDITORIAL

(36) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 6, 12. Februar 1999

ine exokrine Pankreasinsuffizienz ist gemeinsames Hauptsymptom zahlrei- cher, meist chronischer Pankreaser- krankungen. Hauptursachen sind je- doch die chronische Pankreatitis und das Pan- kreaskarzinom. Das Pankreaskarzinom bewirkt jedoch erst dann eine exokrine Pankreasinsuffi- zienz, wenn es zu mehr als 60 Prozent den dista- len Pankreasgang verlegt (5) oder über eine massive Infiltration des Parenchyms zu einer Verminderung der Pankreassekretion geführt hat. Zunehmender Alkoholkonsum hat zur Fol- ge, daß immer häufiger bei Patienten mit unkla- ren Oberbauchbeschwerden und/oder unklaren Durchfällen eine Pankreaserkrankung nachge- wiesen oder ausgeschlossen werden muß.

Diagnostik der chronischen Pankreatitis

Bei Abklärung, ob eine chronische Pan- kreatitis vorliegt, wird oft auf morphologische Untersuchungsverfahren, wie Sonographie, Computertomographie (CT), endoskopischer Ultraschall (EUS), Magnetresonanz-Cholan- giopankreatikographie (MRCP) und endosko- pische retrograde Cholangiopankreatikogra- phie (ERCP) zurückgegriffen. Keinesfalls sollte aufgrund des Ergebnisses eines einzigen bildge- benden Verfahrens die Diagnose einer chroni- schen Pankreatitis gestellt oder ausgeschlossen werden. Ein unauffälliger Ultraschall- oder CT- Befund schließt eine chronische Pankreatitis keinesfalls aus. Die Wertigkeit des EUS und der MRCP für die Diagnostik der Frühstadien einer chronischen Pankreatitis sind noch unge- klärt.

Die ERCP ist der Goldstandard für den Nachweis von Pankreasgangveränderungen,

aber die Ergebnisse des Sekretin-Pankreozy- min-Tests (SPT) korrelieren besser als die der ERCP mit dem Goldstandard der Diagnostik einer chronischen Pankreatitis, nämlich der hi- stologischen Untersuchung von intraoperativ gewonnenem Pankreasgewebe (9, 10). Gang- veränderungen sind auch nicht immer Aus- druck einer chronischen Pankreatitis. Während einer schweren akuten Pankreatitis kommt es zu einer exokrinen Pankreasinsuffizienz und zu entzündlich bedingten Gangveränderungen.

Die Pankreasfunktion normalisiert sich in der Regel, Gangveränderungen können aber als Narben persistieren, ohne daß eine chronische Pankreatitis vorliegt (2, 17).

Es wäre also falsch, bei unklaren Ober- bauchbeschwerden und Nachweis von Pan- kreasgangveränderungen durch eine ERCP die Diagnose einer chronischen Pankreatitis zu stellen, wenn nicht auch andere Schmerzursa- chen sicher ausgeschlossen worden sind. Auch kann eine chronische Pankreatitis vorliegen, ohne daß in der ERCP typische Befunde nach- gewiesen werden können. Vergleichsuntersu- chungen der Ergebnisse von SPT und ERCP bei Patienten mit Verdacht auf chronische Pan- kreatitis zeigen nämlich, daß die exokrine Pan- kreasinsuffizienz den Gangveränderungen vor- ausgeht (11, 14).

Bestimmung der exokrinen Pankreasfunktion

Zur Überprüfung der exokrinen Pankreas- funktion stehen seit Jahren direkte Methoden, mit denen die Parameter der Pankreassekretion (Bikarbonat und Enzyme) erfaßt werden, und indirekte Methoden, bei denen aus dem Nach- weis einer verminderten Verdauungsleistung

Pankreasfunktionstests

Ist der Beste gerade gut genug?

Paul Georg Lankisch Iris Schmidt

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(Maldigestion) auf eine verminderte Pankreas- sekretion geschlossen werden kann, zur Verfü- gung. Zu den direkten exokrinen Pankreas- funktionstests gehören der Sekretin-Pan- kreozymin-Test und der Lundh-Test, zu den in- direkten der Pancreolauryl-Test (Urin- und Se- rumtest), die Chymotrypsin- und Elastase-1- Bestimmung im Stuhl sowie die quantitative Stuhlfettanalyse. Alle Tests wurden entwickelt, um eine exokrine Pankreasinsuffizienz nachzu- weisen. Kein Test gestattet jedoch die Differen- zierung, ob die Insuffizienz Folge einer chroni- schen Pankreatitis oder eines Pankreaskarzi- noms ist.

Der Sekretin-Pankreozymin-Test ist der Goldstandard der Pankreasfunktionsdiagno- stik, bei dem nach Plazierung einer Duodenal- sonde und nach Stimulation mit Sekretin und Cholezystokinin-Pankreozymin oder Sekretin und Caerulein der Duodenalsaft über meistens eine Stunde gesammelt wird und in dem Bikar- bonatkonzentration und Enzymsekretion von Amylase und Lipase bestimmt werden. Beim Lundh-Test erfolgt die Stimulation durch eine definierte Testmahlzeit.

Nicht alle Universitätskliniken und nur we- nige nicht universitäre Zentren verfügen zur Zeit über direkte Pankreasfunktionstests, weil ihre Schwierigkeit, insbesondere der technische Aufwand und die Kosten, überschätzt und die Aussagefähigkeit dieser Tests im Vergleich zu den zum Teil teureren bildgebenden Untersu- chungsverfahren bei der Diagnose der chroni- schen Pankreatitis unterschätzt wird.

Indirekte

Pankreasfunktionstests

Meistens werden daher außerhalb speziel- ler gastroenterologischer Zentren indirekte Pankreasfunktionstests verwandt, die bei ihrer Einführung in der Regel folgende Stadien durchlaufen:

Das Stadium der Illusion, das heißt der Ent- deckung einer hohen Sensitivität des Tests: In diesem Stadium erscheinen nur Publikationen, bei denen der Test bei Patienten mit schwerer exokriner Pankreasinsuffizienz (Steatorrhöe) getestet wurde und erfahrungsgemäß ist dann die Sensitivität sehr hoch.

Das Stadium der Desillusionierung folgt mit der Entdeckung der relativ geringen Sensi- tivität bei Patienten mit leichter bis mäßiger Funktionseinbuße und der fast gleichzeitigen

Entdeckung, daß der Test auch bei einer Reihe von anderen gastroenterologischen Erkrankun- gen pathologisch ausfallen kann. Somit ist zum Beispiel keine Differenzierung zwischen pan- kreatogener und nicht pankreatogener Diarrhöe beziehungsweise Steatorrhöe möglich.

Lange Zeit galt der Pancreolauryl-Test als der beste indirekte Pankreasfunktionstest, der bei diesen beiden Stadien im Vergleich zu ande- ren Untersuchungsmöglichkeiten die höchste Trefferquote erzielte (4, 13). In letzter Zeit ist viel Aufmerksamkeit der Elastase-1-Bestim- mung im Stuhl gewidmet worden, die in der Werbung als der neue Goldstandard der nicht invasiven Pankreasfunktionsdiagnostik emp- fohlen wird und mit deren Hilfe geklärt werden soll, ob bei Oberbauchschmerzen und Verdau- ungsstörungen das Pankreas beteiligt ist.

Dieser Test hat gegenüber anderen indirek- ten Untersuchungen den Vorteil, daß Pankreas- enzympräparate aus Schweinepankreatin nicht abgesetzt werden müssen, da spezifisch die hu- mane Elastase 1 erfaßt wird. Zahlreiche Unter- suchungen zeigen, daß eine schwere exokrine Pankreasinsuffizienz (Diagnose durch SPT und quantitative Stuhlfettanalyse gesichert) bezie- hungsweise eine schwere chronische Pankreati- tis (Diagnose durch ERCP/CT gesichert) mit ei- ner Sensitivität von 73 bis 100 Prozent erfaßt werden kann (1, 3, 6, 8, 15, 16, 18). Diese Treff- sicherheit ist aber auch von anderen indirekten Pankreasfunktionstests bekannt (4, 12, 13). Bei der leichten bis mäßigen Insuffizienz oder Er- krankung sind die Ergebnisse weit weniger überzeugend.

Die leichte Form der Insuffizienz oder der Erkrankung konnte nur mit einer Sensitivität von 0 bis 47 Prozent nachgewiesen werden (3, 6, 8, 15). Im Gegensatz dazu fanden Löser et al.

(16) eine Sensitivität von 63 Prozent und sogar 100 Prozent bei Patienten mit leichter bis mäßig schwerer Insuffizienz. Dies beruht möglicher- weise auf einer unterschiedlichen Beurteilung von Schweregraden der exokrinen Pankreas- funktionseinbuße in dieser Studie (16).

Der Anteil von Diabetikern in der Gruppe mit leichter bis mäßiger Insuffizienz war so hoch, wie er eher bei einer schweren Insuffizi- enz erwartet wird. Darüber hinaus wurde die Bikarbonatmenge und nicht die -konzentration zur Beurteilung herangezogen (13, 15, 18), was ebenfalls dazu geführt haben mag, daß bei man- chen Patienten die Insuffizienz zu leicht einge- stuft wurde. Weitere Untersuchungen sind an-

gezeigt. !

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Die Unterscheidung einer pankreatogenen von einer nicht pankreatogenen Steatorrhöe, also einem Symptom, wie es bei einer Pankreas- erkrankung, aber auch bei anderen Erkrankun- gen auftreten kann, gelingt nicht ausreichend.

In einer Untersuchung hatte die Mehrzahl der betroffenen Patienten mit einer nicht pankrea- togenen Malabsorption erniedrigte, also falsch positive, Elastase-1-Werte (1).

Auch ist der Test bei Diarrhöen unzu- verlässig, und die Stuhlprobe muß lyophyli- siert werden. Aber selbst dann blieben niedrige Elastase-1-Werte übrig, ohne daß eine dia- gnostische Entscheidung getroffen werden konnte (7).

Direkten Pankreasfunktionstest bevorzugen

Die Hauptprobleme für den Kliniker, näm- lich die Diagnose einer leichten bis mäßig schweren exokrinen Pankreasinsuffizienz oder chronischen Pankreatitis und die Unterschei- dung einer pankreatogenen von einer nicht pankreatogenen Steatorrhöe und Diarrhöe, bleiben also vorerst ungelöst. Und auch heute ist es noch so, daß das Beste bei der exokrinen Pankreasfunktionsdiagnostik gerade gut genug ist: Also entweder der Aufbau eines direkten Pankreasfunktionstests im eigenen Labor, wo- zu man nur Motivation, eine Duodenalsonde, eine Durchleuchtungseinrichtung zu deren Pla- zierung und eine Standardlaboreinrichtung benötigt. Die Alternative ist die Überweisung des Patienten in ein Zentrum, wo innerhalb von wenigen Stunden mit Hilfe des Sekretin- Pankreozymin-Tests eine pankreatogene Ursa- che von Durchfällen nachgewiesen oder ausge- schlossen oder der aufgrund bildgebender Ver- fahren bestehende Verdacht auf eine chroni- sche Pankreatitis untermauert werden kann.

Beide Lösungen sind nicht schwer und letztlich preiswerter, wenn man die unnötige Therapie mit teuren Pankreasenzymen bei Patienten mit falsch positiven Befunden oder die ebenfalls unnötige weitere Diagnostik bei Patienten mit unklaren Durchfällen oder Oberbauchbe- schwerden und falsch normalen Ergebnissen in- direkter Pankreasfunktionstests betrachtet.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1999; 96: A-344–346 [Heft 6]

Literatur

1. Amann ST, Bishop M, Curington C, Toskes PP: Faecal pan- creatic elastase 1 is inaccurate in the diagnosis of chronic pancreatitis. Pancreas 1996; 13: 226–230.

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Anschrift der Verfasser

Prof. Dr. med. Paul Georg Lankisch Medizinische Klinik

Städtisches Krankenhaus Bögelstraße 1

21339 Lüneburg Dr. med. Iris Schmidt Innere Abteilung

Integratives Gesundheitszentrum Vor dem Mühlentor 3

19258 Boizenburg

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