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Archiv "Ärzte überprüfen das eigene Verordnungsverhalten" (21.02.1992)

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Die Kassenärztliche Bundesver- einigung (KBV), Köln, hat sich erst kürzlich dafür ausgesprochen, zur Qualitätssicherung in der kassen- ärztlichen Versorgung sogenannte

„Qualitätszirkel" als freiwillige Ar- beitsgruppen niedergelassener Ärzte einzurichten, um so den Erfahrungs- austausch und die Erarbeitung von Standards zur Problemlösung zu för- dern. Dieser Vorschlag ist nicht ganz so neu, wie es scheint. Bereits seit 1986 wird das Konzept der Qualitäts- zirkel im Rahmen des Forschungs- schwerpunkts „Primärmedizinische Versorgung" der Medizinischen Ein- richtungen der Universität Düssel- dorf unter Leitung von Priv.-Doz.

Dr. med. Lieselotte von Ferber so- wie Prof. Dr. med. L. Alberti er- probt. Seit Januar 1990 wird im An- schluß an diese Erfahrungen ein Qualitätszirkel von der Kassenärztli- chen Vereinigung (KV) Hessen als Modellversuch durchgeführt. Dieses Vorhaben wird besonders gefördert von dem 2. Vorsitzenden, Dr. med.

Jürgen Bausch, Bad Soden, der hier- in zunächst eine Chance sieht, die Qualifizierung der Pharmakothe- rapie-Berater in den KV-Bezirksstel- len zu verbessern.

Der von der KV Hessen einge- richtete Qualitätszirkel hat sich bei- spielsweise mit der Arzneitherapie auseinandergesetzt. Beabsichtigt war mehr als ein lediglich subjektiv-un- verbindlicher Erfahrungsaustausch.

Durch methodisch kontrolliertes Vorgehen sollte ein gewisser Grad an Objektivität erreicht werden. Zu.

diesem Zweck wurden den Teilneh- mern (13 hausärztlich tätigen Ärz- ten) auf Antrag von den zuständigen Ortskrankenkassen Kopien der von ihnen während eines Quartals ausge- stellten Rezepte überlassen. Diese Daten wurden, nachdem sie anony- misiert und patientenbezogen sor- tiert waren, für jeweils 100 Patienten

pro Arzt von der Düsseldorfer Ar- beitsgruppe unter Leitung von Dr. med. Lieselotte von Ferber aus- gewertet. Auf der Basis dieser Ana- lyse konnten die Teilnehmer zum Beispiel erfahren, wieviele verschie- dene Medikamente einer Indikati- onsgruppe ihre Patienten erhielten, wie sich ihre Verordnungen auf Al- ter und Geschlecht der Patienten verteilten, wie groß der Anteil der Patienten eines Arztes war, dem eine bestimmte Wirkstoffgruppe (zum Beispiel Diazepine) verordnet wurde.

Von besonderem Interesse wa- ren dabei vor allem die häufig ver- ordneten Arzneimittelgruppen, für die nach wissenschaftlichen Er- kenntnissen entweder ein therapeu- tischer Nutzen fraglich ist (zum Bei- spiel Vasodilatoren, Antivarikosa), oder deren Einsatz risikoreich bzw.

kontraproduktiv sein kann (zum Bei- spiel Benzodiazepine). Es zeigte sich, daß diese Medikamentengrup- pen in erheblichem Umfang zur Ver- ordnungsroutine der Ärzte gehören, obwohl diese mit den Lehrmeinun- gen und Vorbehalten der Experten durchaus bestens vertraut sind. Die- ser Widerspruch läßt sich nicht durch Fortbildung im herkömmlichen Sinn auflösen.

Nach dem Konzept der „Quali- tätszirkel" lassen sich Verordnungs- routinen nur dann durchbrechen, wenn sie zunächst bewußt gemacht werden. Dies wird vor allem durch eine Dokumentation der tatsächlich erfolgten Verordnungen erreicht.

Für den einzelnen Arzt kommt dies einer klärenden, objektivierenden Selbsterfahrung gleich. Die Konfron- tation mit den objektiven Daten über die selbst getätigten Verordnungen führt nicht selten zur Wahrnehmung einer Diskrepanz zwischen tatsächli- chem, mitunter zu wenig qualitätsbe- wußtem Verhalten und den ideali-

sierten Vorstellungen vom eigenen Tun.

Ziel der Diskussion im Quali- tätszirkel ist es vor allem, sich selbst die Gründe für das Abweichen von den (bekannten) Verordnungsstan- dards klarzumachen und Lösungs- vorschläge für alternative Angebote an die Patienten beziehungsweise al- ternative Behandlungsstrategien zu erarbeiten. Dabei geht es nicht zu- letzt auch um die Frage, wie man mit Wunschverordnungen seitens der Patienten beziehungsweise ihrer Pflegepersonen umzugehen hat.

Daß über solch heikle Fragen des ärztlich-professionellen Selbst- verständnisses unter Kollegen be- reitwillig und produktiv gesprochen werden kann, liegt sicher vor allem daran, daß im Qualitätszirkel nach Balintgruppen-ähnlichen Regeln verfahren wird, nämlich

> in einem Klima der Toleranz („Die Meinung jedes Teilnehmers ist wichtig");

> in einem Klima der Offen- heit („Meinungen können frei geäu- ßert werden, denn sie werden ver- traulich behandelt");

I> in einem Klima gegenseiti- gen Verstehens („Die vertretenen Meinungen werden weder moralisch noch politisch gewertet").

• Ein wichtiges Diskussionser- gebnis aus dem Qualitätszirkel der KV Hessen war etwa die Erkenntnis, daß Pharmakotherapie nicht auf der Grundlage kontextfreier Expertenre- geln durchgeführt werden kann.

Vielmehr steht die Therapie in dem gleichen psychosozialen Kontext, in dem auch die Krankheit steht. Die- ser Kontext wird durch den individu- ellen Patienten vorgegeben.

Die Initiatorin dieser ärztlichen

„Selbsterfahrungsgruppe" auf der Basis von Rezeptanalysen, Priv.- Doz. Dr. med. Lieselotte von Ferber, registriert eine erfreulich hohe Ak- zeptanz bei den Teilnehmern. Das kommt etwa auch darin zum Aus- druck, daß die bisher teilnehmenden Ärzte beabsichtigen, selbst weitere Gruppen dieser Art zu initiieren und interessierten Kollegen anzubieten.

Dr. phil. Ingbert Weber Zentralinstitut für die

kassenärztliche Versorgung, Köln

Ärzte überprüfen das

eigene Verordnungsverhalten

Erfolgreicher Modellversuch einer Düsseldorfer Arbeitsgruppe

A1-532 (24) Dt. Ärztebl. 89, Heft 8, 21. Februar 1992

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