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Archiv "Europäischer Kardiologenkongress: Update in Therapie und Prävention" (23.09.2005)

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er Erfolg einer perkutanen koro- naren Intervention (PCI) hängt in hohem Maße von der begleitenden medikamentösen Therapie ab, die dar- auf abzielt, die Thrombozytenfunktion zu hemmen. Die CLARITY-TIMI-28- Studie hatte bereits gezeigt, dass der Zu- satz von Clopidogrel zu Acetylsalicyl- säure (ASS) die Ergebnisse der Fibrino- lyse bei Patienten mit ST-Hebungs-In- farkt verbessert. Zwei bis acht Tage nach der Fibrinolyse erhielt ein Teil der Pati- enten eine PCI. Eine neue Analyse, die PCI-CLARITY-Studie, fand nun, dass die Vorbehandlung mit Clopidogrel zum Zeitpunkt der Fibrinolyse die Patienten auch vor kardiovaskulären Ereignissen nach der PCI schützte.

In die Analyse, die anlässlich des Eu- ropäischen Kardiologenkongresses in Stockholm präsentiert wurde, gingen Daten von 1 863 Patienten ein. Davon hatten 933 zusätzlich Clopidogrel be- kommen (300 mg Startdosis, dann 75 mg einmal täglich) und 930 Placebo. Primä- rer Endpunkt waren kardiovaskulärer Tod, Re-Infarkt oder Schlaganfall in ei- nem Zeitraum bis 30 Tage nach der PCI.

Bei 3,6 Prozent der mit Clopidogrel vorbehandelten Patienten, aber bei 6,2 Prozent der Patienten, die Placebo er- halten hatten, waren solche Ereignisse aufgetreten (relative Risikoreduktion 47 Prozent). Dieser Schutzeffekt erwies sich als unabhängig vom Alter oder Ge- schlecht des Patienten oder von der Zeit bis zum Eingriff. Auch in der Wartezeit vor dem Zeitpunkt der PCI traten in der Clopidogrel-Gruppe um 38 Prozent we- niger Herzinfarktrezidive und Schlag- anfälle auf. Wie Studienleiter Prof. Dr.

med. Christopher P. Cannon (Boston) ergänzte, konnte pro 23 Patienten, die vor der PCI mit Clopidogrel behandelt wurden, ein schwerwiegendes kardio- vaskuläres Ereignis verhindert werden:

„Das ist ein erstaunlich großer Nutzen“, so Cannon.

Mit Faktor-Xa-Hemmer weniger Blu- tungen: In der multizentrischen, rando- misierten, doppelblinden und Placebo- kontrollierten OASIS 5/MICHELAN- GELO-Studie erhielten mehr als 20 000 Patienten mit akutem Koronarsyndrom das Antithrombotikum Fondaparinux – einen synthetischen Faktor-Xa-Hemmer – oder das niedermolekulare Heparin Enoxaparin zusätzlich zur Standard- therapie mit Thrombozytenfunktions- hemmern. In beiden Gruppen traten gleich häufig Herzinfarkte, Todesfälle oder kardiale Ischämien innerhalb von neun Tagen nach dem akuten Ereignis auf. Aber Patienten, die Fondaparinux bekamen, erlitten weniger Blutungskom- plikationen, wie Prof. Dr. med. Salim Yu- suf (Hamilton/Kanada) berichtete.

Der Anteil der Patienten, die wegen schwerer Blutungen mehr als vier Blut- konserven brauchten, betrug 1,3 Prozent im Vergleich zu 1,7 Prozent in der Hepa- rin-Gruppe. Nach sechs Monaten waren in der Heparin-Gruppe 6,3 Prozent, in der mit dem Faktor-Xa-Hemmer behan- delten Vergleichsgruppe 5,6 Prozent der Patienten verstorben. Die Häufigkeit von Tod und Herzinfarkt war mit 10,3 Prozent unter Fondaparinux ebenfalls niedriger als unter Heparin mit 11,2 Prozent.

Fibrinolyse vor PCI bringt keinen Benefit

Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass die primäre PCI in der Therapie des akuten Herzinfarkts der Fibrinolyse überlegen ist. Doch nur eine Minderheit der Patienten kann innerhalb der in Richtlinien empfohlenen 90 Minuten nach Eintritt des Infarkts behandelt wer- den. In der ASSENT-4-PCI-Studie woll-

te man deshalb prüfen, ob eine Fibrino- lyse in voller Dosis vor einer verzögerten PCI die Ergebnisse verbessern würde.

Von insgesamt 4 000 Patienten mit aku- tem Myokardinfarkt erhielt eine Grup- pe Tenecteplase plus unfraktioniertes Heparin und anschließend eine PCI in- nerhalb von ein bis drei Stunden. Die zweite Gruppe erhielt vor der PCI nur unfraktioniertes Heparin. Die vorausge- hende Fibrinolyse brachte jedoch keinen Nutzen – im Gegenteil: Nach 30 Tagen waren sechs Prozent der Patienten der Fibrinolyse-Gruppe, aber nur 3,8 Pro- zent der Vergleichsgruppe verstorben.

Diabetiker profitieren besonders von GPIIb-IIIa-Antagonisten: Bis zu einem Fünftel der Patienten mit akutem Koro- narsyndrom sind Diabetiker. Diese wei- sen häufiger zusätzlich eine einge- schränkte Nierenfunktion, eine links- ventrikuläre Funktionsstörung sowie ei- ne periphere Gefäßerkrankung auf. Die Koronarien selbst sind meist diffus von Atherosklerose befallen, es findet sich gehäuft eine Mehrgefäßerkrankung.

Nach koronaren Interventionen treten bei Diabetikern vermehrt Restenosen auf. Ihre 30-Tage-Mortalität nach aku- tem Koronarsyndrom liegt fast doppelt so hoch wie bei Patienten ohne Diabetes.

Aber sie profitieren auch signifikant mehr von einer frühen perkutanen In- tervention, von GPIIb-IIIa-Antagoni- sten sowie medikamentenfreisetzenden M E D I Z I N R E P O R T

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A2536 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 38⏐⏐23. September 2005

Europäischer Kardiologenkongress

Update in Therapie und Prävention

Ergebnisse zur Therapie des akuten Koronarsyndroms,

zur Sekundärprävention nach Infarkt und zur Bedeutung

kardiovaskulärer Risikofaktoren wurden diskutiert.

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Stents. Die ESC-Leitlinien empfehlen für Diabetiker mit akutem Koronarsyn- drom ausdrücklich den Einsatz von GPIIb-IIIa-Antagonisten. Diese Substan- zen können die 30-Tage-Mortalität von herzkranken Diabetikern nach den Er- gebnissen einer Metaanalyse um 26 Pro- zent vermindern. Bei Diabetikern mit perkutaner Intervention wurde sogar ei- ne Reduktion um 70 Prozent erreicht.

Auch langfristig kann das Risiko für Tod oder Myokardinfarkt durch eine in- vasive Strategie besonders deutlich bei Diabetikern gesenkt werden, wie eine Reihe von Studien zeigt. Registerstudien in den USA und in Europa weisen aller- dings aus, dass gerade den Diabetikern die Vorteile der interventionellen Thera- pie oft vorenthalten würden, wie Prof. Dr.

med. Marco Roffi (Zürich) bedauerte.

Stents differenziert einsetzen: Bei der Mehrzahl perkutaner koronarer Inter- ventionen werden heute Stents einge- setzt. Neue medikamentenbeschichtete Stents (Drug eluting stents/DES) erset- zen in der Behandlung von Gefäßveren- gungen immer mehr die herkömmlichen Metallstents, weil sie das Restenose-Ri- siko deutlich senken. In Deutschland ist man mit ihrer Implantation zurückhal- tender als in anderen Ländern, weil die Kosten für DES hierzulande besonders hoch sind. Ein routinemäßiger Einsatz sei weder aus medizinischen noch aus Kosteneffektivitätsgründen sinnvoll, hieß es in Stockholm.

Wirkstoff-Kombinationen

Für zwei Drittel aller koronaren Inter- ventionen mit Indikation zur Stent-Im- plantation genügten auch heute noch Metallstents. Das ist der Fall bei Gefäßen mit einem Durchmesser von mehr als 2,7 Millimetern, da die Restenoserate gering ist. Bei Patienten mit längeren Läsionen, Hauptstammstenosen, Stenosen an klei- nen Gefäßen und Diabetes mellitus aber können DES kosteneffektiv sein, da sie das Restenose-Risiko stärker senken.

Perindopril/Amlodipin überlegen: Die Ergebnisse des Hypertonie-Arms der ASCOT-Studie lieferten neue Evidenz dafür, dass moderne Antihypertensiva- Kombinationen kardio- und zerebrovas- kuläre Endpunkte effektiver verhindern als ältere Standardkombinationen. In der

ASCOT-Studie wurde Perindopril/Am- lodipin mit Atenolol/Thiaziddiuretikum in seinem Einfluss auf kardiovaskuläre Endpunkte verglichen. Eingeschlossen wurden mehr als 19 000 Hypertoniker,die keine koronare Herzerkrankung, aber mindestens drei weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren aufwiesen, wie Prof. Dr.

med. Peter Sever (London) berichtete.

Das Risiko, den primären Endpunkt (Myokardinfarkt oder Koronartod) zu erreichen, senkte die moderne Kombina- tion innerhalb der fünf Jahre Beobach- tungszeit gegenüber der etablierten um zehn Prozent. Dieser Unterschied ver- fehlte die statistische Signifikanz knapp, während sich bei anderen Endpunkten signifikante Unterschiede zugunsten von Perindopril/Amlodipin ergaben:

> fataler und nichtfataler Schlagan- fall minus 23 Prozent

> kardiovaskuläre Ereignisse insge- samt minus 16 Prozent

> Gesamtmortalität minus 11 Pro- zent

> kardiovaskuläre Mortalität minus 24 Prozent

> instabile Angina pectoris minus 32 Prozent

> periphere arterielle Erkrankung minus 35 Prozent

> Neuauftreten von Niereninsuffizi- enz minus 15 Prozent

> Neuauftreten von Diabetes minus 30 Prozent.

„Für viele Patienten sind moderne Antihypertensiva deshalb einfach die bessere Alternative“, betonte Yusuf. Da- bei gehe es heute nicht mehr um die Fra- ge, welches Medikament überlegen sei, sondern welche Kombinationen sich besser auf das Outcome auswirkten. Die Mehrzahl der Patienten benötige oh- nehin mehrere Medikamente.

Zur optimalen kardiovaskulären Prä- vention gehört auch die Lipidsenkung, deren Effektivität der andere Arm der ASCOT-Studie belegt.Nimmt man beide zusammen, zeigt sich, dass das kardiovas- kuläre Risiko durch eine moderne The- rapiestrategie (Perindopril-Kombination plus Statin) im Vergleich zu einer antihy- pertensiven Standardkombination ohne Statin fast halbiert werden kann.

Homocystein-Senkung beugt Neu-In- farkten nicht vor: Nicht erfüllt haben sich die Erwartungen, dass eine Senkung des Homocystein-Spiegels mit Vitamin B6

und Folsäure Herzinfarkt-Patienten vor einem Reinfarkt oder einem Schlaganfall schützt. Dies jedenfalls ist das Ergebnis der norwegischen NORVIT-Studie mit 3 749 Patienten.Wie zu erwarten, wurden durch die Gabe von Vitamin B6 und Fol- säure zwar die Serum-Homocystein- Spiegel deutlich von 14 auf 9 µmol/L ge- senkt.Aber es traten sogar mehr Herzin- farkte als in der Kontrollgruppe auf.

Betablocker initial bei Herzinsuffi- zienz: ACE-Hemmer bremsen die Pro- gression der Herzinsuffizienz und vermin- dern die Mortalität um etwa 25 Prozent.

Die Sterblichkeit lässt sich nochmals si- gnifikant um 35 Prozent senken, wenn man der Standardtherapie mit ACE-Hem- mern und Diuretika noch einen Beta- rezeptorenblocker hinzufügt. Dieser rela- tiv starke Effekt der Betablocker warf die Frage auf, ob man Patienten nicht zuerst mit einem Betablocker behandeln sollte und später erst den ACE-Hemmer hinzu- fügen sollte. Die CIBIS-III-Studie war darauf ausgerichtet zu klären, ob diese Option dem Standardvorgehen (ACE- Hemmer zuerst) nicht unterlegen ist. Ins- gesamt 1 010 Patienten über 65 Jahren mit einer stabilen leichten bis mittelschweren Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse II-III) erhielten entweder zunächst Bisoprolol (Zieldosis 10 mg) oder Enalapril (Zieldo- sis 10 mg). Ein halbes Jahr später wurde für die zweite Therapiephase das jeweils andere Medikament hinzugefügt.

Die Intent-to-treat-Analyse zeigte Si- gnifikanz dafür, dass die Bisoprolol- Enalapril-Therapie der Enalapril-Biso- prolol-Therapie nicht unterlegen war im Einfluss auf den primären Endpunkt Ge- samtmortalität plus Hospitalisationen.

Die Mortalität alleine war bei Beginn mit Bisoprolol relativ um zwölf Prozent, aber nicht signifikant geringer. Es zeigte sich aber ebenfalls ein Trend zu mehr Kran- kenhausaufnahmen wegen Verschlechte- rung der Herzinsuffizienz in der Bisopro- lol-Gruppe vor allem in der frühen Studi- enphase. In der Verträglichkeit und Si- cherheit waren beide Strategien gleich.

„Die Studie gibt dem Arzt die freie Wahl, die Therapie der Herzinsuffizienz entsprechend seinem klinischen Ein- druck entweder mit dem Betarezepto- renblocker oder dem ACE-Hemmer zu beginnen“, so Prof. Dr. med. Ronnie Wil- lenheimer (Malmö) zu den praktischen Konsequenzen. Dr. med. Angelika Bischoff M E D I Z I N R E P O R T

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A2538 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 38⏐⏐23. September 2005

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