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Archiv "Europäischer Kardiologenkongress: Therapie des akuten Koronarsyndroms in Bewegung" (21.09.2001)

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atienten mit akutem Koronarsyn- drom – Synonym für die instabile Angina pectoris und den Non-Q- wave-Infarkt – sollten zur Prophylaxe kardiovaskulärer Komplikationen zu- sätzlich zur Standardtherapie mit Ace- tylsalicylsäure nunmehr auch den Wirk- stoff Clopidogrel erhalten. Diese Emp- fehlung, die von internationalen Exper- ten auf dem Europäischen Kardiolo- genkongress in Stockholm ausgespro- chen wurde, basiert auf den Ergeb- nissen der CURE-Studie. Hierbei war das Risiko für Herzinfarkt, Schlagan- fall und kardiovaskulären Tod für Pati- enten, die nach dem neuen Regime be- handelt worden waren, um 20 Prozent niedriger als unter der herkömmlichen Therapie.

„Die CURE-Ergebnisse sind so ein- deutig, dass die derzeitigen Empfehlun- gen zur Therapie des akuten Koronar- syndroms zügig geändert werden müs- sen“, erklärte Prof. Hans-Jürgen Rupp- recht (Universität Mainz) in Stock- holm. Nach seinen Berechnungen könn- ten mit dieser Arzneimittelkombina- tion allein in Deutschland jährlich 10 000 Patienten gerettet werden. Prof.

Christopher Cannon (Harvard Medical School, Boston) interpretiert die Er- gebnisse in der Weise, dass Clopidogrel bei akutem Koronarsyndrom nicht mehr nur die Alternative zu Acetylsa- licylsäure (ASS) darstellt, sondern als Additivum angesehen werden müsse, da beide Antiaggregantien synergi- stisch wirkten.

Im Rahmen von CURE erhielten 12 562 Patienten randomisiert zur Stan- dardtherapie mit Acetylsalicylsäure (75 bis 325 mg) entweder Clopidogrel (300 mg als Initialdosis, dann 75 mg täg- lich) oder Placebo. An der Studie be- teiligten sich 482 Krankenhäuser aus

26 Ländern, wobei es sich hierbei um Einrichtungen der Regelversorgung und nicht um Spezialkliniken handelte. Von den 12 562 Patienten unterzogen sich 2 658 einer perkutanen Koronarinter- vention. Diese Patientengruppe wurde gesondert auch im Rahmen der PCI- CURE-Studie erfasst.

Die Kombination von ASS und Clopidogrel war in CURE (N Engl J Med 2001; 345: 494–502) bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom der ASS- Monotherapie signifikant überlegen.

Es zeigte sich, dass eine früh eingelei- tete und langfristig fortgeführte The- rapie mit Clopidogrel bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom das Risiko von Komplikationen um 20 Prozent (p < 0,001) verringerte. Dieser Effekt war nicht nur unabhängig davon, mit

welchen anderen Arzneimitteln die Patienten als Standardtherapie behan- delt worden waren (Heparin, ACE- Hemmer, Betablocker, Nitrate, Calci- umantagonisten, Lipidsenker), sondern auch von der individuellen Kran- kengeschichte der Patienten (Diabetiker, Hypertoniker, Alter, Geschlecht, High- risk- oder Low-risk-Patient).

Von der Arzneimittelkombination profitierten Patienten mit Koronarin- tervention (PCI-CURE-Studie. Lancet 2001; 358: 527–533) ebenso wie diejeni- gen, die nur konservativ be- handelt worden waren. Für diese Indikation steht die Zulassung für Clopidogrel zwar noch aus – allerdings hat in USA die Food and Drug Administration nun- mehr einem beschleunigten Prüfverfahren für den er- gänzenden Zulassungsan- trag zugestimmt.

In CURE betrug die mittlere Behandlungsdauer neun Monate (range: drei bis zwölf Monate). Bei der statistischen Auswertung fiel auf, dass viele Kompli- kationen bereits in den er- sten zwei Tagen verhindert werden konnten. Im weite- ren Zeitverlauf nahm dieser Effekt sogar zu – „wie eine Schere, die immer weiter aufgeht“, so Studienleiter Prof. Salim Yussof (McMas- ter University, Ontario): „Dies spricht dafür, dass man diese Kombination als Langzeittherapie, gegebenenfalls auch über neun Monate hinaus, durchführen sollte. Bei Langzeittherapie mit der Kombination sei allerdings Augen- merk auf ein erhöhtes Blutungsrisiko zu P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 38½½21. September 2001 AA2403

Europäischer Kardiologenkongress

Therapie des akuten

Koronarsyndroms in Bewegung

Die Ergebnisse der CURE-Studie zeigen neue Indikation für den Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel auf.

Medizinreport

Quo vadis Kardiologie? Auf dem Europäi- schen Kardiologenkongress wurde der Ruf nach neuen Konzepten für die Therapie von Koronarpatienten laut.

Foto: Andre Dudzinski/Agentur M. Hubauer

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richten, das sich in CURE mit etwa ein Prozent als relativ gering heraus- stellte.

„Die Zahl lebensbedrohlicher Blu- tungen nahm jedoch nicht zu“, so Prof.

Shamir Mehta (McMasterUniversity, Ontario). Schwere Blutungen hätte man mit Transfusionen oder allein durch Therapieunterbrechung bewäl- tigt. „In der CURE-Studie verhindert die Behandlung von 1 000 Patienten über neun Monate 27 kardiovaskuläre Ereignisse, jedoch müssen sechs Perso- nen mit Transfusionen behandelt wer- den.“ Für Mehta belegt dieses Rechen- exempel ein positives Verhältnis von Nutzen und Risiko.

Welche Konsequenzen hat CURE für die Praxis? Nachdem die thrombo- zytenaggregationshemmende Therapie in der Klinik eingeleitet wurde, obliegt es nach der Entlassung dem niederge- lassenen Arzt, die Patienten mit die- ser Kombination weiterzubehandeln. In Stockholm wiesen zahlreiche Kardiolo- gen in den Diskussionen darauf hin, dass die erhöhten Kosten für dieses Therapieregime angesichts der Budge- tierung nicht tragbar seien.

Für die Untersucher von CURE hin- gegen ist es aufgrund der aktuellen Da- tenlage gerechtfertigt, Hochrisikopati- enten mit einem nachweisbar effekti- veren, wenn auch teureren Medika- ment zu behandeln – wie Patienten nach Schlaganfall, Herzinfarkt, mit PAVK, Niereninsuffizienz, KHK, Dia- betiker und nach Bypassoperation. In diesen Gruppen verschiebe sich die Ko- sten-Nutzen-Relation auf jeden Fall zu- gunsten von Clopidogrel.

Trotz dieser positiven Studienergeb- nisse waren sich die Kardiologen in Stockholm einig, dass die medika- mentöse Risikoreduktion des Koronar- patienten wohl weitgehend ausgereizt sei. Es sei an der Zeit, neue Konzepte für Koronarpatienten zu entwickeln.

Bis dahin sei eine weitere Risikoreduk-

tion derzeit nur durch Prävention zu er- zielen. „Pharmakologisch werden wir – mit welchem Arzneiregime auch immer – nicht mehr als 20 Prozent erreichen;

allein durch Nikotinverzicht aber könn- te der Raucher sein statistisches Risiko um 60 Prozent verringern“, betonte Yussof.

Studien zur Prävention von Vorhofflimmern

Vorhofflimmern ist die häufigste tachy- karde Rhythmusstörung. Die Präventi- on zielt darauf ab, die Betroffenen vor einem drei- bis fünffach erhöhten Schlaganfallrisiko sowie vor Herzinsuf- fizienz, Angina pectoris und Synkopen zu bewahren. Die größte klinische Stu- die im Bereich atrialer Arrhythmien, die AFtherapy-Studie, kam zu dem Er- gebnis, dass eine präventive Schrittma- chertherapie hochwirksam gegen Vor- hofflimmern ist. Im Rahmen der Studie wurden 372 Patienten aus 34 Kliniken in zwölf Ländern mit einem neuen Zweikammer-Schrittmacher (Selec- tion, Firma Vitatron) versorgt, der das Auftreten von Vorhofflimmern oder -flattern durch vier Stimulationsalgo- rithmen verhindert. Auf diese Weise verringerte sich die Häufigkeit des Vor- hofflimmerns um durchschnittlich 30,4 Prozent. Der Zeitraum eines normalen Herzrhythmus verlängerte sich um 68 Prozent, und bei 46,2 Prozent der Pati- enten traten innerhalb von zwei Mona- ten keine Vorhofarrhythmien auf (Kon- trollgruppe: 26,8 Prozent).

„Außer dem benefit für die Patien- ten hat die Studie wesentliche Erkennt- nisse über atriale Arrhythmien und ih- re Entstehungsmechanismen erbracht“, so Dr. Ellen Hoffmann (München- Großhadern). Für Prof. Berndt Lüde- ritz (Universität Bonn) erweitert das neue Gerät die bisherigen Therapie- möglichkeiten: „Nun müssen wir Pati- entengruppen definieren, die von dem Schrittmacher profitieren können.“

Vorteilhaft sei, dass der Schrittmacher auch Jahre nach der Implantation ohne zusätzlichen chirurgischen Eingriff mit diagnostischer und therapeutischer Soft- ware aufgerüstet werden könne.

Die Prävention von Vorhofflimmern war auch die Fragestellung einer Stu-

die, die Prof. Günter Breithardt (Uni- versität Münster) mit seinem Team er- arbeitet hat. In die PAFAC-Studie wur- den jedoch gezielt Patienten mit chroni- schem Vorhofflimmern nach erfolgrei- cher Kardioversion eingeschlossen. Von den ursprünglich 1 182 Patienten, die innerhalb von 3,5 Jahren in 99 deut- schen und tschechischen Zentren für die Studie ausgewählt worden waren, konnten 848 erfolgreich kardiovertiert werden. Diese erhielten entweder Sota- lol (320 mg/Tag), ein Kombinations- präparat aus Chinidin (480 mg/Tag) und Verapamil (240 mg/Tag) oder Pla- cebo.

Eine Besonderheit der Studie war, dass alle Patienten mit einem Teleme- trie-EKG-Rekorder in Miniformat aus- gestattet waren, mit dem die Daten ein- mal am Tag telefonisch einer zentralen Auswertstelle in Echtzeit übermittelt werden konnten. Während der durch- schnittlichen Beobachtungszeit von 249 315 Tagen wurden 190 000 EKGs auf- gezeichnet. Bei 59 Prozent der Patien- ten wurde mindestens eine Episode von Vorhofflimmern registriert; insgesamt wurden 2 424 Ereignisse dokumentiert.

Wie Dr. Thomas Fetsch (München) in Stockholm berichtete, verringert die Therapie mit Antiarrhythmika nach Kardioversion das Auftreten von Vor- hofflimmern im Vergleich zu Placebo um den Faktor zwei bis drei. Die Kombination Chinidin/Verapamil war zur Prävention von Vorhofflimmern ge- nerell ebenso wirksam wie Sotalol.

Rezidive chronischen Vorhofflimmerns konnten in PAFAC jedoch wirksamer mit Chinidin/Verapamil verhindert wer- den. Das Sicherheitsprofil beider An- tiarrhythmika war vergleichbar – mit einer Ausnahme: Torsade-de-points- Tachykardien traten ausschließlich un- ter Sotalol-Therapie auf.

Das überraschendste Ergebnis der Studie war für die Untersucher jedoch, dass etwa 70 Prozent aller dokumentier- ten Rezidive von Vorhofflimmern für die Patienten unbemerkt – also ohne Krankheitszeichen – aufgetreten und lediglich durch das Tele-EKG aufge- deckt worden waren. Für Fetsch steht damit fest, dass das Aufreten von Sym- ptomen nicht mehr als klinischer Surro- gatmarker für Vorhofflimmern gelten könne. Dr. med. Vera Zylka-Menhorn P O L I T I K

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A2404 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 38½½21. September 2001

CURE-Studie = Clopidogrel in Unstable Angina to Prevent Recurrent Events

PCI-CURE = Clopidogrel in Unstable Angina to Prevent Recurrent Events in Patients with Percutaneous Coronary Intervention

AFtherapy = Atrial Fibrillation Therapy Study

PAFAC= Prevention of Atrial Fibrillation After Cardioversion Clopidogrel = Plavix®(Sanofi-Synthelabo); Iscover®(Bris- tol-Myers Squibb)

Referenzen

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