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Archiv "Importierte Malariainfektionen: 1 Mefloquin nur als Therapiereserve" (21.03.1991)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

DISKUSSION

Importierte

Malariainfektionen

Insbesondere zum Abschnitt Malariaprophylaxe gestatten Sie mir einige Anmerkungen. Es entsteht hier leicht der Eindruck, als sei das Mefloquin das Prophylaktikum der Wahl bei Reisen in Gebiete hoher Multiresistenz. Ich teile diese An- sicht nicht uneingeschränkt. Für mich als Betriebsarzt des fliegenden Personals der LTU, das häufig derar- tige Gebiete anfliegt, stellen sich die Nebenwirkungen des Mefloquins nicht so gering und selten dar. Das Mefloquin erfreute sich deshalb ins- gesamt nur geringer Akzeptanz und wird seit 1989 nicht mehr zur Pro- phylaxe empfohlen oder gar zur Ver- fügung gestellt. Das fliegende Perso- nal klagte in der Vergangenheit nach Einnahme des Mefloquins recht häu- fig über Schwindelgefühle und nach weiterer Nachfrage auch über psy- chische Alterationen, insbesonde- re depressive Verstimmungen. Ich glaube, daß bei Urlaubsreisenden psychische Reaktionen nur selten als Mefloquinnebenwirkung erkannt und dem Arzt berichtet werden. We- gen der möglichen neurologischen und psychischen Reaktionen ist das Mefloquin als Prophylaktikum beim Cockpitpersonal aus Sicherheits- gründen a priori abzulehnen.

Sicherlich bietet Mefloquin ge- genwärtig höheren prophylaktischen Schutz in Multiresistenzgebieten als die Chloroquin/Proguanil-Kombina- tion, jedoch dürfen die Auswirkun- gen der Nebenwirkungen nicht ver- harmlost werden. Aufgabe des bera- tenden Arztes muß es sein, darüber aufzuklären, daß bei regelrechter, das heißt mehrwöchiger Anwendung und wegen der langen Halbwertszeit sogar über die Urlaubszeit hinaus mit Einschränkungen auch im beruf- lichen Bereich durch Mefloquinne- benwirkungen zu rechnen ist. So kann durch Auftreten von Schwindel die Tauglichkeit zum Führen von

Zu dem Kurzbericht von Prof. Dr. med.

Wolfgang Bommer et al.

in Heft 19/1990

Kraftfahrzeugen, zum Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder mit be- stimmten Arbeitsstoffen einge- schränkt bis aufgehoben sein.

Jedem Malariaprophylaktikum — auch dem Mefloquin — ist zu eigen, daß es zu Prophylaxeversagern kom- men kann. Diese liegen nicht nur in einer Resistenzentwicklung, sondern sind sehr häufig in Anwendungsfeh- lern begründet. Nach Versagen einer Mefloquinprophylaxe muß aber we- gen der rund dreiwöchigen Halb- wertszeit bei Anwendung anderer Therapeutika, wie Chinin oder Chlo- roquin, mit einer Potenzierung der Nebenwirkungen gerechnet werden.

Wie leicht kann da die Behandlung ähnlich gesundheitsschädlich werden wie die Erkrankung. Im Zusammen- schau dieser Aspekte empfehle ich Mefloquin lediglich als Therapiere- serve, niemals als Prophylaktikum.

Dr. med. Peter Egler Arzt für Arbeitsmedizin

ehem. Betriebsarzt (FB) der LTU Werksarztzentrum Glinde/Reinbek Wilhelm-Bergner-Straße

W-2056 Glinde

2 Differenzierungen

I II

Mit der Zahl der importierten Malariafälle steigt auch die Zahl der Patienten mit sehr hohen Parasit- ämien und intensivmedizinischen Komplikationen. Dies deckt sich mit

dem Zahlenmaterial unserer tropen- medizinischen Abteilung: Im Zeit- raum von zwölf Monaten (Januar 1989 bis Januar 1990) behandelten wir 122 Malariapatienten. Hierunter waren fünf Patienten mit Parasit- ämien über 100 Promille. Fünf Pa- tienten hatten die Komplikationen Kreislaufschock und zerebrale Betei- ligung. Ein Patient entwickelte zu- sätzlich ein dialysepflichtiges Nie- renversagen, ein Leberversagen, so- wie ein beatmungspflichtiges ARDS.

Bei drei Patienten entschlossen wir uns bei akut lebensbedrohlichem Allgemeinzustand und Parasitämien von 220 Promille, 290 Promille und 390 Promille zu einem sofortigen kleinvolumigen Blutaustausch (Aus- tauschvolumen 25 ml/kg KG) bei gleichzeitiger hochdosierter intrave- nöser Chinin-/Tetracyclintherapie.

Alle Patienten konnten gesund ent- lassen werden.

Zu den Prophylaxe- und Thera- pieempfehlungen in den genannten Artikeln seien uns folgende Kom- mentare erlaubt:

Es wird wegen Resistenzen gegen Chinin als Monotherapie die Kombinationstherapie mit Chinin/

Fansidar® oder Chinin/Halfanc' oder Chinin/Fansimefe oder Chinin/Lari- ame angegeben. Chininresistenzen sind bisher äußerst selten und nur aus Nordthailand, nicht aus Afrika, dem Infektionsgebiet der meisten Reisenden dokumentiert. Wegen er- heblicher Nebenwirkungen der ein- zelnen Malariamittel halten wir eine Kombination der genannten Sub- stanzen nur in Extremfällen für ge- rechtfertigt. Auch bei lebensbedroh- lichen Situationen mit hoher Parasit- ämie konnte mit sofortiger intrave- nöser Chinintherapie (20 mg/kg KG als loading dose über vier Stunden, gefolgt von 10 mg/kg KG achtstünd- lich über je vier Stunden) in Kombi- nation mit 200 mg Doxycyclin/Tag bislang ausreichend therapiert wer- den.

Das Risiko eines Kreislauf- schocks unter Chinin/Lariam® ist deutlich höher als unter Chinin/Te- tracyclin. Die Behandlung mit einer Dreifach-Kombination von Chinin mit Fansimef® (Fansidar® + Lari- ame) halten wir aufgrund der Ne- benwirkungshäufung und der extrem

I 1

Mefloquin nur als Therapiereserve

Dt. Ärztebl. 88, Heft 12, 21. März 1991 (71) A-989

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unterschiedlichen Pharmakokinetik für nicht vertretbar.

Weiterhin sollte eine hochdo- sierte, konsequente Chinin-/Tetra- cyclintherapie — falls nicht zwingend erforderlich — nach wenigen Tagen, zum Beispiel während der Umstel- lung auf orale Behandlung, nicht durch ein anderes Therapieregime ersetzt werden. Unserer Erfahrung nach reduziert dies weder Behand- lungsdauer noch Relapsquote, son- dern führt zu einem unübersichtli- chen Therapiechaos, das bei eventu- ellen Medikamentennebenwirkun- gen oder später erneuter Nachbe- handlung nur Probleme schafft. Den Stellenwert von Halfan® soll eine derzeit laufende Multicenterstudie deutscher Tropeninstitute klären.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Kombination mit Chinin nicht zu empfehlen.

Q Als therapeutische Reserve bei der Durchführung der Kombina- tionsprophylaxe mit Resochin®/Pa- ludrine® werden Fansidar®, Hal- fan®, Fansimef®, Lariam® gleichwer- tig aufgeführt. In Multiresistenzge- bieten liegen häufig gleichzeitig Fan- sidarresistenzen vor. Im allgemeinen genügt somit dieses Präparat nicht als Reservetherapeutikum. Fansi- mef® als Kombinationspräparat von Fansidar® und Lariam® hat kaum therapeutische Vorteile, vereint je- doch die Nebenwirkungen beider Medikamente und hat unserer Mei- nung nach keine Berechtigung für obige Indikation. Bei noch zu gerin- ger Erfahrung mit Halfan sollte der- zeit Lariam als Notfallmedikament zur Selbstmedikation mitgegeben werden.

• Lariam als Primärprophylaxe wird in unserer Ambulanz nur für Reisen bis vier Wochen nach Kenia, Tanzania und Nordthailand empfoh- len. Längerfristige Einnahmen sind aufgrund schwerer Nebenwirkun- gen und langer Plasmahalbwertszeit nicht empfehlenswert. Weiterhin wird eine Resistenzentwicklung bei Einnahme über drei bis vier Wochen gefördert, da dann eventuell resi- stente Gametozyten von Anopheles- mücken aufgenommen und nach ge- schlechtlicher Vermehrung als resi- stente Erreger weiter übertragen werden können.

• Lariam darf nicht prophylak- tisch bei Piloten, Kraftfahrern, Tau- chern und Maschinenführern ange- wendet werden, bei denen eine hohe räumliche Koordination erforderlich ist.

• Auch unkomplizierte Fälle von Malaria tropica mit Parasit- ämien von ein bis zehn Prozent (10 bis 100 Promille) sollten mit Lariam®

oder Chinin/Tetracyclin oder Hal- fan® therapiert werden. Die empfoh- lene Behandlung mit 1800 mg Chlo- roquin ist unserer Erfahrung nach nur bis zu einer Erregerzahl von un- ter zehn Promille unter sechsstündli- cher Ausstrichkontrolle geeignet.

• Interessanterweise verhalten sich Cholesterinspiegel und Erreger- zahl teilweise, aber keineswegs regel- mäßig synchron. Für eine Verlaufs- kontrolle halten wir jedoch nur die engmaschige Parasitenzählung für aussagekräftig.

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Die Gefahr der Hypoglyk- ämie bei schwerer Malaria tritt nicht nur in der Schwangerschaft, sondern vor allem unter intravenöser Chinin- therapie bei schwerer Malaria tropi- ca auf. Wir führen bei unseren Inten- sivpatienten deshalb zwei- bis vier- stündliche Glukosebestimmungen durch.

• Hingewiesen sei noch auf Gefahr des interstitiellen Lungen- ödems durch Überinfusion. Trotz er- heblichen Fiebers können bereits kleine Infusionsmengen über Per- meabilit ätsstörungen im Lungen- kreislauf ein beatmungspflichtiges ARDS mitinduzieren. Eine begrenz- te parenterale und orale Flüssig- keitszufuhr unter engmaschiger Kontrolle des zentral-venösen Ve- nendrucks (bis 4 cm H 2O) hat sich bewährt.

Zur weiteren, näheren Informa- tion über Prophylaxe und Therapie der Malaria verweisen wir auf die Empfehlungen der Deutschen Tro- penmedizinischen Gesellschaft, die im Herbst 1990 erschienen sind.

Prof. Dr. med. Klaus Fleischer Dr. med. J. Wohlfart

Tropenmedizinische Abteilung Missionsärztliche Klinik Salvatorstraße 7

8700 Würzburg

In Anbetracht der relativ großen Anzahl importierter Malariainfek- tionen sowie der in den letzten Jah- ren immer komplizierter geworde- nen Resistenzprobleme ist es den Autoren sehr zu danken, eigene Er- fahrungen sowie den aktuellen Stand hinsichtlich Diagnostik, Therapie und Prophylaxe so übersichtlich dar- gestellt zu haben.

Es sei mir gestattet, einige Er- fahrungen hinzuzufügen, die ich während eines ärztlichen Aufenthal- tes im vergangenen Jahr in Kamerun sammeln konnte, wo ausschließlich M. tropica vorkommt, allerdings in einer sehr starken Verbreitung.

Es scheint in der Chemotherapie der M. tropica zwischen dem anglo- phonen und frankophonen Afrika ei- ne unterschiedliche medikamentöse Verfahrensweise zu bestehen. Wäh- rend im ersteren Wirtschaftseinfluß- bereich bei Chloroquinresistenz un- ter den neueren Medikamenten vor- rangig zu Fansidar und Mefloquin (Lariam) gegriffen wird, scheint im frankophonen Einflußbereich das Chinin (Quinimax) zu dominieren — mit guten jahrelangen Erfahrungen der Arzte. Bereits bei mittelschwe- ren Formen wird häufig mit Chinin- infusionen (Glukoselösungen) be- gonnen. Es kommt rasch zu Entfie- berung oder Abklingen des Be- schwerdebildes.

Selbst bei komatöser zerebraler Malaria, so berichtete ein französi- scher Kollege aus einem größeren Hospital, habe er während des ver- gangenen Dreivierteljahres mit die- ser Infusionsbehandlung stets eine Heilung erzielen können. Auf Resi- stenzprobleme gegenüber Chinin gab es keine Hinweise — sie wurden auch in Fachkreisen negiert. Resi- stenzen seien in besonders hohem Maße lediglich gegenüber Chloro- quin gesichert, aber auch bereits ge- genüber Fansidar. Rückfälle nach Chinintherapie könnte man sich trotzdem vorstellen, da in der Regel nicht sehr lange behandelt wurde — oft nur drei Tage. Todesfälle seien bei frühzeitigem Beginn damit je- doch immer verhütbar. Bemerkens- wert war aber besonders die gute

I 3 Malaria aus „frankopho- ner afrikanischer Sicht"

A-990 (72) Dt. Ärztebl. 88, Heft 12, 21. März 1991

Referenzen

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