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Archiv "Resistenzentwicklung bei selektiver Darmdekontamination: 2 Resistenzentwicklung auch auf unserer Intensivstation" (05.07.1990)

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Academic year: 2022

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DEUTSCHES

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Resistenzprobleme l Keine

Die Autoren, die über keine ei- genen Erfahrungen mit der selekti- ven Darmdekontamination (SDD) verfügen, versuchen den Eindruck zu erwecken, als ob SDD zwangsläufig zur Resistenzentwicklung von Bakte- rien führt. Dazu dienen ihnen vier (5, 6, 8, 11) von bisher neun (1, 3-11) publizierten Studien zu dieser Tech- nik. Nur in einer der als Beleg ange- führten Studien werden Angaben zur vermehrten Resistenzentwick- lung gemacht. Diese Arbeit (5) weist erhebliche Mängel in Studienanlage und Analyse gerade der mikrobiolo- gischen Befunde auf.

Die Autoren beschreiben eine Abnahme der Enterobakterien und Pseudomonaden unter SDD, aber ei- ne prozentuale Zunahme an Ra- chen- und Trachealabstrichen mit Staphylococcus epidermidis. Klinisch bedeutsam aber ist, daß es in der Kontrollgruppe zu 13 Pneumonien mit S. epidermidis oder Enterokok- ken kam, verglichen mit nur zwei Pneumonien in der SDD-Gruppe.

Die Resistenzentwicklung ist auf unübliche Weise analysiert. Die Au- toren berechnen den Prozentsatz re- sistenter Keime aller in Rachen- und Trachealabstrichen isolierten Erre- ger gegenüber den bei SDD verwen- deten Antibiotika. Die Cefotaxim- Resistenz bei S. aureus nahm von 0,4 Prozent auf 20 Prozent der 215 unter SDD isolierten Stämme zu. An ande- rer Stelle der Arbeit ist ersichtlich, daß nicht mehr als fünf von diesen Patienten mit S. aureus kolonisiert gewesen sein können. Da bei jedem Patienten dreimal wöchentlich ein Rachenabstrich und Trachealsekret untersucht wurde, ist der gleiche

Stamm aus Rachen oder Trachea mehrfach gezählt („Copy strains") Wenn nur ein oder zwei Patienten (weniger als 2 Prozent) mit einem ce- fotaximresistenten S. aureus koloni- siert waren, wird auf diese Weise der Eindruck einer Zunahme der Cefo- taxim-Resistenz erweckt. Dabei bleibt die Frage offen, ob diese Pa- tienten schon mit dem cefotaxim- und methicillinresistenten S. aureus aufgenommen wurden und ob sie nicht auch mit einem konventionel- len Antibiotikaregime sehr schwierig zu behandeln gewesen wären.

Das gleiche gilt mutatis mutan- dis für die „Resistenzentwicklung"

bei den Enterobakterien und Pseu- domonaden. In der Kontrollgruppe waren 42 Keime (7,3 Prozent von 575 isolierten Enterobakterien) cefota- ximresistent, während in der SDD- Gruppe nur 27 resistente Keime ge- funden wurden (11,5 Prozent von 235), was eine Abnahme der Präva- lenz und keine Zunahme darstellt.

Außerdem ist, aus epidemiologischer und klinischer Sicht, nicht der Pro- zentsatz der Keime maßgebend für die Resistenzentwicklung, sondern die Anzahl der Patienten, die mit solchen Keimen kolonisiert sind, so- wie die Keimzahl beim einzelnen Pa- tienten.

Eine kürzlich erschienene Stu- die zu diesem Thema zeigt, daß eine Kleinraumepidemie mit multiresi- stenten gramnegativen Erregern auf einer Intensivtherapiestation mit konventioneller Antibiotikapolitik durch SDD beherrscht werden kann.

(2). Wir halten SDD für einen viel- versprechenden Ausweg aus dem therapeutischen antibiotischen Di- lemma in der Intensivmedizin. Auf- grund eigener Untersuchungen und langjähriger klinischer Erfahrung

propagieren wir diese Methode als Verfahren der Wahl während Inten- sivbehandlung.

Literatur bei den Verfassern Priv.-Doz.

Dr. med. Ulrich Hartenauer Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Westf. Wilhelms-Universität Albert-Schweitzer-Straße 33 4400 Münster

Rick van Saene, M. D. Ph. D.

Senior Lecturer

Department of Med. Microbiology University of Liverpool,

Liverpool, UK

Chris Stoutenbeek, M. D. Ph. D.

Director of Intensive Care Unit Onze Lieve Vrouwe Gasthuis 1e Oosterparkstraat 179, 1091 HA Amsterdam The Netherlands

Dr. med. Bernhard Thülig Assistent der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Universität Münster/Westf.

Albert-Schweitzer-Straße 33 4400 Münster

Den Autoren ist für die kurze und prägnante Übersicht sowie für die Warnung vor einer Resistenzent- wicklung gegen bei der selektiven Darmdekontamination (SDD) pro- phylaktisch verwendete Antibiotika zu danken.

Nachdem in der Literatur über eine eindrucksvolle Senkung der Häufigkeit nosokomialer Infektio- nen durch die SDD berichtet worden war, führten wir ab 1. Februar 1988 auf unserer Neurologischen Intensiv- station für Intubierte (ca. 40 Prozent aller Patienten) die prophylaktische Gabe von Polymyxin E, Gentamicin und Amphotericin B bukkal und en- teral sowie von Cefuroxim in den er- sten drei bis fünf Tagen parenteral ein. Wir stellten fest, daß die ge- nannte Kombination gegen den Ga- strointestinaltrakt besiedelnde Ser- ratien nicht wirksam war. Deshalb

Resistenzentwicklung bei selektiver

Darmdekontamination

Zu dem Kurzbericht von Dr. med. Ines Kappstein und Prof. Dr. med. Franz Daschner in Heft 41/1989

I

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Resistenzentwicklung auch auf

unserer Intensivstation

Dt. Ärztebl. 87, Heft 27, 5. Juli 1990 (61) A-2173

(2)

FIR SIE REFERIERT

wurde Gentamicin ab 1. April 1989 durch Tobramycin ersetzt, ohne daß hierdurch eine Kolonisation des Darmes mit Serratien verhindert werden konnte.

Die mikrobiologische Routine- überwachung beinhaltete zweimal wöchentlich die Untersuchung von respiratorischem Sekret und Urin, einmal wöchentlich die Bestimmung von Pilz-Antikörper- und -Antigenti- tern im Blut. Wir verglichen die aus respiratorischen Sekreten und Urin aller Patienten unserer Station ange- züchteten Bakterienstämme der Zeiträume zwölf Monate vor und 18 Monate während der Anwendung von SDD miteinander. Unter SDD kam es zu einer alarmierenden Zu- nahme der Resistenz von Staphylo- coccus aureus und epidermidis gegen Cefuroxim, Oxacillin (Methicillin- Resistenz) und gegen Amino- glykosid-Antibiotika. Die Häufigkeit aminoglykosidresistenter Pseudomo- naden stieg ebenfalls an. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse haben wir das SDD-Konzept verlassen. Es wird nun geprüft, ob sich die Resi- stenzlage wieder verbessert.

Dr. med. Roland Nau Thomas Winkelmann

Prof. Dr. med. Hilmar W. Prange Abteilung Neurologie

PD Dr. med. Reinhard Rüchel Medizinische Mikrobiologie Dr. med. Hamparzum Mergerian Abteilung Allgemeine Hygiene Ulrich Wegener

Abteilung Medizinische Informatik Universität Göttingen

Robert-Koch-Straße 40 3400 Göttingen

Die einfachste Form der Kritik ist folgende: C) Die Kritiker haben selbst keine Erfahrung mit der Me- thode. 0 Die zitierten Arbeiten sind schlecht.

Auf diese Ebene der Kritik wol- len wir uns nicht begeben. Die von uns zitierte Publikation über die Re- sistenzentwicklung bei SDD stammt aus der Arbeitsgruppe um Ahnefeld, die ja nicht unbedingt zu den schlechtesten in Deutschland gehört.

Außerdem wurde die Arbeit in einer

der besten deutschsprachigen anäs- thesiologischen Zeitschriften nach entsprechender fachlicher Begutach- tung publiziert.

Der Leserbrief von R. Nau et al.

zeigt mehr als deutlich, daß unsere Befürchtungen richtig sind. Leider kann aus redaktionellen Gründen die dem Leserbrief beigefügte Tabel- le nicht publiziert werden. Unter SDD stieg beispielsweise in Göttin- gen die Oxacillinresistenz von S. au- reus von 1,4 Prozent auf 14,1 Pro- zent, die Gentamicin-Resistenz von 5,4 Prozent auf 52,7 Prozent! In den letzten sechs Monaten wurden wir von weiteren drei Intensivpflegesta- tionen in Deutschland um ein kran- kenhaushygienisches Konsil gebeten, weil auch dort unter SDD ein drama- tischer Anstieg von oxacillinresisten- ten Staphylokokken aufgetreten war.

Die Situation in Münster ist si- cher eine ganz besondere: Die Kolle- gen verfügen über eine große inten- sivmedizinische Erfahrung, gleich- zeitig haben sie große infektiologi- sehe Erfahrung, gleichzeitig eine ei- gene Hygienefachschwester für die Intensivstation, und gleichzeitig ist das zuständige Hygieneinstitut sehr an klinisch-infektiologischen Frage- stellungen interessiert, und es erfolgt daher eine ausgezeichnete Überwa- chung der Intensivpatienten. Bei derartig optimalen Voraussetzungen ist natürlich gegen SDD überhaupt nichts einzuwenden, weil hier Resi- stenzprobleme zum frühestmög- lichen Zeitpunkt entdeckt werden und sofort entsprechend kranken- haushygienisch reagiert werden kann. Wir wünschen den Intensivsta- tionen, die SDD übernehmen wol- len, erst einmal eine ähnliche infek- tiologische und krankenhaushygieni- sche Basis, bevor wir uns dem Wunsch von Hartenauer et al. nach rascher Verbreitung der Methode anschließen könnten. Notabene!

Selbst Initiatoren von SDD, wie zum Beispiel Unertl et al. in München, behandeln nur ca. 13 Prozent ihrer Patienten mit SDD.

Dr. med. Ines Kappstein Prof. Dr. med. Franz Daschner Klinikhygiene, Universitäts- klinikum Freiburg

Hugstetter Straße 55 7800 Freiburg i. Br.

Erfahrungen

mit rekombinantem Erythropoietin

Die Anwendung gentechnologi- scher Methoden hat wesentlich zum Verständnis von Erythropoietin (Epo) beigetragen. Die Struktur des kodierenden Gens, dessen Regula- tion und zelluläre Expression, die Regulation der Produktion und die Pharmakokinetik des Hormons, die Biologie der Epo-Rezeptoren und der klinische Nutzen von Epo bei der renalen Anämie sind heute bekannt

Die Verfügbarkeit des rekombi- nanten humanen Epo (rh-Epo) machte klinische Versuche mit dem Hormon bei Patienten mit Epo-Defi- ziten möglich. Die ersten Versuche wurden in England und den Verei- nigten Staaten durchgeführt. In di- versen Studien erhielten schwer an- ämische Patienten mit chronischem Nierenversagen rh-Epo mit der Fol- ge einer deutlichen Besserung der Hämoglobin- und Hämatokrit-Wer- te. Auf Transfusionen konnte ver- zichtet werden.

Erythropoietische Inhibitoren, von einigen Forschern bei der Patho- genese der Anämie von chronischem Nierenversagen angenommen, reich- ten nicht aus, um die Reaktion abzu- schwächen.

In einer Studie erhielten einige Patienten mit nahezu normalen Hä- matokrit-Werten mehr als zwei Jah- re lang rh-Epo ohne Zeichen von Anti-Epo-Antikörperbildung oder reduzierter Reaktionsfähigkeit. Zur Zeit scheint es klar, daß rh-Epo ein effektives Heilmittel sein wird und eine verbesserte Rehabilitation so- wie die Prävention von Komplikatio- nen wiederholter Transfusionen er- wartet werden können. Ermutigende vorläufige Ergebnisse wurden auch von Patienten mit Anämie bei pri- märchronischer Polyarthritis berich- tet. Jhn

Adamson, J.W.: Erythropoietin: in vitro and in vivo studies of the regulation of ery- thropoiesis. Schweiz. med. Wschr. 118 (1988) 1501-1506.

Dr. J.W. Adamson, Division of Hemato- logy, Dept. of Medicine RM-10, University of Washington, Seattle, Washington 98195, USA.

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Schlußwort

A-2174 (62) Dt. Ärztebl. 87, Heft 27, 5. Juli 1990

Referenzen

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