DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Das Vorhaben des Bundesgesundheitsmini- steriums, in einer—wegen der beabsichtigten Verschiebung der AiP-Phase notwendigen — Neufassung der Bundesärzteordnung die Dritte Ärztliche Prüfung ausdrücklich als
„Abschluß des Medizinstudiums" zu dekla- rieren, schlägt in der Ärzteschaft hohe Wel- len. Sollten die Bundesländer auf diese „Ver- deutlichung" eingehen und künftig eigene Hochschulgrade für Absolventen des Medi- zinstudiums kreieren (beispielsweise „Di- plom-Mediziner" oder „Magister der Medi- zin") dann — so wird befürchtet — würde vom Arztberuf ein „Medizinerberuf" abgespalten, was in der allgemeinen Öffentlichkeit zu
größter Verunsicherung führen müßte. Mit ei- ner Fülle weiterer Bedenken gegen solche Vorstellungen befaßte sich am 12. September eingehend der Vorstand der Bundesärzte- kammer in Köln, nachdem am Vortag die ärzt- lichen Körperschaften mit wesentlichen ärzt- lichen Verbänden die Problematik erörtert hatten. Die Bundesärztekammer veröffent- lichte danach die hier wiedergegebene offi- zielle Stellungnahme zum Entwurf eines Ge- setzes zur Änderung des Artikels 2 des 4. Ge- setzes zur Änderung der Bundesärzteord- nung, der Bundesärzteordnung und des Ge- setzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (Zwischenzeilen von der Redaktion eingefügt).
Die Bundesärztekammer mahnt:
up
ie Bundesärztekammer be- grüßt, daß durch die Vorlage des Entwurfes einer 5. Ver- ordnung zur Änderung der Ap- probationsordnung nunmehr endlich Rechtssicherheit herbei- geführt und die Konsequenz aus der nach langer, teils heftiger Diskussion durch den Bundes- tag im März 1985 beschlossenen Neufassung der Bundesärz- teordnung gezogen werden sol- len.Die Bundesärztekammer hält je- doch die in Aussicht genomme- ne Verschiebung der Einführung der „Arzt-im-Praktikum-Phase"
nicht für gerechtfertigt.
Insbesondere ist die Begrün- dung, wonach die Verlegung des Beginns dieser Phase vom 1. Juli 1987 auf den 1. Juli 1988 angeb- lich notwendig geworden ist, um die als weiteren Teil der ärzt-
lichen Ausbildung eingeführte Tätigkeit als Arzt im Praktikum durch rechtzeitige Bereitstellung der Ausbildungsplätze „sicher- zustellen", nicht schlüssig. Le- diglich die verspätete Zuleitung des Entwurfs der 5. Novelle zur Änderung der Approbationsord- nung an den Bundesrat hat viel- mehr die Beteiligten daran ge- hindert, frühzeitig die für die Durchführung der AiP-Phase notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.
Der Vorstand der Bundesärzte- kammer sieht in der Verschie-
Keine
Verwirrung der Berufs- bei bezeichnung!
bung des Termins zur Einfüh- rung eines „Arzt im Praktikum"
für den Studenten nur Nachteile.
„Verdeutlichungs"zusatz überflüssig und bedenklich Die in der als Folge der Termin- verschiebung erforderlichen Än- derung der Bundesärzteordnung vorgesehene „Verdeutlichung", mit dem Bestehen der ärztlichen Prüfung sei der erfolgreiche Ab- schluß des Medizinstudiums er- reicht, ist nach Auffassung der Bundesärztekammer nicht nur überflüssig, sondern bedenklich.
Bereits seit Jahrzehnten ist klar, daß derjenige, welcher gemäß der Bestallungsordnung von 1953 keine Medizinalassisten- tenzeit ableistete, keine Appro- bation besaß, damit nicht zur Ausübung des ärztlichen Beru- fes berechtigt und somit „Nicht-
Arzt" war. Personen, die das Hochschulstudium abgeschlos- sen hatten, ohne die Approbation zu erwerben, konnten allerdings auch bisher schon bestimmte Tä- tigkeiten im Bereich der „Theore- tischen Medizin" an der Hoch- schule oder im Rahmen der Bera- tung für pharmazeutische Firmen ausüben sowie als Medizinjour- nalisten tätig werden.
Das Zeugnis über die erfolgrei- che Absolvierung des Dritten Teils der ärztlichen Prüfung reichte aus, um als wissenschaft- licher Assistent gemäß § 47 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) eingestellt zu werden, so- fern er entsprechend den vorge- nannten gesetzlichen Bestim- mungen die Promotion abge- schlossen hatte. Das Zeugnis über den Dritten Teil der ärzt- lichen Prüfung gab ebenso die Möglichkeit, als Pharmaberater oder in Forschung und Verwal- tung tätig zu werden.
Große Verunsicherung der Bevölkerung befürchtet Durch die in dem Entwurf Artikel 2, Nr. 1) Buchstabe a) bb) in Aus- sicht genommene Ergänzung von § 3 Abs. 1 Nr. 4 der Bundes- ärzteordnung in der Fassung vom 14. Oktober 1977 (BGBl. I S.
1885), zuletzt geändert durch Ar- tikel 35 des Gesetzes vom 18. Fe- bruar 1986 (BGBl. I S. 265) wird aufgrund der Einführung des Klammerzusatzes „(Abschluß des Medizinstudium)" überflüs- sigerweise hervorgehoben, daß Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 39 vom 24. September 1986 (19) 2583
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Bundeskongreß
„Diplom-Mediziner”
die Länder und Hochschulen die Möglichkeit haben, im Rahmen des § 18 Abs. 1 HRG*) Hoch- schulgrade aufgrund von staat- lichen Prüfungen zu verleihen, die einen berufsqualifizierenden Abschluß bedeuten oder ein Hochschulstudium abschließen.
Danach können Absolventen ei- nes Medizinstudiums, die ihre Ausbildung mit dem Abschluß des Hochschulstudiums been- den und nicht als Berufsziel
„Arzt" haben, eine besondere Bezeichnung führen. Zwar ist in der Begründung kein Hinweis darüber enthalten, wie eine der- artige Bezeichnung lauten könn- te, doch ist zu befürchten, daß die Bezeichnung „Diplom-Medi- ziner" oder aber in Anlehnung an bisher schon gültige Hoch- schulregelungen die Formulie- rung „Magister der Medizin"
oder „magister medicinae" als besondere Berufsbezeichnung eingeführt werden könnten. Dar- über hinaus würde jedes Bun- desland geradezu aufgefordert, unterschiedliche Bezeichnun- gen zu kreieren. Derart verwir- rende Bezeichnungen in der Bundesrepublik müßten jedoch zu größter Verunsicherung der allgemeinen Öffentlichkeit und vor allem beihilfesuchenden Pa- tienten führen.
Die Bundesärzteordnung regelt gesetzlich die Ausbildung von Ärzten. Es ist daher widersinnig, wenn in diesem Gesetz insbe- sondere auf Möglichkeiten hin- gewiesen wird, die sich auf Per- sonen beziehen, welche nach dem Willen der Bundesregie- rung keine Ärzte sind. Daher sollte die in Aussicht genomme- ne Ergänzung (Klammerzusatz) entfallen. Die Bevölkerung darf nicht dadurch verunsichert wer- den, daß mit Formulierungen wie
„Diplom-Mediziner" oder „Magi- ster der Medizin" oder „magister medicinae" Verwechslungen mit Ärzten möglich sind.
Im Rahmen der medizinischen Berufe könnte es in Zukunft zwei Gruppen geben
— den „Arzt" mit dem Abschluß des Medizinstudiums und der praktischen Ausbildung und da- nach erteilter Approbation, die ihn zur Ausübung der Heilkunde berechtigt — und daneben
— den „Mediziner", der lediglich das Medizinstudium absolviert hat.
Erhebliche Gefahren
für das Ausbildungsziel Arzt Die Bundesärztekammer sieht bei einer solchen Regelung er- hebliche Gefahren für das einzi- ge Ziel der Approbationsord- nung, nämlich einen approbier- ten Arzt auszubilden. Dafür sind in der Approbationsordnung 1970 praktische Übungen in der klinischen Medizin eingeführt worden, die eine patientenbezo- gene medizinische Ausbildung fördern. Es ergibt deswegen kei- nen Sinn, für „Diplom-Medizi- ner", die nach dem Willen des Gesetzgebers an der theoreti- schen Medizin tätig werden könnten, die Ausbildung zum Arzt zu eröffnen und dies in der Bundesärzteordnung festzu- schreiben. Darüber hinaus be- steht die Gefahr, daß entgegen der Definition in der Approba- tionsordnung die Hochschulleh- rer nicht mehr von dem Ausbil- dungsziel „Arzt", sondern von dem Ziel „Diplom-Mediziner"
o. ä. bei ihren Lehrveranstaltun- gen geleitet werden. Dies jedoch könnte in der Folge geradezu ei- nen zweiten Studiengang provo- zieren.
Nach Auffassung der Bundesärz- tekammer sollte daher auf Rege- lungen, die den Anschein erwek- ken, als gäbe es neben dem Arzt einen weiteren Medizinerberuf, verzichtet werden.
Dr. med. Karsten Vilmar, Präsident
der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages
*) Hochschulrahmengesetz
Freie Berufe
• Fortsetzung von Seite 2582 ziell im Hinblick auf die überfälli- ge Beseitigung Benachteiligung der Selbständigen bei der Risi- kovorsorge wollte Kohl wegen des noch nicht in allen Details abgestimmten Gesamtkonzepts nicht machen.
Tatsache ist, und der BFB unter- strich dies in einer Entschlie- ßung: Die Selbständigen in Han- del, Handwerk und in der Dienst- leistungswirtschaft sowie die freien Berufe haben bei dem
„Vorwegabzug" in Höhe von 3000 DM jährlich nur ein höchst unzulängliches steuerliches Äquivalent zur Steuerfreiheit des Arbeitgeberfreibetrages bei ab- hängig Beschäftigten. Mithin be- steht in diesem Jahr eine steuer- liche Benachteiligung der Selb- ständigen und Freiberufler von fast 8000 DM (bei einem steuer- freien Arbeitgeberhöchstbetrag von 10 800 DM in 1986). Der Appell der freien Berufe an die Bundesregierung lautet: Stopp und Abbau der Diskriminierung selbstverantwortlicher Vorsorge im Rahmen der zweiten Etappe der Steuerreform. Auch im Zuge der angekündigten Strukturre- form in der Rentenversicherung wollen die Freiberufler ihre Inter- essen angemessen berücksich- tigt wissen.
• Übergang von der Brutto- zur Netto-Anpassung der Renten;
> schrittweise Erhöhung und Stabilisierung des Beitrages des Bundes (Bundeszuschuß) zur Rentenversicherung;
1> keine weitere Verlagerung von Risiken der Arbeitslosen- zur Rentenversicherung. Insbe- sondere soll sichergestellt wer- den, daß Renten künftig aus- schließlich wegen gesundheit- licher Einschränkungen und nicht auch aus arbeitsmarktpoli- tischen Überlegungen gewährt werden. Dr. Harald Clade 2584 (20) Heft 39 vom 24. September 1986 83. Jahrgang Ausgabe A